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Fish and Chips

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Fish ’n’ Chips auf Packpapier

Fish and Chips (kurz Fish ’n’ Chips) ist ein Gericht aus frischem, in Backteig frittiertem Fischfilet und dicken frittierten Kartoffelstäbchen, den chips. Sie gelten als inoffizielles Nationalgericht Englands und sind bis heute ein fester Bestandteil englischer Küche und Esskultur, auch wenn sie in den letzten Jahren im Vergleich zu anderen Gerichten an Popularität verloren haben. Die chips sind nicht mit den deutschen Kartoffelchips zu verwechseln. Chips sind die britische Variante der Pommes frites (im britischen Englisch chips, im amerikanischen English french fries), sind aber meist dicker als die in Deutschland üblichen Pommes frites und eher weich statt knusprig.


Der Fisch

Auf der Liste der zur Zubereitung von Fish ’n’ Chips verwendeten Speisefische nimmt traditionell der Kabeljau (cod) den ersten Platz ein, geeignet sind aber auch andere Fische mit weißem Muskelfleisch, wie zum Beispiel Schellfisch (haddock), Seelachs (pollock), Merlan (whiting) oder Scholle (plaice). Ein guter Fish ’n’ Chips-Laden wird immer eine Auswahl von Fischsorten vorrätig halten und dem Kunden die Wahl überlassen. Wichtig ist auf jeden Fall, dass der Fisch frisch eingekauft wurde; am besten wird er am Tag der Zubereitung frühmorgens auf dem Fischmarkt erworben.

Zur Herstellung des Bierteigs werden Mehl und ein wenig Backpulver unter Zugabe dunkelbraunen englischen Ales vermischt, bis der entstehende Teig eine etwas dickere Konsistenz als Pfannkuchenteig aufweist. Der ausgenommene und von Gräten befreite Fisch wird sodann in zwei bis drei Zentimeter dicke Streifen geschnitten, die mit etwas Maisstärke bestäubt und anschließend in den vorbereiteten Bierteig getunkt werden. Bei 190 Grad Celsius wird der solcherart präparierte Fisch dann für etwa zwei Minuten in pflanzlichem Öl frittiert, bis er eine tief goldbraune Farbe angenommen hat, innen jedoch noch saftig ist. In einem professionellen Fish ’n’ Chips-Laden gilt es als ein Zeichen von Qualität, dass nie mehr als vier bis fünf Fischfilets gleichzeitig zubereitet werden, damit jeder Kunde sein Gericht frisch frittiert in Empfang nehmen kann. Es sollte also nach der Zubereitung sofort heiß gegessen werden.

Abgefallene Teigstückchen, die im Frittieröl schwimmen, werden manchmal und hauptsächlich gegen Ende des Tages als Beilage gereicht; in leichter Abwandlung des Originalnamens heißt die Mahlzeit dann Scraps ’n’ Chips, ist allerdings von eher zweifelhaftem Ruf.

Die Chips

Fish ’n’ Chips aus San Diego

Ausgangspunkt der Zubereitung original englischer Chips (Kurzform für chipped potato) sind Speisekartoffeln. Nach dem Schälen werden diese in etwa einen bis eineinhalb Zentimeter breite und acht Zentimeter lange Streifen geschnitten, die für kurze Zeit in kaltes Wasser gelegt werden, um überschüssige Kartoffelstärke zu entfernen. Nach dem Trocknen wird dann Öl oder Fett in einer tiefen Pfanne erhitzt, die Kartoffelstäbchen in einer Schicht auf dem Boden eines Gittersiebs angeordnet und sodann in das heiße Fett getaucht. Die Idealtemperatur beim Frittieren liegt bei ca. 185 Grad Celsius. Fertig sind die Chips nach vier bis sechs Minuten, wenn sie eine tief goldgelbe Farbe angenommen haben und sich eine leicht krosse, aber auf Druck noch gut nachgebende Kruste gebildet hat – auf keinen Fall dürfen die Chips zu dunkel oder gar hart werden. Bei der (unüblichen) häuslichen Zubereitung lässt man sie anschließend auf Küchenpapier abtropfen, um so den Fettgehalt zu verringern und frittiert sie anschließend noch einmal für zwei bis drei Minuten nach. Verzehrt werden echte englische Chips in Süd- und Mittelengland vorzugsweise mit Salz und Malzessig (salt ’n’ vinegar), in Nordengland und Schottland auch mit Salz und Brown sauce (salt ’n’ sauce) .

Beilagen

Gelegentliche Beilagen zu Fish and Chips sind ein Brei aus zerstampften Erbsen (mushy peas), eingelegte Zwiebeln, Essiggurken (gherkins) oder in Tomatensoße eingekochte Bohnen (baked beans). Typisch in Nordengland ist außerdem die Variante chips and gravy (Chips mit Bratensoße), die aber im Süden und in Schottland selten anzutreffen ist. Ein passendes Getränk dazu wäre eine gute Tasse Tee - denn Fish-and-Chips-Shops in England haben üblicherweise keine Lizenz, alkoholische Getränke auszuschenken.

Die Kultur

Obwohl Fish and Chips natürlich zu Hause zubereitet werden können, findet man sie selbst in traditionell englischen Haushalten selten. Dies liegt daran, dass Fish ’n’ Chips als „Streetfood“ gelten. Sie werden oft als Take-away verkauft, also zur Mitnahme für den Verzehr unterwegs oder zu Hause. Im Zuge der gentrification, der kulturellen Veredelung der Spezialität, führen mittlerweile auch Restaurants der gehobeneren Klasse das Gericht auf ihren Speisekarten. Ebenso ist es in vielen Pubs Bestandteil des am besten mit dem englischen Begriff Pubfood umschriebenen kulinarischen Angebots. Mit Harry Ramsden’s existiert sogar eine auf Fish and Chips spezialisierte Restaurant-Kette. Dennoch ist der traditionsgemäße und nach Kennermeinung schmackhafteste Verzehr von Fish ’n’ Chips immer noch mit den in fast allen englischen Städten vorhandenen, spezialisierten und in der Regel in Familienbesitz befindlichen Fish ’n’ Chips-Läden verbunden. In diesen wird der morgens frisch auf dem Markt eingekaufte Fisch in (heute unbedrucktem) Papier serviert. Dies war nicht immer so: Traditionell wurden Fish ’n’ Chips in der Boulevardzeitung des Vortags gereicht – seit dem Einzug moderner Hygienevorschriften gehört dieser Brauch allerdings der Vergangenheit an.

Traditionell wird Fish ’n’ Chips mit den Fingern gegessen. Allerdings haben auch hier moderne Sitten häufig die Tradition verdrängt, sodass heute fast immer kleine Holz- oder Plastikgabeln ausgehändigt werden. Besonders gut schmecken Fish ’n’ Chips wegen der Frische des Fischs naturgemäß in englischen Küstenorten - durch die privilegierte Stellung Londons im britischen Verkehrsnetz gelten allerdings auch die dortigen Fish ’n’ Chips-Läden als herausragend. Obwohl Fish and Chips zu jeder Tageszeit und an jedem Wochentag eingenommen werden können, sind sie besonders Freitag und Samstagabend beliebt – ursprünglich mag dies eine religiöse Bedeutung gehabt haben; heute steht der Verzehr vor allem mit der Kultur des Night-Clubbing im Zusammenhang: Fish ’n’ Chips dienen dann als stärkende Mahlzeit vor dem eigentlichen Beginn des Abends (respektive der Nacht).

Geschichte

Fish and Chips in einem Pub in London, Variante mit Pommes Frites

Der Ursprung von Fish ’n’ Chips liegt im Dunklen. Wahrscheinlich kam das Gericht aber auf getrennten Wegen ins Land: Die Chips aus Frankreich und die Zubereitungsart des Fischs mit jüdischen Einwanderern. Bekannt ist auf jeden Fall, dass Fish ’n’ Chips erst im 19. Jahrhundert zum Nationalgericht aufstiegen; Grundlage des Erfolgs waren kleine Familienbetriebe, welche traditionell und oft unter lautstarkem Werben die verschiedensten Esswaren auf den Straßen Londons und der großen Industriestädte Nordenglands feilboten. Seit den ersten Anfängen seiner Besiedlung war London ein Zentrum des Fischhandels, im Norden war dagegen die Kartoffel als Grundnahrungsmittel weit verbreitet. Die ersten Chips waren allerdings keinesfalls wie heute Kartoffelstäbchen, sondern frittierte Brotstücke. Mit der Verknappung des Brotweizens trat aber schon bald die Kartoffel als Ersatz in Erscheinung. Es war dann die passende Kombination der beiden Bestandteile, die den Aufstieg des Gerichts zur landesweit beliebten kulinarischen Spezialität ermöglichte.

Die ersten Fish ’n’ Chips-Shops öffneten im Jahre 1860 im Londoner East End und 1863 in Oldham, Lancashire. Sie wurden möglich durch die Expansion des Fischfangs weit in den Atlantik hinaus und durch die Eisenbahn, die erstmals über Nacht frischen Fisch von den Küsten in die Hauptstadt brachte, und fügten sich dort nahtlos in die bestehende Kultur der Straßenstände und pastry shops ein. Um das Jahr 1900 herum gab es bereits mehr als 30.000 Läden in ganz Britannien, die sich ab dem Jahre 1913 in der National Federation of Fish Friers organisierten. In und nach dem Ersten Weltkrieg trugen Fish ’n’ Chips wesentlich zur politischen und sozialen Stabilität Englands bei, da sich auch die Mitglieder der britischen working class (Arbeiterklasse) das preisgünstige und nahrhafte Gericht leisten konnten und damit der schlimmste Hunger des vorigen Jahrhunderts besiegt war. So konnte die Fischfrittierervereinigung Northern Counties Federation of Fish Friers in der Nachkriegszeit mit Recht schreiben:

We stood between the Government and grave discontent ... and, more than any other trade in the country, between the very poorest of our population and famine and revolt.
Wir standen zwischen der Regierung und schwerster Unzufriedenheit ... und mehr als jedes andere Gewerbe in diesem Land zwischen den Ärmsten der Armen und Hungersnot und Revolte.

Doch nicht nur sozialer Rückhalt, sondern auch Unternehmergeist zeigte sich im Zusammenhang mit Fish ’n’ Chips: 1935 kam ein Anbieter in Keighley erstmalig auf die Idee, das Gericht vom Beiwagen seines Motorrades aus in die zu dieser Zeit neu entstehenden Arbeitersiedlungen zu liefern – der erste Fast-Food-Lieferservice war geboren.

Trotz aller durch den Krieg notwendigen Einschränkungen wurden selbst im Zweiten Weltkrieg Fish and Chips als gehaltvolle und billige Mahlzeit nicht durch das britische Ernährungsministerium rationiert und dienten auch zur Versorgung der kämpfenden Truppen. Kriegsbedingt aus den Städten aufs Land evakuierte Bürger wurden durch spezielle Fish ’n’ Chips-Wagen versorgt.

Erst gegen Ende des 20. Jahrhunderts kam es in England zu einem starken Popularitätsrückgang dieser traditionellen Spezialität: So nahmen Kebab-Stände und Curryhäuser besonders in den Innenstädten mehr und mehr die Rolle der traditionellen Fish ’n’ Chips-Verkäufer ein. Trotzdem werden in Großbritannien zu Beginn des 21. Jahrhunderts noch jährlich 60.000 Tonnen Fisch und 500.000 Tonnen Kartoffeln zu Fish ’n’ Chips verarbeitet.

Stattdessen findet das Gericht heute als Vorzeigeprodukt englischer Küche weltweit neue Anhänger. So existieren Fish ’n’ Chip-Shops nicht nur in Irland, Kanada, Australien, Neuseeland, Südafrika und natürlich den USA, sondern auch in der Volksrepublik China und sogar in Oman. Eine besondere kulturelle Verbindung gibt es nach Italien: Das toskanische Städtchen Barga feiert seine Verbundenheit mit Großbritannien jeden August mit dem Fest La Sagra Del Pesce e Patate – das Festival der Fish ’n’ Chips.

Vergleichbare Gerichte

Ebenfalls aus Fisch im Backteig bestehende Gerichte sind etwa der deutsche Backfisch oder der niederländische Kibbeling. Da auch diese manchmal mit Pommes Frites verzehrt werden, können sie als internationale Verwandte des Fish and Chips angesehen werden.

Literatur

  • John K. Walton: Fish and Chips and the British Working Class. Leicester University Press, Leicester 1992. ISBN 0-7185-1327-4
  • Roddy Doyle: Fish & Chips. Krüger, Frankfurt 2001, Fischer, Frankfurt 2002 (nach der englischen Originalausgabe: The Van (1991), The Barrytown Trilogy: The Commitments / The Snapper / The Van (1992)).