Hyparschale (Templin)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Hyparschale in Templin (Westseite), Mai 2020

Die Hyparschale in Templin (früherer Name: Speise- und Tanzgaststätte »Bürgergarten«) ist ein ehemaliges Restaurant mit Diskothek, die von Bauingenieur Ulrich Müther entworfen wurde. Die Einweihung fand am 7. Oktober 1972 statt.[1] Die Templiner Hyparschale war ab 1977[2] eine Gaststätte für das damals nahe gelegene Ferienheim des Freien Deutschen Gewerkschaftsbunds (FDGB) „Salvador Allende“. Nach der Wende steht der Pavillon seit Mai 1991 leer und verfiel zunehmend bis zu den ersten Sanierungsarbeiten Ende 2015.[3] 2004 wurde das Schalenbauwerk unter Denkmalschutz gestellt.[1]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hyparschale (Südwestecke), 2020
Templiner Kanal – Befestigung der Uferböschung mit Faschinen

Das Gebäude befindet sich im Templiner Stadtpark Bürgergarten[4] am Rande des historischen Stadtkerns.[5] Der Park wird von der Altstadt durch den unbegradigten und baumumsäumten Templiner Kanal getrennt.[6] Mit dem Bau wurde 1967 begonnen, doch materielle und finanzielle Engpässe erwirkten einen mehrjährigen Baustopp.[1] Anfang der 1970er-Jahre erwarb die FDGB das Gelände. Neben dem Bau eines Erholungsheims für 400 Gäste[7] und der Fertigstellung der Hyparschale wurde auch ein langgestreckter, eingeschossiger Funktionsbau an die Hyparschale angeschlossen.[1]

Die markante, doppelt gewölbte Spannbetondecke der Hyparschale ist selbsttragend. Sie besteht aus einer hyperbolischen Paraboloidschale und überspannt eine quadratische Fläche von 20,5 × 20,5 Metern.[1] Die ursprünglich vollständig umlaufende Fensterfront misst an ihrer höchsten Stelle 8,38 Meter.[8] Im Untergeschoss befanden sich eine Bar mit Diskothek, die auch für die Allgemeinheit offen war und bei den Einwohnern von Templin sehr beliebt.[9]

FDGB-Ferienheim „Salvador Allende“ am Templiner Kanal, 2014 abgerissen

Am 5. April 1974 wurde der Grundstein für das sogenannte Bettenhaus des FDGB-Ferienheimes „Salvador Allende“ gelegt und nach drei Jahren Bauzeit begann am 16. Mai 1977 der Hotelbetrieb. Nach der Wende wurde das Erholungsheim im Mai 1991 geschlossen, im Gegensatz zum FDGB-Ferienheim „Friedrich Engels“, heute Seehotel Templin, fanden sich hier keine Investoren zu Investitionen bereit.[2] Nach heftigen Diskussionen über die zukünftige Nutzung beschloss der Stadtrat den Abriss und ließ diesen im Frühjahr 2014 durchführen. Der Baugrund wurde entsiegelt und zu einem Parkrasen umgewandelt.[10] Den Heizungskeller des Ferienheimes beließ man intakt im Erdgrund, seit Sommer 2019 dient er als Schlaf- und Nistplatz für Fledermäuse.[11]

Fehlende Finanzmittel verhinderten bis Anfang 2016 eine Sanierung des Hyparschale, so dass neben Vandalismus auch Wasserschäden aufgetreten sind.[12] Nach „intensiven Gesprächen“ des Bundestagsabgeordneten Jens Koeppen (CDU)[13] und dem Einsatz des Bundestagsabgeordneten Stefan Zierke (SPD)[14] wurde 2015 aus dem Bundesförderprogramm zum Erhalt nationaler Denkmäler 73.000 Euro zur Verfügung gestellt. Damit konnte die Dachdecke saniert werden. Unterstützung erhält das Bauwerk auch von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz,[15] der Wüstenrot Stiftung und dem Landkreis Uckermark.[1] Auf Antrag der Stadt hat im Jahr 2017 der Bund zur Sanierung der Hyparschale rund 200.000 Euro Fördermittel bewilligt und bereitgestellt.[9] Weitere Mittel sind vom Denkmalförderprogramm des Kulturministeriums von Brandenburg vorgesehen.[16] Um das Gebäude wieder in die ursprüngliche Gestalt zu bringen, wurden der Anbau an der Parkplatzseite und das Heizhaus hinter der Hyparschale abgerissen.[17]

Die Kurstadt Templin hatte 2014 einen zweistufigen Wettbewerb zur Neugestaltung des Bürgergartens ausgeschrieben,[18] um als künftiger „familienorientierter Kur-, Erholungs- und Erlebnispark“ dessen Attraktivität zu erhöhen.[19] Den Zuschlag erhielt 2016 der Entwurf des Landschaftsplaners Frank Buck, Fördermittel von der Euroregion Pomerania sollen die Umgestaltung finanzieren.[20] Frühere FDGB-Urlaubsgäste besuchen noch heute als Natur- oder Badetouristen den Kurort Templin.[10]

Im Juni 2018 beschloss der Stadtrat, im Nebengebäude der Hyparschale eine Kindertagesstätte (Kita) einzurichten. Im angeschlossenen 400 m² großen Funktionsbau sollen außerdem die Verwaltung vom Naturpark Uckermärkische Seen[21] und ein gastronomisches Angebot Platz finden. Die Baukosten werden auf rund 3,9 Millionen Euro geschätzt, hinzu kommen Neben- und Planungskosten von rund 1,6 Millionen Euro. Die erforderlichen Fördermittel liegen dafür vor.

Am 13. Dezember 2018 wurde der Abschluss der Arbeiten an der sanierten Glasfassade mit einem „Dichtfest“ gefeiert.[22] Nach einer Ausschreibung wurden Anfang April 2019 die Firmen ausgewählt.[23] Auf dem Hang unterhalb der Hyparschale sind Spiel- und Fitnessanlagen geplant.[24] Ein geplanter Abenteuerspielplatz am Hang wird aus Kostengründen vorerst nicht gebaut.[25] Zur 750-Jahr-Feier Templins im Jahr 2020[26] sollen auch die Terrassen am Ufer des Templiner Kanals zu einem Familiengarten umgestaltet werden, an dem Hang befinden sich zahlreiche Apfelbäume alter Sorten.[27] Die Eröffnung der Kita mit 80 Betreuungsplätzen war zunächst für September 2021 vorgesehen.[27]

Nach Beratungen von Bürgern mit einer Arbeitsgruppe der Stadtverwaltung wurde der Vorschlag in das Kurstadtentwicklungskonzept aufgenommen, die Hyparschale als saisonale Eishalle während des Winters zu nutzen.[28]

Verschiedenes[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Strandkiosk in Templin, April 2015
  • Am 11. November 2006 wurde die Ausstellung Kühne Solitäre – Baukunst statt Plattenbau. Die Hyparschalen des Baumeisters Ulrich Müther [29] in der Foyergalerie des Multikulturellen Centrums von Templin[30] eröffnet und war bis zum 30. November 2006 zu besichtigen. Nach der Eröffnung zeigte und erläuterte der Berliner Architekt Carsten Joost in Vertretung für den erkrankten Müther den Gästen dessen Bauten in Templin.[31]
  • Neben der Hyparschale hat Müther noch zwei weitere Schalenbauwerke in Templin entworfen: einen Kiosk am Templiner See (1969) und eine Reparatur- und Fahrzeughalle der Uckermärkischen Verkehrsgesellschaft (UVG) nordwestlich der Altstadt (1973), die heute noch in Nutzung sind. Das Dach der Halle verläuft in 5 × 2 trichterförmigen Stützsäulen (Schirmschalen) nach unten und ist daher nur von innen zu sehen. Zwischen den Schirmschalen sind konvex gewölbte Fensterbänder, die Tageslicht von oben hereinlassen.[32] Die Halle ist Müthers einziger Industriebau.[33]
  • Magdeburg hat ebenfalls ein namens- und baugleiches Gebäude von Ulrich Müther errichtet, siehe dazu: Hyparschale (Magdeburg).

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Ingrid Halbach u. a.: Architekturführer Neubrandenburg – Stadt und Umgebung. Verlag für Bauwesen, Berlin 1991, ISBN 978-3-345-00520-6, S. 130.
  • Tanja Seeböck: Gaststätte im Bürgergarten, Templin. In: dies.: Schwünge in Beton. Die Schalenbauten von Ulrich Müther. Thomas Helms Verlag, Schwerin 2016, ISBN 978-3-944033-02-0, S. 238–240, 320.

Filme[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Die Hyparschale Templin – Renaissance einer Institution. Computeranimation des Bauprojekts, Deutschland, 2020, 6:38 Min., Produktion: Architekturbüro immer.gut – Architektur + Denkmalpflege Beckert | Grabowski, Internetpublikation: 22. Juli 2020 bei YouTube, Internet-Video.
  • Hyparschale Templin feiert „Dichtfest“. Fernseh-Reportage, Deutschland, 2018, 3:11 Min., Buch: D. Ruff, Kamera: F. Zander, Produktion: Uckermark-TV (UM.tv), Internetpublikation: 15. Dezember 2018 bei UM.tv.
  • Kita fügt sich in Denkmal ein. Fernseh-Reportage, Deutschland, 2020, 3:56 Min., Buch: D. Ruff, Kamera: M. Skowasch, Produktion: Regio TV Nord, Internetpublikation: 7. April 2020 bei Regio TV Nord, Internet-Video und Inhaltsangabe, Interview mit Architekt Lutz Grabowski.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bilder

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e f Seeböck, Gaststätte im Bürgergarten, Templin, S. 320.
  2. a b Sigrid Werner: Ein Stück Baugeschichte verschwindet von der Bildfläche. In: Nordkurier, 18. Februar 2014.
  3. Sigrid Werner: Baudenkmal wird gesichert. In: Nordkurier, 1. Dezember 2015.
    Baudenkmal in Templin: Sandstrahler putzen Betonschale. In: Nordkurier, 18. Februar 2016, (nur eingeschränkt zugänglich).
  4. Hans-Joachim Stricker, Leonie Eilers: Wettbewerb zum Templiner Bürgergarten ist entschieden. (Memento vom 24. August 2017 im Internet Archive). In: Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung des Landes Brandenburg, März 2016.
  5. Luftbild: Hyparschale und Umgebung im Bürgergarten Templin (Memento vom 9. November 2018 im Internet Archive). In: KUULA Landschaftsarchitekten Bernd Kusserow und Ulrich Uphaus, 2015.
  6. Bildergalerie: Templiner Gewässer. In: flussinfo.net, aufgerufen am 1. April 2024.
  7. Sandro Herm: Templin Stadt – Parkanlage im Bürgergarten / FDGB Heim „Salvador Allende“. (Memento vom 5. Dezember 2021 im Internet Archive). In: templin-info.de, 10. November 2013.
  8. Beatrice Härig: Hyparschale Templin – Förderprojekt der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. In: Monumente, August 2017, letzter Abschnitt, siehe Bilderstrecke, letztes Bild.
  9. a b Claudia Baradoy: Hyparschale in Templin rekonstruiert – Der Schandfleck verschwindet. (Memento vom 22. August 2017 im Webarchiv archive.today). In: rbb24 / Antenne Brandenburg, 19. Juli 2017.
  10. a b Katja Geulen: Start des FDGB-Feriendienstes vor 70 Jahren – „Nichts ist so schlimm wie Ruinen“. (Memento vom 27. August 2017 im Webarchiv archive.today). In: rbb24, 21. März 2017.
  11. Horst Skoupy: Tierische Investition. Hotel für Nachtschwärmer im Templiner Untergrund. In: Nordkurier, 21. Juni 2019, (nur eingeschränkt zugänglich).
  12. Kann Templins Hyparschale gerettet werden? In: Nordkurier, 14. Juli 2015.
  13. Jens Koeppen: Baudenkmal neu belebt – Bundes-Fördermittel für die Hyparschale in Templin. (Memento vom 24. August 2017 im Internet Archive). In: jens-koeppen.de, 18. Juni 2015.
  14. Michaela Kumkar: Wer ist der Retter der Hyparschale? In: Nordkurier, 19. Juni 2015.
  15. Gaststättenpavillon am Bürgerpark – Templin, Brandenburg. In: Deutsche Stiftung Denkmalschutz, 2016, aufgerufen am 1. April 2024.
  16. Benjamin Lassiwe: Kirchen, Schlösser, Plattenbauten. In Brandenburg 2016 rund 35 Millionen Euro in Sanierung bedrohter Bauwerke investiert. (Memento vom 31. Januar 2017 im Internet Archive). In: Lausitzer Rundschau, 5. Januar 2017.
  17. Michaela Kumkar: Abrissarbeiten: Templiner Hyparschale steht wieder frei da. In: Nordkurier, 4. Juni 2018.
  18. Bürgergarten. (Memento vom 12. September 2017 im Internet Archive). In: Stadt Templin.
  19. Sigrid Werner: Ihre Meinung zum Bürgergarten ist gefragt. In: Nordkurier, 9. Januar 2016.
  20. Entscheidung zwischen Bürgergarten und Westumfahrung. In: Nordkurier, 17. März 2016.
  21. Sigrid Werner: Denkmalsanierung. Müther-Bau wird zum Umweltbildungszentrum. In: Nordkurier, 25. Oktober 2018.
  22. Hyparschale Templin feiert „Dichtfest“. In: olaf beckert architektur + denkmalpflege, 15. Dezember 2018.
  23. Sigrid Werner: Millionenteures Vorhaben. Templin schreibt Bauprojekt im Bürgergarten aus. In: Nordkurier, 8. November 2018.
  24. Sigrid Werner: Erlebnispark in Templin. Bürgergartenumbau startet Anfang 2019. In: Nordkurier, 26. Oktober 2018, (kostenpflichtig).
  25. Sigrid Werner: Erlebnispark in Templin. Bürgergartenumbau startet Anfang 2019. In: Nordkurier, 21. Oktober 2018.
  26. Horst Skoupy: Neugestaltung des Templiner Bürgergartens gestartet. In: Nordkurier, 10. Juli 2019.
  27. a b Uwe Werner, Tomas Morgenstern: Mehr Grün für die Kurstadt. Die Stadt Templin will ihre 750-Jahrfeier 2020 im neu gestalteten Kurpark begehen. In: Neues Deutschland, 12. Juli 2019.
  28. Sigrid Werner: Hyparschale. Templin soll endlich eine Eishalle bekommen. In: Nordkurier, 21. Januar 2024, aufgerufen am 1. April 2024.
  29. Baukunst statt Plattenbau. Müther-Ausstellung in Templin. In: BauNetz, 8. November 2006.
  30. Über uns. In: Multikulturelles Centrum Templin (MKC), 2024.
  31. Seeböck: Schwünge in Beton. S. 238 f.
  32. Foto: Reparaturwerkstatt in Templin. marlowes.de', 8. Mai 2019. In: Wilfried Dechau: Elegante Trouvailles [= Funde].
  33. Seeböck: Tabellarische Bautenliste. S. 386 f.

Koordinaten: 53° 7′ 15,3″ N, 13° 29′ 31,7″ O