Cannabisgesetz

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Basisdaten
Titel: Gesetz zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften
Kurztitel: Cannabisgesetz
Abkürzung: CanG
Art: Bundesgesetz
Geltungsbereich: Bundesrepublik Deutschland
Rechtsmaterie: Besonderes Verwaltungsrecht, Nebenstrafrecht
Erlassen am: 27. März 2024
(BGBl. I Nr. 109)
Inkrafttreten am: 1. April 2024
GESTA: M031
Weblink: Konsolidierte Fassung
Bitte den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung beachten.

Das Cannabisgesetz (CanG) ist ein umfangreiches deutsches Artikelgesetz, welches den privaten Besitz, Anbau und medizinisch-wissenschaftlichen Gebrauch von Cannabis in Deutschland unter bestimmten Voraussetzungen legalisiert. Das Gesetz trat nach seinem Art. 15 überwiegend am 1. April 2024 in Kraft. Anbauvereinigungen sind erst ab 1. Juli 2024 erlaubt.[1]

Kernpunkt ist die Änderung des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) durch Streichung von Cannabis aus den nicht verkehrs- bzw. verschreibungsfähigen Substanzen. Nach § 1 Abs. 1 BtMG sind Betäubungsmittel im Sinne des BtMG die in den Anlagen I bis III aufgeführten Stoffe und Zubereitungen. Nach der gegenüber der bisherigen betäubungsmittelrechtlichen Einstufung veränderten Risikobewertung für Cannabis wurde Cannabis, so wie es in den Anlagen des BtMG definiert war, einschließlich Nutzhanf und Cannabisharz gem. Art. 3 Nr. 6 CanG aus den Anlagen des BtMG entnommen. Damit gilt Cannabis nicht mehr als Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes. Es unterliegt nicht mehr den Vorschriften des BtMG.

Weitere Gesetze wie das Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung sowie die Fahrerlaubnis-Verordnung wurden in Folge der Neubewertung von Cannabis geändert.

Art. 1: Konsumcannabisgesetz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Einführung der kontrollierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften war ein zentrales drogenpolitisches Anliegen der Ampelkoalition im Koalitionsvertrag der 20. Wahlperiode des Bundestages.[2]

Inhalt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Anbau und die Weitergabe von Cannabis sind grundsätzlich verboten (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 und 7 des Konsumcannabisgesetzes [KCanG]).[3]

Von dem verbotenen Umgang mit Cannabis sind gem. § 2 Abs. 3 KCanG für Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, ausgenommen

  1. der Umgang mit Cannabis zu wissenschaftlichen Zwecken (erlaubnispflichtig),
  2. der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis (in der seit mindestens sechs Monaten bewohnten Wohnung sind bis zu 50 Gramm erlaubt),
  3. der private Eigenanbau von bis zu drei Cannabis-Pflanzen (in der seit mindestens sechs Monaten bewohnten Wohnung) und
  4. der gemeinschaftliche Eigenanbau, die Weitergabe und Entgegennahme von Cannabis in Anbauvereinigungen, die eine Erlaubnis erhalten haben.[4]

Verstöße gegen die Regelungen sind gem. §§ 34, 36 KCanG straf- bzw. bußgeldbewehrt.

Eine vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr eingesetzte Arbeitsgruppe hat gem. § 44 KCanG einen Grenzwert von 3,5 ng/ml Tetrahydrocannabinol (THC) im Blutserum vorgeschlagen, bei dessen Erreichen nach dem Stand der Wissenschaft das sichere Führen eines Kraftfahrzeuges im Straßenverkehr regelmäßig nicht mehr gewährleistet sei.[5] Eine gesetzliche Umsetzung in den Bußgeldvorschriften des Straßenverkehrsgesetzes (§ 24a, § 24c StVG) steht noch aus.[6] Die Rechtsprechung legt bislang den analytischen Nachweisgrenzwert von 1 ng/ml THC im Blutserum zugrunde.[6]

Ausblick[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das KCanG ist ein Gesetz auf Probe und wird sehr wahrscheinlich in den kommenden Jahren verändert und weiterentwickelt. Die gesellschaftlichen Auswirkungen des Gesetzes, insbesondere auf den Kinder- und Jugendschutz, auf den Gesundheitsschutz und auf die cannabisbezogene Kriminalität, sollen begleitend zum Vollzug des Gesetzes evaluiert werden (§ 43 KCanG).

In ökonomischer Hinsicht würde bei einer komplette Legalisierung nach den Berechnungen von Justus Haucap aus dem Jahr 2021 eine Cannabissteuer von jährlich 1,8 Milliarden Euro anfallen. Hinzu kämen Mehreinnahmen bei der Körperschafts-, Gewerbe- und Umsatzsteuer von zusammen rund 735 Millionen Euro, sowie ein höheres Aufkommen an Sozialbeiträgen von 526 Millionen Euro, sowie der Lohnsteuer von 280 Millionen Euro, welche durch rund 27.000 Arbeitsplätze in der Cannabiswirtschaft entstehen würden. Die Einsparungen bei der Strafverfolgung, welche bei der gegenwärtigen Gesetzeslage (Stand April 2024) bereits weitgehend umgesetzt ist, wird sich voraussichtlich auf 1,05 Mrd. Euro und die der Justiz auf 313 Millionen Euro pro Jahr belaufen. Der fiskalische Effekt einer kompletten Legalisierung würde sich so auf ca. 4,7 Mrd. Euro pro Jahr beziffern.[7]

Kontroversen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Gesetz ist Gegenstand einer breiten öffentlichen Debatte. Befürworter des Gesetzes argumentieren, dass es die Kriminalität reduzieren und die Steuereinnahmen erhöhen werde. Gegner des Gesetzes hingegen warnen vor den negativen Auswirkungen auf die Gesundheit und die Verkehrssicherheit.[8][9][10]

Art. 2: Medizinal-Cannabisgesetz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der medizinische Gebrauch von Cannabis hat sich nach Ansicht des Gesetzgebers als therapeutische Option bei der Versorgung insbesondere von chronisch kranken oder ansonsten austherapierten Patienten etabliert. Die Forschung in diesem Bereich, insbesondere auch zur Entwicklung neuer Arzneimittel, nehme zu. Dabei hätten sich die diesbezüglichen Regelungen im Betäubungsmittelgesetz (BtMG) grundsätzlich bewährt. Um gleichwohl der geänderten Risikobewertung von Cannabis insgesamt gerecht zu werden, werden die Regelungen in ein eigenes Gesetz außerhalb des BtMG und des Arzneimittelgesetzes (AMG), das Gesetz zur Versorgung mit Cannabis zu medizinischen und medizinisch-wissenschaftlichen Zwecken (Medizinal-Cannabisgesetz – MedCanG) überführt und modifiziert.[11][12][13]

Danach darf Cannabis zu medizinischen Zwecken an Endverbraucher im Rahmen des Betriebs einer Apotheke gegen Vorlage einer ärztlichen Verschreibung abgegeben werden (§ 3 Abs. 2 MedCanG). Cannabis zu medizinisch-wissenschaftlichen Zwecken darf im Rahmen von klinischen Prüfungen im Sinne des § 4 Abs. 23 AMG durch eine Ärztin oder einen Arzt verabreicht oder einem anderen zum unmittelbaren Verbrauch überlassen werden (§ 3 Abs. 3 MedCanG).

Wer Cannabis zu medizinischen Zwecken oder Cannabis zu medizinisch-wissenschaftlichen Zwecken anbauen, herstellen, mit ihm Handel treiben, einführen, ausführen, abgeben, veräußern, sonst in den Verkehr bringen, sich verschaffen oder erwerben will, bedarf einer Erlaubnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (§ 4 Abs. 1 MedCanG).

Straf- und Strafprozessrecht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vor dem 1. April 2024 verhängte Strafen für Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz, die nach dem KCanG oder dem MedCanG nicht mehr strafbar und auch nicht mit Geldbuße bedroht sind, werden erlassen, soweit sie noch nicht vollstreckt sind (Art. 316p, Art. 313 EGStGB).[14] Sofern eine Gesamtstrafe unter Einbeziehung einer Strafe für ein Verhalten, das nach dem neuen KCanG oder MedCanG nicht mehr strafbar wäre, gebildet worden ist, wird vonseiten des Gerichts eine neue Gesamtstrafe gebildet.

Zugleich werden bestimmte, besonders schwere Straftaten nach dem KCanG und dem MedCanG in die Katalogstraftaten aufgenommen, die eine Telekommunikationsüberwachung (§ 100a Abs. 2 Nr. 7a, 7b StPO), eine Online-Durchsuchung (§ 100b Abs. 2 Nr. 5a, 5b StPO), eine Bestandsdatenauskunft (§ 100j Abs. 1 Satz 3 StPO) sowie eine Vermögensbeschlagnahme (§ 443 Abs. 1 Nr. 5, Nr. 6 StPO) rechtfertigen.[15]

Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Art. 14 des Gesetzes wird ein neuer § 13a in die Fahrerlaubnis-Verordnung eingefügt, der die Klärung von Eignungszweifeln vor Erteilung oder Verlängerung einer Fahrerlaubnis bei einer Cannabisproblematik regelt. Wenn Tatsachen die Annahme einer Cannabisabhängigkeit begründen, kann die Fahrerlaubnisbehörde die Beibringung eines medizinischen Gutachtens beziehungsweise eines medizinisch-psychologisches Gutachten verlangen, wenn beispielsweise zu klären ist, ob Cannabismissbrauch oder Cannabisabhängigkeit nicht mehr besteht.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. BGBl. I Nr. 109
  2. Mehr Fortschritt wagen. Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit, S. 68.
  3. BGBl. I Nr. 109, S. 2.
  4. Fragen und Antworten zum Cannabisgesetz. Bundesministerium für Gesundheit, abgerufen am 27. März 2024.
  5. Unabhängige Expertengruppe legt Ergebnis zu THC-Grenzwert im Straßenverkehr vor. Bundesministerium für Digitales und Verkehr, 28. März 2024, abgerufen am 29. März 2024.
  6. a b Cannabis am Steuer: Experten für „konservativen“ THC-Grenzwert. beck-aktuell, 28. März 2024.
  7. Justus Haucap: DICE Studie berechnet fiskalische Effekte einer Legalisierung von Cannabis - Cannabislegalisierung bringt dem Staat jährlich zusätzlich 4,7 Milliarden Euro. Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, 16. November 2021, abgerufen am 10. April 2024.
  8. Cannabis am Steuer: »Ein Grenzwert ist nicht wissenschaftlich festzumachen«. In: spektrum.de. 18. Februar 2024, abgerufen am 29. März 2024.
  9. mdr.de: Cannabis rauchen und Auto fahren – Der Streit um den richtigen THC-Grenzwert | MDR.DE. MDR, 26. Februar 2024, abgerufen am 29. März 2024.
  10. Vereinte Nationen: Internationaler Suchtstoffkontrollrat zeigt sich besorgt über die Tendenz, den nichtmedizinischen Gebrauch von Cannabis zu legalisieren, was gegen das Einheits-Übereinkommen von 1961 über Suchtstoffe verstößt. Informationsdienst Wien, 9. März 2023.
  11. vgl. § 81 AMG in der Fassung des Art. 7 CanG
  12. BT-Drs. 20/8704
  13. BGBl. I Nr. 109, S. 27.
  14. Art. 13 CanG
  15. Art. 13a CanG