Geschützrohr
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Innenrohr einer historischen Kanone
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Schnittmodell einer 105mm Royal Ordnance L7
Als Geschützrohr (auch Kanonenrohr oder kurz Rohr) wird der Lauf einer schweren Schusswaffe, einer Kanone oder eines Geschützes bezeichnet. Im Verlauf der Geschichte wurden unterschiedliche Bauweisen der Rohre mit unterschiedlichen Metallen wie Stahlbronze oder Stahl gefertigt. Metallfreie Rohre aus Holz oder für die Lederkanone sind seltene Ausnahmen. Die Größen von Geschützrohren liegen bei inneren Rohrweiten der Kaliber zwischen 20 mm und etwa 30 cm mit seltenen Ausnahmen darüber.
Begrifflichkeiten von Geschützrohrbauteilen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ein modernes Geschützrohr besteht (von hinten nach Vorn) aus den konstruktiven Abschnitten:
- Verschluss
- Kammer, Patronenlager oder Ladungsraum für die Treibladungen
- Seelenrohr, glatt oder mit Zügen für den Geschosswegteil
und gegebenenfalls
- Übergangskegel bei Verwendung von Patronen- oder Kartuschenmunition
- Mündungsbremse
- Rauchabsauger.
Die Kugel oder die Granate bzw. das Geschoss wird im Übergangskegel angesetzt und die Treibladung in den Ladungsraum gelegt. Der Verschluss schließt das Rohrende gasdruckdicht ab. Der Geschosswegteil dient der Führung des Projektils. Die Bohrung des Rohres wird als Seele bezeichnet, deren Längsachse als Seelenachse.
Entwicklung, Herstellung, Bauformen
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Englische Geschützrohrfertigung für Haubitzen (1914)
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Französische Geschützrohrfertigung (1916)
Rohre von Vorderladergeschützen haben eine glatte, zylindrische Innenwand, bei Kanonenrohren weist auch die Kammer den gleichen Durchmesser auf. Bei Haubitzen und Mörsern ist die Kammer in der Regel zylindrisch oder konisch verjüngt.
Zur Herstellung der Rohre früher Geschütze wurden schmiedeeiserne Stäbe rohrförmig angeordnet und durch aufgeschrumpfte Ringe zusammengehalten. Stabringgeschütze kleineren Kalibers waren oft als Hinterlader ausgeführt; die Kammer, Pulver und Geschoss enthaltend, wurde hinter dem Rohr verkeilt.
Später wurden diese Rohre durch solche aus Bronzeguss, Gusseisen und Stahlguss abgelöst. Nach der Mitte des 19. Jahrhunderts erlaubten die Fortschritte der Metallurgie die Fertigung durch Schmieden. Zur Erhöhung der Stabilität des Geschützrohres wurden Stahlringe Ringkanone oder Stahlmäntel (Mantelrohr) auf das innenliegende Seelenrohr aufgeschrumpft oder passend aufgezogen. Eine in England angewandte Technik war das Umwickeln eines Drahtrohres mit Stahldrähten. Das Seelenrohr entspricht dem Kaliber des Geschosses und führt dieses während des Schusses. Um das Laden von in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts aufgekommenen Vorderladerkanonen mit Zügen zu ermöglichen, muss das Profil des Geschosses dem des Rohres angepasst sein. Bei modernen Geschützen kann das Seelenrohr ausgetauscht werden.
Die Fertigung von Geschützrohren hat erhebliche fertigungstechnische Anforderungen und Vorlaufzeiten bis zur Fertigstellung. Ersatzrohre für Geschütze sind eine logistisch aufwendige Aufgabe von Streitkräften, die zum einen mit hohen Kosten und mit sachgemäßer Lagerung und Bereitstellung von Ersatzrohren verbunden ist.
Im 21. Jahrhundert werden Geschütze, mit Ausnahme der Granatwerfer, als Hinterlader ausgeführt. Bei diesen ist der Verschluss im hinteren, verstärkten Rohrteil angebracht. Er ist meist als Keilverschluss oder als Schraubenverschluss ausgeführt; bei manchen Geschütztypen kommen automatische Ladeeinrichtungen zum Einsatz. Bei Maschinenkanonen, die Serienfeuer abgeben, ist der Verschluss analog zu Maschinengewehren in der Laufverlängerung angebracht.
Moderne Geschützrohre können Züge aufweisen oder als Glattrohr ausgeführt sein. Bei Glattrohrkanonen stabilisiert sich das Geschoss durch eine geeignete Konstruktion von selbst. Bei gezogenen Rohren wird der Führungsring des Geschosses in den Übergangskegel (zwischen Ladungsraum und Geschosswegteil) gepresst und bei Schussabgabe das Geschoss durch den Drall der Züge in Rotation versetzt.
Bei rückstoßfreien Geschützen ist das Rohr hinten offen, der Verschluss dient nur zur Blockierung der Hülse. Der durch die Beschleunigung des Geschosses erzeugte Rückstoß auf das System wird durch die nach hinten ausströmenden Pulvergase ausgeglichen oder gemindert.
- Überblick der Begrifflichkeiten zur Typologie
- frühe Geschütztypen mit besonderen Rohrarten
- Steinbüchsen mit Kammerstück und Flug
- Stabringkanone
- Mehrlagenrohr
- moderne Geschütztypen mit besonderen Rohrarten
- Kanone mit Drahtrohr
- Waffenrohre aus Hochleistungsstahl mit Zügen
- Glattrohrkanone mit Autofrettage
Verschleißfolgen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Geschützrohre verschleißen. Die Munition verursacht einen Abrieb an der Innenfläche des Rohres. Auch können die heißen und chemisch aggressiven Abgase die Fläche angreifen. Der Rohrverschleiß ist von der Anzahl der Schussabgaben, der Stärke der Ladungen und von der Qualität von Treibladungen und Geschossen abhängig. Zum Teil haben Rohre schon nach wenigen Schüssen eine nachlassende Genauigkeit, was unter anderen von der Pariskanone und dem Sondergeschütz 80-cm-Kanone (E) bekannt ist. Bei Rohren mittlerer Artilleriekaliber um 100 Millimeter wurden Rohre oft bis ca. 4.000 Schuss genutzt. Vom Geschützrohr der Panzerhaubitze 2000 ist eine höhere Standfestigkeit bekannt, die zum Teil über 10.000 Schuss reichen soll. Für jedes Geschütz müssen Ersatzrohre vorgehalten werden. Die Verfügbarkeit von Ersatzrohren bestimmt letztlich die mögliche Einsatzzeit. Ersatzrohre sind zum Teil sehr langlebige Rüstungsgüter. Beispielsweise befinden sich bei der Festungsanlage Hanstholm Ersatzrohre die jahrzehntelang gelagert wurden. Auf der finnischen Insel Kuivasaari befindet sich ein vermutlich 100 Jahre altes Ersatzrohr für den Geschütztyp 305-mm-L/52-Kanone M1907.
Aus Gründen der Wartungsfreundlichkeit haben viele Geschütze ein teilbares Rohr: das Rohr wird aus zwei oder drei Teilrohren zusammengesetzt. Das hintere Rohr (wo das Geschoss startet) verschleißt stärker als das vordere. Auch können produktionstechnische Einschränkungen oder Vorteile der Grund sein, ein Rohr aus mehreren Teilrohren zusammenzusetzen. Beispiele:
- die 80-cm-Kanone (E), auch DORA-Geschütz genannt
- das Paris-Geschütz (Kaliber 21 cm; außergewöhnliche Reichweite von etwa 130 Kilometern; beschoss 1918 Paris)
- die 8,8-cm-FlaK 18/36/37 (Acht-Achter, eine Flugabwehrkanone im Kaliber 8,8 cm, über 20.000 Stück gebaut)
- Die erste Version war die FlaK 18. Sie besaß ein einteiliges Rohr
- Die verbesserte FlaK 36 erhielt ein dreiteiliges Rohr
- bei der 8,8-cm-FlaK 41 kamen – abhängig von der Munition – verschiedene Rohre zum Einsatz: zunächst fünfteilige (bei Messinghülsen), später vier- (bei vergüteten Stahlhülsen) und einteilige Rohre (bei unvergüteten Stahlhülsen).
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Peter Batfield, Guns at Sea, Hugh Evelyn Ltd, London 1973
- Walter Betschmann, Bewaffnung und Ausrüstung der Schweizer Armee, Artillerie I, Stocker und Schmid AG, Dietikon-Zürich 1980, ISBN 3-7276-7009-6
- Walter Stutz, Bewaffnung und Ausrüstung der Schweizer Armee, Artillerie II, Stocker und Schmid AG, Dietikon-Zürich 1977, ISBN 3-7276-7010-X
- Walter Betschmann, Bewaffnung und Ausrüstung der Schweizer Armee, Artillerie III, Stocker und Schmid AG, Dietikon-Zürich 1984, ISBN 3-7276-7059-2