Deutsch Lehren Lernen

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Übersicht

DLL (Deutsch Lehren Lernen) ist ein Weiterbildungsprogramm für Lehrerende des Deutschen als Fremdsprache, das vom Goethe-Institut in München sowie von seinen regionalen Instituten weltweit angeboten wird. Es wird gemäß seiner Zielsetzung primär in der Fortbildung eingesetzt, aber auch von Universitäten für die Ausbildung von Lehrkräften für Deutsch als Fremdsprache genutzt.

Geschichte

DLL wurde 2010 durch eine Expertise im Auftrag des Goethe-Instituts initiiert, die Fortbildungsangebote der letzten 20 Jahre einer kritischen Prüfung zu unterziehen und dabei dem Stand der fachdidaktischen Forschung, der Professionsforschung und dem Potential der digitalen Wende Rechnung zu tragen. Eine Expertengruppe bestehend aus Vertreter*innen des Goethe-Instituts und der Universitäten Bochum, Darmstadt, Gießen und Jena erhielt den Auftrag, ein Weiterbildungscurriculum auf der Basis der Expertise vorzulegen und die Entwicklung wie die Produktion entsprechender Materialien zu begleiten. Im Herbst 2012 begann die weltweite Pilotierung der ersten Einheiten. 2016 lagen sechs thematische Einheiten vor, die das Basispakets des Programms ausmachen: Die ersten beiden Einheiten thematisieren die Hauptakteure des Unterrichts, die Lehrenden (1) und die Lernenden (2), Einheit 3 fokussiert die deutsche Sprache als Medium und Ziel des Unterrichts. Die Interaktion als Bedingung sprachlichen Handelns (4), Materialien und Medien (5) sowie Curriculare Vorgaben und Unterrichtsplanung (6) komplettieren das Basisprogramm. Seit 2018 umfasst DLL 12 thematische Einheiten.

Ansatz und Struktur

DLL rückt die Lehrenden, ihre Vorstellungen über Unterricht, ins Zentrum der Arbeit. Es gilt, einen konsequenten Unterrichtbezug herzustellen, der es Lehrkräften unterschiedlicher Kontexte ermöglicht, ihre Perspektive auf das Lehren und Lernen zu artikulieren. Unterstützt wird der Unterrichtsbezug durch eine breite Palette von kurzen Unterrichtsdokumentationen (Video), die zum Dialog über den fremden und den eigenen Unterricht einladen. Dazu dienen auch entsprechende Aufgabenstellungen. Die Lernarrangements zielen ferner auf die Unterstützung dialogischen und kooperativen Lernens durch den Einsatz von Partner- und Kleingruppenarbeit, ebenfalls gestützt durch entsprechende Aufgaben. Zentrales Fortbildungsinstrument sind Praxiserkundungsprojekte (PEP). Sie wurden in Anlehnung an das Konzept der Aktionsforschung entwickelt und sollen reflektiertes Erfahrungslernen fördern: Ziel ist, Teilnehmende nicht nur motivieren, eine forschende Perspektive auf den eigenen und dokumentierten Unterricht einzunehmen, sondern auch zu ermutigen, Neues zu erproben (siehe auch forschendes Lernen). Die personen- und erfahrungsbezogene Fokussierung auf Unterricht erfolgt in DLL immer auch unter Bezugnahme auf und Berücksichtigung von didaktischen Theorien und fachdidaktischer Forschung. Klassische Themen wie die Rolle der Fertigkeiten oder die Grammatik sind in die jeweiligen Einheiten integriert. Der Ansatz ist einem handlungsorientierten und kommunikativen Fremdsprachenunterricht verpflichtet.

Erbrachte Leistungen bei der Bearbeitung der DLL-Einheiten können mit Kreditpunkten nach dem Modell des europäischen ECTS-Systems bewertet werden. Damit sind Bedingungen für eine Zertifizierung durch akkreditierte Institutionen gegeben. DLL Kurse werden als Online-Kurse, im Blended-Learning Format oder als Seminarkurse angeboten.

Szenarien für die Durchführung

Nutzung

DLL kommt in unterschiedlichen Aus-, Fort- und Weiterbildungskontexten weltweit Anwendung. Es wird von den Goethe-Instituten selbst als Programm für die Qualifizierung angeboten, aber auch von zahlreichen Universitäten bei der Ausbildung angehender DaF-Lehrerinnen und Lehrer genutzt. Einen ersten Schwerpunkt des Einsatzes von DLL bildet die interne Schulung der Lehrkräfte im Goethe-Institut selbst („Grünes Diplom“) sowie die Bildungskooperationen mit dem Schulwesen in den einzelnen Ländern, in denen das Goethe-Institut tätig ist. In diesem Kontext wurden bislang mehr als 3000 DLL-Kurse angeboten (Stand Ende Februar 2020). An dem Online-Fortbildungsangebot des Goethe-Instituts auf der Grundlage der DLL-Reihe nahmen inzwischen fast 6000 Lehrende teil, von denen etwa 3500 alle sechs DLL-Basiseinheiten durcharbeiteten (Stand Ende August 2019). Weltweit sind über 600 Trainerinnen und Trainer in diese Qualifizierungsangebote involviert (Stand Februar 2020).

Ein zweiter Schwerpunkt für den Einsatz der DLL-Reihe ergibt sich aus Kooperationsabkommen mit Universitäten. Es wird sowohl in Bachelor-Studiengänge als auch in Master- und Weiterbildenden Studiengänge integriert. Mit 48 Universitäten weltweit hat das Goethe-Institut bisher entsprechende Vereinbarungen getroffen.

DLL-HOCHSCHULKOOPERATIONEN (Stand: 03.09.2019)

Nr Land Stadt Universität
1 Deutschland Jena Friedrich-Schiller-Universität (FSU)
2 Argentinien Buenos Aires Universidad Nacional de Misiones (UNaM)
3 Bosnien-Herzegowina Tuzla Univerzitet u Tuzli
4 Brasilien Salvador da Bahia Universidade Federal da Bahia
5 Bulgarien Stara Zagora Thrakische Universität
6 Bulgarien Sofia Neue Bulgarische Universität
7 China Guangzhou Guangdong University of Foreign Studies
8 China Peking Beijing International Studies University (BISU)
9 China Xi‘an Fremdsprachenuniversität Xi’an (XISU)
10 China Hangzhou Zhejiang International Studies University (ZISU)
11 China Chongqing Fremdsprachenuniversität Sichuan (SISU)
12 Dänemark Haderslev/Hadersleben University College Syddanmark (UC Syd)
13 Georgien Tbilisi Staatlichen Ilia Universität
14 Italien Mailand Universität Mailand
15 Südkorea Seoul Hankuk University of Foreign Studies (HUFS)
16 Mazedonien Skopje Universität Sv. Kiril i Metodij
17 Rumänien Bukarest Universität Bukarest
18 Rumänien Konstanza Ovidius Universität Konstanza
19 Russland Krasnojarsk Staatl. Pädagogische Universität Krasnojarsk
20 Russland Kasan Föderale Universität Kasan
21 Russland Ischewsk / Republik Udmurtien Staatliche Universität der Republik Udmurtien
22 Russland Novosibirsk Staatliche Universität Novosibirsk
23 Russland Omsk Pädagogische Universität Omsk
24 Russland Abakan / Republik Chakassien Staatliche Universität der Republik Chakassien
25 Russland Tjumen Staatliche Universität Tjumen
26 Russland Wolgograd Staatliche Universität Wolgograd
27 Russland Orenburg Staatliche Pädagogische Universität Orenburg
28 Russland Rostow am Don Südliche Föderale Universität
29 Russland Saratow Saratower nationale staatliche Universität
30 Russland Moskau Moskauer Staatliche Lomonossow-Universität
31 Russland Jekaterinburg Uraler staatliche pädagogische Universität
32 Russland Nishnij Nowgorod Staatliche pädagogische Kosma Minin-Universität
33 Russland Archangelsk Nördliche (Arktische) Föderale Universität
34 Russland Saransk / Republik Mordwinien Staatliches pädagogisches Evsewjew-Institut
35 Schweden Uppsala Uppsala Universitet
36 Thailand Bangkok Ramkhamhaeng-Universität
37 Tschechien Oppava Schlesische Universität Oppava
38 Tschechien Usti nad Labem Univerzita Jana Evangelisty Purkyně (UJEP)
39 UK, Wales Cardiff Cardiff University
40 Ukraine Mariupol Staatliche Universität Mariupol
41 Ukraine Winnyzja Staatliche Pädagogische Universität Winnyzja
42 Ukraine Nizhyn Staatliche Mykola-Gogol-Universität
43 Ukraine Riwne Staatliche Geisteswissenschaftliche Universität Riwne
44 Ukraine Kiew Nationale Taras-Schewtschenko-Universität Kiew
45 Ukraine Kamjanez-Podilskyi Nationale Iwan-Ohienko-Universität Kamjanez-Podilskyj
46 Ukraine Saporischja Nationale Universität Saporischja
47 Ukraine Ternopil Nationale Pädagogische Volodymyr-Hnatyuk-Universität Ternopil
48 Ukraine Lwiw Nationale Iwan-Franko-Universität Lwiw
Trilaterale Hochschulkooperation

Forschung

Während die theoretischen Grundlagen der DLL-Reihe bereits in mehreren Publikationen dargestellt und das Programm in den Forschungen zur pädagogischen Professionalität verortet wurde, liegen bisher kaum empirische Erkenntnisse zum Einsatz von DLL in den unterschiedlichen Anwendungsszenarien vor[1][2]. Es konnte jedoch gezeigt werden, dass es vor allem die Praxiserkundungsprojekte (PEP) sind, die von den Teilnehmenden an dem Programm als herausfordernd empfunden. Erste Ergebnisse weisen darauf hin, dass die Teilnehmenden das Potenzial der gemeinschaftlichen Arbeit an den PEPs zu schätzen wissen, der Austausch zwischen ihnen sich jedoch zugleich als schwierig erweisen kann und der intensiven Unterstützung bedarf[3][4]. Schwierigkeiten ergeben sich insbesondere bei der Wahl einer geeigneten Fragestellung für die Untersuchungen im eigenen Unterricht sowie ein angemessenes Vorgehen. Eine Analyse der PEP-Dokumentationen konnte beschreiben, dass das Programm unabhängig von den kulturellen Kontexten Reflexionsprozesse über den Unterricht und das Handeln von Lehrenden begünstigt. Es wurde aber zugleich auch deutlich, dass es den Teilnehmenden gerade am Beginn der Fortbildung schwerfällt, die eigene Rolle als Lehrkraft in den PEP-Dokumentationen zu thematisieren.[5]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Legutke, Michael / Rotberg, Sabine: Deutsch Lehren Lernen (DLL) – das weltweite Fort- und Weiterbildungsangebot des Goethe-Instituts. In: InfoDaF. Band 45, Nr. 5, 2018, S. 605–634 (degruyter.com [PDF]).
  2. Rösler, Dietmar: Reflexion lokaler Lehrerfahrung vs. zentrales Design von Fortbildungen. Die vermittelnde Funktion der Aufgabenstellungen. In: Klippel, Friederike (Hrsg.): Teaching Languages -Sprachen lehren. Waxmann, Münster 2016, S. 163–178.
  3. Dejanović, Sara: Lernen durch Erfahrung? Erfahrungswissen in der Fort- und Weiterbildung von DaFLehrenden. In: Fäcke, Christiane / Rost-Roth, Marianne/ Thaler, Engelbert (Hrsg.): Sprachenausbildung - Bildung aus Sprachen – Sprachen bilden aus. Schneider, Baltmannsweiler, S. 253–262.
  4. Niewalda, Katrin: Action Research in Teacher Training Programs: What do Teachers Learn? In: Sonda, Nozomu / Krause, Aleda / Brown, Howard (Hrsg.): JALT 2015 Conference Proceedings. JALT, Tokyo 2015 (jalt-publications.org).
  5. Mohr, Imke / Schart, Michael: Praxiserkundungsprojekte und ihre Wirksamkeit in der Lehrerfort- und Weiterbildung. In: Legutke, Michael / Schart, Michael (Hrsg.): Fremdsprachendidaktische Professionsforschung: Brennpunkt Lehrerbildung. Narr, Tübingen 2016, S. 291–321.