Hans-Wolfgang Ackermann

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Hans-Wolfgang Ackermann (* 16. Juni 1936; † 12. Februar 2017[1]) war ein deutscher Mikrobiologe und Pionier der Elektronenmikroskopie und Taxonomie prokaryotischer Viren.[2][3] Er wirkte vor allem in Deutschland, Frankreich, Kanada und Haiti u. a. als Vizepräsident des International Committee on Taxonomy of Viruses (ICTV).

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Geboren in Berlin, besuchte Hans-W. Ackermann als Schüler das Collège Français Berlin (Französisches Gymnasium Berlin). Obwohl wohnhaft in Ostberlin, studierte er in Westberlin an der Freien Universität Berlin (FU) mit Abschluss 1961. Seit dem Sommersemester 1955 gehörte er der Berliner Burschenschaft Allemannia (seit 1993 Burschenschaft Redaria-Allemannia Rostock) an.[4]

Zwei Tage nach dem Mauerbau im August 1961 ging er mit einem geliehenen Pass nach West-Berlin, um dort an der FU weiter arbeiten zu können – er hatte dort bereits 1959 mit Arbeiten zu seiner Doktorarbeit begonnen. In den 1960er-Jahren absolvierte er ein Praktikum am Rudolf-Virchow-Krankenhaus in Berlin und verbrachte zudem ein Jahr am Pasteur-Institut in Paris.[2]

Ein Jahr nach dem Abschluss des Medizinstudiums an der FU Berlin wurde Ackermann 1962 am Institut für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie der FU Berlin[5] mit einer Arbeit über Vi-Phagen von Salmonella Typhi promoviert.[Anm. 1] 1967 wechselte er in die Abteilung für Mikrobiologie an der medizinischen Fakultät der Universität Laval in Quebec, Kanada. Er unterrichtete dort vor allem medizinische Virologie und Mykologie (ersteres auch in Haiti). 2001 wurde er emeritiert.[2]

Wirken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ab 1967 arbeitete Hans-W. Ackermann unter anderem an mikroskopischen Pilzen, Enterobakterien, Bakteriophagen, Hepatitis-B-Viren und Baculoviren. Insbesondere schlug er für die Viren mit Kopf-Schwanz-Struktur die Virus-Ordnung Caudovirales vor. Weitere neun Familien von Bakteriophagen hat er entweder neu geschaffen oder neu definiert.[2]

Er ist (Co-)Autor zahlreicher wissenschaftlicher Artikel sowie mehrerer Bücher. Diese behandeln vor allem die Virusmorphologie, -physiologie und -pathogenität. Unter den Büchern findet sich aber auch eines mit dem Titel „The Spirits of Haitian Vodou“ – also ein ganz anderes Thema.[2]

Der Schwerpunkt seiner Tätigkeit waren jedoch Arbeiten zur Morphologie und Klassifizierung/Taxonomie von Bakteriophagen und zur Elektronenmikroskopie.[2]

Ackermann war ab 1971 Mitglied des International Committee on Taxonomy of Viruses (ICTV), darunter vier Jahre lang dessen Vizepräsident, sowie über 15 Jahre lang Vorsitzender des ICTV-Unterkomitees für bakterielle Viren (Bakteriophagen).[2]

1998 schlug Ackermann vor, der Gruppe der Bakteriophagen mit Kopf-Schwanz-Struktur den taxonomischen Rang einer Ordnung mit der Bezeichnung Caudovirales zu geben – was vom ICTV in der Folge bestätigt wurde. Erst in jüngster Zeit wurde vorgeschlagen, dieser Phagengruppe aufgrund ihrer hohen Diversität als Ordnung aufzulösen zugunsten der (2018 eingeführten) höheren Rangstufe einer Klasse Caudoviricetes. Auch an der Klassifizierung der in dieser Gruppe erfassten Phagen anhand des Schwanz-Morphologie (in Myo-, Podo- und Siphoviren) hatte Ackermann großen Anteil. Diese Klassifizierung wird erst in neuester Zeit durch eine Taxonomie aufgrund von DNA-Sequenzierung zunehmend abgelöst.[6]

Ackermann war federführend in der Zusammenstellung der (mit Stand 2012) weltweit größten Bakteriophagensammlung (am Félix d'Hérelle Reference Center for Bacterial Viruses der Universität Laval). Dort veröffentlichte er auch eine Phagen-Bibliographie mit 31.000 Referenzen im Internet.[7][2]

Fotogalerie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine Auswahl von TEM-Aufnahmen von Phagen-Virionen mit Kopf-Schwanz-Morphologie (Caudoviricetes), erstellt durch Hans-W. Ackermann:[Anm. 2]

Ehrungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zu seinen Ehren wurde vom ICTV posthum die Virus-Familie Ackermannviridae (innerhalb der von ihm initiierten Ordnung Caudovirales) benannt.[3]

Schriften (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Vi-Phagen von Salmonella (nach NCBI Stand 8. Februar 2021):
    • Salmonella-Phage Vi01 (Spezies Kuttervirus ViI Cvivirinae Ackermannviridae)
    • Salmonella-Phage Vi06 (Spezies Teseptimavirus Vi06 Studiervirinae Autographiviridae)
    • „Salmonella-Phage Vi II-E1“ (vorgeschlagen, Siphoviren)
    Siehe NCBI: Salmonella Phage Vi*
  2. Quelle der signierten Bilder: Viralzone. Freundlicherweise zur Verfügung gestellt durch das SIB Swiss Institute of Bioinformatics mit CC 4.0 (siehe ViralZone rechts unten, und ViralZone news archive, §Electron microscopy images of phages: April 2015)

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. iXmédia- https://www.ixmedia.com: Avis de décès - Ackermann, Hans-Wolfgang. Abgerufen am 16. Februar 2021 (französisch).
  2. a b c d e f g h Hans-W. Ackermann: Life in science. Bacteriophage 2(4), 1. Oktober 2012, S. 207, doi: 10.4161/bact.23159, PMC 3594207 (freier Volltext), PMID 23533969. – Ein Lebenslauf.
  3. a b Jakub Barylski, François Enault, Bas E. Dutilh, Margo B. P. Schuller, Robert A. Edwards, Annika Gillis, Jochen Klumpp, Petar Knezevic, Mart Krupovic, Jens H. Kuhn et al.: Analysis of Spounaviruses as a Case Study for the Overdue Reclassification of Tailed Phages. Systematic Biology, Band 69, Nr. 1, Januar 2020, S. 110–123, doi:10.1093/sysbio/syz036, ePub 25. Mai 2019
  4. Friedrich Vohl (Hrsg.): Burschenschafter-Stammrolle, 1991, S. 38
  5. Hans Götz, Hans Rieth (Hrsg.): Diagnostik und Therapie der Pilzkrankheiten und neuere Erkenntnisse in der Biochemie der pathogenen Pilze, Vorträge der 6. wissenschaftlichen Tagung der Deutschen Mykologischen Gesellschaft in Wien, 15. – 17. Juli 1966. Grosse Verlag, Berlin 1970
  6. Dann Turner, Andrew M. Kropinski, Evelien M. Adriaenssens: A Roadmap for Genome-Based Phage Taxonomy, in: Viruses 13(3), Section Bacterial Viruses, 18. März 2021, 506, doi:10.3390/v13030506
  7. Phages: Home. Félix d'Hérelle Reference Center for Bacterial Viruses, abgerufen am 10. Februar 2021.