John Troutbeck (Diplomat)

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Sir John Monro Troutbeck, GBE, KCMG (* 2. November 1894 in Westminster, County of London; † 28. September 1971 in Horsham, West Sussex), war ein britischer Diplomat.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Troutbeck war das jüngste von drei Kindern des britischen Solicitors und Autopsiebeamten (Coroner for Westminster and the South-West District of London) John Troutbeck (1860–1912) und dessen Ehefrau Harriet Elizabeth Monro. Sein Großvater war der englische Geistliche, Übersetzer und Musikwissenschaftler John Troutbeck (1832–1899). Er erhielt eine Erziehung in Westminster und im College Christ Church der University of Oxford. Während des Ersten Weltkriegs kämpfte er als Offizier der British Army in Frankreich und im Gallipolifeldzug. 1924 heiratete er Katherine Morley.[1]

Ab 1920 beschritt er eine Karriere im Dienst des Foreign and Commonwealth Office, das ihn nach Konstantinopel, Addis Abeba und Rio de Janeiro entsandte. 1936/1937 leitete er das American Department im Foreign Office. 1937 bis 1939, während der Sudetenkrise, war er Chargé d’Affaires der britischen Vertretung in Prag.[2] Während des Zweiten Weltkriegs arbeitete er sowohl für das Foreign Office als auch für das Ministry of Economic Warfare.[3]

1943 wurde er Leiter der Arbeitsgruppe Advice on Germany im Central Department des Foreign Office. In dieser Funktion arbeitete er William Strang zu, dem britischen Vertreter in der European Advisory Commission. 1944 wurde er Leiter der Deutschlandabteilung des Foreign Office. 1946 stieg er unter Außenminister Ernest Bevin zum Assistant Under-Secretary for Foreign Affairs (Economic and Commercial) des Foreign Office auf[4] und hatte als solcher bis 1947 großen Einfluss auf die britische Deutschlandpolitik, die Lösung der Ruhrfrage und Fragen der Reorganisation deutscher Staatlichkeit in der britischen Besatzungszone in Nachkriegsdeutschland, insbesondere auf die Gründung Nordrhein-Westfalens.[5][6] Dabei erstellte er Memoranden, in denen er vor gefährlichen geostrategischen Absichten der Sowjetunion in Deutschland warnte.[7] Geprägt vom britischen Vansittartismus war er der Meinung, dass die Deutschen einem über mehrere Generationen hin angelegten Programm der Reeducation zu unterziehen seien.[8] Vorstellungen zur Reeducation hatte er bereits im Dezember 1943 als Leiter der Arbeitsgruppe Advice on Germany in seinem Memorandum The Regeneration of Germany vorgelegt.[9][10]

1947 bis 1950 war er Leiter des British Middle East Office in Kairo. In dieser Funktion nahm er eine kritische bzw. ablehnende Haltung zum Zionismus und zur Frage der Gründung Israels ein.[11] 1950 kehrte er als Assistant Under-Secretary for Foreign Affairs (Information and Culture) in das Foreign Office zurück. Als Nachfolger von Henry Mack (1894–1974) wurde er 1951 britischer Botschafter im Irak. Dieses Amt bekleidete er bis 1954. 1955 diente er als britisches Mitglied in der Überwachungskommission zur Saarabstimmung vom 23. Oktober 1955, die gemäß dem Abkommen zwischen den Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über das Statut der Saar zu der Frage abgehalten wurde, ob das Saarland ein „europäisches Statut“ erhalten soll. Von 1956 bis 1962 saß er der Nichtregierungsorganisation Save the Children als Präsident vor.

1939 wurde Troutbeck als Commander des Order of St Michael and St George ausgezeichnet, 1948 als Knight Commander des Order of St Michael and St George geadelt.[12] 1955 wurde er zum Knight Grand Cross des Order of the British Empire erhoben.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Troutbeck, Sir John M. In: Colin Mackie: A Directory of British Diplomats. Foreign and Commonwealth Office, London 2014, Teil 2, S. 493 (Digitalisat).
  • Jason Tomes: Troutbeck, Sir John Monro (1894–1971). In: Henry Colin Gray Matthew, Brian Harrison (Hrsg.): Oxford Dictionary of National Biography, from the earliest times to the year 2000 (ODNB). Oxford University Press, Oxford 2004, ISBN 0-19-861411-X (doi:10.1093/ref:odnb/64931 Lizenz erforderlich), Stand: 3. Januar 2008.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. John Troutbeck, Biografie des Großvaters/Familienbiografie im Portal westminster-abbey.org, abgerufen am 5. Januar 2018
  2. Gustav Schmidt: England in der Krise. Grundzüge und Grundlagen der britischen Appeasement-Politik (1930–1937). Schriften des Zentralinstituts für Sozialwissenschaftliche Forschung der Freien Universität Berlin, Band 34, Westdeutscher Verlag, Opladen 1981, ISBN 978-3-531-11492-7, S. 690 (Google Books)
  3. Vít Smetana: In the Shadow of Munich. British Policy towards Czechoslovakia from the Endorsement to the Renunciation of the Munich Agreement (1938–1942). Karls-Universität Prag, Karolinum Press, Prag 2008, ISBN 978-80-246-1373-4, S. 350 (Google Books)
  4. Chris Cook, Philip Jones, Josephine Sinclair, Jeffrey Weeks: Sources in British Political History 1900–1951. Band 2: A Guide to the Papers of Selected Public Servants. The Macmillan Press, London 1975, ISBN 978-1-349-15568-2, S. 244 (Google Books)
  5. Rolf Steininger: Die Ruhrfrage 1945/46 und die Entstehung des Landes Nordrhein-Westfalen. Britische, französische und amerikanische Akten. Quellen zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien, Band 4, Droste Verlag, Düsseldorf 1988, ISBN 978-3-7700-5144-1, S. 59, 132
  6. Christian Rust: Deutschland und die Nachkriegsordnung. Großbritannien, die Vereinigten Staaten und die Grundlagen einer Friedensregelung mit Deutschland in Paris 1919 und Jalta/Potsdam 1945. Germany and the Post-War Order. Great Britain, The United States and the Peace Settlement with Germany in Paris 1919 and Yalta/Potsdam 1945. Dissertation Freie Universität Berlin, Berlin 2001, S. 416, 426 f., 472, 475 f., 506, 508, 510 (PDF)
  7. Falk Pingel: „Die Russen am Rhein?“ Zur Wende der britischen Besatzungspolitik im Frühjahr 1946. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, Jahrgang 30 (1982), Heft 1, S. 106, 108 (PDF)
  8. Florian Huber: Re-education durch Rundfunk. Die Umerziehungspolitik der britischen Besatzungsmacht am Beispiel des NWDR 1945–1948. In: Peter von Rüden, Hans-Ulrich Wagner (Hrsg.): Nordwestdeutsche Hefte zur Rundfunkgeschichte, Sonderheft, Hamburg 2006, S. 42, 88 f. (PDF)
  9. Renate Held: Kriegsgefangenschaft in Großbritannien. Deutsche Soldaten des Zweiten Weltkriegs in britischem Gewahrsam. R. Oldenbourg Verlag, München 2008, ISBN 978-3-486-58328-1, S. 101 (Google Books)
  10. David Phillips: Education of the Germans. People and Policy in the British Zone of Germany, 1945–1949. Bloomsbury, London 2018, ISBN 978-1-4725-0955-0, S. 19 ff. (Google Books)
  11. William Roger Louis: The British Empire in the Middle East 1945–1951. Arab Nationalism, the United States, and Postwar Imperialism. Clarendon Press, Oxford University Press, Oxford 1998, ISBN 0-19-822489-3, Kapitel 9 (Google Books)
  12. London Gazette. Nr. 38311, HMSO, London, 10. Juni 1949, S. 3369 (Digitalisat, englisch).