Hechtsbergit

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Hechtsbergit
Brauner Hechtsbergitkristall mit grünem Chrysokoll oder Eulytin aus der Typlokalität Steinbruch Hechtsberg, Hausach, Baden-Württemberg
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

1995-050[1]

IMA-Symbol

Heb[2]

Chemische Formel
  • Bi2[O|OH|VO4][3]
  • Bi2O(VO4)(OH)[4]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Phosphate, Arsenate und Vanadate
System-Nummer nach
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

VII/B.30-003

8.BO.15
41.11.06.02
Kristallographische Daten
Kristallsystem monoklin
Kristallklasse; Symbol monoklin-prismatisch; 2/m[5]
Raumgruppe P21/c (Nr. 14)Vorlage:Raumgruppe/14[6]
Gitterparameter a = 6,791(1) Å; b = 7,535(1) Å; c = 10,881(1) Å
β = 107,00(1)°[6]
Häufige Kristallflächen {111}, {112}, {113}, {101}, {102}, {302}[7]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 4,5 (VHN15 = 320)[7]
Dichte (g/cm3) berechnet: 6,87[7]
Spaltbarkeit fehlt[8]
Bruch; Tenazität muschelig
Farbe braun
Strichfarbe gelb
Transparenz durchsichtig bis durchscheinend
Glanz Diamantglanz
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 2,260[9]
nβ = 2,270[9]
nγ = 2,300[9]
Doppelbrechung δ = 0,040[9]
Optischer Charakter zweiachsig positiv
Weitere Eigenschaften
Chemisches Verhalten löslich in verdünnter Salzsäure[10]

Hechtsbergit ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ mit der chemischen Zusammensetzung Bi2[O|OH|VO4][3] und ist damit chemisch gesehen ein Bismut-Vanadat mit zusätzlichen Sauerstoff- und Hydroxidionen.

Hechtsbergit kristallisiert im monoklinen Kristallsystem, entwickelt jedoch nur winzige, idiomorphe Kristalle und Mineral-Aggregate bis etwa 0,2 mm Durchmesser. Das Mineral ist von brauner Farbe, hinterlässt allerdings auf der Strichtafel einen gelben Strich. Die Oberflächen der durchsichtigen bis durchscheinenden Kristalle weisen einen diamantähnlichen Glanz auf.

Etymologie und Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Steinbruch Hechtsberg (Hausach)

Erstmals entdeckt wurde das Hechstbergit im gleichnamigen Steinbruch Hechtsberg bei Hausach im Ortenaukreis von Baden-Württemberg. Die Analyse und Erstbeschreibung erfolgte durch Werner Krause, Heinz J. Bernhardt, G. Blass, H. Effenberger, H.-W. Graf, die das Mineral nach dessen Typlokalität benannten und ihre Ergebnisse sowie den gewählten Namen 1995 zur Prüfung bei der International Mineralogical Association (IMA) einreichten (interne Eingangs-Nr. der IMA: 1995-050). Nach Anerkennung als eigenständige Mineralart erfolgte die Publikation der Erstbeschreibung zum Hechtsbergit 1997 im Wissenschaftsmagazin Neues Jahrbuch für Mineralogie, Monatshefte.

Das Typmaterial des Minerals wird im Mineralogischen Institut der Ruhr-Universität Bochum aufbewahrt.[7]

Klassifikation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Da der Hechtsbergit erst 1995 als eigenständiges Mineral anerkannt wurde, ist er in der seit 1977 veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz noch nicht verzeichnet. Einzig im Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. VII/B.30-03. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies der Klasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort der Abteilung „Wasserfreie Phosphate, mit fremden Anionen F,Cl,O,OH“, wo Hechtsbergit zusammen mit Atelestit, Petitjeanit, Preisingerit, Schlegelit, Schumacherit und Smrkovecit eine eigenständige, aber unbenannte Gruppe bildet (Stand 2018).[8]

Die seit 2001 gültige und von der IMA bis 2009 aktualisierte[11] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Hechtsbergit ebenfalls in die Abteilung der „Phosphate usw. mit zusätzlichen Anionen; ohne H2O“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der relativen Größe der beteiligten Kationen und dem Stoffmengenverhältnis der zusätzlichen Anionen (OH etc.) zum Phosphat-, Arsenat- beziehungsweise Vanadatkomplex (RO4), so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit ausschließlich großen Kationen; (OH, etc.) : RO4 ≥ 1 : 1“ zu finden ist, wo es nur noch zusammen mit Atelestit und Smrkovecit die „Atelestitgruppe“ mit der System-Nr. 8.BO.15 bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Hechtsbergit in die Klasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort in die Abteilung der „Wasserfreie Phosphate etc., mit Hydroxyl oder Halogen“ ein. Hier ist er zusammen mit Smrkovecit in der „Smrkovecitgruppe“ mit der System-Nr. 41.11.06 innerhalb der Unterabteilung „Wasserfreie Phosphate etc., mit Hydroxyl oder Halogen mit verschiedenen Formeln“ zu finden.

Chemismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Elektronenstrahlmikroanalyse ergaben eine durchschnittliche Zusammensetzung von 83,02 Gew.-% Bi2O3, 15,18 Gew.-% V2O5, 0,52 Gew.-% As2O5 und 1,59 Gew.-% H2O (berechnet).

Auf der Basis von 6 Sauerstoffatomen wurde die empirische Formel Bi2,03O1,08(OH)1,01(VO4)0,95(AsO4)0,03 errechnet und zu Bi2O(OH)(VO4) idealisiert.

Kristallstruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hechtsbergit kristallisiert monoklin in der Raumgruppe P21/c (Raumgruppen-Nr. 14)Vorlage:Raumgruppe/14 mit den Gitterparametern a = 6,791(1) Å; b = 7,535(1) Å; c = 10,881(1) Å und β = 107,00(1)° sowie 4 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[6]

Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit einer Mohshärte von 4,5[10] gehört Hechtsbergit zu den mittelharten Mineralen, die sich ähnlich wie die Referenzminerale Fluorit (Härte 4) und Apatit (Härte 5) mit einem Taschenmesser gut bis gerade noch ritzen lassen. Hechtsbergit besitzt keine Spaltbarkeit und bricht muschelig wie Glas.

Aufgrund der geringen Probengrößen des Minerals konnte dessen Dichte bisher nur rechnerisch anhand der ermittelten Kristalldaten bestimmt werden. Sie beträgt für Hechtsbergit 6,87 g/cm3.[7]

Hechtsbergit ist bereits in verdünnter Salzsäure leicht löslich.[10]

Bildung und Fundorte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hechtsbergit in bräunlichen Kristallaggregaten aus der Typlokalität Steinbruch Hechtsberg (Sichtfeld 4 mm)

Hechtsbergit bildete sich in winzigen Hohlräumen in Gneis, das an dessen Typlokalität im Steinbruch Hechtsberg bei Hausach als Straßenbelag abgebaut wird. Als Begleitminerale können unter anderem Beyerit, Bismutit, Chrysokoll, Eulytin, Klinobisvanit, Mixit, Namibit und Waylandit auftreten.[7][12]

Als sehr seltene Mineralbildung ist Hechtsbergit bisher nur in wenigen Proben aus weniger als 10 Fundorten bekannt (Stand 2018). In Deutschland wurde das Mineral außer an der genannten Typlokalität nur noch in der Grube Clara bei Oberwolfach, einer Nachbargemeinde von Hausach in Baden-Württemberg, sowie im Steinbruch Oberbaumühle bei Windischeschenbach im Oberpfälzer Landkreis Neustadt an der Waldnaab (Bayern) gefunden.

Europaweit fand man Hechtsbergit noch in den Uran-Wismut-Silber-Lagerstätten der ehemaligen Siedlung Smrkovec (deutsch: Schönficht) in Tschechien.

Weltweit kennt man das Mineral nur noch aus der Kupfer-Lagerstätte der Wombat Hole-Prospektion beziehungsweise Wombat Hole Mine in der Schlucht von Morass Creek bei Benambra im australischen Verwaltungsgebiet East Gippsland Shire (Victoria), der Lavra da Posse (auch Posse Mine) bei São José de Brejaúba im brasilianischen Bundesstaat Minas Gerais sowie in Mineralproben aus einem lithiumreichen Pegmatit bei Nagatare in der Präfektur Fukuoka auf der japanischen Insel Kyūshū.[13]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Werner Krause, Heinz J. Bernhardt, G. Blass, H. Effenberger, H.-W. Graf: Hechtsbergite, Bi2O(OH)(VO4), a new mineral from the Black Forest, Germany. In: Neues Jahrbuch fuhr Mineralogie, Monatshefte. Band 6, Mai 1997, S. 271–287, doi:10.1127/njmm/1997/1997/271 (Kurzbeschreibung bei researchgate.net [abgerufen am 21. Dezember 2019]).
  • John Leslie Jambor, Andrew C. Roberts: New Mineral Names. In: American Mineralogist. Band 83, 1998, S. 400–403 (rruff.info [PDF; 538 kB; abgerufen am 21. Dezember 2019]).
  • Seiichiro Uehara, Yohei Shirose: Namibite and hechtsbergite from the Nagatare mine, Fukuoka Prefecture, Japan. In: Journal of Mineralogical and Petrological Sciences. Band 108, 2013, S. 105–110 (jstage.jst.go.jp [PDF; 1,8 MB; abgerufen am 21. Dezember 2019]).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Hechtsbergite – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: January 2023. (PDF; 3,7 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Januar 2023, abgerufen am 26. Januar 2023 (englisch).
  2. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  3. a b Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 469 (englisch).
  4. Malcolm Back, William D. Birch, Michel Blondieau und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: November 2019. (PDF 1720 kB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, November 2019, abgerufen am 21. Dezember 2019 (englisch).
  5. David Barthelmy: Hechtsbergite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 21. Dezember 2019 (englisch).
  6. a b c Werner Krause, Heinz J. Bernhardt, G. Blass, H. Effenberger, H.-W. Graf: Hechtsbergite, Bi2O(OH)(VO4), a new mineral from the Black Forest, Germany. In: Neues Jahrbuch fuhr Mineralogie, Monatshefte. Band 6, Mai 1997, S. 271–287, doi:10.1127/njmm/1997/1997/271 (Kurzbeschreibung bei researchgate.net [abgerufen am 21. Dezember 2019]).
  7. a b c d e f Hechtsbergite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (handbookofmineralogy.org [PDF; 66 kB; abgerufen am 21. Dezember 2019]).
  8. a b Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  9. a b c d Hechtsbergite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 21. Dezember 2019 (englisch).
  10. a b c John Leslie Jambor, Andrew C. Roberts: New Mineral Names. In: American Mineralogist. Band 83, 1998, S. 400–403 (rruff.info [PDF; 538 kB; abgerufen am 21. Dezember 2019]).
  11. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF 1816 kB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 21. Dezember 2019 (englisch).
  12. Seiichiro Uehara, Yohei Shirose: Namibite and hechtsbergite from the Nagatare mine, Fukuoka Prefecture, Japan. In: Journal of Mineralogical and Petrological Sciences. Band 108, 2013, S. 105–110 (jstage.jst.go.jp [PDF; 1,8 MB; abgerufen am 21. Dezember 2019]).
  13. Fundortliste für Hechtsbergit beim Mineralienatlas und bei Mindat, abgerufen am 21. Dezember 2019.