Benutzer:Angelo Garovi/Ludwig von Moos

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Ludwig von Moos

Ludwig von Moos (* 31. Januar 1910 in Sachseln; † 26. November 1990 in Bern) war ein Schweizer Jurist und Politiker (CVP). Er war von 1959 bis 1971 Mitglied der Schweizer Regierung, des Bundesrates, und stand dem Justiz- und Polizeidepartement vor. Er amtete 1964 und 1969 als Bundespräsident. Von 1943 bis 1959 war er Mitglied des Ständerats.

Werdegang[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ludwig von Moos wurde am 31. Januar 1910 in seinem Heimatort Sachseln geboren. Sein Vater Konstantin war seit der Eröffnung der Brünigbahn 1888 Stationsvorstand in Sachseln, von 1910 bis 1922 in Sarnen. Die Primarschule besuchte Ludwig von Moos in Sarnen und Sachseln. Von 1922 bis 1930 war er Student am Kollegium Sarnen, das damals von den Benediktinern des Stiftes Muri Gries geleitet wurde. Die Matura bestand er 1930 . Im Herbst des gleichen Jahres nahm er an der Universität Freiburg im Üechtland das Studium der Rechte auf und schloss es am 22. Juli 1933 mit dem Lizentiatsexamen ab. Die Universität Freiburg verlieh im später, im November 1964, die Doktorwürde der Rechte ehrenhalber.

Politische Laufbahn in Gemeinde, Kanton und Bund[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 3. August 1933 wurde L. von Moos zum Gemeindeschreiber von Sachseln gewählt. Am 27. Mai 1934 erfolgte die Wahl in den Einwohnergemeinderat; er gehörte dieser Behörde bis 1946 an und amtete von 1941 bis 1946 als Gemeindepräsident. Ebenso war er vom November 1934 bis 1946 Mitglied, von 1942 an Vizepräsident des Bürgergemeinderates. In seine Zeit als Gemeindeschreiber von Sachseln fallen als besondere Ereignisse die Feier zur Heiligsprechung von Bruder Klaus im Mai 1947 und der Empfang des deutschen Bundekanzlers Konrad Adenauer in Sachseln  im Sommer 1950.

An der Landsgemeinde 1936 wurde er vom Volk zum Ersatzmann des Kantonsgerichtes, 1943 zum Mitglied und Vizepräsidenten des Obergerichts gewählt.  Vom Juli 1934 bis Juli 1942 war er nebenamtlicher Redaktor des Obwaldner Volksfreunds. 1937 als Repräsentant der Jungkonservativen in den Vorstand der Konservativen Volkspartei Obwalden gewählt, führte er von 1943 bis 1956 das Präsidium der Kantonalpartei und gehörte seit den 50er Jahren auch dem Leitenden Ausschuss der schweizerischen Partei an.

Am 2. Mai 1943 wurde Ludwig von Moos von der Landsgemeinde im Alter von nur 33 Jahren zum Mitglied des Ständerates, drei Jahre später, am 28. April 1946, zum Mitglied des Regierungsrates gewählt. L. von Moos war zuerst Justizdirektor (1946 bis 1950) und von 1948 bis 1959  Polizeidirektor des Kantons Obwalden. 1953, 1955, 1957 und 1959 wählte ihn die Landsgemeinde zum Landammann. Jost Dillier schreibt 1959, seit 1946 sei  in Obwalden “kein Gesetz und keine Verordnung entstanden, ohne dass der heutige Bundesrat von Moos massgebend daran beteiligt gewesen wäre, sei es als Verfasser und Betreuer des Entwurfes, sei es als Mann, der an der kantonsrätlichen Beratung im Wirrwar der Meinungen die richtige Formulierung präsentierte”.[1]  Eine Totalrevision der Kantonsverfassung, für die er sich als Justizdirektor eingesetzt hatte, wurde 1948 durch das Volk abgelehnt. Mit ihr hätte der Landsgemeinde wieder die Gesetzgebungskompetenz zurückgegeben werden sollen.[2]

L.  von Moos war ab 1946 Bankrat und 1954 bis 1959 Präsident des Verwaltungsrates der Obwaldner Kantonalbank, seit 1954 Verwaltungsrat der Schweizerischen Bundesbahnen, 1957 dessen Vizepräsident, und seit 1957 Mitglied des Schweizerischen Schulrates (ETH).

Bundesrat[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 17. Dezember 1959 wählte die Bundesversammlung in einer denkwürdigen Wahl (Etablierung der Zauberformel)  Ludwig von Moos zum ersten Urschweizer Bundesrat. Von 1960 bis 1971 war er Vorsteher des Justiz- und Polizeidepartementes, 1964 und 1969 Bundespräsident. Höhepunkte der Präsidialjahre waren 1964 die Eröffnung der Landesausstellung in Lausanne (Expo 64) und 1969 der Empfang von Papst Paul VI. in Genf.

In den 60er Jahren vollzog sich in unserem Land ein ausserordentlicher Wandel. Die Zahl ausländischer Arbeitskräfte begann zu wachsen und damit die Angst vor Überfremdung. Ein Bau- und Investitionsboom brach aus. Mit der unablässig steigenden Konjunktur und der damit verbundenen Bautätigkeit veränderte sich die Landschaft. Es stand in diesen Jahren viel Geld zur Verfügung. Im Aufbruch des Jahres 1968 rebellierte die unruhige Jugend  gegen die Konsum- und Wohlstandsgesellschaft: Die neue Bewegung der 68er wandte sich “gegen jeden Zwang und jede Autorität.”[3] Bundesrat Ludwig von Moos bekam diese gesellschaftlichen Probleme gerade als Vorsteher der Eidg. Justiz- und Polizeidepartements zu spüren.

Kurt Furgler schreibt über L. von Moos’ Tätigkeit im Bundesrat: “Was uns heute geradezu selbstverständlich erscheint, entstammte seinem Verantwortungsbereich. Ich erinnere nur an die Bundesbeschlüsse über den Grundstückerwerb durch Personen im Ausland; ferner an die Bundesgesetze über den Abzahlungs- und Vorauszahlungsvertrag, über das Miteigentum und das Stockwerkeigentum, über den Arbeitsvertrag. Bedeutsam waren die Revisionen des Strafgesetzbuches sowie der Ausbau der Verwaltungsgerichtsbarkeit im Bund. Anlass zu grosser Genugtuung gaben die verfassungsrechtliche Neuordnung des Bodenrechts und die Einführung des Frauenstimmrechts”.[4]

Einführung des Frauenstimmrechts 1971[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im ersten Anlauf wurde die Einführung des Frauenstimmrechts auf Bundesebene in der Volksabstimmung vom 1. Februar 1959 abgelehnt.  Zwölf Jahre später wurde der  langwierige Einsatz des federführenden Justizministers L. von Moos an der eidgenössischen Volksabstimmung vom 7. Februar 1971 durch eine klare Annahme des   Stimm- und Wahlrechts der Frauen belohnt.[5]

Auf von Moos’ Initiative zurück ging die spätere Aufhebung der konfessionellen Ausnahmeartikel. Er hatte 1954 als Ständerat eine Motion zur Aufhebung der Artikel 51 und 52 der Bundesverfassung eingereicht (Motion von Moos). Diese Artikel wurden dann ersatzlos gestrichen (Volksabstimmung vom 29. Mai 1973).

Bodenrecht und Raumplanung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Durch die ganze Amtszeit von Bundesrat von Moos hat sich wie ein roter Faden das Bodenrecht gezogen. Neben der Lex von Moos ( Bewilligungspflicht für die Übertragung von Boden an Personen im Ausland) wurde für die zukünftige Raumplanung die Vorlage für die Neuordnung des Bodenrechts bedeutsam, die 1969 vom Volk angenommen wurde. Sie war die entscheidende Weichenstellung  für eine zweckmässigere Nutzung des Bodens, die der geordneten Siedlung des Landes dient. Der  “Begriff  der Raumplanung hat damals  auf Verfassungsstufe seine Geburtsstunde erlebt”;[6] die Neuordnung des Bodenrechts war Grundlage für ein Raumplanungsgesetz.

Der Meldebeschluss von 1962[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

L. von Moos setzte im Sinne des Washingtoner Abkommens von 1946  den wichtigen Bundesbeschluss vom 20. Dezember 1962 über die in der Schweiz befindlichen Vermögen rassisch, religiös oder politisch verfolgter Ausländer oder Staatenloser (Meldebeschluss) durch. Dieser Beschluss kam nach zwei am Widerstand der Banken gescheiterten Anläufen in den Jahren 1947 und 1956 endlich zustande. In der Botschaft vom 4. Mai 1962 heisst es, die Meldepflicht müsse eingeführt werden, weil die Schweiz “nicht den Verdacht aufkommen lassen darf, sich an den Vermögen der Opfer verabscheuungswürdiger Ereignisse bereichern zu lassen.[7]

In den 1990er Jahren erhielt dieser Meldebeschluss von 1962 im Streit um die jüdischen Vermögen mit den USA wieder seine politische Bedeutung: Er wurde durch den Bundesrat am 18. November 1998 erneut in Kraft gesetzt.[8] Die amerikanischen Gerichtsurteile mit dem Auszahlungsentscheid (Claims Resolution. Tribunal in re Holocaust Victim Assets Litigation) stützen sich auf die Konten des Meldebeschlusses von 1962.

Kontroverse um das Zivilverteidigungsbuch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Herbst 1969 erschien das Zivilverteidigungsbuch, für dessen Publikation der Gesamtbundesrat die Verantwortung trug.[9] Als Vorsteher des federführenden Polizei- und Justizdepartements schrieb L. von Moos das Geleitwort. Er gehörte aber laut Rolf Löffler nicht zu den Initianten des “roten Büchleins”. Nach der Intention der Autoren sollte das Zivilverteidigungsbuch die Gefahren und subversiven Aktivitäten des psychologischen (Kalten) Krieges durch die kommunistischen Staaten aufzeigen und die “Widerstandkraft” der Schweizer dagegen stärken. Das Buch geriet ins Schussfeld der Kritik. “Da die Publikation mitten in die Zeit der 68er Kulturrevolution fiel, erstaunt die heftige Reaktion im linken Lager nicht”, meint der Historiker Urs Altermatt.[10]

In der Januar-Nummer 1970 der Zeitschrift neutralität[11] forderte Redaktor Paul Ignaz Vogel sogar den Rücktritt von Bundesrat Ludwig von Moos, da er Faschist und Antisemit gewesen sei. Die “neutralität” veröffentlichte “antisemitische” Kommentare aus dem ” Obwaldner Volksfreund” der 30er Jahre. Die (fünf) als antisemitisch bezeichneten Artikel  wurden von auswärts übernommen und sind in der Zeitung mit Quellenangaben versehen.[12] Der damalige Redaktor L. von Moos war nicht der Verfasser dieser Äusserungen und Passagen, wie in der Sekundärliteratur vereinzelt behauptet wird. Im Frühjahr 2012 fasste Angelo Garovi, der Archivar des Familienarchivs von Moos, die Anschuldigungen zusammen und stellte ihnen entkräftende Argumente in einem Artikel in der Schweizerischen Zeitschrift für Geschichte gegenüber.[13] In der Folgeausgabe dieser Zeitschrift setzten die Zeithistoriker Thomas Maissen[14] und Urs Altermatt[15] die Debatte fort und orteten weiteren Forschungsbedarf.

Rücktritt 1971[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 4. Oktober 1971 kündigte Bundesrat Ludwig von Moos seinen Rücktritt an. Der Redaktor des “Appenzeller Volksfreunds” vom 9. Oktober1971 schrieb, Bundesrat von Moos’ unerwarteter Rücktritt stehe mit der Diskussion innerhalb der Parteien im Zusammenhang, wonach “künftighin der Bunderat auf Grund wechselnder Mehrheiten und ausgemarkteter Koalitionsverhandlungen gebildet werden soll”. Ähnliche Kommentare sind in anderen Zeitungen zu lesen.[16] Die “Neue Zürcher Nachrichten” etwa meinte dazu, die Bundesräte würden so zu Schachfiguren im politischen Spiel der Parteistrategen. “Bundesrat Ludwig von Moos hat diese Frage für sich so beantwortet, wie es seiner geraden Art entspricht, und er hat  damit seine Person aus einem Kalkül herausgehalten, das ihm zuinnerst widerstrebte.”[17]

Als Alt-Bundesrat stellte sich Ludwig von Moos als Präsident der Eidgenössischen Natur- und Heimatschutzkommission (1971 bis 1977) zur Verfügung. Er wurde Präsident des Vereins Verkehrshaus der Schweiz (1971 bis 1981), des Hochschulvereins Freiburg (1971 bis 1981) und der Stiftung Ombudsmann der Privatversicherungen (1971 bis 1985).

Neben diesen Ämtern widmete er sich seinem Hobby Zeichnen, schrieb historische Arbeiten, so die umfassende Festschrift "Hundert Jahre Obwalden Kantonalbank 1886-1986" und unternahm Reisen nach den Vereinigten Staaten, in verschiedene europäische Länder und nach Israel, wobei er jeweils Tagebuch führte und die Landschaften skizzierte.

Ludwig von Moos war verheiratet  mit Helene geb. Durrer und hatte sieben Kinder, von denen zwei gehörlos sind.[18] Er starb am 26. November 1990 in Bern.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Altermatt, Urs (Hg.): Die Schweizer Bundesräte. Ein historiographisches Lexikon, Zürich/München 1991 (von Moos S. 494 -499).
  • Leo von Moos/ Angelo Garovi: Gedenkschrift Ludwig von Moos. Begleitheft zur Sonderausstellung «Ludwig von Moos. Der Obwaldner Bundesrat von 1960 bis 1971» im Historischen Museum Obwalden. Sarnen 2010.
  • Fisch, Arnold: Meine Bundesräte. Von Etter bis Aubert. Stäfa 1989 ( von Moos S. 95-98)
  • Ephrem Omlin: Die Landammänner des Standes Obwalden und ihre Wappen. Obwaldner Geschichtsblätter 9/1966, S. 203 f.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Obwaldner Volksfreund, 18. Dezember 1959; Nachdruck in: Gedenkschrift Ludwig von Moos 2010, S. 23.
  2. Niklaus von Flüe: Ludwig von Moos und die Obwaldner Kantonsverfassung, in: Obwaldner Geschichtsblätter 27/2013, S. 244ff.
  3. Geschichte der Schweiz - und der Schweizer, III, 1983, S. 254f.
  4. Bund vom 27. November 1990; Nachdruck in: Gedenkschrift  Ludwig von Moos 2010, S. 19.
  5. Vgl. Franziska Rogger: Gebt den Schweizerinnen ihre Geschichte! Marthe Gosteli: ihr Archiv und der übersehene Kampf ums Frauenstimmrecht. Zürich 2015
  6. Bodenrechts-Sachwalter, Interview mit Ludwig von Moos von René Euw , in: Brückenbauer 52/1, 3. Januar 1990.
  7. Bundesblatt (BBl) 1962 I 933, 935;  Bundesgesetz über nachrichtenlose Vermögenswerte, Bericht der vom Eidg. Finanzdepartement eingesetzten Expertenkommission, Juni 2004, S. 7-9; vgl. dazu auch Peter Hug und Marc Perrenoud: In der Schweiz liegende Vermögenswerte von Nazi-Opfern und Entschädigungsabkommen mit Oststaaten, Bundesarchiv Dossier 4, Bern 1996/1997.
  8. Systematische Sammlung des Bundesrechts (SR) 985.
  9. Rolf Löffler: Zivilverteidigung - die Entstehung des roten Büchleins, in: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte  54/2004, S. 173-187.
  10. Schweizerische Zeitschrift für Geschichte 62/2012, S. 323.
  11. neutralität. Kritische Zeitschrift für Politik und Kultur, 8. Jg,, Januar 1970, 2. Aufl. S. 34-37.
  12. Obwaldner Volksfreund 29. Februar 1936, 4. Januar 1936, 21. Juli 1937, 7. August 1937, 4. September 1937.
  13. Angelo Garovi: Bemerkungen zur politischen Haltung von Ludwig von Moos in den 30er Jahren. In: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte, 62/2012, Nr. 1, S. 156–163, Online-Version des Artikels
  14. Thomas Maissen: Zur Geisteswelt des Ludwig von Moos. Eine Replik auf Angelo Garovis «Bemerkungen». In: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte, 62 (2012), S. 311–319. Online-Version des Artikels. (PDF-Datei)
  15. Urs Altermatt: Wie weit rechts stand der Obwaldner Jungkonservative Ludwig von Moos? In: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte, 62 (2012), S. 320–334.
  16. Presseschau/Revue de Presse CVP/PDC, Nr. 44, Bern, 6. Oktober 1971.
  17. NZN vom 5. Oktober 1971
  18. Johanna Krapf: Augenmenschen erzählen aus ihrem Leben. Zürich 2015 (Paul von Moos, S. 102-115).