Benutzer:Markus Bärlocher/S1

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Sexualtherapie hilft bei Störungen, die sich im Sexualverhalten und/oder im sexuellen Erleben zeigen.

Was ist eine "Störung"[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Üblicherweise wird nur als Störung bezeichnet, was der Betroffene selbst als Störung empfindet. Wer also beispielsweise darunter leidet keinen Partner zu haben, hätte eine Störung. Wer aber bewusst auf einen Partner verzichtet, hätte keine. Es könnte aber auch sein, dass jemand aus der Not eine Tugend macht, also weil er zu einer Partnerbeziehung nicht in der Lage ist, vorgibt "freiwillig" darauf zu verzichten. Es kann auch sein, dass jemand einen Mangel gar nicht als solchen erkennt, weil er die ganze Fülle dessen was darüber hinaus noch möglich ist gar nicht kennt. Ebenso kann es sein, dass der Betroffene seine Neigung oder ein Verhalten gut findet, aber der eigene Partner, oder die ganze Gesellschaft anders darüber denkt. Dann erlebt er nicht sein Verhalten als Störung, aber vielleicht den daraus folgenden Konflikt mit anderen. Aus all diesen Gründen sind Zahlen über die Verbreitung von Störungen mit Vorsicht zu geniessen.

Zahlen über Sex[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Allgemein kann man sagen: Die Unzufriedenheit mit dem eigenen Sexualleben ist ziemlich verbreitet und eher hoch. Viele haben gar keine Gelegenheit und sind auf Selbstbefriedigung angewiesen. Aber auch die, die einen Partner haben, sind oft unzufrieden. Am häufigsten ist zuwenig oder gar keine Lust. Und die Forscher stellen in den letzten Jahren eine zunehmende Verschlechterung fest. Für diese und alle anderen Störungen gibt es viele mögliche Ursachen.

Ursachen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hypothalamus und Limbisches System

Grundsätzlich können fünf Ebenen von Ursachen unterschieden werden:

  • Frühkindliche Störungen
  • verletzende Erfahrungen
  • Beziehungsprobleme in der Partnerschaft
  • konkurrierende Normen
  • körperlich/medizinische Probleme

Meistens sind mehrere Ursachen an der Entstehung einer sexuellen Störung beteiligt, die alle über den Hypothalamus und das lymbische System wirken ("Sex entsteht im Gehirn"). Je nachdem, auf welcher Ebene die Störung hauptsächlich begründet ist, ist eine andere Therapie erforderlich.

Untersuchung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

weitere Einflüsse

Sorgen, Stress
Entwicklungsstörung
Geschlechtsidentität
Substanzmittelmissbrauch
körperliche Krankheit
seelische Krankheit

Beginn
Verlauf
Beständigkeit
Ausmass
Sexpraxis-abhängig
Partnerabhängig
Situationsabhängig

Entsprechend wichtig ist eine sorgfältige Untersuchung und Diagnose. Diese wird von einem Sexualtherapeuten durchgeführt, meist in einem nmehrstündiges Gespräch mit dem Betroffenen und auch mit dessen Partner. Sexualtherapeuten arbeiten oft in einer sexualtherapeutischen Ambulanz oder Beratungsstelle. Nicht speziell ausgebildete verzichten oft auf eine Diagnose und richten sich ungeachtet der Ursache nur nach den vorhandenen Beratungs-Kenntnissen. Also werden lediglich die Erscheinungsformen erfragt und aufgelistet.

Zu einer gründlichen Untersuchung gehören:

  • Sexualanamnese (Geschichte und Erfahrungen der eigenen sexuellen Entwicklung)
  • Familienanamnese (Beziehung zu Vater und Mutter und zu Geschwistern, Beziehung der Eltern, Vorbilder, Werte und Normen, Umgang mit Angst und Schuld, prägende Erlebnisse)
  • aktuelle Beziehung (Kennenlernen, weiterer Verlauf, aktueller Stand)
  • aktuelles Sexualleben (Lust, Erregung, Kontakt, Orgasmus)

Diese Informationen werden durch gezielte Fragen im Gespräch erhoben.

Gegen eine Sexualtherapie sprechen Depression, Angststörung, Persönlichkeitsstörung, Sucht, Dauerstress durch entsprechenden Lebensstil, akuter Stress durch Arbeitsbelastung, Mobbing, etc. Dann müssen diese Probleme zuerst angegangen werden.

Erscheinungsformen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Phasen beim Sex
  • Lust
  • Erregung
  • Höhepunkt
  • Entspannung

Die oben genannten vielschichtigen Ursachen für sexuelle Störungen haben verschiedenste Erscheinungsformen. Die meisten Ursachen können jede dieser Störungen hervorrufen. Zu jeder Phase einer sexuellen Begegnung gibt es entsprechende Störungen.

Fehlende Partnerschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Durch die heute notwendigen Arbeits- und Wohnortswechsel ist es zunehmend schwierig, langfristige Beziehungen zu pflegen. Der Anteil der Allein-Lebenden (Single), der wechselnden Partnerschaften und der zusammengesetzten Familien (Patchworkfamilien) nimmt stetig zu. Partnerschaften enden schneller, die Zeiten von Partnerlosigkeit dauern länger. Gleichzeitig besteht die Sehnsucht nach einer erfüllenden Beziehung. Und die Fähigkeit, schnell erfolgreich neue Partner zu suchen, zu finden, für sich zu gewinnen und dann zu halten, ist nicht im notwendigen Umfang vorhanden.

Lustlosigkeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nur wenige Paare sprechen offen und frei über die eigenen sexuellen Wünsche und über die gemeinsame Erfüllung - selbst in sogenannt normalen Beziehungen nicht. Dadurch ist das Sexualleben wesentlich weniger erfüllend, als es sein könnte. Oft sind da auch Ängste und Unsicherheiten, und es kommt zu vielen gegenseitigen Verletzungen, über die ebenfalls nicht gesprochen wird. Das führt zu Lustlosigkeit (Libidoverlust) bis Abneigung - und dies zu zusätzlichem Frust. Obwohl Sex "die schönste Sache der Welt" ist, haben die meisten sehr wenig darüber gelernt.

"Lustlosigkeit" kann auch Ausdruck von abgewehrten Bedürfnissen sein, die der Betroffene bei sich selbst oder bei seinem Partner verurteilt. "Lustlosigkeit" kann auch einfach vorgeschoben sein, aus Scham oder aus Angst vor Versagen. "Lustlosigkeit" kann auch Ausdruck eines Paarkonfliktes sein, bei dem es um Macht geht, oder um erlebte Kränkung, oder weil der andere nicht (mehr) den eigenen Erwartungen entspricht. "Lustlosigkeit" kann auch Ausdruck von einer tieferen Angst vor alten, verdrängten unangenehmen Erfahrungen und den damit verbundenen schmerzlichen Gefühlen sein. Verstärkt kann sich das auch als Scham, Abneigung, Ekel, besondere Prüderie ausdrücken. Oder umgekehrt: dass einer sich besonders fordernd verhält, wissend, dass dann wegen der Zurückhaltung des andern gar nichts läuft.

Impotenz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Beim Mann wird dabei der Schwanz ungenügend oder gar nicht steif, oder erschlafft zu früh (Erektionsstörung). Bei der Frau wird die Scheide nicht oder nicht genügend feucht. Manchmal entwickelt sich dann ein ausgeklügeltes Vermeidungsverhalten gegen sexuelle Situationen bis zu einer ausgeprägten Phobie. Bei Frauen tritt dies öfter in der Schwangerschaft (Aufbrechen von alten Konflikten mit der eigenen Mutter), begleitend zur Kindererziehung (Konflikt zwischen der Rolle als Mutter und als Geliebte) und während der Wechseljahre auf (Hormonumstellung). Da die Frau dann "trotzdem kann", wird sie oft vom Mann in ihrem Leid nicht wahrgenommen und nimmt sich selber nicht ernst. Manchmal erst wenn die Scheide sich krampfhaft zusammenzieht und ein Eindringen verhindert. Bei beiden steht dahinter meist eine alte Verletzung (Missbrauch oder frühkindliche Störung). Bei Impotenz ist es hilfreich, erst mal bewusst nicht zu poppen, sondern zärtlich bis lustvolle Spiele auszuprobieren und zu geniessen.

Orgasmusstörung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Mann hat einen zu frühen oder gar keinen Samenerguss. Oder er spritzt zwar ab, aber er empfindet wenig oder gar nichts dabei. Die Frau hat selbst bei gefühlvollem intensivem Streicheln keinen Höhepunkt. Damit verbunden ist oft eine tiefe Angst vor dem anderen Geschlecht, oder eine grundsätzliche Angst vor Kontrollverlust - und letztlich die Angst vor dem Tod.

körperliche und medizinische Störungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Alkohol verhindert Sex (negative Wirkung ab 0,4‰). Ebenso Übermüdung und Stress. Drogen und viele Medikamente (bei Psychopharmaka 50% aller Langzeittherapien) führen zu sexuellen Störungen. 56% der Raucher leiden an sexuellen Störungen. Bei Bluthochdruck leiden 17% der unbehandelten und 25% der behandelten Männern an Erektionsstörungen. Gefässverkalkung (Arteriosklerose). 5% der Störungen sind Hormonstörungen (Testosteronmangel). 90 % der MS-Patienten leiden an Impotenz. Viele Störungen sind Folge einer Genitaloperation (Prostata). Körperliche Behinderungen können ein normales Sexualleben schwierig machen.

andere Störungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Dazu gehören die Störung der Geschlechtsidentität (ein Mann will eine Frau sein und umgekehrt) wenn sie denn vom Betroffenen als Störung erlebt wird, störende Andersartigkeit (eine Neigung haben, die der Betroffene nicht haben will), Sexsucht, sowie sexuelle Straftaten (Missbrauch, Belästigung, Nötigung).

Solche Neigungen sind beispielsweise: Exhibitionismus, Fetischismus, Pädophilie, Transfetischismus, Voyeurismus, Frotteurismus, Sadomasochismus, Sodomie, Erotophonie. Entscheidend für die Beurteilung ist die Schwere des Verhaltens und das eigene Leiden daran, und ob es sich möglicherweise zu einer Sucht entwickelt oder zu Straftaten.

Als ergänzende Abwechslung und mit einer gemeinsamen Haltung von Neugier können diese Formen eine Beziehung hingegen durchaus bereichern. Mit dem richtigen Partner können sie sogar einen Schwerpunkt in der sexuellen Beziehung bilden.

erschwertes Kinderkriegen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einige Sexualstörungen führen zu verminderter Zeugungsfähigkeit beim Mann und/oder verminderter Fruchtbarkeit bei der Frau. Für Paare mit Kinderwunsch ist das eine grosse Not. Zur Behandlung siehe auch: Unfruchtbarkeit.

Therapie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zur Verbesserung des Sexuallebens im Alltag gibt es viele Möglichkeiten. Die bekanntesten sind: Gesprächstraining (Moeller), Partnerschaftseminare, Tantraseminare, Massageworkshops, oder einfach ein abwechslungsreicheres Programm (Erotische Massage, Verwöhn- und Wunsch-Tage, Phantasien erzählen und umsetzen, erotische Filme, Rollenspiele, ungewöhnliche Orte, und vieles mehr). Dazu gibt es eine Fülle an Literatur in jeder Buchhandlung.

Klassische Psychotherapie ist notwendig zur Behandlung von frühkindlichen Störungen, also immer dann wenn der oder die Betroffene als kleines Kind zuwenig Zuwendung und Nähe erfahren hat oder in diesem Alter verletzt wurde. Geeignete Verfahren sind Tiefenpsychologie, Gestalttherapie, Bioenergetik, Casriel-Therapie, Holotropes Atmen und ähnliche kathartische Methoden. Es ist aber notwendig, dass gleichzeitig die funktionalen Störung des Sexualverhaltens praktisch übend angegangen wird.

Bei tiefen Verletzungen z.B. durch sexuellen Missbrauch muss, bevor an der traumatischen Erfahrung gearbeitet werden kann, erst die dafür notwendige innere Distanz und innere Stärke aufgebaut werden. Dazu eignet sich z.B. die Psychodynamisch Imaginative Traumatherapie.

Die Sexualtherapeuten Masters und Johnson arbeiten durch praktische Übungen direkt am Sexualverhalten des Betroffenen. Bei den Übungen setzen sie den Partner des Klienten als Hilfstherapeut ein. Dabei geht es um grundlegendes Wissen über den Körper und die sexuelle Energie, um die eigene Wahrnehmung über sich selbst und um die eigene Lust, die oft neu entdeckt werden muss. Es geht dabei auch um die Wahrnehmung des Partners und dessen Lust, um den Ausdruck von Wünschen und Gefühlen und das gemeinsame Gespräch, um Erfahrung und Übung von Atem, Berührung, Massage, Erregung und Erleben des Höhepunktes. Solche verhaltensorientierten und Paar-orientierten Übungen hind heute Besandteil jeder guten Sexualtherapie.

Systemische Paartherapie arbeitet an der Beziehung des Paares. Sexuelle Störungen können eine direkte Folge von Paarkonflikten sein. Auf jeden Fall aber haben sie direkte Auswirkungen auf die Paarbeziehung. So entsteht ein dichtes Netz von Wechselwirkungen, die sich gegenseitig aufschaukeln können und in der Therapie wieder entwirrt werden müssen. Zwischen den Sitzungen erhalten die Paare Hausaufgaben um Gelerntes zu üben und neue Erfahrungen zu machen.

Besonders erfolgreich sind übergreifende integrierte sexualtherapeutische Verfahren, bei denen analytische, systemische, verhaltenstherapeutische und kathartische Methoden verbunden und die Sexualpartner in die Therapie einbezogen werden, oft ergänzt durch Selbsterfahrung in tantrischen und therapeutischen Gruppen. Integrierte Ansätze sind in den USA verbreitet, in Deutschland noch selten.

Für Klienten ohne Sexualpartner arbeiten einzelne Sexualtherapeuten mit Prostituierten mit therapeutischer Kompetenz als Ersatzpartner zusammen. Sexueller Kontakt zwischen Therapeut und Klient wird von den Standesorganisationen als Missbrauch verurteilt und ist in vielen Ländern strafbar (Schweiz: Art. 193 Abs. 1 StGB, Deutschland: $ 174 c StGB). Nur wenige Therapeuten erfüllen gleichzeitig die Rolle als Therapeut, Lehrer und Übungspartner.

In der Urologie werden Sexualstörungen meist als "Funktionsstörung" betrachtet. Orthopäden sind spezialisiert auf chirurgische, medikamentöse und Hormon-Behandlung (beispielsweise Prostata-Operation, Sildenafilbehandlung, Testosteronbehandlung). Sexualtherapie gehört nur selten zum Angebot des Urologen.

In der Traditionellen Chinesischen Medizin betrachtet man Sexualstörungen nach der Fünf-Elemente-Lehre als Folge von "Schwäche des Nieren-Yang" verbunden mit einem "Leber-Qi-Syndrom" (wie auch die Depression), und behandelt mit entsprechender Akupunktur und Ernährungsverschreibungen (Zinkmangel = Testosteronmangel).

Links[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Moeller, M.L.: Die Wahrheit beginnt zu zweit - Das Paar im Gespräch (Lern und Übungsbuch), 2003, ISBN 3499603799
  • Margolies, Eva: Der Mann und seine sexuellen Probleme, 1996, ISBN 3822503525 (gute Übungen für Paare)

Fachliteratur

  • Bachmann, K.M./Böker, W. (Hrsg.): Sexueller Missbrauch in Psychotherapie und Psychiatrie, 1994, ISBN 3456824858
  • Beier, Klaus: Lust in Beziehungen - Therapieleitfaden, 2004, ISBN 3540200711
  • Beier, Klaus: Sexualmedizin - Zeitgemäße Beratung für die Praxis, 2001, ISBN 3-437-51086-X
  • Clement, Ulrich: Systemische Sexualtherapie, 2004, ISBN 3680943986
  • Singer Kaplan, Helen: Sexualtherapie bei Störungen des sexuellen Verlangens, 2006, ISBN 3131179724
  • Kaplan, Helen: Sexualtherapie - Ein neuer Weg für die Praxis, 1990, ISBN 343290262X
  • Reddemann, Luise: Imagination als heilsame Kraft Behandlung von Traumafolgen, 2002, ISBN 3-608-89708-9
  • Strauß, Bernhard: Psychotherapie bei sexuellen Störungen, 2004, ISBN 3131087927

Fachzeitschriften

  • Zeitschrift für Sexualforschung, Thieme-Verlag
  • Sexuologie - Zeitschrift für sexualmedizinische Fortbildung und Forschung, Urban & Fischer, ISSN 0944-7105

Medien

Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

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