Christuskirche (Meran)
Die Christuskirche (Carducci-Straße 31) befindet sich an der Passerpromenade in Meran und gehört zur Evangelisch-Lutherischen Kirche in Italien. Das neugotische Gebäude entstand 1883–1885 nach Plänen von Johannes Vollmer und steht seit 1980 unter Denkmalschutz.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Zuge des wachsenden Kurbetriebs in Meran bildeten sich die Anfänge der evangelischen Kirche in der Stadt. 1861 erfolgte die Stiftung eines Bethauses und einer Pfarrwohnung in der Hallergasse 24 im oberen Steinachviertel sowie die Errichtung eines evangelischen Friedhofs bei der Spitalkirche.[1] Der erste ständige Pfarrer wurde 1870 berufen. Die rechtliche Gründung der lutherischen Gemeinde Merans erfolgte 1876 (als Gemeinde der Evangelischen Kirche A.B. in Österreich). Die neugotische Christuskirche wurde nach Plänen des deutschen Architekten Johannes Vollmer in den Jahren 1883–1884 errichtet und 1885[2] eingeweiht. Sie war das erste evangelische Kirchengebäude Tirols. 1896 wurde der neue evangelische Friedhof am Greutendamm (heute Marlinger Straße) angelegt. 1904 wurde in der Weingartenstraße in Untermais eine evangelische Volksschule eröffnet.
Zunächst wurden auch evangelische Gläubige in Bozen von der Gemeinde seelsorgerlich mit betreut. Seit 1905 verfügt die dortige Gemeinde über eine eigene Christuskirche-Gemeinde, seit 1908 auch über ein eigenes Kirchengebäude.
Die Zahl der Gemeindemitglieder betrug 1900 ca. 1.800 Mitglieder des Augsburgischen Bekenntnisses und 340 Mitglieder des Helvetischen Bekenntnisses. 1910 wurden bereits ca. 3.000 bzw. 340 Mitglieder genannt.[3] Nach anfänglich heftigen Auseinandersetzungen mit der örtlichen katholischen Geistlichkeit ist inzwischen ein gutes ökumenisches Verhältnis eingekehrt. Das 150-jährige Jubiläum wurde in Anwesenheit des katholischen Diözesanbischofs von Brixen-Bozen, Ivo Muser, gefeiert.[4]
Gemeinde
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ursprünglich umfasste die evangelische Gemeinde von Meran das ganze Gebiet des heutigen Südtirol. 1908 wurde in Bozen eine eigene Gemeinde mit einer eigenen Kirche eingerichtet, die Christuskirche. Immer noch ist das Gemeindegebiet der Evangelischen Kirche Merans aber flächenmäßig sehr groß. Es reicht vom Reschenpass bis zum Nordufer des Gardasees, wobei die Grenzlinie zur östlich gelegenen Bozner Gemeinde vom Jaufenpass bis zur Mündung der Sarca in den Gardasee verläuft. Vom Ende des Ersten Weltkriegs bis 2008 war Meran selbstständig, seither gehört die Gemeinde zur Evangelisch-Lutherischen Kirche in Italien. Zur Gemeinde Meran gehören auch die 1897–1900 gebaute Trinitatiskirche in Arco[5] und die evangelische Kapelle in Sulden. Derzeit gehören der Gemeinde rund 320 Mitglieder[6] an. Die Gemeinde verfügt neben Kirche, Pfarrhaus und Gemeindehaus über einen denkmalgeschützten Friedhof sowie ein Alten- und Pflegeheim (Haus Bethanien).[7] Während der Sommermonate werden auch zahlreiche Urlauber betreut. Gottesdienstsprache ist Deutsch.
Pfarrer und Pfarrerinnen der Evangelischen Gemeinde A.B. Meran
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In Meran wirk(t)en als Seelsorger, seit 1870 als fest bestellte Pfarrer[8]:
- Theodor Johannes Ferdinand Georg Schott (1862–1864)
- Dr. Ludwig Theodor Elze (1865–1868)
- Carl Schott (1868–1870)
- Carl Richter (1870–1894)
- Dr. Friedrich Selle (1895–1902)
- Dr. Johann Molin (1902–1910)
- Paul Jaesrich (1910–1919)
- Julius Giese (1927–1945/53)
- Dietrich Brauer (1953–1979)
- Peter-Ulf Koller (1980–1985)
- Hans Braun (1985–1994)
- Hans H. Reimer (1994–1996)
- Ingrid Rauh (1996–2005)
- Martin Burgenmeister (2005–2014)[9]
- Martin Krautwurst (2015–2022)[10][11]
- Timm Harder (seit 2022)[12][13]
Kirchengebäude
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Christuskirche liegt in einem Garten zwischen Carducci-Straße und Passerpromenade. Der Fassadenturm des neugotischen Gebäudes wird durch einen Spitzhelm bekrönt. Auf mittlerer Höhe befindet sich eine große segnende Christusfigur. Diese wurde nach dem Entwurf von Bertel Thorvaldsen 1897 aus Laaser Marmor gefertigt.[14] An eine Vorhalle schließt das Langhaus an, das außen durch Kreuzgiebel sowie durch Spitzbogenfenster akzentuiert wird. Der Chor ist polygonal. Der Taufstein wurde von Kaiser Wilhelm I. gestiftet.[15]
Das Kruzifix am Altar und die vier Reliefs an Kanzel und Altar wurden von Franz Xaver Pendl gefertigt.[16]
Glasfenster befinden sich im Chor und im Langhaus. Die Orgel aus dem Jahr 1885 stammt von der Firma G. F. Steinmeyer & Co.
Westlich der Kirche befindet sich freistehend das ebenfalls denkmalgeschützte Pfarrhaus. Das dreigeschossige, neuklassizistische Haus wurde 1896 nach Plänen von Coelestin Recla errichtet. Markant sind der Mittelrisalit, Eckerker und Treppenturm.[17]
Evangelischer Friedhof
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Auf dem der Kirche benachbarten Friedhof befinden sich u. a. die Gräber von Käthe Schirmacher, Evelyn Ortner, Natalia Pravossudovic, und Elisabeth Baumgartner.[18]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Hans H. Reimer: Lutherisch in Südtirol – Die Geschichte der evangelischen Gemeinde Meran. Edition Raetia, Bozen 2009, ISBN 978-88-7283-332-2.
- Norbert Denecke: Spurensuche – Die Gemeinden der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Italien. Martin-Luther-Verlag, Erlangen 1999, ISBN 978-3-87513-120-8.
- Klaus Fitschen: Die Evangelische Diaspora – Der Erste Weltkrieg und die evangelische Diaspora-Kirchen in Europa (= Jahrbuch des Gustav-Adolf-Werks 2019). 2019, ISBN 978-3-87593-132-7.
- Konsistorium der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Italien (Hrsg.): Miteinander: 60 Jahre Evangelisch-Lutherische Kirche in Italien – Insieme: 60 anni Chiesa Evangelica Luterana in Italia. arte factum Verlag, Karlsruhe 2009, ISBN 978-3-938560-11-2.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Elfriede Zöggeler-Gabriele: Die evangelische Christuskirche in Meran, Meraner Stadtanzeiger, Herbst 2011
- ↑ Bozner Zeitung vom 14. Dezember 1885, S. 2
- ↑ Hans H. Reimer: Lutherisch in Südtirol. Edition Raetia, Bozen 2009, S. 309.
- ↑ Diözese Bozen-Brixen – Pressestelle: 150 Jahre Evangelische Gemeinde Meran - Bischof Muser feiert mit, Pressemitteilung vom 14. Oktober 2011
- ↑ Hans H. Reimers: Lutherisch in Südtirol. Die Geschichte der evangelischen Gemeinde Meran. Eine Spurensuche zum Protestantismus in Südtirol und im Trentino, Raetia-Edition, Bozen 2009.
- ↑ https://www.chiesaluterana.it/de/comunita/merano/
- ↑ o. V.: Geschichte der Gemeinde - zur Sendung ZDF Fernsehgottesdienst, Meldung vom 9. August 2018
- ↑ Hans H. Reimer: Lutherisch in Südtirol, Edition Raetia, Bozen 2009, passim
- ↑ Gudrun Esser: Interview mit Martin Burgenmeister - Pfarrer der Evangelischen Gemeinde, Herbst 2011
- ↑ Helmuth Tschigg: Einstand des neuen evangelischen Pfarrers, Meraner Stadtanzeiger, Herbst 2014
- ↑ Redaktion RAI Alto Adige: Meran - Pfarrer Martin Krautwurst mit 95 Prozent bestätigt, Meldung vom 20. Januar 2022
- ↑ o. V.: Timm Harder wurde zum neuen Pfarrer der Evangelischen Gemeinde Meran ernannt, Meraner Stadtanzeige, 4. April 2022
- ↑ Redaktion Südtirol Online: Diözese begrüßt neuen Pastor - Miteinander unterwegs, füreinander da, Südtirol Online, 9. Oktober 2022
- ↑ Pfarrbüro Meran
- ↑ o. V.: Die evangelische Kirche in Meran, Bericht vom 6. Dezember 2016
- ↑ Pfarrbüro Meran
- ↑ o. V.: Kirchen in Meran, o. D., auf suedtirol-it.com
- ↑ Evi Keifl, Anita Rossi: Südtirol der Frauen Folio-Verlag Bozen 2009, S. 47f.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Eintrag im Monumentbrowser auf der Website des Südtiroler Landesdenkmalamts
- Evangelisch-Lutherische Kirche in Italien
- Meraner Stadtanzeiger 9/2011
Koordinaten: 46° 40′ 11,3″ N, 11° 9′ 25,6″ O