Hereditäre Elliptozytose

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Klassifikation nach ICD-10
D58.1 Hereditäre Elliptozytose
ICD-10 online (WHO-Version 2019)

Die Hereditäre Elliptozytose, oft nur Elliptozytose, ist eine seltene angeborene Erkrankung der Hülle der roten Blutkörperchen, die im Blutausstrich oval oder elliptisch verformt sind (Elliptozyten). Die Ursache ist uneinheitlich, meist verläuft die Erkrankung ohne Symptome, kann aber zu auch schwerer Hämolytischer Anämie führen und wird daher zu den Korpuskulären hämolytischen Anämien gezählt.[1][2][3]

Blutausstrich mit zahlreichen (ovalen) Elliptozyten

Verbreitung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Häufigkeit wird auf unter 1 zu 1.000 bis 1 zu 4.000 weltweit geschätzt, in Endemiegebieten mit Malaria kann die Häufigkeit bei 1 zu 50 liegen, da die Elliptozyten relativ resistent gegen Malaria sind. So liegt die Inzidenz in Äquatorialafrika bei etwa 0,6 %, in der Urbevölkerung der Malaien bei bis zu 30 %.[4] Die Vererbung erfolgt autosomal-dominant (AD) oder autosomal-rezessiv (AR). Bei weniger als 10 % tritt eine schwere Form auf, die Hereditäre Poikilozytose oder Pyropoikilozytose (HPP) genannt wird.[2]

Ursache[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Je nach zugrunde liegender Mutation können folgende Typen unterschieden werden:

  • Typ 1, AD, AR, mit Mutationen im EPB41-Gen auf Chromosom 1 Genort p35.3, das für ein Erythrozytäres Bande 4.1-Membranprotein kodiert.[5]
  • Typ 2, AD, mit Mutationen im SPTA1-Gen auf Chromosom 1 an q23.1, das für ein Erythrozytäres Alpha-Spektrin Typ 1 kodiert.[6]
  • Typ 3 mit Mutationen im SPTB-Gen auf Chromosom 14 an q23.3, das für ein Erythrozytäres Beta-Spektrin kodiert.[7]
  • Südostasiatische Ovalozytose, Synonyme: SAO; Stomatozytische hereditäre Elliptozytose; Melanesische Ovalozytose; Südasiatische Elliptozytose, AD, mit Mutationen im SLC4A1-Gen auf Chromosom 1 an q21.31[8][9]

Im Rahmen von Syndromen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Beim Alport-Syndrom-Intelligenzminderung-Mittelgesichtshypoplasie-Elliptozytose-Syndrom, Synonyme: AMME-Komplex; AMME-Syndrom; ATS-MR,[10] ist eine Elliptozytose wesentliches Merkmal.

Klinische Erscheinungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das klinische Erscheinungsbild ist sehr uneinheitlich. Symptome können in jedem Alter auftreten. Meist verläuft die Erkrankung asymptomatisch, oder es liegt eine milde hämolytische Anämie, Gelbsucht, Splenomegalie vor oder es kommt zu Gallensteinen. Die Poikilozytose kann besonders beim Neugeborenen einen schweren bis tödlichen Verlauf nehmen. In den ersten Lebensjahren nehmen die Symptome dann ab. Infektionen oder eine Schwangerschaft kann eine Hamolytische Anämie bei zuvor unauffälligen Patienten verursachen.[2][11]

Diagnose[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Diagnose ergibt sich aus dem Nachweis elliptisch geformter Erythrozyten (Elliptozytien) im peripheren Blutabstrich. Nur bei der HPP (Hereditären Poikilozytose) ist die osmotische Resistenz der Zellen herabgesetzt. Eine SDS-PAGE-Analyse kann genauer Anomalien der Zellmembran aufdecken. Durch humangenetische Untersuchung kann die Diagnose gesichert werden.[2][3]

Differentialdiagnose[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Abzugrenzen sind erworbene Formen deformierter Erythrozyten bei Eisenmangel, Vitamin-B12-Mangel, Folsäuremangel und mikroangiopathische hämolytische Anämie, die Kongenitale Dyserythropoetische Anämie und die Thalassämie.[2]

Therapie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Meist ist eine Behandlung nicht erforderlich, bei schweren Verläufen kann eine Splenektomie infrage kommen.[2][3]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Y. H. Shih, Y. C. Huang, C. Y. Lin, H. Y. Lin, S. F. Kuo, J. S. Lin, M. C. Shen: A large family of hereditary spherocytosis and a rare case of hereditary elliptocytosis with a novel SPTA1 mutation underdiagnosed in Taiwan: A case report and literature review. In: Medicine. Band 102, Nummer 4, Januar 2023, S. e32708, doi:10.1097/MD.0000000000032708, PMID 36705355, PMC 9875991 (freier Volltext) (Review).
  • Suman K. Jha, Sarosh Vaqar: Hereditary Elliptocytosis. In: StatPearls. StatPearls Publishing, Treasure Island (FL) 2023, PMID 32966004, StatPearls

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Pschyrembel Hereditäre Elliptozytose
  2. a b c d e f Elliptozytose, hereditäre. In: Orphanet (Datenbank für seltene Krankheiten).
  3. a b c Eintrag zu Hereditäre Elliptozytose im Flexikon, einem Wiki der Firma DocCheck
  4. emedicine
  5. Elliptocytosis-1. In: Online Mendelian Inheritance in Man. (englisch)
  6. Elliptocytosis-2. In: Online Mendelian Inheritance in Man. (englisch)
  7. Elliptocytosis-3. In: Online Mendelian Inheritance in Man. (englisch)
  8. Ovalocytosis, SA type . In: Online Mendelian Inheritance in Man. (englisch)
  9. Ovalozytose, südostasiatische. In: Orphanet (Datenbank für seltene Krankheiten).
  10. Alport-Syndrom-Intelligenzminderung-Mittelgesichtshypoplasie-Elliptozytose-Syndrom. In: Orphanet (Datenbank für seltene Krankheiten).
  11. P. G. Gallagher, M. J. Petruzzi, S. A. Weed, Z. Zhang, S. L. Marchesi, N. Mohandas, J. S. Morrow, B. G. Forget: Mutation of a highly conserved residue of betaI spectrin associated with fatal and near-fatal neonatal hemolytic anemia. In: The Journal of clinical investigation. Band 99, Nummer 2, Januar 1997, S. 267–277, doi:10.1172/JCI119155, PMID 9005995, PMC 507794 (freier Volltext).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]