Franz Xaver Messerschmidt

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Charakterkopf ("Heraklit", Alabasterbüste, Württembergisches Landesmuseum Stuttgart)
Charakterkopf ("Demokrit", Alabasterbüste, Württembergisches Landesmuseum Stuttgart)

Franz Xaver Messerschmidt (* 6. Februar 1736 im damals bayerischen Wiesensteig; † 19. August 1783 in Pressburg) war ein deutsch-österreichischer Bildhauer zwischen Barock und Klassizismus, der vor allem durch seine teilweise recht kuriosen Werke bekannt wurde.

Leben

Nach einer Ausbildung in München bei seinem Onkel Johann Baptist Straub sowie in Graz bei dem weiteren Onkel Philipp Jakob Straub kam Messerschmidt 1755 an die Akademie der bildenden Künste in Wien, wo er unter anderem bei Jakob Christian Schletterer und Matthäus Donner studierte. Im Jahre 1765 reiste er für einen Studienaufenthalt nach Rom.

In den 1760er Jahren wurde ihm eine Professur an der Akademie der bildenden Künste in Aussicht gestellt, die aufgrund späterer Einwände des Staatskanzlers Kaunitz nicht vollzogen wurde. Von Maria Theresia wurde er sehr geschätzt, so dass er zu einer Art „Hofbildhauer“ wurde. In der Österreichischen Galerie im Belvedere stehen Bronzestatuen von Maria Theresia und Franz Stephan von Lothringen, die sie bei der Krönung zeigen. Das Herrscherpaar wird schlicht und realistisch dargestellt, der Apotheosecharakter ergibt sich erst durch die Umgebung. Zuvor schon entstanden auch Bronzereliefs Josephs II. und seiner Frau Isabella von Parma.

Um 1770 entstanden Büsten Gerard van Swietens, die bereits karikaturhafte Züge annehmen. Messerschmidt verließ Wien zunächst Richtung Wiesensteig und München und zog sich schließlich zu seinem Bruder nach Pressburg zurück. Dort arbeitete er hauptsächlich weiter an den Charakterköpfen, auf die vor allem sein Nachruhm zurückgeht. Der Bildhauer selbst nannte sie nur „Köpfe“ oder „Köpf-Stückhe“. Dies ist eine Serie von rund 52 Büsten (als Selbstportraits gestaltet), die teils nur als Gipsabgüsse erhalten oder durch Photo- bzw. Lithographien bekannt geblieben sind. Gezeigt werden alle Arten von physiognomischen Zuständen (Affekte), bis hin zu extremen Grimassen. Die Magnetismus-Lehre des Freundes und Arztes Franz Anton Mesmer war dabei sowohl in seine Plastiken als auch in seine Vorstellungswelt eingeflossen. Die Namen, unter denen die Büsten seit einem Ausstellungs-Katalog für die Serie aus dem Jahre 1794 bekannt sind, wurden vielleicht erst nach seinem Tod geprägt. Ebenso ist es unsicher, ob bereits der Künstler selbst die mit diesem Katalog übereinstimmenden Nummern an den metallenen Objekten angebracht hat. Die Büsten, die durch ihre grotesken, mehrdeutigen und irritierenden Gesichtsausdrücke faszinieren, spiegeln die neu formulierten Ideale der Kunst der Aufklärung des späten 18. Jahrhunderts wider. Die verbreitete Ansicht, Messerschmidt habe an einer psychischen Erkrankung gelitten, entbehrt jeder Grundlage und ist durch Quellen nicht zu belegen.

Die Charakterköpfe

Folgende Themen lassen sich bei den etwa 50 Köpfen als Werkgruppen herausbilden:

  • Augen offen / Mund normal
  • Augen offen / Augenbrauen unten
  • Augen offen / Augenbrauen hochgezogen
  • Augen offen / Augenbrauen hochgezogen / Hals gestreckt
  • Augen geschlossen
  • Augen geschlossen / Nase und Kinn nach vorn (riechend)
  • Augen geschlossen / Verstopfung
  • Mund offen
  • überstreckte Schnabelköpfe

Rezeption

Neben vielen anderen war auch Arnulf Rainer von den Charakterköpfen fasziniert, Bilder von diesen verwendete er immer wieder als Basis für Übermalaktionen.

Am 28. Januar 2005 wurde eine von Messerschmidts Skulpturen für die Rekordsumme von 4,8 Millionen Dollar (3,7 Millionen Euro) bei Sotheby’s von Vertretern des Louvre ersteigert.

Im Jahr 1894 wurde in Wien Währing (18. Bezirk) die Messerschmidtgasse nach ihm benannt.

In Pressburg wurde im Jahr 2011 unter der Regie von Peter Dimitrov ein Dokumentarfilm mit dem Titel Čas grimás (Zeit der Grimassen) über den Künstler gedreht.[1]

Literatur

  • Pendel [?], Merkwürdige Lebensgeschichte des Franz Xaver Messerschmidt, k.k. öffentlicher Lehrer der Bildhauerkunst. Wien 1794.
  • Albert IlgMesserschmidt, Franz Xaver. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 21, Duncker & Humblot, Leipzig 1885, S. 497–499.
  • Otto Glandien: Franz Xaver Messerschmidt (1736-1783). Ausdrucksstudien und Charakterköpfe. Forschungsstelle des Instituts für Geschichte der Medizin der Universität, Köln 1981, (Kölner medizinhistorische Beiträge 20), (Zugleich: Köln, Univ., Diss., 1981).
  • Maria Pötzl-Malikova: Franz Xaver Messerschmidt. Jugend u.Volk, Wien u. a. 1982, ISBN 3-7141-6794-3.
  • Hans-Georg Behr, Herbert Grohmann, Bernd-Olaf Hagedorn: Die Kunst der Mimik. Franz X. Messerschmidt und seine Charakterköpfe. 2. neu ausgestattete Auflag. Beltz Verlag, Weinheim u. a. 1989, ISBN 3-407-85098-0, (Psychologie heute. Sachbuch).
  • Maria Pötzl-Malikova: Messerschmidt, Franz Xaver. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 17, Duncker & Humblot, Berlin 1994, ISBN 3-428-00198-2, S. 219 f. (Digitalisat).
  • Brigitte Kronauer: Die Einöde und ihr Prophet. Über Menschen und Bilder. Klett-Cotta, Stuttgart 1996, ISBN 3-608-93406-5, (Kronauer widmet Messerschmidt ein Kapitel).
  • Michael Krapf (Hrsg): Franz Xaver Messerschmidt. 1736 - 1783. Hatje Cantz, Ostfildern-Ruit 2002, ISBN 3-7757-1245-3.
  • Theodor Schmid: 49 Köpfe - Die Grimassen-Serie des Franz Xaver Messerschmidt. Schmid, Zürich 2004, ISBN 3-906566-61-7, (Zugleich: Zürich, Univ., Diss., 2004).

Einzelnachweise

  1. Zeit der Grimassen – ein Dokumentarfilm über den exzentrischen Bildhauer Franz Xaver Messerschmidt auf Radio Slovakia vom 8. März 2011 abgerufen am 3. Mai 2011

Weblinks

Commons: Franz Xaver Messerschmidt – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien