Darstellungstheorie der sl(2,C)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Die Darstellungstheorie der Lie-Algebra ist von grundlegender Bedeutung in Mathematik und Physik. In der Mathematik ist sie der einfachste Fall in der Klassifikation der Darstellungen halbeinfacher Lie-Algebren, in der Physik spielt sie eine zentrale Rolle in der Quantenmechanik, weil sie die Darstellungen der Drehimpulsalgebra klassifiziert.

Die Lie-Algebra[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

ist die Lie-Algebra der -Matrizen mit Spur . Sie wird (als komplexer Vektorraum) aufgespannt von den Matrizen

,

diese genügen den Relationen

In der Quantenmechanik berechnet man Eigenwerte des Drehimpulsoperators , wobei Multiplikation mit den Ortskoordinaten und die Ableitung nach den Ortskoordinaten bezeichnet. Seien die drei Komponenten von und , dann gilt und . Nach einer passenden Skalierung der Basisvektoren ist die Drehimpulsalgebra also isomorph zu .

Endlich-dimensionale Darstellungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wir betrachten im Folgenden -lineare Darstellungen, für die Klassifikation -linearer Darstellungen von , siehe Darstellungstheorie der Lorentz-Gruppe.

Weil eine halbeinfache Lie-Algebra ist, sind ihre Darstellungen nach dem Satz von Weyl vollständig reduzibel, d. h. jede Darstellung lässt sich als direkte Summe irreduzibler Darstellungen zerlegen. Es genügt deshalb, irreduzible Darstellungen zu klassifizieren.

Irreduzible Darstellungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es stellt sich heraus, dass es zu jeder natürlichen Zahl eine bis auf Isomorphie eindeutige irreduzible -dimensionale Darstellung der gibt. Diese ist bestimmt durch eine Basis mit den folgenden Eigenschaften:

  • für
  • für
  • für

(Hierbei bezeichnen die Bilder von unter der Darstellung.)

Beweis[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Man rechnet leicht nach, dass durch obige Eigenschaften eine wohl-definierte Darstellung von eindeutig festgelegt wird. Wir zeigen jetzt, dass jede irreduzible Darstellung von obiger Form ist.

Es sei eine irreduzible Darstellung. Weil algebraisch abgeschlossen ist, gibt es einen Eigenvektor von , also . Aus folgt dann , also ist ein Eigenvektor von zum Eigenwert . Durch Induktion folgt, dass ebenfalls ein Eigenvektor zum Eigenwert ist. Weil nur endlich viele Eigenwerte hat, muss es ein minimales mit geben. Setze und für . Aus folgt, dass Eigenvektor von zum Eigenwert ist. Es gibt also wieder ein minimales mit und die Vektoren sind linear unabhängig. Aus folgt und damit die erste Behauptung. Die dritte Behauptung folgt durch vollständige Induktion:

.

Weil der von aufgespannte Unterraum invariant ist, muss er wegen der Irreduzibilität der Darstellung ganz sein.

Explizite Beschreibung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die -dimensionale Darstellung von lässt sich explizit angeben durch

,
,
,

wobei bzw. diejenigen Matrizen bezeichnet, deren erste Über- bzw. Unterdiagonale ist und deren sonstige Einträge Null sind.

Zum Beispiel ist die triviale Darstellung, die kanonische Darstellung von auf und die adjungierte Darstellung.

Darstellungen der Lie-Gruppe SL(2,C)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach dem Zweiten Lie’schen Satz entsprechen die Darstellungen der Lie-Algebra den Darstellungen der Lie-Gruppe .

Eine explizite Beschreibung der -dimensionalen Darstellung von geht wie folgt. Es sei der Vektorraum der komplexwertigen homogenen Polynome vom Grad in zwei Variablen, also der von aufgespannte komplexe Vektorraum. wirkt auf durch . Das definiert eine Darstellung

,

deren Differential im Einselement die oben konstruierte Darstellung

ist.

Satz von Clebsch-Gordan[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Tensorprodukt zweier Darstellungen ist wieder eine Darstellung von , welche sich dann in ihre irreduziblen Summanden zerlegen lässt. Der Satz von Clebsch-Gordan besagt im Fall von , dass

für alle natürlichen Zahlen gilt.

Die Clebsch-Gordan-Koeffizienten finden ihre Verwendung in der Kopplung quantenmechanischer Drehimpulse. Es handelt sich dabei um Entwicklungskoeffizienten, mit denen man aus der Basis der Einzeldrehimpulse in die Basis des Gesamtdrehimpulses übergeht. Sie werden zur Berechnung der Spin-Bahn-Kopplung sowie im Isospin-Formalismus verwendet.

Höchstes Gewicht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Darstellungen halbeinfacher Lie-Algebren werden durch ihr höchstes Gewicht klassifiziert. Für Darstellungen von ist das höchste Gewicht der größte Eigenwert von . Die -dimensionale SpinDarstellung hat also höchstes Gewicht .

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Serre, Jean-Pierre: Complex semisimple Lie algebras. Translated from the French by G. A. Jones. Reprint of the 1987 edition. Springer Monographs in Mathematics. Springer-Verlag, Berlin, 2001. ISBN 3-540-67827-1
  • Humphreys, James E.: Introduction to Lie algebras and representation theory. Graduate Texts in Mathematics, Vol. 9. Springer-Verlag, New York-Berlin, 1972.
  • Hilgert, Joachim; Neeb, Karl-Hermann: Lie-Gruppen und Lie-Algebren, Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden, 1991
  • Hall, Brian C.: Lie groups, Lie algebras, and representations. An elementary introduction. Graduate Texts in Mathematics, 222. Springer-Verlag, New York, 2003. ISBN 0-387-40122-9
  • Erdmann, Karin; Wildon, Mark J.: Introduction to Lie algebras. Springer Undergraduate Mathematics Series. Springer-Verlag London, Ltd., London, 2006. ISBN 978-1-84628-040-5; 1-84628-040-0
  • Gilmore, Robert: Lie groups, physics, and geometry. An introduction for physicists, engineers and chemists. Cambridge University Press, Cambridge, 2008. ISBN 978-0-521-88400-6
  • Mazorchuk, Volodymyr: Lectures on sl2(C)-modules. Imperial College Press, London, 2010. ISBN 978-1-84816-517-5; 1-84816-517-X
  • Henderson, Anthony: Representations of Lie algebras. An introduction through . Australian Mathematical Society Lecture Series, 22. Cambridge University Press, Cambridge, 2012. ISBN 978-1-107-65361-0

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]