Berlin Görlitzer Bahnhof

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Berlin Görlitzer Bahnhof
Spreewaldplatz mit dem Görlitzer Bahnhof, 1928
Spreewaldplatz mit dem Görlitzer Bahnhof, 1928
Spreewaldplatz mit dem Görlitzer Bahnhof, 1928
Daten
Bauform Kopfbahnhof
Eröffnung 13. September 1866
Auflassung 30. April 1951 (Personenverkehr)
1987 (Güterverkehr)
Lage
Land Berlin
Staat Deutschland
Koordinaten 52° 29′ 56″ N, 13° 25′ 53″ OKoordinaten: 52° 29′ 56″ N, 13° 25′ 53″ O
Eisenbahnstrecken Bahnstrecken bei Berlin Görlitzer Bahnhof
Bahnhöfe in Berlin
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Der Görlitzer Bahnhof war ein im Berliner Ortsteil Kreuzberg gelegener Kopfbahnhof und Ausgangspunkt der Eisenbahnstrecke über Cottbus nach Görlitz. Auf dem ausgedehnten Bahnhofsgelände befindet sich seit den 1990er Jahren der Görlitzer Park. Den Namen Görlitzer Bahnhof trägt heute nur noch der in der Nähe gelegene U-Bahnhof Görlitzer Bahnhof.

Im Nordwesten des Geländes liegt der Spreewaldplatz, der damalige Bahnhofsvorplatz. Im Norden schließt der Lausitzer Platz mit der zwischen 1890 und 1893 nach Planungen von August Orth erbauten Emmauskirche das Gebiet ab, getrennt vom Bahnhofsgelände durch den Viadukt der auf der heutigen Skalitzer Straße verlaufenden Hochbahntrasse der ersten Berliner U-Bahn. Im Süden grenzt das Gelände an den Landwehrkanal und damit an den Ortsteil Alt-Treptow.

Geschichte

Stadtplan 1902: das Gebiet rund um die Lohmühleninsel. Der Görlitzer Bahnhof lag nordwestlich der Insel
Bahnhofsgebäude zur Zeit der Eröffnung
Görlitzer Bahnhof, 1872
Bahnbrücke der Görlitzer Bahn über Landwehrkanal, links der Ringlokschuppen des Görlitzer Bahnhofs, 1869

Der Görlitzer Bahnhof war Endpunkt einer Privatbahnlinie des „Eisenbahnkönigs“ Strousberg, der Berlin-Görlitzer Eisenbahn, dort mit Anschlüssen nach Breslau und Wien. Das Bahnhofsgebäude im Neorenaissancestil geht wie die Emmauskirche auf Entwürfe des Architekten August Orth zurück. Der Baubeginn lag im Jahr 1865. Da das Gelände sehr weitläufig war, wurde als Abkürzung für querende Fußgänger etwa in der Mitte unter dem Bahnhofsgelände zwischen dem Ende der Liegnitzer Straße und der Oppelner Straße ein Fußgängertunnel angelegt, im Volksmund „Görlitzer Tunnel“ genannt. Gelegentlich wurde der rund 170 Meter lange Tunnel umgangssprachlich wegen seines penetranten Geruchs auch „Harnröhre“ genannt.

Am 13. September 1866 fuhr hier der erste Zug: Ein Militärzug in den Preußisch-Österreichischen Krieg. Am 31. Dezember 1867 wurde die komplette Strecke der Görlitzer Bahn eröffnet. Vorher reichte sie nur bis Cottbus. Der Görlitzer Bahnhof war – wie die meisten Fernbahnhöfe in Berlin – ein Kopfbahnhof.

Die Eisenbahn nach Görlitz verlief durch die Landschaften Spreewald und Niederlausitz, woran auch die Namen der umliegenden Plätze erinnern. Der Bahnhof war über ein in das Pflaster der Skalitzer Ecke Gitschiner Straße eingelassenes Gleis mit den Gaswerken an der Prinzenstraße (heute: Böcklerpark/Prinzenbad) verbunden, die auf diesem Weg auch mit Kohle versorgt wurden. Im Fahrplan von 1914 gab es vom Görlitzer Bahnhof Züge über Cottbus nach Görlitz und nach Breslau.

Seit 1902 passiert die Berliner U-Bahn die Skalitzer Straße, sie hält unter anderem auch an einem gleichnamigen Hochbahnhof.

In den 1930er Jahren war geplant, den Kopfbahnhof aufzugeben und dafür das gesamte Areal über eine als Ost-West-S-Bahn bezeichnete Tunnelstrecke bishin zum Anhalter Bahnhof anzuschließen. Vorgesehen war eine Station Görlitzer Bahnhof unmittelbar am Spreewaldplatz. Nach 1945 wurden diese Pläne seitens des Berliner Senats weiterverfolgt und erst 1985 aufgegeben.

Am 29. April 1951 wurde am Görlitzer Bahnhof der letzte Vorortzug nach Königs Wusterhausen abgefertigt. Einen Tag später übernahm die elektrische S-Bahn diese Verbindung über Ostkreuz, ohne West-Berlin zu durchfahren.

Im Zweiten Weltkrieg war das Bahnhofsgebäude beschädigt worden. Nach dem Wegfall des Zugverkehrs wurden die Gebäude auf Betreiben des damaligen Bausenators Rolf Schwedler trotz Protesten der Kreuzberger Kiezbewohner in den Jahren zwischen 1961 und 1967 schrittweise abgebrochen. Begründet wurde dies mit dem Ziel der Neubebauung des nicht mehr benötigten Bahngeländes, die jedoch niemals erfolgte. Auch zum Bau der in den 1970er Jahren geplanten Südtangente der Berliner Stadtautobahn über das Gelände des Bahnhofs ist es niemals gekommen. In den 1980er Jahren wurde dann ein Erlebnisbad unter dem Namen Bad am Spreewaldplatz erbaut, und ein Stadtteilpark nach Plänen der Freien Planungsgruppe Berlin auf dem Bahngelände errichtet. Die noch vorhandenen Güterschuppen wurden in das Konzept einbezogen.

Am Bahnhof Schöneweide betrieb die DDR eine Zollabfertigung für West-Berliner Güterzüge, die den Görlitzer Bahnhof von Neukölln her anfuhren. Am 13. August 1961 wurde die Verbindung dann durch den Mauerbau unterbrochen. Danach war der Görlitzer Güterbahnhof nur noch über eine Zufahrt vom – in Neukölln gelegenen – Güterbahnhof Treptow[1] zu erreichen. Bis 1985 verkehrten über die Verbindung noch Güterzüge zu auf dem Bahnhofsgelände ansässigen Betrieben (Kieslager, Lagerschuppen einer Spedition, Schrottplatz). An der Landwehrkanalbrücke war dafür extra ein kleiner Grenzübergang eingerichtet worden. Reste der eisernen Beschaubrücke an dieser Stelle sind bis heute erhalten. Heute erinnern nur noch ein kurzes Stück Gleis östlich der Kanalbrücke und zwei ehemalige Güterschuppen im Görlitzer Park an die ehemalige Bahnhofsnutzung.

In den späten 1980er Jahren war das Gelände größtenteils eine frei zugängliche Brache, die von den Anwohnern als eine Art überdimensionaler Abenteuerspielplatz genutzt wurde. So wurden regelmäßig große Johannis- und andere Lagerfeuerfeste gefeiert, und Künstlergruppen wie die Mutoid Waste Company nutzten das Freigelände für Performances und andere Aufführungen. Im Jahr 1988 fand ein großer Teil der Kreuzberger Maikrawalle auf dem Bahnhofsgelände statt.

Gegenwart

Reste des Fußgängertunnels im Park

Auf dem Gelände des alten Görlitzer Bahnhofs befindet sich seit den 1990er Jahren der Görlitzer Park, in den einige Überbleibsel des Bahnhofs integriert sind. So verbanden im Süden des heutigen Parks mehrere Eisenbahnbrücken das Bahnhofsgelände mit dem Bezirk Treptow, von denen noch eine erhalten ist und als Fußgängerbrücke direkt vom Park südlich der Lohmühleninsel über den Landwehrkanal führt. Ebenfalls im südlichen Teil des Geländes, in der vom Görlitzer Ufer und der Wiener Straße gebildeten Ecke, befand sich ein Lokschuppen mit Drehscheibe.

Der das Bahnhofsgelände in der Achse Liegnitzer/Oppelner Straße unterquerende rund 170 Meter lange Fußgängertunnel (Görlitzer Tunnel, auch „Harnröhre“ genannt) war bis mindestens Ende 1989 noch begehbar. Im Zuge der Anlage des Parks wich er einer großen Mulde in dessen Mitte. Die ehemaligen Mauern des Tunnels wurden teilweise als Gestaltungselemente einbezogen und sind noch heute erkennbar. Einen Eindruck der Atmosphäre im Tunnel kann der Spreetunnel Friedrichshagen vermitteln, der allerdings rund 50 Meter kürzer, etwas breiter und etwas höher ist.

Sonstiges

Der Görlitzer Bahnhof ist auch Ausgangspunkt der Fahrt zweier Hauptfiguren in Irrungen, Wirrungen von Theodor Fontane zum nicht mehr existierenden Haltepunkt Hankels Ablage.

Literatur

  • August Orth: Der Bahnhof der Berlin-Görlitzer Eisenbahn zu Berlin. In: Zeitschrift für Bauwesen, Jahrgang 22 (1872), Sp. 547–552, Tafel 62–64. Digitalisat
  • Emil Galli: Görlitzer Bahnhof / Görlitzer Park – Berlin-Kreuzberg; ed. Verein Görlitzer Park; SupportEdition: Berlin 1994; ISBN 3-927869-09-0.

Weblinks

Commons: Berlin Görlitzer Bahnhof – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Beitrag: Luftbilder von den Gleisanlagen zum Görlitzer Bahnhof im Bereich der Grenzanlagen. Website www.stadtschnellbahn-berlin.de; abgerufen am 27. Februar 2011