Diafenthiuron

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Strukturformel
Strukturformel von Diafenthiuron
Allgemeines
Name Diafenthiuron
Summenformel C23H32N2OS
Kurzbeschreibung

farbloser Feststoff[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 80060-09-9
EG-Nummer (Listennummer) 616-885-7
ECHA-InfoCard 100.113.249
PubChem 3034380
Wikidata Q15632894
Eigenschaften
Molare Masse 384,58 g·mol−1
Aggregatzustand

fest[1]

Schmelzpunkt

149 °C[1]

Löslichkeit

nahezu unlöslich in Wasser[1]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[2]
Gefahrensymbol Gefahrensymbol Gefahrensymbol

Achtung

H- und P-Sätze H: 331​‐​373​‐​410
P: 260​‐​271​‐​273​‐​304+340+311​‐​314​‐​391[3]
Toxikologische Daten
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Diafenthiuron ist eine chemische Verbindung aus der Gruppe der Thioharnstoffe. Sie wurde 1990 von Ciba-Geigy als Insektizid und Akarizid eingeführt.[4]

Gewinnung und Darstellung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Diafenthiuron kann durch Reaktion von Phenol mit 2,6-Diisopropyl-4-chloranilin, Thiophosgen und tert-Butylamin gewonnen werden.[5]

Synthese von Diafenthiuron
Synthese von Diafenthiuron

Diafenthiuron ist ein farbloser Feststoff, der unlöslich in Wasser ist.[1] Laut der Europäischen Chemikalienagentur ist dieser Stoff beim Einatmen giftig, ist sehr giftig für das Wasserleben mit lang anhaltenden Auswirkungen und kann durch längere oder wiederholte Exposition Organe schädigen.[2]

Strukturformel der Carbodiimid-Form von Diafenthiuron

Diafenthiuron wird im Baumwoll- und Gemüseanbau gegen saugende Insekten verwendet.[4] Die Wirkung beruht auf der Hemmung der ATP-Synthese.[6] Diafenthiuron selbst ist ein Propestizid, welches in der Pflanze in die aktive Carbodiimid-Form umgewandelt wird.[7]

In der Europäischen Union ist Diafenthiuron mit der Verordnung (EG) Nr. 2076/2002 vom 20. November 2002 nicht in den Anhang I der Richtlinie 91/414/EWG aufgenommen worden. Daher dürfen in den Staaten der EU keine Pflanzenschutzmittel mehr zugelassen werden, die Diafenthiuron enthalten.[8][9] Seit 2009 sind auch in der Schweiz keine Pflanzenschutzmittel mehr mit diesem Wirkstoff zugelassen. Trotz der Schädlichkeit des Wirkstoffes wird das Mittel Polo immer noch außerhalb der EU vertrieben.[10][11] Der Bundesrat wollte die Ausfuhren 2018 nicht verbieten und sah eher eine Lösung, welche eine Zustimmung des importierenden Staats verlangt, analog der EU.[12] Ab 2021 ist der Export von Diafenthiuron aus der Schweiz jedoch verboten.[13] 2017 hat Syngenta 126,5 Tonnen davon aus der Schweiz ausgeführt, 75 Tonnen davon nach Indien.[14] Dort war es laut Recherchen der Nichtregierungsorganisation Public Eye im selben Jahr verantwortlich für eine Vergiftungswelle mit etwa 800 Betroffenen, davon 20 Toten.[15]

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. a b c d e f g Datenblatt Diafenthiuron bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 22. Mai 2017 (PDF).
  2. a b Vorlage:CL Inventory/nicht harmonisiertFür diesen Stoff liegt noch keine harmonisierte Einstufung vor. Wiedergegeben ist eine von einer Selbsteinstufung durch Inverkehrbringer abgeleitete Kennzeichnung von 1-t-Butyl-3-(2,6-diisopropyl-4-phenoxyphenyl)thiourea im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 16. Oktober 2020.
  3. Datenblatt Diafenthiuron bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 29. September 2024 (PDF).
  4. a b Syngenta: Insecticides – POLO® (Memento vom 9. März 2016 im Internet Archive)
  5. Thomas A. Unger: Pesticide Synthesis Handbook. William Andrew, 1996, ISBN 0-08-095716-1, S. 210 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  6. Jørgen Stenersen: Chemical Pesticides Mode of Action and Toxicology. CRC Press, 2004, ISBN 0-203-64683-5, S. 44 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  7. Hartmut Kayser, Phillipp Eilinger: Metabolism of diafenthiuron by microsomal oxidation: procide activation and inactivation as mechanisms contributing to selectivity. In: Pest Manag. Sci. Band 57, Nr. 10, 2001, S. 975–980, doi:10.1002/ps.360.
  8. Verordnung (EG) Nr. 2076/2002 (PDF) der Kommission vom 20. November 2002.
  9. Generaldirektion Gesundheit und Lebensmittelsicherheit der Europäischen Kommission: Eintrag zu Diafenthiuron in der EU-Pestiziddatenbank; Eintrag in den nationalen Pflanzenschutzmittelverzeichnissen der Schweiz, Österreichs und Deutschlands, abgerufen am 8. März 2016.
  10. Vergiftungsgefahr in Indien In: srf.ch, 18. September 2018, abgerufen am 24. September 2018.
  11. Indien: Tödliche Pestizide bedrohen Baumwollbauern In: de.euronews.com, 20. September 2018, abgerufen am 24. September 2018.
  12. Export gefährlicher Pestizide verschärfen. In: schweizerbauer.ch. 22. November 2018, abgerufen am 22. November 2018.
  13. Strengere Bestimmungen für die Ausfuhr von Pflanzenschutzmitteln. Bundesrat, 14. Oktober 2020, abgerufen am 16. Oktober 2020.
  14. Public Eye: In der Schweiz produziertes Syngenta-Pestizid mitverantwortlich für tödliche Vergiftungswelle in Indien. In: publiceye.ch, 18. September 2018, abgerufen am 24. September 2018.
  15. Yavatmal: Deutlich mehr Vergiftungen mit Syngenta-Pestizid als bislang bekannt. In: publiceye.ch. Abgerufen am 26. September 2020.