Eva & Adele

Eva & Adele (Eigenschreibweise EVA & ADELE) waren ein Künstlerpaar aus Deutschland mit Wohnsitz in Berlin. Sie verstanden sich als Gesamtkunstwerk und traten ab 1991 in permanenter Performance künstlerisch wie auch im Alltag ausschließlich gemeinsam auf, stets in identischen Outfits. Seit 1997 waren sie auch mit materiellen Werken in Ausstellungen vertreten. Neben öffentlichen Auftritten arbeiteten sie in den Bereichen Fotografie, Video, Skulptur und Malerei.[1] Eva starb am 21. Mai 2025.[2][3]
Leben und Kunst
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Eva wurde biologisch als Junge geboren. 2011 ließ sie ihren Personenstand offiziell in „weiblich“ ändern, nachdem ein Gericht ihrem Antrag stattgegeben hatte. Sie erklärte, dass ihr „Körper zwar männlich“ sei, ihre „Seele jedoch nicht“.[4]

Im April 1991 begannen sie mit ihrer Hochzeit im Rahmen einer Ausstellungseröffnung[5] das lebenslange und permanente Kunstprojekt EVA & ADELE. Sie erklärten sich als mit einer Zeitmaschine aus der Zukunft in Berlin gelandet.[6] Sie erschienen seitdem in exzentrischen, oft pinkfarbenen Damenkostümen, Stöckelschuhen, Handtäschchen, mit kahlgeschorenen Köpfen und bunt geschminkten Gesichtern. Die Künstlerinnen verstanden sich als „work of art“, Leben als Kunst und Kunst als Leben. Obwohl ihr Äußeres weiblich konnotiert ist, traten sie für eine Geschlechtsidentität ein, die nicht durch die Gesellschaft definiert wird, sondern frei wählbar ist.
Im Gegensatz zu Gilbert & George, die sich ebenfalls als lebendes Kunstwerk verstehen, gaben Eva & Adele ihre reale Identität auf. Ihre artifizielle Erscheinung sollte keinerlei Rückschlüsse auf die beiden Personen zulassen. Ihre bürgerlichen Namen und Geburtsdaten ließen sie nicht bekannt werden.[2] Ihr Slogan lautete Coming out of the Future. Als Biographie gaben sie lediglich ihre Körpermaße an, so wie auch ein Kunstwerk vermessen wird. Als lebendes Kunstwerk postulierten sie Wherever we are is Museum (Wo immer wir sind, ist Museum).[7][8]
In Performances und Begegnungen entstandene Fotografien verwandelten sie im Atelier in Bilder, zum Werkkomplex Cum. Aus Fotografien, die sie von sich selbst in den Medien fanden, entstand der Werkkomplex Mediaplastic. Echtzeit-Videos entstanden im Zuge ihrer Performances.[4]
Futuring
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Futuring ist eine Worterfindung des Künstlerpaares. Als Kunstwerk veröffentlichten Eva & Adele diese Worterfindung erstmals in Stempelform im Jahr 1991 anlässlich ihrer Performance Hochzeit Metropolis im Martin-Gropius-Bau in Berlin. Seither nahm das Kunstwort Futuring eine Schlüsselfunktion in ihrem Werk ein. Der Begriff taucht in nahezu allen entsprechenden künstlerischen Medien, auf Ausstellungen und in deren Begleitprogrammen auf.
Rezeption
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Eva & Adele wurden von verschiedenen Künstlern filmisch porträtiert.[9][10] Rosa von Praunheim porträtierte Eva & Adele 2012 im Rahmen der Filmreihe Rosas Welt.[11]
Ausstellungen (Auswahl)
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- 1997: CUM, Sprengel Museum, Hannover
- 1999: Wherever We Are is Museum, Neuer Berliner Kunstverein, Berlin
- 2000: Logo, Moderne Galerie Saarland Museum, Saarbrücken
- 2000: Logo, Overbeck-Gesellschaft, Lübeck
- 2005: Death of Performance, Claire Oliver, New York
- 2005: House of Futuring, Sprengel Museum Hannover
- Geschlossene Gesellschaft, Galerie Michael Schultz, Berlin
- The Goya Installation, Villa Aurora, Los Angeles
- Painting Queen, Centro Cultural Andratx
- 2007: Angels, Devils & Sexmonster, Claire Oliver, New York
- 2008: Rosa, Rupertinum, Salzburg
- 2008: Rot, Lentos Kunstmuseum Linz
- 2009: Stereoeffekt, Tallinn Art Hall, Tallinn
- 2010: Futuring Dortmund, Galerie Utermann, Dortmund
- 2012: Futuring, Weltkulturerbe Völklinger Hütte, Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur, Völklingen
- 2012: The Artist = A Work of Art, Museum für Gegenwartskunst Krakau
- 2013: Obsidian, Marta Herford
- 2013: Futuring auf Bötzow, Kulturbrauerei Bötzow, Berlin
- 2014: Acsila, Nicole Gnesa Galerie, München
- 2015: Futuring by EVA & ADELE, Swatch Pavillon, Arsenale Nord, Biennale in Venedig
- 2016: You Are My Biggest Inspiration, Musée d’art moderne de la Ville de Paris
- 2018: L‘amour du risque, me Collectors Room, Stiftung Olbricht, Berlin
- 2019: En plein air, Nicole Gnesa Galerie, München
Eva & Adele nahmen außerdem seit 1997 an Kunstaktionen und Gruppenausstellungen in Europa, den USA und Asien teil.[12]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Kévin Bideaux: « D’EVA ET ADELE À “EVA & ADELE”. DE L’ART À LA VIE ET INVERSEMENT : LES TRANSITIONS D’EVA & ADELE » Images Re-Vues, Hors-série 11, « Corps en transition : une réflexion sur l’histoire des représentations du corps en mutation », 2023, doi:10.4000/imagesrevues.13888.
- Nicole Gnesa (Hrsg.): Eva & Adele. Keep the Rosy Wing Strong. Hirmer Verlag, München 2021, ISBN 978-3-7774-3883-2.
- EVA & ADELE: YOU ARE MY BIGGEST INSPIRATION. Hrsg. v. Musée d'Art moderne de la Ville de Paris und EVA & ADELE, München 2016 (mit Textbeiträgen von Fabrice Hergott, Marcus Steinweg und Julia Garimorth), ISBN 978-3-7774-2614-3.
- EVA & ADELE: OBSIDIAN. Marta Herford 2013 (mit Texten von Roland Nachtigäller, Reinhard Ermen und Jan-Philipp Fruehsorge).
- EVA & ADELE: FUTURING. Weltkulturerbe Völklinger Hütte, Heidelberg 2012 (mit Textbeiträgen von Meinrad Maria Grewenig, Frank Krämer und Angeli Janhsen).
- EVA & ADELE, ROSA ROT. Hrsg. von Museum der Moderne Salzburg und Lentos Kunstmuseum Linz. DuMont Buchverlag, Köln 2008, ISBN 978-3-8321-9096-5 (mit Textbeiträgen von Margit Zuckriegl, Sabine Kampmann und Nina Kirsch).
- EVA & ADELE: Day by Day – Painting. The Nordic Watercolour Museum, Ostfildern-Ruit 2003, ISBN 3-7757-9184-1 (mit Textbeiträgen von Bera Nordal, Andreas Schalhorn und Sabine Kampmann),.
- EVA & ADELE: Logo – Mediaplastic-Wings-Lingerie. Saarlandmuseum, Overbeck-Gesellschaft, Neuer Sächsischer Kunstverein, Ostfildern-Ruit 2000, ISBN 3-7757-9039-X (mit Textbeiträgen von Thea Herold, Gesine Last und Dietmar Kamper).
- EVA & ADELE: Wherever we are is Museum. Neuer Berliner Kunstverein, Ostfildern-Ruit 1999, ISBN 3-89322-979-5 (mit Textbeiträgen von Renate Puvogel, Robert Fleck, Thomas Wulffen und Paolo Bianchi).
- EVA & ADELE: Nota – Licht auf Weimar. Licht auf Weimar – Die ephemeren Medien, Ostfildern-Ruit 1999, ISBN 3-89322-244-8 (mit Textbeiträgen von Dietmar Kamper und Bernd Rosner).
- EVA & ADELE: Cum. Sprengel Museum Hannover, Ostfildern-Ruit 1997, ISBN 3-89169-118-1 (mit Textbeiträgen von Ulrich Krempel und Paolo Bianchi).
- EVA & ADELE: Close-up & Blow-up. Galerie Jérôme de Noirmont, Paris 2000 (mit einem Textbeitrag von Robert Fleck).
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Eva & Adele im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- evaadele.com – Website des Künstlerpaares
- In the Studio: Eva & Adele, Berlin – Interview bei Collectors Agenda
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Evelyn Vogel: Das performative Gesamtkunstwerk Eva & Adele in München. In: sueddeutsche.de. Süddeutsche Zeitung, 7. Januar 2022, abgerufen am 22. Mai 2025.
- ↑ a b Eva von „Eva & Adele“ ist tot – Berlins berühmtestes Künstlerduo verliert eine Hälfte. In: faz.net. 21. Mai 2025, abgerufen am 21. Mai 2025.
- ↑ Künstlerin Eva vom Performance-Duo Eva & Adele gestorben. Monopol, 21. Mai 2025, abgerufen am 21. Mai 2025.
- ↑ a b Helen Pidd: Eva & Adele: We invented our own sex. In: The Guardian. 1. November 2011, ISSN 0261-3077 (theguardian.com [abgerufen am 22. Mai 2025]).
- ↑ Sebastian Preuss: Radikal Vereint. Zeit, 27. April 2018, abgerufen am 5. November 2020.
- ↑ Cornelia Gockel: EVA & ADELE Eine Zeitmaschine in Berlin. Fresko Magazin, Februar 2014, abgerufen am 5. November 2020.
- ↑ EVA & ADELE – Coming out of the future. In: Österreichischer Skulpturenpark. Universalmuseum Joanneum, abgerufen am 23. Mai 2025 (österreichisches Deutsch).
- ↑ Robert Fleck: Eva & Adele: Wherever We Are Is Museum. Cantz, 1999, ISBN 3-89322-979-5 (amazon.com).
- ↑ Eva & Adele | filmportal.de. Abgerufen am 23. Mai 2025.
- ↑ Leo Leigh: Eva & Adele - Futuring. U-Dox, 21. Dezember 2011, abgerufen am 23. Mai 2025.
- ↑ Rosas Welt - 70 neue Filme von Rosa von Praunheim. Internet Movie Database, abgerufen am 26. März 2022.
- ↑ EVA & ADELE. Abgerufen am 23. Mai 2025.