Deutsch Lehren Lernen

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Deutsch Lehren Lernen (DLL) ist ein Weiterbildungsprogramm für Lehrkräfte des Deutschen als Fremdsprache, das vom Goethe-Institut in München sowie von seinen regionalen Instituten weltweit angeboten wird. Es wird gemäß seiner Zielsetzung primär in der Fortbildung eingesetzt, aber z. B. auch von Universitäten für die Ausbildung von Lehrkräften für Deutsch als Fremdsprache (DaF) genutzt.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

DLL wurde 2010 durch eine Expertise im Auftrag des Goethe-Instituts initiiert, die Fortbildungsangebote der letzten 20 Jahre einer kritischen Prüfung zu unterziehen und dabei dem Stand der fachdidaktischen Forschung, der Professionsforschung und dem Potential der digitalen Wende Rechnung zu tragen. Eine Expertengruppe bestehend aus Vertretern des Goethe-Instituts und der Universitäten Bochum, Darmstadt, Gießen und Jena erhielt den Auftrag, ein Weiterbildungscurriculum auf der Basis der Expertise vorzulegen und die Entwicklung wie die Produktion entsprechender Materialien zu begleiten. Im Herbst 2012 begann die weltweite Pilotierung der ersten Einheiten. 2014 lagen sechs thematische Einheiten vor, die das Basispakets des Programms ausmachen: Die ersten beiden Einheiten thematisieren die Hauptakteure des Unterrichts, die Lehrenden (1) und die Lernenden (2), Einheit 3 fokussiert die deutsche Sprache als Medium und Ziel des Unterrichts. Die Interaktion als Bedingung sprachlichen Handelns (4), Materialien und Medien (5) sowie curriculare Vorgaben und Unterrichtsplanung (6) komplettieren das Basisprogramm. Seit 2021 umfasst DLL 13 thematische Einheiten.

Ansatz und Struktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

DLL rückt die Lehrenden, ihre Vorstellungen über Unterricht, ins Zentrum der Arbeit. Es gilt, einen konsequenten Unterrichtbezug herzustellen, der es Lehrkräften unterschiedlicher Kontexte ermöglicht, ihre Perspektive auf das Lehren und Lernen zu artikulieren. Unterstützt wird der Unterrichtsbezug durch eine breite Palette von kurzen Unterrichtsdokumentationen (Video), die zum Dialog über den fremden und den eigenen Unterricht einladen. Dazu dienen auch entsprechende Aufgabenstellungen. Die Lernarrangements zielen ferner auf die Unterstützung dialogischen und kooperativen Lernens durch den Einsatz von Partner- und Kleingruppenarbeit, ebenfalls gestützt durch entsprechende Aufgaben. Zentrales Fortbildungsinstrument sind Praxiserkundungsprojekte (PEP). Sie wurden in Anlehnung an das Konzept der Aktionsforschung entwickelt und sollen reflektiertes Erfahrungslernen fördern: Ziel ist, Teilnehmende nicht nur zu motivieren, eine forschende Perspektive auf den eigenen und dokumentierten Unterricht einzunehmen, sondern auch zu ermutigen, Neues zu erproben (siehe auch forschendes Lernen). Die personen- und erfahrungsbezogene Fokussierung auf Unterricht erfolgt in DLL immer auch unter Bezugnahme auf und Berücksichtigung von didaktischen Theorien und fachdidaktischer Forschung. Klassische Themen wie die Rolle der Fertigkeiten oder die Grammatik sind in die jeweiligen Einheiten integriert. Der Ansatz ist einem handlungsorientierten und kommunikativen Fremdsprachenunterricht verpflichtet.

Erbrachte Leistungen bei der Bearbeitung der DLL-Einheiten können mit Kreditpunkten nach dem Modell des europäischen ECTS-Systems bewertet werden. Damit sind Bedingungen für eine Zertifizierung durch akkreditierte Institutionen gegeben. DLL Kurse werden in der Regel als Online-Kurse,[1] teils auch im Blended-Learning Format oder als Präsenz-Fortbildungen[2][3] angeboten.

Szenarien für die Durchführung

Nutzung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

DLL kommt in unterschiedlichen Aus-, Fort- und Weiterbildungskontexten weltweit Anwendung. Es wird von den Goethe-Instituten selbst als Programm für die Qualifizierung angeboten, aber auch von zahlreichen Universitäten bei der Ausbildung angehender DaF-Lehrer genutzt. Einen ersten Schwerpunkt des Einsatzes von DLL bildet die interne Schulung der Lehrkräfte im Goethe-Institut selbst („Grünes Diplom“) sowie die Bildungskooperationen mit dem Schulwesen in den einzelnen Ländern, in denen das Goethe-Institut tätig ist. In diesem Kontext wurden bislang mehr als 3000 DLL-Kurse angeboten (Stand Ende Februar 2020). An dem Online-Fortbildungsangebot des Goethe-Instituts auf der Grundlage der DLL-Reihe nahmen inzwischen fast 6000 Lehrende teil, von denen etwa 3500 alle sechs DLL-Basiseinheiten durcharbeiteten (Stand Ende August 2019). Weltweit sind über 600 Trainer in diese Qualifizierungsangebote involviert (Stand Februar 2020).

Ein zweiter Schwerpunkt für den Einsatz der DLL-Reihe ergibt sich aus Kooperationsabkommen mit Universitäten. Es wird sowohl in Bachelor-Studiengänge als auch in Master- und Weiterbildenden Studiengänge integriert. Mit 104 Universitäten weltweit hat das Goethe-Institut bisher entsprechende Vereinbarungen getroffen.

DLL-Hochschulkooperationen (Stand: 13. September 2022):

Nr Land Stadt Universität
1 Deutschland Jena Friedrich-Schiller-Universität (FSU)
2 Argentinien Buenos Aires Universidad Nacional de Misiones (UNaM)
3 Bolivien Sucre Universität Sucre
4 Bosnien-Herzegowina Tuzla Univerzitet u Tuzli
5 Bosnien-Herzegowina Mostar Sveuciliste Mostar
6 Bosnien-Herzegowina Banja Luca Universität Naja Luka
7 Brasilien Salvador da Bahia Universidade Federal da Bahia
8 Brasilien São Paulo Universidade Estadual Paulista
9 Brasilien Rio de Janeiro Universität Rio de Janeiro
10 Brasilien Marechal Cândido Rondon Bundesstaatliche Universität des Westens Paranás
11 Bulgarien Stara Zagora Thrakische Universität
12 Bulgarien Sofia Neue Bulgarische Universität
13 Chile Santiago de Chile Pädagogische Universität UMCE
14 China Peking Beijing International Studies University (BISU)
15 China Chongqing Fremdsprachenuniversität Sichuan (SISU)
16 China Guangzhou Guangdong University of Foreign Studies
17 China Xi‘an Fremdsprachenuniversität Xi’an (XISU)
18 Dänemark Haderslev/Hadersleben University College Syddanmark (UC Syd)
19 Georgien Tbilisi Staatlichen Ilia-Universität
20 Irland Maynooth Maynooth University
21 Italien Mailand Universität Mailand
22 Kolumbien Bogotá Nationale Universität Kolumbien (UNAL)
23 Südkorea Seoul Hankuk University of Foreign Studies (HUFS)
24 Kosovo Pristina Universität Hasan Prishtina
25 Nordmazedonien Skopje Universität Sv. Kiril i Metodij
26 Rumänien Bukarest Universität Bukarest
27 Rumänien Konstanza Ovidius Universität Konstanza
28 Rumänien Klausenburg Babes Bolyai-Universität Klausenburg
29 Russland Abakan / Republik Chakassien Staatliche Universität der Republik Chakassien
30 Russland Archangelsk Nördliche (Arktische) Föderale Universität
31 Russland Kasan Föderale Universität Kasan
32 Russland Novosibirsk Staatliche Universität Nowosibirsk
33 Russland Omsk Pädagogische Universität Omsk
34 Russland Ischewsk / Republik Udmurtien Staatliche Universität der Republik Udmurtien
35 Russland Jekaterinburg Urale staatliche pädagogische Universität
36 Russland Krasnojarsk Staatliche Pädagogische Universität Krasnojarsk
37 Russland Orjol Staatliche Turgenew-Universität
38 Russland Moskau Moskauer Staatliche Lomonossow-Universität
39 Russland Nischni Nowgorod Staatliche pädagogische Kosma Minin-Universität
40 Russland Orenburg Staatliche Pädagogische Universität Orenburg
41 Russland Pjatigorsk Staatliche Universität Pjatigorsk
42 Russland Rostow am Don Südliche Föderale Universität
43 Russland Sankt-Petersburg Staatliche Universität Sankt-Petersburg
44 Russland Saransk / Republik Mordwinien Staatliches pädagogisches Evsewjew-Institut
45 Russland Saratow Saratower nationale staatliche Universität
46 Russland Smolensk Staatliche Universität Smolensk
47 Russland Tjumen Staatliche Universität Tjumen
48 Russland Wolgograd Staatliche Universität Wolgograd
49 Russland Tambow Staatliche Derzhavin-Universität Tambow
50 Russland Schuja Schujaer Filiale Staatliche Universität Iwanowo
51 Thailand Bangkok Ramkhamhaeng-Universität
52 Tschechien Oppava Schlesische Universität Oppava
53 Tschechien Usti nad Labem Univerzita Jana Evangelisty Purkyně (UJEP)
54 UK, Wales Cardiff Cardiff University
55 Ukraine Mariupol Staatliche Universität Mariupol
56 Ukraine Winnyzja Staatliche Pädagogische Universität Winnyzja
57 Ukraine Nischyn Staatliche Mykola-Gogol-Universität
58 Ukraine Riwne Staatliche Geisteswissenschaftliche Universität Riwne
59 Ukraine Kiew Nationale Taras-Schewtschenko-Universität Kiew
60 Ukraine Kamjanez-Podilskyj Nationale Iwan-Ohienko-Universität Kamjanez-Podilskyj
61 Ukraine Saporischja Nationale Universität Saporischja
62 Ukraine Ternopil Pädagogische Wolodymyr-Hnatjuk-Universität Ternopil
63 Ukraine Lwiw Nationale Iwan-Franko-Universität Lwiw
64 Ukraine Czernowitz Nationale Jurij-Fedkowytsch-Universität Czernowitz
65 Ukraine Ismail Staatliche Geisteswissenschaftliche Universität Ismail
66 Ukraine Kiew Nationale Pädagogische Dragomanov Universität Kyjiw
67 Ukraine Kropywnzkyj Zentralukrainische Staatliche Pädagogische Wolodymyr Wynnytschenko Universität
68 Ukraine Sumy Staatliche Pädagogische Makarenko Universität Sumy
69 Ukraine Tscherkassy Nationale Bohdan Chmelnyzkyj Universität Tscherkassy
70 Ukraine Charkiw Nationale Pädagogische Skoworoda Universität Charkiw
71 Ungarn Szeged Universität Szeged
72 Ungarn Budapest Károli Gáspár Universität der Reformierten Kirche in Ungarn
73 USA Tempe Arizona State University
74 USA Fulton Aquinas College
75 USA Clarksville Austin Peay State University
76 USA Mount Pleasant Central Michigan University
77 USA Mount Vernon Cornell College
78 USA Ypsilanti Eastern Michigan University
79 USA Hanover Hanover College
80 USA Kalamazoo Kalamazoo College
81 USA Keene Keene State College
82 USA Kutztown Kutztown University
83 USA Milwaukee Marquette University
84 USA Middlebury Middlebury College
85 USA Bozeman Montana State University
86 USA Montclair Montclair State University
87 USA Portland Portland State University
88 USA West Lafayette Purdue University
89 USA Georgetown Southwestern University
90 USA De Pere St. Norbert College
91 USA San Marcos Texas State University
92 USA Tucson University of Arizona
93 USA Chicago University of Chicago
94 USA Denver University of Denver
95 USA Boston, Amherst University of Massachusetts Boston und Amherst
96 USA Oxford University of Mississippi
97 USA Florence University of North Alabama
98 USA Denton University of North Texas
99 USA Kingston University of Rhode Island
100 USA Spartanburg University of South Carolina Upstate
101 USA Knoxville University of Tennessee
102 USA Salt Lake City University of Utah
103 USA Wheaton Wheaton College
104 Vietnam Ho-Chi-Minh-Stadt Hochschule für Geistes- und Sozialwissenschaften der Nationaluniversität HCMC
Trilaterale Hochschulkooperation

Forschung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Während die theoretischen Grundlagen der DLL-Reihe bereits in mehreren Publikationen dargestellt und das Programm in den Forschungen zur pädagogischen Professionalität verortet wurde, liegen bisher kaum empirische Erkenntnisse zum Einsatz von DLL in den unterschiedlichen Anwendungsszenarien vor[4][5][6]. Es konnte jedoch gezeigt werden, dass es vor allem die Praxiserkundungsprojekte (PEP) sind, die von den Teilnehmenden an dem Programm als herausfordernd empfunden wurden. Erste Ergebnisse weisen darauf hin, dass die Teilnehmenden das Potenzial der gemeinschaftlichen Arbeit an den PEPs zu schätzen wissen, der Austausch zwischen ihnen sich jedoch zugleich als schwierig erweisen kann und der intensiven Unterstützung bedarf[7][8]. Schwierigkeiten ergeben sich insbesondere bei der Wahl einer geeigneten Fragestellung für die Untersuchungen im eigenen Unterricht sowie ein angemessenes Vorgehen. Eine Analyse der PEP-Dokumentationen konnte beschreiben, dass das Programm unabhängig von den kulturellen Kontexten Reflexionsprozesse über den Unterricht und das Handeln von Lehrenden begünstigt. Es wurde aber zugleich auch deutlich, dass es den Teilnehmenden gerade am Beginn der Fortbildung schwerfällt, die eigene Rolle als Lehrkraft in den PEP-Dokumentationen zu thematisieren.[9]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Online-Fortbildungen. In: goethe.de. Abgerufen am 15. Mai 2022.
  2. Deutsch Lehren Lernen. In: goethe.de. Abgerufen am 15. Mai 2022: „Fortbildungen zu DLL werden in der Regel online durchgeführt. Möglich sind auch Veranstaltungen in Präsenz beziehungsweise in hybriden Durchführungsformaten, das heißt Präsenz- und Online-Phasen kombiniert. Dies hängt von der durchführenden Institution ab.“
  3. Fortbildungsangebote 2022. In: goethe.de. Abgerufen am 15. Mai 2022.
  4. Legutke, Michael / Rotberg, Sabine: Deutsch Lehren Lernen (DLL) – das weltweite Fort- und Weiterbildungsangebot des Goethe-Instituts. In: InfoDaF. Band 45, Nr. 5, 2018, S. 605–634 (degruyter.com [PDF]).
  5. Rösler, Dietmar: Reflexion lokaler Lehrerfahrung vs. zentrales Design von Fortbildungen. Die vermittelnde Funktion der Aufgabenstellungen. In: Klippel, Friederike (Hrsg.): Teaching Languages -Sprachen lehren. Waxmann, Münster 2016, S. 163–178.
  6. Legutke, Michael: Fremdsprachendidaktische Professionalisierung – Prinzipien und Forschungsansätze: Anmerkungen zu Fortbildungsprojekten des Goethe-Instituts. In: Grünewald, Andreas / Noack-Ziegler, Sabrina / Tassinari, Maria Giovanna / Wieland, Katharina (Hrsg.): Fremdsprachendidaktik als Wissenschaft und Ausbildungsdisziplin. Narr, Tübingen 2021, S. 157–173.
  7. Dejanović, Sara: Lernen durch Erfahrung? Erfahrungswissen in der Fort- und Weiterbildung von DaFLehrenden. In: Fäcke, Christiane / Rost-Roth, Marianne/ Thaler, Engelbert (Hrsg.): Sprachenausbildung - Bildung aus Sprachen – Sprachen bilden aus. Schneider, Baltmannsweiler 2014, ISBN 978-3-8340-1379-8, S. 253–262.
  8. Niewalda, Katrin: Action Research in Teacher Training Programs: What do Teachers Learn? In: Sonda, Nozomu / Krause, Aleda / Brown, Howard (Hrsg.): JALT 2015 Conference Proceedings. JALT, Tokyo 2015 (jalt-publications.org).
  9. Mohr, Imke / Schart, Michael: Praxiserkundungsprojekte und ihre Wirksamkeit in der Lehrerfort- und Weiterbildung. In: Legutke, Michael / Schart, Michael (Hrsg.): Fremdsprachendidaktische Professionsforschung: Brennpunkt Lehrerbildung. Narr, Tübingen 2016, S. 291–321.