Dóra Dúró

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Dóra Dúró (2015)

Dóra Dúró (ungarisch Dúró Dóra; * 5. März 1987 in Szentes) ist eine ungarische Politikerin und seit der Parlamentswahl 2010 Abgeordnete des ungarischen Parlaments; seit 2022 ist sie zudem dessen Vizepräsidentin. Ursprünglich für die einstmals rechtsextreme Jobbik gewählt, trat sie 2018 aus der nunmehr in die politische Mitte gerückten Partei aus und gründete gemeinsam mit László Toroczkai als Reaktion auf dessen Parteiausschluss die rechtsextreme Partei Unsere Heimat (Mi Hazánk Mozgalom), deren Vizepräsidentin sie ist.

Biographie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Dóra Dúró wurde 1987 im südungarischen Szentes als Tochter eines Tierarztes und einer Hausfrau geboren. Sie besuchte Schulen in Csépa, Döbrököz und Dombóvár, wo sie 2005 auch ihren Abschluss erwarb. Danach studierte sie an der Eötvös-Loránd-Universität und erlangte dort 2010 einen Bachelor in Politikwissenschaften. Später setzte sie ihr Studium an der Corvinus-Universität Budapest fort und erwarb dort einen Doktorgrad. Ihre Forschungen drehten sich um den Radikalismus in ungarischer Geschichte (u. a. um die paramilitärische Magyar Gárda und den Schriftsteller László Németh). Darüber hinaus erwarb sie an der Universität Sprachexamen in Englisch, Deutsch und Italienisch.[1]

Dúró ist verheiratet mit dem ehemaligen Vizevorsitzenden von Jobbik, Előd Novák, mit dem sie vier Kinder hat und in Budapest lebt. Gemeinsam mit ihrem Mann gründete sie 2008 das Csengey-Dénes-Kulturzentrum in Budapest, benannt nach dem Demokratieaktivisten Csengey Dénes.[1]

Politische Karriere[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jobbik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Dórá Dúro trat Jobbik bereits im Jahre 2005 bei und wurde auch Mitglied in deren Jugendorganisation. 2007 ernannte sie der Parteivorsitzende Gábor Vona zur Pressereferentin des Kampagnenstabs der Partei. 2008 wurde Dúró zur Vorsitzenden des Parteiausschusses für Bildung und Kultur gewählt. 2009 wurde sie zur anlässlich der Europawahl zur Pressesprecherin der Partei gewählt und arbeitete außerdem für den Europaabgeordneten Zoltán Balczó.[1] 2010 wurde Dúro im Alter von 23 Jahren als Listenabgeordnete in das ungarische Parlament gewählt, wo sie bis 2018 die jüngste Parlamentarierin war. Bei den Parlamentswahlen 2014 und 2018 wurde sie jeweils wiedergewählt. Als Abgeordnete war sie von 2010 bis 2014 Mitglied im Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Forschung, von 2014 bis 2018 im Kulturausschuss sowie im Unterausschuss für die Würde der Frau und von 2018 bis voraussichtlich 2022 sowohl im Immunitätsausschuss als auch Vizepräsidentin des Kulturausschusses. Darüber hinaus wurde sie 2014 zur stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden von Jobbik gewählt und war dies bis 2018. In der Legislaturperiode von 2010 bis 2014 hielt sie 247 Parlamentsreden und stellte 82 individuelle Anträge, in der Legislaturperiode von 2014 bis 2018 hielt sie 191 Parlamentsreden und stellte 170 individuelle Anträge. Insgesamt reichte sie seit 2010 in ihrer Funktion als Abgeordnete für Jobbik 729 Anträge ein.[2]

Unsere Heimat[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

2018 kam es auf dem Parteitag der Jobbik zu politischen Auseinandersetzungen. Der bisherige Vorsitzende, Gábor Vona, erklärte seinen Rücktritt als Parteichef. Zuvor war unter seinem Vorantreiben eine Deklaration vorangetrieben worden, die Jobbik aus dem rechtsextremen Milieu herauslösen und stattdessen zu einer modernen, konservativen Partei der rechten politischen Mitte formen sollte.[3] Eine Begründung der Parteiführung für diesen Schritt lautete, dass die Partei des regierenden Ministerpräsidenten von Ungarn, Viktor Orbán von der Fidesz-Partei, im Zuge der sogenannten Europäischen Flüchtlingskrise so weit rechts stehende Positionen eingenommen habe, dass dort für Jobbik kein Platz mehr sei.[4][5] Dóra Dúró gehörte zu einer Gruppe von Parteimitgliedern, die mit diesem neuen Kurs der Mäßigung der Jobbik nicht einverstanden war, und unterstützte daher László Toroczkai bei der Wahl zum neuen Parteivorsitzenden als Kandidaten des rechten Flügels. Es gelang Toroczkai allerdings nicht, diese Wahl für sich zu entscheiden. Gemeinsam mit einigen anderen Parteimitgliedern wurde Toroczkai aus der Partei ausgeschlossen. Als Reaktion darauf gründeten Dúró und Toroczkai die neue Partei Unsere Heimat, die sich sowohl rechts von Jobbik als auch von Fidesz positioniert. Als Reaktion auf den Parteiaustritt von Dúró verlor Jobbik wiederum mehrere Kommunalpolitiker, die sich ebenfalls der neugegründeten Partei anschlossen. Dúró ist Vizevorsitzende der Partei.[6][7][8]

Forderungen aus der Jobbik, ihr Parlamentsmandat abzugeben kam Dúró nicht nach.[9] Sie beabsichtige, zu der Europawahl 2024 auf dem Listenplatz 2 der Partei zu kandidieren. Laut des Parteivorsitzenden sei ihre Kandidatur jedoch nur symbolischer Natur und ihrer Popularität geschuldet – Dúró selbst beabsichtige angesichts der Geburt ihres vierten Kindes nicht, das Mandat im Falle einer erfolgreichen Wahl anzunehmen.[10] Im Zuge der Parlamentswahl 2022 wurde sie über die Liste von Unsere Heimat erneut ins ungarische Parlament und von diesem darüber hinaus erstmals zur Vizepräsidentin des Parlaments gewählt.[2]

Politische Positionen und Kontroversen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Dóra Dúró galt während ihrer Mitgliedschaft in der Jobbik gemeinsam mit ihrem Ehemann als Teil des rechten Flügels der Partei und Gegnerin des Reformerkurses des Parteivorsitzenden Gábor Vona.[11][12] Als größte Gefahren für Ungarn sieht sie die Emigration junger Ungarn und die LGBT-Bewegung. Der Regierungspartei Fidesz und ihrer ehemaligen Partei Jobbik wirft sie vor, sie würden das Problem junger Menschen, die Ungarn aus finanziellen Gründen verlassen und vor allem in andere Länder der Europäischen Union ziehen, herunterspielen. Dúró sieht darin eine „demographische und ökonomische Katastrophe“.[13] Homosexualität lehnt Dúró ab. So äußerte, dass sie nicht nur gegen die gleichgeschlechtliche Ehe und die eingetragene Lebenspartnerschaft sei, sondern dass sie auch den Christopher Street Day und „homosexuelle Propaganda“ verbieten würde.[14] Darüber hinaus lehnt sie Abtreibungen ab, definiert menschliches Lebens als beginnend mit der Empfängnis und setzt sich daher für ein sogenanntes Herzschlaggesetz ein, wonach vor Vornahme eines Schwangerschaftsabbruchs ärztlich überprüft werden müsste, ob das Kind bereits einen Herzschlag hat.[15] Während der weltweiten COVID-19-Pandemie 2021 kritisierte sie die Regierung unter Orbán für ihre strengen Maßnahmen und vor allem für Schulschließungen, weil diese sowohl Familien als auch Lehrer in äußerst schwierige Lagen bringe.[16] Darüber hinaus forderte sie, dass die finanziellen Profiteure der internationalen Seuchenkrise eine Solidaritätssteuer zu entrichten hätten, und nannte als Beispiele Pharmaunternehmen, Techunternehmen, Kasinos und internationale Onlinehandelsunternehmen.[17]

Dóra Dúró erregte 2020 internationales Aufsehen und stand verstärkt in der Presseberichterstattung, nachdem sie auf einer Pressekonferenz ihrer Partei vor laufenden Kameras ein Buch geschreddert hatte. In dem Buch mit dem deutschen Titel „Märchenland für alle“ werden bekannte Volksmärchen auf eine Weise adoptiert, dass die Protagonisten der Geschichten von homosexuellen Charakteren, Migranten, Sinti und Roma oder Menschen mit Behinderung dargestellt werden. Dúró bezeichnete das Buch als „homosexuelle Propaganda“ und einen „Angriff auf ungarische Kultur und Kinder“. Über diese Aktion erlangte sie über Ungarn hinaus Bekanntheit.[18][19][20][21] Im August 2022 ließ sie in ihrem Parlamentsvizepräsidentinnenbüro eine Büste Miklós Horthys, österreich-ungarischer Admiral, langjähriges faktisches Staatsoberhaupt des Königreichs Ungarn und in der ungarischen Öffentlichkeit rege umstrittene Persönlichkeit, aufstellen.[22]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Dóra Dúró – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c Dúró Dóra. In: jobbik.hu (Archivlink via web.archive.org). Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 22. Dezember 2017; abgerufen am 9. März 2021 (ungarisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.jobbik.hu
  2. a b Dúró Dóra. In: parlament.hu. Abgerufen am 9. März 2021 (ungarisch).
  3. Declaration of Principles. In: jobbik.hu. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 10. April 2020; abgerufen am 9. März 2021 (englisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.jobbik.com
  4. Kathrin Lauer: "Fidesz kann man nicht rechts überholen". In: wienerzeitung.at. Abgerufen am 9. März 2021.
  5. Boris Kálnoky: „Ministerpräsident Orbán hat uns rechts überholt“. In: welt.de. Abgerufen am 9. März 2021.
  6. Gábor Sarnyai: Brand New Far-Right Party Emerges from the Ashes of Jobbik. In: hungarytoday.hu. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 29. Mai 2019; abgerufen am 9. März 2021 (englisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/hungarytoday.hu
  7. Dull Szabolcs: Dúró Dóra kilép a Jobbikból, és követik is páran. In: index.hu. Abgerufen am 9. März 2021 (ungarisch).
  8. Dúró Dóra szerint nem neki és Toroczkainak kellene távozni a Jobbikból. In: origo.hu. Abgerufen am 9. März 2021 (ungarisch).
  9. Feltételeket szabott Dúró Dóra. In: hvg.hu. Abgerufen am 9. März 2021 (ungarisch).
  10. Toroczkai vezeti a Mi Hazánk EP-listáját. In: kuruc.info. Abgerufen am 9. März 2021 (ungarisch).
  11. Novák Előd lemondott, súlyos viták a Jobbikban. In: origo.hu. Abgerufen am 9. März 2021 (ungarisch).
  12. Dúró Dóra még nem dolgozta fel, hogy férjét kirúgták a Jobbik frakciójából. In: hvg.hu. Abgerufen am 9. März 2021 (ungarisch).
  13. Tom Szigeti: Jobbik MP Says Hungarian Emigration Could Trigger a “Demographic and Economic Catastrophe”. In: hungarytoday.hu. Abgerufen am 9. März 2021 (englisch).
  14. Justin Spike: Jobbik’s Dóra Dúró would ban Pride and “homosexual propaganda from cinemas”. In: budapestbeacon.com. Abgerufen am 9. März 2021 (englisch).
  15. Far-right Mi Hazánk: Listening to Heartbeat Should Become Mandatory before Abortion. In: hungarytoday.hu. Abgerufen am 25. Februar 2024 (englisch).
  16. Krisztina Balogh: Dúró Dóra: Elég volt a lezárásokból és a kijárási tilalomból! In: index.hu. Abgerufen am 9. März 2021 (ungarisch).
  17. Krisztina Balogh: Dúró Dórának elege van abból, hogy a járvány haszonélvezői élnek, mint Marci Hevesen. In: index.hu. Abgerufen am 10. März 2021 (ungarisch).
  18. Mi Hazánk-Politikerin schiebt „Homosexuelles Propaganda-Kinderbuch“ durch den Schredder. In: ungarnheute.hu. Abgerufen am 9. März 2021 (ungarisch).
  19. Tim Hume: Hungary's Prime Minister Says Gay Fairytale Characters Are a Threat to Children. In: vice.com. Abgerufen am 9. März 2021 (englisch).
  20. Ungarn: Orban zeigt Verständnis für homophobe Aktion einer Rechtsradikalen. In: rnd.de. Abgerufen am 9. März 2021.
  21. Meseország nem az aberráltaké! In: youtube.com. Abgerufen am 9. März 2021 (ungarisch).
  22. Andrea Horváth Kávai: Far right party Mi Hazánk unveils bust of controversial Miklós Horthy in Parliament Office. In: telex.hu. Abgerufen am 25. Februar 2024 (englisch).