Karl Patry

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Jean Louis Karl Patry (* 11. Oktober 1898 in Hattenbach; † 16. September 1958 in Marburg) war ein deutscher Gutsbesitzer, Agrarfunktionär, NSDAP-Landespolitiker, SS-Brigadeführer und Kriegsverwaltungsbeamter.

Karl Patry wurde im Schloss Hattenbach, dem Herrenhaus des von seinem Vater Robert Patry[1] im Jahre 1892 erworbenen Guts in Hattenbach im heutigen Landkreis Hersfeld-Rotenburg geboren.

Patry studierte Landwirtschaft, diente im Ersten Weltkrieg als Kriegsfreiwilliger im Heer, zuletzt als Leutnant d.R., wurde bereits 1914 mit dem Eisernen Kreuz II. und I. Klasse ausgezeichnet[2] und kehrte nach Kriegsende auf das väterliche Gut zurück.

Am 1. Mai 1930 trat er in die NSDAP ein (Mitgliedsnummer 237.771), kurz darauf auch mit dem Rang SS-Untersturmführer (damals SS-Sturmführer) in die SS (Mitgliedsnummer 276.585), und gründete die NSDAP-Ortsgruppe Hattenbach, eine der ersten im damaligen Landkreis Hersfeld.[3] Er avancierte sowohl im Verwaltungsapparat des NS-Regimes, unter dem NSDAP-Gauleiter von Kurhessen Karl Weinrich, als auch in der SS sehr zügig. Am 15. September 1934 wurde er, als Nachfolger von Karl Vetter, Landesobmann der Landesbauernschaft Kurhessen im Reichsnährstand und Mitglied des Deutschen Reichsbauernrates; diese Ämter hatte er bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs bzw. bis zur Auflösung des Reichsbauernrates im April 1941 inne. Im Bereich der Landesbauernschaft Kurhessen setzte er die judenfeindliche Politik der NSDAP rigoros um: bereits Ende August 1938 gab es keine jüdischen Viehhändler, Metzgereien oder Darmhandlungen mehr.[4]

1933 war er Vorsitzender des Kurhessischen Kommunallandtages und Mitglied des Provinziallandtags der Provinz Hessen-Nassau,[5] die dann beide am 17. Juli 1933 aufgelöst wurden.

Parallel zu seiner Arbeit als Bauernfunktionär diente er ab Ende der 1930er Jahre im Rasse- und Siedlungshauptamt (RuSHA) der SS. Er wurde im Mai 1936 zum SS-Sturmbannführer und im April 1939 zum SS-Obersturmbannführer befördert. Vom RuSHA wechselte er zum im Juli 1941 eingerichteten Reichsministerium für die besetzten Ostgebiete (RMfdbO), wo er 1942 in der Hauptabteilung III „Wirtschaft“ als Kriegsverwaltungsvizechef Leiter der Abteilung III E 2 „Erzeugung“ in der Chefgruppe III E „Ernährung und Landwirtschaft“ bekundet ist.[6] In dieser Dienststellung war er mit der Planung der landwirtschaftlichen Nutzung der besetzten Gebiete befasst, insbesondere auch im Rahmen des Generalplans Ost.[7] Am 9. Februar 1943 wurde er, mit Patent vom 30. Januar 1943, zum SS-Standartenführer, am 30. Januar 1944 zum SS-Oberführer und am 30. Januar 1945 zum SS-Brigadeführer befördert. Am 9. November 1944, als es schon lange keine besetzten Ostgebiete mehr zu verwalten gab, wurde er zurück in das Rasse- und Siedlungshauptamt der SS versetzt. Für seine Tätigkeit im Zweiten Weltkrieg erhielt er das Kriegsverdienstkreuz II. Klasse und I. Klasse, jeweils mit Schwertern, sowie den Totenkopfring der SS.[8]

Karl Patry war verheiratet mit Paula, geb. Diesterweg. Ab 1935 lebte die Schwester des späteren Ministers für Staatssicherheit der DDR, Wilhelm Zaisser, in einer Menage a trois auf dem Familiengut.[9] Patry verstarb 1958, seine Nachkommen bewirtschaften heute das Familiengut in Hattenbach.

  • Jochen Lengemann: MdL Hessen. 1808–1996. Biographischer Index (= Politische und parlamentarische Geschichte des Landes Hessen. Bd. 14 = Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen. Bd. 48, 7). Elwert, Marburg 1996, ISBN 3-7708-1071-6, S. 289.
  • Dieter Pelda: Die Abgeordneten des Preußischen Kommunallandtags in Kassel 1867–1933 (= Vorgeschichte und Geschichte des Parlamentarismus in Hessen. Bd. 22 = Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen. Bd. 48, 8). Elwert, Marburg 1999, ISBN 3-7708-1129-1, S. 154–155.
  • Andreas Schulz, Dieter Zinke: Die Militärverwaltungsbeamten der deutschen Wehrmacht im Generalsrang. Verlag Veit Scherzer, Bayreuth 2015, ISBN 978-3-938845-60-8.

Einzelnachweise

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  1. * 17. Oktober 1868 in Bourg, Elsass; † 8. Juni 1924 in Bad Salzig. Er war verheiratet mit Marie Karoline Henriette Sophie von Lepel (* 17. April 1867 in Hattenbach; † 3. Januar 1945 ebenda), von deren Bruder Emil (1872–1941) er das Gut Hattenbach kaufte.
  2. Später auch mit dem erst 1934 gestiftete Ehrenkreuz für Frontkämpfer.
  3. http://www.hassia-judaica.de/Themen/1919_Antisemitismus_mit_dem_Stimmzettel_Teil2/191927.htm
  4. 1935 waren es noch 503 Viehhändler, 130 Metzgereien und 26 Darmhandlungen; Paulgerhard Lohmann: Der antijüdische Rassenwahn Hitlers, Juden in Fritzlar und seinen Ortsteilen und ihre wenigen Freunde. 6. Ausgabe, BoD, Norderstedt, 2014, ISBN 978-3-7357-1164-9, S. 81
  5. Jochen Lengemann: MdL Hessen. 1808–1996. Biographischer Index (= Politische und parlamentarische Geschichte des Landes Hessen. Bd. 14 = Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen. Bd. 48, 7). Elwert, Marburg 1996, ISBN 3-7708-1071-6, S. 289.
  6. Nazarii Gutsul: Der Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg und seine Tätigkeit in der Ukraine (1941-1944). Inaugural-Dissertation, Fachbereich Geschichts- und Kulturwissenschaften, Justus-Liebig-Universität, Gießen, 2013, S. 94
  7. Susanne Heim: Kalorien, Kautschuk, Karrieren: Pflanzenzüchtung und landwirtschaftliche Forschung in Kaiser-Wilhelm-Instituten 1933-1945. Wallstein Verlag, Göttingen, 2003, ISBN 3-89244-696-2, S. 159, Fn. 116
  8. http://www.oocities.org/~orion47/SS-POLIZEI/SS-Oberf_I-P.html
  9. Wie der Stasi-Chef seine braunen Kontakte verbarg Die Welt, 24. Juli 2019