Nader und Simin – Eine Trennung

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 21. Februar 2011 um 14:55 Uhr durch César (Diskussion | Beiträge) (→‎Handlung: erg (nachdem ich den Film gestern Nacht noch gesehen habe)). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Film
Titel جدایی نادر از سیمین (Jodaeiye Nader az Simin)
Produktionsland Iran
Originalsprache Persisch
Erscheinungsjahr 2011
Länge 123 Minuten
Stab
Regie Asghar Farhadi
Drehbuch Asghar Farhadi
Produktion Asghar Farhadi
Kamera Mahmood Kalari
Schnitt Hayedeh Safiyari
Besetzung

Fehler bei Vorlage * Parametername unbekannt (Vorlage:Infobox Film): "BMUKK; AF"

Jodaeiye Nader az Simin, persisch جدایی نادر از سیمین (engl. Festivaltitel: Nader and Simin, A Separation, deutsch „Nader und Simin, eine Trennung“), ist ein Spielfilm des iranischen Regisseurs Asghar Farhadi aus dem Jahr 2011. Das Drama basiert auf einem Originaldrehbuch von Farhadi, der auch die Produktion übernahm und seine Tochter als Schauspielerin einsetzte. Erzählt wird die Beziehung zweier iranischer Familien, eine aus dem gebildeten höheren Mittelstand, die andere aus der religiösen Unterschicht stammend.

Der Film wurde am 9. Februar 2011 beim iranischen Fajr International Film Festival uraufgeführt. In Deutschland wurde Jodaeiye Nader az Simin erstmals am 15. Februar 2011 im Rahmen der 61. Internationalen Filmfestspiele von Berlin gezeigt, wo der Film als erster iranischer Beitrag den Goldenen Bären gewann.[1]

Handlung

Nader und Simin sind seit 14 Jahren verheiratet und leben mit ihrer elfjährigen Tochter Termeh in Teheran. Die Familie gehört der urbanen oberen Mittelschicht an. Das Paar steht kurz vor der Trennung. Simin plant, das Land mit ihrem Gatten und der Tochter zu verlassen. Termeh solle nicht weiter „unter diesen Bedingungen“ aufwachsen. Simins Absichten werden vom dickköpfigen Nader nicht geteilt. Er hat Bedenken wegen seines Vaters, der unter der Alzheimer-Krankheit leidet und mit in der gemeinsamen Wohnung lebt. Als Nader den Entschluss fasst, im Iran zu bleiben, reicht Simin die Scheidung ein.

Das Familiengericht lehnt Simins Klage ab. Die Probleme sind nach Urteil des Richters nicht gravierend genug. Simin verlässt daraufhin Ehemann und Tochter und zieht bei ihrer Mutter ein. Nader engagiert daraufhin die von seiner Noch-Ehefrau ausgesuchte Razieh. Die junge, schwangere Frau aus einem der armen Vororte Teherans soll seinen pflegebedürftigen Vater betreuen, was bisher Simin zufiel. Razieh übernimmt die Arbeit ohne Wissen ihres jähzornigen und arbeitslosen Ehemanns Hodjat, der nach iranischem Brauch eigentlich seine Zustimmung geben müsste. Zur Arbeit, auf die die Familie finanziell angewiesen ist, bringt die gottesfürchtige, stets in einen Tschador gehüllte Frau ihre Tochter mit. Razieh ist mit der Pflege des Alten überfordert und erhält wenig Lohn. Aus religiösen Gründen zweifelt sie, ob es ihr erlaubt ist, den älteren Mann zu waschen, der auch an Inkontinenz leidet. Schon nach kurzer Zeit plant sie, die Stelle an ihren Ehemann weiterzuvermitteln, der aber aufgrund seiner Schulden bei Gläubigern verhindert ist.

Als Razieh eines Tages einen Arzttermin wahrnehmen muss, fesselt sie den alten Mann an sein Bett und schließt ihn ein. Der Greis fällt aber und wird bewusstlos von Nader und Termeh aufgefunden. Aufgebracht drängt Nader seine ankommende Haushaltshilfe aus der Wohnung und nennt sie fälschlicherweise eine Diebin. Er schubst Razieh aus der Haustür, woraufhin diese im Treppenhaus stürzt und ihr ungeborenes Kind im vierten Monat verliert.

Ein Gericht wird mit der Bewertung von Naders Schuld beauftragt. Er sieht einer Mordanklage entgegen, sollte seine Kenntnis von Raziehs Schwangerschaft bewiesen werden. Gleichzeitig wird Razieh wegen Misshandlung des alten Manns angeklagt. Der grobe und depressive Hodjat schwankt zwischen einer Gefängnisstrafe wegen Mordversuchs an seinem ungeborenen Sohn und einer finanziellen Abfindung. Naders Stolz steht aber der Zahlung eines Blutgelds im Weg, woraufhin Raziehs Ehemann Termeh und einer Lehrerin in der Schule auflauert.

Termeh schützt ihren Vater mit einer Falschaussage, während Simin außerhalb des Gerichts mit zur Wahrheitsfindung beiträgt – Razieh, die sich weigert auf den Koran zu schwören, ist vor dem Zwischenfall mit Nader auf der Straße angefahren worden. Termehs Hoffnung, dass ihre Eltern wieder zueinanderfinden, erfüllt sich nicht. Vor dem Familiengericht muss sie sich entscheiden, ob sie von nun an bei Nader oder bei Simin leben möchte.

Kritiken

Der Film wurde von der deutschsprachigen Kritik als Favorit auf den Hauptpreis der Berlinale gehandelt,[2][3][4][5] nachdem die Filmfestspiele von Berlin im Vorfeld den Freiheitskampf von Jafar Panahi unterstützt hatten. Der iranische Filmemacher war trotz einer Ende Dezember 2010 verhängten mehrjährigen Haftstrafe und Berufsverbots unter anderem in die Wettbewerbsjury eingeladen und seine Filme in verschiedenen Sektionen gespielt worden.

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung bemerkte, es sei kaum vorstellbar, dass die Jury an dem Film vorbeigehen könnte. „Farhadi hat in seinem Drehbuch die einzelnen Stränge seiner Geschichte so verwoben, dass es scheint, sie entfalte sich gerade eben erst vor unseren Augen und wir würden Zeugen, wie sie Kreise zu ziehen beginnt und schließlich eine Schlinge bildet, aus der sich keiner mehr befreien kann.“ Jodaeiye Nader az Simin zeichne sich wie schon Farhadis Vorgängerfilm Alles über Elly (Regiepreis der Berlinale 2009) durch die „Fähigkeit zur Alltagsbeobachtung“ aus.[6] Farhadi erzähle „perfekt auf den Punkt“ von der „Bedeutung des Politischen“ im Privaten, „ohne die politischen Hintergründe je zu benennen“, so die Süddeutsche Zeitung.[7] Ähnliches bemerkte die tageszeitung, die außerdem Hauptdarsteller Peyman Moadi lobte. Jodaeiye Nader az Simin mache „die verdrehten Moral- und Rechtsauffassungen eines neurotischen Systems deutlich. Willkür und Zufall entscheiden über Glück oder Unglück der Einzelnen.“[8]

Die Frankfurter Rundschau bewertete Jodaeiye Nader az Simin als „gut gespielter und – bis auf eine Drehbuchschwäche – gut gemachter Film“ und Publikumsliebling. Allzu offensichtlich sei es, warum ihn die iranische Zensur für das Festival eingereicht hätte: „Ein kluger Richter und geduldige Polizisten, die nicht den leisesten Druck ausüben, stehen einer Diktatur nicht schlecht. Keinen Zweifel weckt der Film am Rechtssystem eines Staates, der seine Kritiker einkerkert.“[9] Als „präzise gezeichnete(n) Albtraum“, der Panahis offenen Brief zum Berlinale-Start weiterschreibe, bewertete ihn Die Zeit. Der „bisherige Höhepunkt“ des Wettbewerbs erzähle von Geschlechterkonflikten und von Klassengegensätzen und sei „ebenso großartig wie bestürzend. Ein Kammerspiel, in dem der ganze Iran Platz hat“.[10]

Auszeichnungen

Beim Fajr International Film Festival wurde Jodaeiye Nader az Simin unter anderem mit den Preisen für die beste Regie und das beste Drehbuch ausgezeichnet.[11] Im Rahmen der Berlinale gewann der Film mit dem Goldenen Bären den Hauptpreis des Festivals sowie den Silbernen Bären für das beste männliche und weibliche Schauspielensemble, den Preis der Ökumenischen Jury und den Leserjury-Preis der Berliner Morgenpost.[12] Erstmals in der Geschichte der Berlinale wurden damit der Hauptpreis und beide Darstellerauszeichnungen an eine Filmproduktion verliehen.

Weblinks

  • Datenblatt zu Jodaeiye Nader az Simin bei berlinale.de (PDF, 131 KiB)

Vorlage:Film-zeit

Einzelnachweise

  1. vgl. Preise der Internationalen Jury bei berlinale.de, 19. Februar 2011 (aufgerufen am 19. Februar 2011)
  2. vgl. Berlinale-Finale: Teilexplosion und klare Favoriten. In: Der Standard, 18. Februar 2011, S. 3
  3. vgl. Gute Geschäfte – und erste Preise. In: Der Tagesspiegel, 19. Februar 2011, Nr. 20893, S. 27
  4. vgl. Schleider, Tim: Wenn das Adlon in die Luft fliegt. In: Stuttgarter Zeitung, 19. Februar 2011, S. 31
  5. vgl. Zander, Peter: Leserpreis der Morgenpost geht an den großen Berlinale-Favoriten. In: Berliner Morgenpost, 19. Februar 2011, Nr. 49, S. 23
  6. vgl. Scheidung auf Persisch. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16. Februar 2011, Nr. 39, S. 30
  7. vgl. Vahabzadeh, Susan: Ruhe im Sturm. In: Süddeutsche Zeitung, 16. Februar 2011, S. 15
  8. vgl. Fanizadeh, Andreas: Neurotisches System. In: die tageszeitung, 16. Februar 2011, S. 27
  9. vgl. Kothenschulte, Daniel: Zwischen Wahrheit und Lüge. In: Frankfurter Rundschau, 16. Februar 2011, S. 34
  10. vgl. Nicodemus, Katja: Den Menschen ganz nah. In: Die Zeit, 17. Februar 2011, Nr. 8, S. 61
  11. vgl. Iranian Government News: Farhadi's 'Nader Simin' sacks 3 Fajr Film Fest prizes. 18. Februar 2011 (aufgerufen via LexisNexis Wirtschaft)
  12. vgl. Preise von unabhängigen Jurys bei berlinale.de, 19. Februar 2011 (aufgerufen am 19. Februar 2011)