AnsaldoBreda V250

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von ETR 700)
Zur Navigation springen Zur Suche springen
V250
Ein V250 in den Fyra-Farben auf Testfahrt bei Deurne
Ein V250 in den Fyra-Farben auf Testfahrt bei Deurne
Ein V250 in den Fyra-Farben auf Testfahrt bei Deurne
Anzahl: 19
Hersteller: AnsaldoBreda
Baujahr(e): 2008–2013
Ausmusterung: 2013 für einige Zeit abgestellt
Spurweite: 1435 mm
Länge: 200,9 m
Höhe: 4080 mm
Breite: 2870 mm
Leermasse: 423 t
Dienstmasse: 485 t
Radsatzfahrmasse: 17 t
Höchstgeschwindigkeit: 250 km/h
Dauerleistung: 5,5 MW
Anfahrzugkraft: 300 kN
Beschleunigung: 0,58 m/s²
Bremsverzögerung: 1,2 m/s²
Raddurchmesser: 920/850 mm
Stromsystem: 25 kV, 50 Hz ~,
3 kV =, 1,5 kV =
Stromübertragung: Oberleitung
Antrieb: Wassergekühlte IGBT-Stromrichter mit Asynchronfahrmotoren
Zugbeeinflussung: ETCS Level 2, TBL, ATB
Sitzplätze: 497 (Trenitalia),
546 (Fyra, davon
1. Klasse: 127
2. Klasse: 419[1])
Fußbodenhöhe: 1260 mm über SOK

Die V250 des italienischen Herstellers AnsaldoBreda sind elektrische Hochgeschwindigkeitstriebzüge, die seit 2019 von Trenitalia als ETR 700 eingesetzt werden. Von Ende 2012 bis Anfang 2013 verkehrten die Züge unter dem Markennamen Fyra auf der niederländisch-belgischen Schnellfahrstrecke Schiphol–Antwerpen.[2] Ihr planmäßiger Einsatz wurde nach zahlreichen Mängeln im Januar 2013 durch ein Fahrverbot der belgischen Aufsichtsbehörde unterbrochen und nicht wieder aufgenommen. Auch auf niederländischen Strecken kam es zu keinem weiteren Einsatz. Der Auftrag für weitere Züge wurde storniert und die bestehenden Garnituren an den Hersteller zurückgegeben. Dort wurden 17 Züge umgebaut, sodass sie schließlich seit Juni 2019 im italienischen Hochgeschwindigkeitsverkehr von Mailand entlang der Adriaküste eingesetzt werden.

Das Betreiberunternehmen High Speed Alliance, kurz HSA, ein Joint Venture aus Nederlandse Spoorwegen (NS) und der Fluggesellschaft KLM, hatte im Frühjahr[3] 2004[4] 16 Garnituren (andere Quelle: 12[4]) des zunächst als Albatros[5] vermarkteten V250 bestellt, die belgische Staatsbahn SNCB drei.[6] Darüber hinaus wurde eine Option über 14 weitere Züge vereinbart.[4] Ursprünglich war ein Betriebsbeginn am 1. April 2007 vorgesehen.

Anfang 2006 war die Auslieferung für Februar 2008 vorgesehen.[3] Im Frühjahr 2008 wurden Testfahrten auf dem Eisenbahnversuchsring Velim aufgenommen.[7] Ende April 2009 wurde der erste Zug in die Niederlande geliefert.[8] Mitte Mai 2009 wurde der zweite Zug nach den Testfahrten in Velim ebenfalls nach Amsterdam überführt.

Im Juli 2009 wurden ein Zug und der Name Fyra der Öffentlichkeit präsentiert. Danach begannen Testfahrten auf der HSL Zuid und der HSL 4.[9] Nachdem absehbar wurde, dass die Züge nicht rechtzeitig zur Eröffnung der HSL Zuid zur Verfügung stehen würden, entschied sich die HSA, den Verkehr auf der Strecke im Herbst 2009 mit konventionellen, lokbespannten Zügen zu beginnen.[6] Die Betreiber gingen zu diesem Zeitpunkt davon aus, dass die ersten Züge im Laufe des Jahres 2010 einsatzbereit sein würden.[9] Nach weiteren Verzögerungen begann am 29. Juli 2012 sukzessive der reguläre Fahrgasteinsatz.[10] Von September bis zum Fahrplanwechsel im Dezember 2012 folgten je nach Verfügbarkeit der Zuggarnituren Einsätze im Fahrgastbetrieb zwischen Amsterdam und Rotterdam, zusätzlich zu dem bestehenden Fyra-Angebot mit lokbespannten Zügen zwischen Amsterdam und Breda.

Kurzzeitiger Fahrplaneinsatz in den Niederlanden und Belgien

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
ETR 700 Frecciarossa im Bahnhof Venezia Santa Lucia

Der planmäßige Einsatz begann schließlich am 9. Dezember 2012 mit täglich zehn Verbindungen. Die Züge verkehrten über die Schnellfahrstrecke Schiphol–Antwerpen und verbanden dabei Amsterdam mit dem Flughafen Schiphol, Rotterdam und Brüssel. Die zuvor bestehende IC-Verbindung (Beneluxtrein) zwischen den beiden Endpunkten mit Halt in Den Haag wurde zu diesem Termin eingestellt. Zusätzlich sollten Verbindungen von Rotterdam nach Den Haag und von Breda nach Amsterdam und nach Antwerpen eingerichtet werden.

Am 18. Januar 2013 entzog die belgische Aufsichtsbehörde Dienst Veiligheid en Interoperabiliteit der Spoorwegen den V250 die Genehmigung für den kommerziellen Betrieb mit Fahrgästen, bis der Betreiber erneut die Zuverlässigkeit der Flotte nachweisen könne. Abdeckungen aus dem Unterflurbereich der Fahrzeuge wurden entlang des Fahrweges gefunden, außerdem beschädigte Eisabfall bereits Tage zuvor einige Triebzüge.[11][12] Im Juni 2013 wurde durch die niederländische Aufsichtsbehörde Inspectie Leefomgeving en Transport ein vorläufiges Fahrverbot ausgesprochen, das auch Testfahrten mit einschloss.[13] Die belgische Bahn gab am 31. Mai 2013 bekannt, ihre Bestellung über drei Einheiten zu annullieren, da die Triebzüge zu große Defizite hinsichtlich Zuverlässigkeit und Sicherheit aufweisen würden. Die Probleme seien innerhalb des gestellten Drei-Monats-Ultimatums seit der Außerbetriebnahme der Züge Mitte Januar 2013 nicht zufriedenstellend behoben worden.[14][15] Danach gab am 3. Juni 2013 NS Hispeed bekannt, dass sie die Einheiten nicht weiter einsetzen wolle.[16] Der Leasinggeber der sechzehn niederländischen Einheiten, NS Financial Services, äußerte im Juni 2013 vor Gericht, die Fahrzeuge dennoch abzunehmen und an andere Verkehrsunternehmen zu vermieten, sobald sie fehlerfrei seien. Am 30. August 2013 teilte NS mit, dass der Kaufvertrag gekündigt worden sei.[17]

Die NS, AnsaldoBreda und deren Muttergesellschaft Finmeccanica (FNM) gaben am 17. März 2014 eine Lösung für ihren Streit über die sechzehn V250-Triebzüge der NS Financial Services bekannt. Die Unternehmen vereinbarten, dass alle V250-Züge zurück zu AnsaldoBreda nach Italien gehen, wobei die NS 125 Millionen Euro erstattet erhalten.[18] Sollte AnsaldoBreda die Züge an andere Kunden verkaufen können, würde NS weitere Zahlungen erhalten. Mit der belgischen Bahn, deren drei Züge noch nicht ausgeliefert worden waren, einigte sich der Hersteller im Mai 2014 auf eine Auflösung des Kaufvertrags und eine Entschädigungszahlung in Höhe von 2,5 Mio. Euro an die Bahngesellschaft.[19]

Einsatz in Italien

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
ETR 700 Frecciargento im Bahnhof Lodi

Die italienische Trenitalia kaufte 2017 17 von 19 Einheiten.[20] Die zwei weiteren werden als Ersatzteilspender verwendet.[21] Diese Züge wurden als ETR 700 eingereiht und von Trenitalia im Laufe des Jahres 2019 in den Rollmaterialbestand der Zuggattung Frecciargento aufgenommen.[22] Neben der passenden rot-grauen Farbgebung erhielten die Züge eine neue Innenraumgestaltung mit den drei Klassen First, Business und Standard, wodurch sich die Anzahl der Sitzplätze auf 497 reduzierte. Seit Juni 2019 werden die ETR 700 im kommerziellen Verkehr eingesetzt.[23] Ende 2022 wurden die ETR 700 von Trenitalia von der „mittleren“ Frecce-Marke hochgestuft und umlackiert zu Frecciarossa-Zügen.[24][25][26] Ende 2023 war ein Zug zu Testfahrten in Slowenien. In diesem Zusammenhang wurde die Einrichtung eines täglichen Zugpaares zwischen Mailand und Ljubljana ab April 2024 angekündigt.[27]

Die von Pininfarina entworfenen Züge bestehen aus acht einzeln lauffähigen Wagen auf je zwei zweiachsigen Drehgestellen. Sie können unter drei Fahrleitungsspannungen verkehren, mit 25 kV Wechselspannung bei 50 Hz sowie 1,5 und 3 kV Gleichspannung. Neben dem auf der HSL-Zuid eingesetzten Zugbeeinflussungssystem ETCS Level 2 waren die Züge auch mit der niederländischen ATB und der belgischen TBL ausgestattet. Sie sollten eine Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h erreichen. Die acht Wagen boten insgesamt 546 Sitzplätze, davon 127 in der ersten Klasse. Dort gab es auch Steckdosen an den Plätzen.[28] Die Führerstandsenden der Einheiten sind mit Scharfenbergkupplungen ausgerüstet, die für das Kuppeln von zwei Einheiten mit Kontaktaufsätzen ausgerüstet wurden.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Peter Badcock: Dutch wait for HSL South to bloom. In: International Railway Journal, 49. Jahrgang, Heft 2, Februar 2009, S. 16–19
  2. "Nouveau train à grande vitesse Bruxelles-Amsterdam" (Memento vom 25. Februar 2014 im Internet Archive). Presseinformation der SNCB vom 7. Juli 2009.
  3. a b HSL Zuid: Hochgeschwindigkeitsstrecke mit Langsamverkehr. In: Eisenbahn-Revue International. Heft 3/2006, ISSN 1421-2811, S. 128–130.
  4. a b c Meldung Ansaldo-Hochgeschwindigkeitszüge für HSL-Zuid. In: Eisenbahn-Revue International, Heft 7/2004, ISSN 1421-2811, S. 320 f.
  5. Railway Gazette International: "NS Hispeed confirms December start" (Memento vom 13. Oktober 2012 im Internet Archive), 1. Mai 2007.
  6. a b Wie weiter beim Verkehr über die HSL Zuid?. In: Eisenbahn-Revue International, Heft 5, 2010, ISSN 1421-2811, S. 226 f.
  7. Railway Gazette International: „First Albatros trainset on test at Velim“ (Memento vom 2. November 2012 im Internet Archive), 9. Mai 2008
  8. Eerste HSL Nederland in gesleept (Memento vom 15. Juni 2010 im Internet Archive). Holländische Meldung vom 28. April 2009
  9. a b Fyra - Hochgeschwindigkeitsnetz von KLM und NS Hispeed (Memento vom 9. Juni 2013 im Internet Archive) DMM – Der Mobilitätsmanager, 8. Juli 2009
  10. Fyra V250 rijdt voor het eerst met reizigers. In: treinreiziger.nl. 29. Juli 2012, abgerufen am 18. Januar 2013.
  11. Fyra mag niet meer rijden op Belgisch spoor. In: treinreiziger.nl. 18. Januar 2013, abgerufen am 18. Januar 2013.
  12. Belgen willen veiligheid van de Fyra bewezen hebben. (Video) In: NOS.nl. 18. Januar 2013, abgerufen am 18. Januar 2013.
  13. Ook rijverbod voor Fyra V250 testritten Treinreiziger.nl, abgerufen am 4. Juni 2013
  14. Belgische spoorwegen: zeer veel problemen bij Fyra V250. Treinreiziger.nl vom 31. Mai 2013, abgerufen am 31. Mai 2013
  15. Fyra: NMBS schrapt bestelling V250-treinen bij AnsaldoBreda. In: Pressemitteilung der belgischen Bahn (NMBS). 27. Mai 2013, abgerufen am 20. November 2019 (niederländisch).
  16. NS stopt met Fyra; HSL-verbinding Brabant-België verder weg dan ooit, Omroep Brabant vom 3. Juni 2013.
  17. NS zegt contract Fyra bij AnsaldoBreda formeel op, treinreiziger.nl vom 30. August 2013, abgerufen am 2. September 2013.
  18. NS erhält Geld zurück vom Fyra-Erbauer (niederländisch). 17. März 2014
  19. The Belgian Railways NMBS/SNCB, AnsaldoBreda and Finmeccanica conclude V250 case. Finmeccanica, 5. Mai 2014, abgerufen am 11. August 2014 (englisch).
  20. Trenitalia kauft Fyra-Triebzüge. In: eisenbahn-magazin. Nr. 5, 2017, ISSN 0342-1902, S. 38.
  21. Fyra V250 trainset on test in Italy. In: Railway Gazette. 5. Februar 2019, abgerufen am 20. November 2019 (englisch).
  22. Ferrovie: inizia il pre-esercizio in Adriatica per gli ETR 700. In: ferrovie.info. 1. Februar 2019, abgerufen am 16. Februar 2023 (italienisch).
  23. Trenitalia: ETR 700 im Einsatz und weitere Frecciarossa bestellt. In: Eisenbahn-Revue International. Nr. 7, Juli 2019, ISSN 1421-2811, S. 361.
  24. Italien: Der Fyra lebt. In: Lok-Report. 6. Mai 2022, abgerufen am 22. März 2023.
  25. Ferrovie: Addio alla livrea Frecciargento sugli ETR 700 di Trenitalia. In: ferrovie.info. 19. Dezember 2022, abgerufen am 16. Februar 2023 (italienisch).
  26. Frecciarossa ETR 700. Trenitalia, abgerufen am 16. Februar 2023 (italienisch).
  27. Italian high-speed trains may link Milan and Ljubljana in 2024in: Slovenian Times vom 15. Dezember 2023
  28. www.highspeedalliance.nl „Trains“ (Memento vom 3. August 2008 im Internet Archive)
Commons: V250 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien