Martin-Gropius-Bau

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Martin-Gropius-Bau
Gesamtansicht von Nordwesten, Januar 2009

Gesamtansicht von Nordwesten, Januar 2009

Daten
Ort Berlin-Kreuzberg
Architekt Martin Gropius, Heino Schmieden
Bauherr Magistrat von Berlin
Baustil Neorenaissance
Baujahr 1877–1881
Koordinaten 52° 30′ 23″ N, 13° 22′ 55″ OKoordinaten: 52° 30′ 23″ N, 13° 22′ 55″ O

Der Martin-Gropius-Bau, das ehemalige Kunstgewerbemuseum Berlin, ist ein Ausstellungshaus im Berliner Ortsteil Kreuzberg, das große temporäre Ausstellungen beherbergt. Der Bau gehört zu den bedeutendsten Museumsbauten Deutschlands aus dem 19. Jahrhundert und befindet sich in der Niederkirchnerstraße 7/Stresemannstraße 110. Er steht unmittelbar an der Grenze zum Ortsteil Mitte und befand sich bis 1990 direkt an der Berliner Mauer auf West-Berliner Seite.

Die Berliner Festspiele betreiben den Martin-Gropius-Bau seit 2001 im Auftrag der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien. Die Leiter von sieben Institutionen beraten das Programm:

Verantwortlich für die Ausstellungen sind die jeweiligen Veranstalter. Direktorin des Ausstellungshauses war seit dem 1. Februar 2018 bis September 2022 die Kunsthistorikerin Stephanie Rosenthal, die zuvor als Kuratorin an der Hayward Gallery in London tätig war. Ihr langjähriger Vorgänger im Amt war Gereon Sievernich.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Errichtet wurde der Bau 1877–1881 nach Plänen und unter Leitung der Architekten Martin Gropius (einem Großonkel des Bauhaus-Gründers Walter Gropius) und Heino Schmieden im Stil der italienischen Renaissance. Von den im engen inhaltlichen und örtlichen Zusammenhang entstandenen weiteren Museen wie dem Museum für Völkerkunde, die auch als Museumsquartier bezeichnet wurden, blieb es alleine erhalten.[1]

Die Initiative zum Bau ging von dem 1867 gegründeten Verein Deutsches Gewerbemuseum aus, in dem auch Gropius Mitglied war. Konzipiert als Kunstgewerbemuseum mit Bibliothek und angeschlossener Unterrichtsanstalt, beherbergte das Gebäude ab 1922 das Museum für Vor- und Frühgeschichte, sowie die Ostasiatische Kunstsammlung und in einem östlich daneben errichteten Bauwerk eine Kunstgewerbeschule. Hier konnten junge Menschen das Schnitzen oder Schreinern erlernen.[2]

Bei einem alliierten Luftangriff des Berliner Stadtzentrums im Zweiten Weltkrieg erlitt der Museumsbau 1945 starke Zerstörungen,[3] ein Abriss der Ruine nach Kriegsende schien unvermeidbar. Die Intervention von Walter Gropius stoppte das Vorhaben und führte schließlich dazu, dass das Gebäude 1966 unter Denkmalschutz gestellt wurde und den Namen seines Hauptarchitekten erhielt.[1]

Martin-Gropius-Bau an der Berliner Mauer,
links das Gebäude des Preußischen Landtags in Ost-Berlin, Zustand 1986

Der Wiederaufbau begann 1978 unter Leitung des Architekten Winnetou Kampmann und seiner Ehefrau Ute Weström. Da die Berliner Mauer direkt vor dem Hauptportal verlief, wurde der Zugang auf die südliche Rückseite verlegt. Außerdem bauten sie im zweiten Obergeschoss Galerien ein.[4][5] Noch während der Bauarbeiten wurde das Haus 1981 mit einer Schinkel-Ausstellung neu eingeweiht.

Umfangreiche Sanierungs- und Umbauarbeiten mit Bundesmitteln erfolgten nach dem Mauerfall und nach der deutschen Wiedervereinigung, zwischen 1998 und 2000. Dabei wurde die ursprüngliche Eingangssituation auf der Nordseite wiederhergestellt. Außerdem erhielt das Gebäude eine zeitgemäße Klimatisierung der Ausstellungsräume im Erd- und 1. Obergeschoss. Die Planung des Umbaus lag in den Händen der Architektengemeinschaft Hilmer & Sattler und Albrecht sowie Volkhausen und Lubkoll.

Im Jahr 1999 wurde das Haus mit einer Ausstellung zur 50-jährigen Geschichte der Bundesrepublik Deutschland wiedereröffnet.

Zwischen 2010 und 2012 wurden im Zuge des Konjunkturpaketes II des Bundes notwendige Sanierungen und Modernisierungen ermöglicht. Zu den Arbeiten gehörten unter anderem die Klimatisierung der Ausstellungsräume im zweiten Obergeschoss, die Sanierung der Fassade, der Einbau eines weiteren Personenaufzuges zur verbesserten barrierefreien Zugänglichkeit aller Etagen und die Installation einer Photovoltaikanlage auf dem Dach. Die Sanierungs- und Modernisierungsarbeiten wurden vom Berliner Architekturbüro Pitz & Hoh geplant und in der Ausführung begleitet.[6]

Luftaufnahme aus dem HiFlyer Berlin

Mit ihrem Antritt im Februar 2018 ließ die neue Direktorin in Absprache mit den Kulturverantwortlichen im Lichthof an allen vertikalen Glasflächen die Sonnenschutzfolien entfernen, sodass nun wieder viel Tageslicht hineingelangt. Rechts des Eingangsbereiches wird im ehemaligen Lehrsaal und jetzigem Ausstellungsraum nach der Idee der Direktorin das neue Projekt Artists in Residence präsentiert. Hier werden im jährlichen Wechsel eingeladene internationale Kunstschaffende vor Ort praktizieren.

Die Buchhandlung wurde umgebaut und das Restaurant durch eine neue Betreiberin modern gestaltet. Dort hat die Berliner Firma Infarm in Kooperation mit der Betreiberin Aufzuchtsschränke installiert, in denen vor den Augen der Gäste verschiedene Kräuter und Gemüsesorten wachsen und vor Ort gleich weiterverarbeitet werden. Das Restaurant-Interieur ist in schwarz und weiß zurückhaltend gestaltet.

Der Lichthof ist seit 2018 für alle Interessierten auch ohne Ausstellungsbesuch zugänglich.[7]

Architektur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ehemaliger Grundriss des Erdgeschosses (als Kunstgewerbemuseum)
Ehemaliger Grundriss des 1. Obergeschosses

Das palastähnliche viergeschossige Bauwerk weist einen fast quadratischen Grundriss auf. Sein Baukörper bildet einen Kubus, in dessen Mitte der Lichthof mit Seitenlängen von rund 40 m × 30 m und einer Höhe von etwa 26 m liegt.[8] Spätere Einschätzungen von Baufachleuten sehen in der strengen kubische Form des Baukörpers, dem dreizonigen Fassadenaufbau und der Ausformung der Fenster starke Einflüsse Schinkelscher Bauweisen, insbesondere das Vorbild der Bauakademie, sowie Ideen von Gottfried Semper. Architektur, Bauplastik und Malerei bilden ein Gesamtkunstwerk das auf die ursprüngliche Gebäudenutzung verweist. Der Architekturhistoriker Manfred Klinkott schätzte den Museumsbau wie folgt ein: „Das Ausstellungsgebäude selbst war als ein architektonisches Vorbild gedacht, das durch die Anwendung verschiedenartiger Herstellungsverfahren viele handwerkliche Zweige erfassen und in einer großartigen Komposition miteinander vereinen sollte.“[9]

Die Nord- und die Südseite des Hauses – jeweils parallel zur (damaligen) Prinz-Albrecht-Straße angeordnet – sind in sieben Gebäudeachsen gegliedert, die Ost- und Westfassaden zeigen symmetrisch angelegte acht Achsen. Die Schauseite ist die Nordfassade, in der das übergiebelte Portal über eine breite Zugangstreppe mit Unterfahrt das Zentrum bildet. Diese Fassade weist auch besonders reichhaltigen plastischen Bauschmuck aus Sandstein und Terrakotta auf. Die Südseite ist dagegen kaum mit Schmuck versehen, hat aber ein risalitartiges Treppenhaus.[5]

Der Sockel des Erdgeschosses ist mit belgischem Granit verkleidet. Die Obergeschosse sind mit hell- und dunkelroten Klinkern verblendet. Die vierte Etage ist ein Mezzaningeschoss, dessen Fensterzwischenräume mit goldenen Mosaiken und den Wappen deutscher Länder geschmückt sind. Das Flachdach wird mit einem weit vorkragenden Terrakotta-Kranzgesims abgeschlossen.

Großformatige dreiteilige Fenster in den Ausstellungsetagen mit darüber platzierten flachen Dreiecksgiebeln prägen den Charakter des Ausstellungsgebäudes.

Die bildhauerischen Arbeiten stammen von Ludwig Brunow, Otto Geyer, Emil Hundrieser, Otto Lessing (Wappen und Friese), Rudolf Siemering und Louis Sussmann-Hellborn. Für die Ausschmückung des Mezzaningeschosses lieferten zudem Ernst Ewald und Friedrich Geselschap Entwürfe.[5]

Die Anordnung im Gebäudeinneren mit Vestibül, Lichthof und dem hinteren zentralen Treppenhaus soll sich nach Meinung von Experten am Wiener Museum für Kunst und Industrie orientieren, das 1867–1871 von Heinrich von Ferstel geplant worden war.

Auch hier überraschen zahlreiche Schmuckelemente die Besucher, an deren Herstellung die oben genannten Künstler ebenfalls beteiligt waren.[5] Die Ausstellungsräume weisen leicht zu reinigende Terrazzoböden auf oder sind mit farbigen Fliesen und teppichartigen Mosaikmustern belegt.[7]

Regelmäßig werden architekturhistorische Führungen im Haus angeboten.

Ausstellungen (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Martin-Gropius-Bau (Berlin) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Baudenkmal eh. Kunstgewerbe-Museum mit Unterrichtsanstalt und Bibliothek
  2. Prinz-Albrecht-Straße 7 > Museum für Vor- und Frühgeschichte, Ostasiatische Kunstsammlung, Staatliche Kunstbibliothek. In: Berliner Adreßbuch, 1940, IV, S. 693 (Im Haus wohnten ein Hausinspektor, der Museumsaufseher und ein Maschinenmeister).
  3. Berliner Festspiele: Gropius Bau - Gropius Bau. Abgerufen am 6. Juli 2022.
  4. Zum Tode des Berliner Architekten Winnetou Kampmann – Stadtplaner und Kunstförderer. In: Berliner Zeitung, 24. Februar 2001.
  5. a b c d Georg Dehio: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Berlin. Deutscher Kunstverlag, 2006, ISBN 3-422-03111-1, S. 303–305.
  6. Martin-Gropius-Bau. In: museum-der-1000-orte.de. Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung, abgerufen am 21. September 2021.
  7. a b Mechthild Henneke: „Der Lichthof ist endlich ein Lichthof“. In: Berliner Zeitung, 25. März 2019. S. 16. (Printausgabe)
  8. Das Kunstgewerbe-Museum., in: Berlin und seine Bauten, 1896, S. 223–227.
  9. Zitiert in der Berliner Denkmaldatenbank.
  10. Ein Tourist, der so viel Geld hat wie alle Berliner zusammen. Abgerufen am 26. Mai 2021.
  11. Ägypten-Ausstellung beendet – 450.000 im Gropius-Bau. In: Der Tagesspiegel, 5. September 2006.
  12. Anish Kapoor in Berlin (Memento des Originals vom 5. März 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.berlinerfestspiele.de
  13. Germaine Krull im Gropius-Bau – Revolutionäre Fotografin. 15. Oktober 2015 bis 31. Januar 2016
  14. Geblinzelt hat sie nie. In: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 10. April 2016. S. 48.
  15. Berliner Festspiele: Yayoi Kusama: Eine Retrospektive - Gropius Bau. Abgerufen am 6. Juli 2022.