Benutzer:SDB/St-Philibert de Tournus

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Saint Philibert, Westfassade

Die Abteikirche Saint-Philibert in Tournus ist eine frühromanische, ehemalige Klosterkirche im Burgund. Sie liegt im Süden von Dijon in direkter Nähe zur Saône.

Patrozinium[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sie trägt das Patrozinium des heiligen Philibert, der in Noirmoutier-en-l’Île gestorben war. In der Zeit der Normannenüberfälle wurden seine Reliquien zunächst nach Notre Dame de Cunault an der Loire in Sicherheit gebracht und schließlich nach Tournus überführt.

Vorgängerbauten und Baubeschreibung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ein archäologisch nachgewiesener, dem heiligen Valerianus geweihter Vorgängerbau war 937 durch die Ungarn zerstört worden. Nach 949 wurde daher ein zweiter Bau errichtet, dessen Mauern im hinteren Teil der Kirche bis heute stehen. Die Kirche war bereits sehr groß und flachgedeckt. 1007/08 wurde das Kirchengebäude durch einen Brand weitgehend zerstört.

Heute besteht die Basilika aus drei Schiffen von je fünf Jochen und einem Querschiff. Die Quertonnengewölbe werden von hohen, massiv gemauerten Rundpfeilern getragen. Hinzu kommen ein Umgangschor mit Kapellenkranz und im Westbau eine ebenfalls dreischiffige Vorhalle. Über der Vorhalle befindet sich eine Oberkirche. Über der Vierung befindet sich der im 12. Jahrhundert errichtete Glockenturm. Die beiden Türme tragen vierseite Spitzhelme.

Fassade[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lisenen und Bogenfriese an der Fassade von Saint Philibert in Tournus

Da das Kirchengebäude ursprünglich als Verteidigungsanlage gebaut wurde, hat die aus dem ausgehenden 10. Jahrhundert stammende, 28 m hohe Fassade mit ihren Schießscharten und ihrer Schmucklosigkeit einen wehrhaften Charakter.

Die Fassade gilt als die früheste erhaltene Doppelturmfassade[1], wobei unmittelbares Vorbild für diese Anordnung der Türme die ab 948 gebaute, zweite und somit nicht mehr erhaltene Kirche der benachbarten Abtei von Cluny gewesen sein könnte.[2] Auch syrische Bauten des 5. und 6. Jahrhunderts werden mitunter als Vorform angesehen. Die Turmgruppe als Baumotiv findet sich zwar in Ansätzen bereits an Westwerken, wurde aber in Tournus zu einer eigenen Idee, auch wenn die Türme zunächst als zwei niedrige, sich vom Fassadenblock kaum absetzende Turmstümpfe mit Satteldach, mit den darunterliegenden Geschossen in einer Fläche blieben. Der heutige Nordturm wurde um 1150 erhöht. Die beiden Fassadengeschosse stehen in keinem axialen Zusammenhang, auch die Lisenen laufen nicht durch alle Geschosse hindurch, sondern werden im ersten Geschoss seitlich versetzt fortgeführt. Die Bogenfriese und Lisenen sind dem lombardischen Baustil zuzuordnen, was auf norditalienische Steinmetzarbeit schließen lässt.[3] Da die Fassade insgesamt aber kaum durch Blenden oder Bogenwerk gegliedert ist, kann auch noch von keiner Fassadengestaltung als solcher gesprochen werden.

Vorhalle[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die zweigeschossige Vorkirche
Gewölbe der Vorkirche

Der alten Kirche von 950/960 wurde um 1020 ein Narthex vorgebaut, der – schmaler als das Hauptschiff – ungefähr die Breite des Chorraums hatte. Diese Vorkirche ist nach dem Vorbild älterer Westwerke eine dreischiffige, zweigeschossige Anlage.

Über der Vorhalle befindet sich die dem hl. Michael geweihte, in ihrem Mittelschiff 12 m hohe und zur Hauptkirche hin durch Bogenstellungen offene Kapelle. Erneut im Anschluss an Cluny wurde ein Tonnengewölbe gestaltet, das in großen Ausmaßen in der oberen Etage erhalten ist. Die Rundpfeiler der Kapelle tragen rechteckige Wandvorlagen, die zum Tonnengewölbe des Mittelschiffs hinaufreichen, das von den viertelkreisförmigen Seitenschiffsgewölben gestützt wird.

Relief vom Gerlannusbogen

An der Arkade zur Hauptkirche befindet sich eine Relieffigur eines bärtigen Mannes mit einem Hammer. Auf der zugehörigen Inschriftplatten steht der Name Gerlannus (Foto [4]). Gerlannus gilt als Abt oder Baumeister der Kirche. Der Text der Inschrift Gerlannus Abate Isto Moneteium e ile ist offenbar verdorben. Zusammen mit einer weiteren Reliefplatte des Bogens mit einem Gesicht zählen die Figuren zu den ältesten erhaltenen Werken romanischer Bauplastik.

Im Obergeschoss der Vorkirche befinden sich vier handbetriebene Blasebalge, die früher die Orgel mit Luft versorgten.

Langhaus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das quertonnengewölbte Hauptschiff

Das Langhaus wurde zu Beginn des 11. Jhs. begonnen und 1019 geweiht. Um 1050 wurde auch das breitere Hauptschiff überwölbt, wozu man auf die Erfahrungen vom Bau der nahegelegenen Klosterkirche St-Martin in Chapaize zurückgriff. Da das Gewölbe aber einzustürzen drohte, wurde es bereits 1070 wieder abgerissen und durch Quertonnen ersetzt, die als Notlösung in dieser Form als einzigartig gelten. Denn das Mittelschiff hat nicht wie üblich ein einziges Tonnengewölbe, das auf den Außenmauern ruhte, sondern jedes Joch des Mittelschiffs hat ein eigenes quer zur Längsrichtung errichtetes Tonnengewölbe, das jeweils auf Schwibbögen über Konsolen ruht.

Die Seitenschiffsjoche sind mit Kreuzgratgewölben geschlossen.

Durch diese Form der Einwölbung konnten in die Außenmauern große Fenster eingelassen werden, was die Kirche sehr hell macht. Insgesamt erscheint der hohe Kirchenraum wie eine Halle. Erst die späteren Kreuzgratgewölbe und Kreuzrippengewölbe haben ähnliches erreicht.

Das Querhaus wird von der Kuppel des Vierungsturmes aus dem 12. Jahrhundert beherrscht.

Für das Mauerwerk der Gurtbögen wurden weiße und rote große Quadersteine im Wechsel verwendet.

Chor[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der älteste erhaltene Chor mit Radialkapellen aus dem frühen 12. Jahrhundert, also mit Kapellen, die als einzelne Bauteile strahlenförmig an den Chorumgang angebaut sind, gilt als Vorbild für den späteren Kapellenkranz. Dadurch bleibt die Kirche weiterhin nach Osten gerichtet, erhielt aber eine deutlich höhere Zahl von Altären im Ostchor. Da alle diese Kapellen mittels eigener Fenster erhellt wurden, bildet diese Chorform bereits einen Übergang von den dunklen Chören der Romantik hin zu den sogenannten „Lichtschreinen“ der Gotik, an deren Anfang die 1140 durch Abt Suger erbaute Kathedrale von Saint-Denis steht.

Mosaik

Im Chor befindet sich der moderne Reliquienschrein des hl. Philibert. Im Chorumgang wiederum wurden im 20. Jahrhundert Mosaike aus dem 12. Jahrhundert entdeckt, die Monatsarbeiten und Tierkreiszeichen zeigen (Foto [5]).

Krypta[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Krypta
Kapitell der Krypta

Die ursprünglich aus dem Jahr 875 stammende Krypta unter dem Chor mit ihren rechtwinkligen Umgängen wurde etwa hundert Jahre später der runden Chorform darüber angepasst. Die rechteckigen Kapellen wurden ergänzt. Dabei blieb der von zwei Reihen aus je fünf schlanken Säulen geteilte Hauptraum rechteckig. Die Säulen haben sehr antiksierende Kapitelle.

Außerdem findet sich in der Krypta ein gut erhaltenes Fresko aus dem 12. Jahrhundert, das Maria mit dem Kind und den thronenden Christus darstellt. An der Krypta-Westfand steht ein alter Brunnen.

Weihe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach weiteren umfangreichen Bauarbeiten im ganzen Ostteil der Kirche wurde sie durch Papst Kalixtus II. abermals geweiht.

Notre Dame La Brune[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Notre Dame La Brune

Im südlichen Seitenschiff befindet sich die Madonna „Notre Dame la Brune“ (‚die Braune‘). Die aus Zedernholz geschnitzte Figur aus dem frühen 12. Jahrhundert steht in einem gotischen Baldachin. Sie war im Mittelalter Ziel einer Wallfahrt.

Restaurierungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im 19. Jahrhundert fand eine Restaurierung statt.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: St-Philibert de Tournus – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Baukunst der Romanik in Europa. Frankfurt a. M.: Umschau Verlag 6. Auflage 1959, u. a. S. XV
  • Tournus. In: Marianne Bernhard: Klöster. Hundert Wunderwerke des Abendlandes. Erlangen: Karl Müller Verlag 1994, S. 84f.
  • Tournus. In: Frankreich. Ostfildern: Verlag Karl Baedeker, 12. Auflage 2007, S. 297
  • Bernhard Laule, Ulrike Laule, Heinfried Wischermann: Kunstdenkmäler in Burgund. Darmstadt 1991, S. 465ff.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Oursel, Raymond; Stierlin, Henri (Hrsg.): Romanik (= Architektur der Welt, Bd. 15), S. 17
  2. Nach Wilckens fand sich die erste Zweiturmfassade in Frankreich bei St-Germain in Auxerre, geweiht 865 (Wilckens, Leonie von: Grundriß der abendländischen Kunstgeschichte [1967], Stuttgart 1981
  3. vgl. http://www.art-roman.net/tournus/tournus.htm
  4. Relieffigur des Gerlannus an der Arkade zum Mittelschiff auf structurae.de
  5. Mosaik hinter dem Hochaltar auf structurae.de

Koordinaten: 46° 33′ 49,8″ N, 4° 54′ 38,2″ O

Kategorie:Klosterkirche|Tournus Kategorie:Kirchengebäude in Burgund|Tournus Kategorie:Département Saône-et-Loire Kategorie:Philibertkirche

ca:Abadia de Tournus en:St Philibert, Tournus fr:Abbaye Saint-Philibert de Tournus it:Chiesa abbaziale di San Filiberto