Al-Schifa-Krankenhaus

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Der 2009 zerschossene Anbau des Al-Schifa-Krankenhauses

Das Al-Schifa-Krankenhaus (auch Dar-al-Shifa-Krankenhaus; arabisch مستشفى الشفاء Mustaschfa asch-Schifa, DMG Mustašfā aš-Šifāʾ; englisch Al-Shifa Medical Complex; auch Al-Schifa-Klinik) war der größte medizinische Komplex und das zentrale Krankenhaus im Gazastreifen. Es befand sich im Stadtteil Rimal in Gaza-Stadt.

Der Name Dar al-Schifa bedeutet übersetzt „Haus der Heilung“. Ursprünglich in den 1920er Jahren als eine Kaserne der britischen Armee errichtet, wurde das Gebäude 1946 von der Regierung des britischen Mandatsgebiets Palästina in ein Zentrum zur Behandlung von Quarantäne- und Fieberkrankheiten umgewandelt. Während des ersten Arabisch-Israelischen Krieges 1948 war al-Schifa eines von zwei Krankenhäusern in Gaza; das andere war das christliche al-Ahli-Arab-Krankenhaus.

In den 1980er Jahren, als Gaza unter israelischer Besatzung stand, wurde das Al-Schifa-Krankenhaus von der israelischen Zivilverwaltung umfassend modernisiert und erheblich erweitert. Dabei wurden auch die umfangreichen unterirdischen Räumlichkeiten gebaut, in denen nach Angaben der israelischen Streitkräfte (IDF) eine Kommandozentrale der Hamas vermutet wurde.[1][2][3]

Während des Kriegs in Israel in Gaza im Jahr 2023 und 2024 war das Krankenhaus Ort wochenlanger Gefechte zwischen IDF und Hamas und wurde dabei zerstört.[4][5]

Nutzung durch die Hamas

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Nach der Machtübernahme der Hamas im Gazastreifen häuften sich die Indizien, dass die Terrororganisation das Krankenhaus für eigene Zwecke nutzte. Die ersten Hinweise auf eine militärische Nutzung des Krankenhauses gab es schon im Jahr 2006 während des palästinensischen Bürgerkriegs zwischen der Hamas und der mit ihr um die Macht konkurrierenden Fatah-Bewegung.[6] In einer TV-Dokumentation des amerikanischen TV-Senders PBS von 2006 war zu sehen, wie bewaffnete Terroristen in den Gängen des Krankenhauses stehen und Ärzte bedrängt werden, Verwundete der Hamas schneller zu versorgen.[7] Juma Saka, ein Arzt im Schifa-Krankenhaus, äußerte sich ein Jahr später in einem Bericht so zur Lage im Hospital: „Das medizinische Personal leidet unter Angst und Schrecken, insbesondere vor den Hamas-Kämpfern, die sich in jeder Ecke des Krankenhauses aufhalten.“[8] 2014 berichtete die Washington Post nach eigenen Recherchen, dass die Hamas das Krankenhaus als faktisches Hauptquartier nutze und Hamas-Anführer regelmäßig in den Gängen zu sehen seien.[9][10]

Ein Bericht von Amnesty International aus dem Jahr 2015 erwähnte zudem, dass die Hamas das Krankenhaus als Folterkammer für politische Gegner nutzte.[11] Laut Nicola Albrecht, der ehemaligen Leiterin des ZDF-Studios in Tel Aviv, bezweifelte im Gazastreifen niemand, dass die Hamas die Keller unter dem Krankenhaus für ihre Zwecke nutzen würden. Sie sei etwa 20 Mal im Schifa-Hospital gewesen und es sei jedem Medienvertreter klar gewesen, dass sie nicht in den Keller gehen dürften.[12] Der nationale Sicherheitsberater der USA, Jake Sullivan, bestätigte gegenüber CNN, dass laut Geheimdienstinfos die Hamas unter dem Schifa-Spital einen Kommandoposten betrieben und auch für das Krankenhaus gedachten Treibstoff nutzten.[13][14]

Israel-Hamas-Konflikt

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Eine am 21. Dezember 2023 veröffentlichte Analyse der Washington Post kam zu dem Schluss, die von Israel vorgelegten Materialien hätten nicht den Nachweis erbracht, dass das Krankenhaus tatsächlich als eine Kommandozentrale der Hamas fungiert hätte. Die von den IDF-Truppen entdeckten Räume, die mit dem Tunnelnetzwerk verbunden sind, zeigten keine unmittelbaren Hinweise auf eine militärische Nutzung durch die Hamas, keines der fünf von IDF-Sprecher Hagari identifizierten Krankenhausgebäude schien mit dem Tunnelnetzwerk verbunden zu sein, und es gebe keine Hinweise darauf, dass die Tunnel von den Krankenstationen aus zugänglich waren.[15]

Krieg zwischen Israel und der Hamas

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Im November 2023 veröffentlichte Videoaufnahmen weisen auf eine völlige Überbelastung des Krankenhauses aufgrund des Krieges zwischen Israel und der Hamas hin.[16] Es wurde außerdem zum Zufluchtsort für tausende Vertriebene.[17] Am 13. November vermeldete die Weltgesundheitsorganisation, dass seit drei Tagen die Wasser- und Stromversorgung des Krankenhauses unterbrochen sei und dies zu einem Betriebszusammenbruch des Krankenhauses beigetragen habe. Die Zahl der Todesfälle unter den Patienten sei in der Folge erheblich gestiegen.[18]

Am Morgen des 15. November 2023 drangen israelische Soldaten in einen Teil des Krankenhauses ein.[19] Krankenhaus-Vertreter bestätigten die israelische Militärpräsenz im Krankenhaus wenig später. Mitarbeiter des Krankenhauses berichteten gegenüber der BBC von der Anwesenheit von Panzern und mehr als hundert Soldaten auf dessen Gelände. Das israelische Militär teilte später mit, sie brächten unter anderem Brutkästen und Babynahrung in das umkämpfte Krankenhaus. Im Laufe des Tages tötete das israelische Militär nach eigenen Angaben bis zu fünf Terroristen, die sie konfrontiert hätten. Die UN und einige Staaten zeigten sich besorgt über die Erstürmung des Krankenhauses.

In den Tagen vor dem 18. November wurde vor dem Schifa-Krankenhaus ein Massengrab für ca. 80 Personen ausgehoben, weil nach Angaben des Krankenhauses viele Patienten aufgrund der prekären Versorgungssituation gestorben seien.[20]

Am Abend schließlich teilte das israelische Militär mit, es habe im Komplex ein Hamas-Einsatzzentrum entdeckt sowie Waffen, Militärtechnologie und geheimdienstliches Material sichergestellt. Das Hamas geführte Gesundheitsministerium erklärt gleichzeitig, es würde solche Lagerungen von Gegenständen nicht erlauben, während Daniel Hagari dies als Verstoß gegen das Völkerrecht wertete.[21] Aber nach Einschätzung mehrerer Medien wie dem Guardian und der New York Times gab es – Stand 17. November 2023 – noch keine hinreichenden Belege zur Behauptung, dass es ein Hauptquartier (headquarters) bzw. Kommandozentrum (command center) der Hamas unterhalb der Klinik gegeben habe.[22][23] Am 19. November veröffentlichte das israelische Militär Videomaterial, das einen Zugangsschacht zeigt, den Journalisten von Reuters und der New York Times nach Abgleich mit der Umgebung auf dem Krankenhausgelände verorteten. Der Schacht führte zu einem 55 Meter langen Tunnel in etwa 10 Metern Tiefe, in dem Videoaufnahmen gemacht wurden, die schließlich vor einer Stahltür enden.[24][25]

Nach der Erstürmung des Krankenhauses veröffentlichte die israelische Armee Videomaterial, das von den Sicherheitskameras des Krankenhauses stammen soll. Diese sollen den Morgen des 7. Oktobers zeigen, den Tag des Überfalls auf Israel. Nach israelischen Angaben soll darauf zu sehen sein, wie Hamas-Kämpfer zwei Geiseln in das Krankenhaus bringen, einen entführten nepalesischen sowie einen thailändischen Staatsbürger.[26][27] Am Abend des 21. Novembers veröffentlichte das israelische Militär zwei Fotos, welche das Aufbrechen der Sprengtür/Stahltür belegen sollen. Sie sei zuvor am Ende des Tunnels gefunden worden, der sie mit Hamas-Anlagen unter dem Krankenhaus verbinden sollte.[28]

Nach der ersten israelischen Erstürmung war das Krankenhaus bereits nicht länger betriebsfähig, Patienten und medizinisches Personal mussten evakuiert werden.[29]

Im März 2024 erfolgte eine zweite Razzia durch die israelischen Streitkräfte (IDF). Diese dauerte zwei Wochen bis Anfang April. Israel begründete die erneute Erstürmung mit einer angeblich erneuten Verschanzung von Hamas-Kämpfern im Krankenhaus. Rund 200 Hamas-Kämpfer seien dort laut IDF getötet und 900 Verdächtige festgenommen worden. Laut Augenzeugen wurden dutzende Zivilisten bei den Kämpfen getötet. Die WHO behauptete, dass 21 Patienten in jenen zwei Wochen in der Schifa-Klinik starben.[4] Laut Palästinensischen Angaben wurden mindestens 300 Leichen nach der zweiten israelischen Erstürmung auf dem Krankenhausgelände gefunden.[5] Laut dem Klinikdirektor Marwaan Abu Saadah wurden die meisten Klinikgebäude während der Kämpfe zerstört. Luftaufnahmen belegen, dass der Krankenhaus-Komplex größtenteils in Trümmern liegt. Die israelische Armee versuchte dagegen durch Videoaufnahmen eines intakten Behandlungsraumes den Eindruck zu erwecken, als sei das Al-Schifa-Krankenhaus noch betriebsbereit.[4][5] Der israelische Militärsprecher Daniel Hagari räumte dagegen die Zerstörung des Krankenhauses ein, aber machte die Hamas für die entstandene Zerstörung verantwortlich, da sie sich im Krankenhaus verschanzt, auf Soldaten geschossen und Aufforderungen, sich zu ergeben, abgelehnt hätten: „Wir mussten auf die Gebäude schießen, um dem ein Ende zu setzen und die Terroristen zu töten“. Das israelische Militär veröffentlichte Fotos von Waffen und Geld, die angeblich im Krankenhauskomplex gefunden worden seien und der Hamas und der militanten Gruppe Islamischer Dschihad gehört hätten. Diese Gruppen hätten sich in letzter Zeit wieder neu formiert und Al-Schifa als Basis benutzt.[30][31][32]

Ärzte im Krankenhaus

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Zu den im Krankenhaus tätigen Ärzten zählte Mads Gilbert, der als freiwilliger Helfer des Norwegian Aid Committees 16 Jahre lang dort arbeitete.[33] Krankenhausdirektor war bis zu seiner Verhaftung Mohammad Abu Salamia.[34]

Commons: Medizinischer Al-Schifa-Komplex – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Sources: Hamas leaders hiding in basement of Israel-built hospital in Gaza. In: Haaretz. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 13. März 2009; abgerufen am 12. Januar 2009 (englisch).
  2. „הצצה נדירה: כך תיכננו ובנו אדריכלים ישראלים את בית החולים שיפא בעזה“. In: Ynet. Abgerufen am 18. November 2023 (hebräisch).
  3. Israeli military says Hamas hiding tunnels, operations centres in Gaza hospital. In: Reuters. 27. Oktober 2023 (reuters.com [abgerufen am 29. Oktober 2023]).
  4. a b c Gaza: Schifa-Klinik nach Abzug der israelischen Armee »Geschichte«. In: Der Spiegel. 2. April 2024, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 2. April 2024]).
  5. a b c Jessie Yeung, Christian Edwards: Israeli troops end Al-Shifa hospital raid, leaving behind bodies and trail of destruction. In: cnn.com. 1. April 2024, abgerufen am 2. April 2024 (englisch).
  6. Hamas and hospitals – opinion. In: Jerusalem Post. 22. November 2023, abgerufen am 22. November 2023 (amerikanisches Englisch).
  7. Jack Sullivan: The Real Gaza Hospital Crisis. In: Foundation for Defense of Democracies. 23. Oktober 2023, abgerufen am 22. November 2023 (englisch).
  8. Al-Schifa-Klinik: Das offene Geheimnis der Hamas-Keller. In: ZDF. Abgerufen am 22. November 2023.
  9. The Algemeiner: Washington Post: Shifa Hospital in Gaza City ‘Has Become a De Facto Headquarters for Hamas Leaders, Who Can Be Seen in Hallways and Offices’ – Algemeiner.com. 21. Juli 2014, abgerufen am 22. November 2023 (amerikanisches Englisch).
  10. William Booth: While Israel held its fire, the militant group Hamas did not. In: Washington Post. 15. April 2023, ISSN 0190-8286 (washingtonpost.com [abgerufen am 22. November 2023]).
  11. Hamas tortured and killed Palestinian 'collaborators' during Gaza conflict – new report. In: Amnesty International. Abgerufen am 22. November 2023.
  12. Al-Schifa-Klinik: Das offene Geheimnis der Hamas-Keller. In: ZDF. Abgerufen am 22. November 2023.
  13. Al-Shifa-Spital im Gazastreifen: USA bestätigt Hamas-Stützpunkt. In: 20 Minuten. 14. November 2023, abgerufen am 22. November 2023.
  14. A. B. C. News: US ‘still convinced’ Hamas used Al-Shifa Hospital as command center as Israeli raid continues. Abgerufen am 22. November 2023 (englisch).
  15. The case of al-Shifa: Investigating the assault on Gaza’s largest hospital, Washington Post, 21. Dezember 2023
  16. Vormarsch in Gaza: Der Krieg aus Sicht israelischer Truppen. In: Der Spiegel. 9. November 2023, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 9. November 2023]).
  17. Berichte: Kliniken im Gazastreifen vor Zusammenbruch. In: zdf.de. 2. November 2023, abgerufen am 9. November 2023.
  18. Schifa-Krankenhaus in Gaza laut WHO »nicht mehr funktionsfähig«. In: Der Spiegel. 13. November 2023, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 13. November 2023]).
  19. Gaza: Israels Militär führt Razzia im umkämpften Schifa-Krankenhaus durch. In: Der Spiegel. 15. November 2023, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 15. November 2023]).
  20. Israel-Gaza-Krieg: WHO bezeichnet Schifa-Krankenhaus als »Todeszone«. In: Der Spiegel. 19. November 2023, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 19. November 2023]).
  21. tagesschau.de: Liveblog: Israel: Hamas-Einsatzzentrum in Klinik entdeckt. Abgerufen am 15. November 2023.
  22. Analysis: IDF evidence so far falls well short of al-Shifa hospital being Hamas HQ. In: The Guardian. 17. November 2023, abgerufen am 18. November 2023.
  23. Israel Says Hospital Held Hamas Command Center: How Long Could It Take for Proof? In: New York Times. 17. November 2023, abgerufen am 18. November 2023.
  24. “IDF claims footage shows Hamas tunnels underneath Gaza’s al-Shifa hospital” independent.co.uk vom 20. November 2023
  25. “Israel’s military releases video it says shows a Hamas tunnel at Al-Shifa Hospital.” nytimes.com vom 20. November 2023
  26. Israel: Überwachungsvideos aus Al-Schifa-Klinik sollen Geiseln zeigen. In: tagesschau.de. Abgerufen am 22. November 2023.
  27. Israel: Diese Aufnahmen sollen beweisen, dass Hamas-Geiseln in Al-Schifa-Klinik gebracht wurden. In: Stern (Zeitschrift). 20. November 2023, abgerufen am 22. November 2023.
  28. IDF breaches blast door in Hamas tunnel under Shifa Hospital in Gaza City. In: The Times of Israel. Abgerufen am 22. November 2023.
  29. IDF release footage allegedly showing Hamas centre under al-Shifa hospital – video. In: the Guardian. 23. November 2023, ISSN 0261-3077 (theguardian.com [abgerufen am 24. November 2023]).
  30. Israelische Armee beendet Einsatz im Schifa-Krankenhaus, Der Spiegel, 1. April 2024
  31. Israeli Military Withdraws From Al-Shifa Hospital After Raid, The New York Times, 1. April 2024
  32. Inside the ruins of Gaza’s al-Shifa Hospital, The Washington Post, 1. April 2024
  33. www.ostsee-zeitung.de, „Wurden westliche Ärzte Helfer der Hamas?“, 22. November 2023, abgerufen am 23. November 2023
  34. Berichte: Israel nimmt Direktor von Schifa-Krankenhaus in Gaza fest. In: Web.de. 23. November 2023, abgerufen am 23. November 2023.

Koordinaten: 31° 31′ 27″ N, 34° 26′ 39″ O