Blümchensex

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Blümchensex, manchmal Gänseblümchensex, ist eine Bezeichnung aus der deutschen Alltagssprache für eine sanfte, auf Zärtlichkeit und Kuscheln ausgerichtete Sexualität, die sowohl Petting als auch Geschlechtsverkehr einschließen kann. Im Vordergrund steht dabei die Romantik, ohne besondere Experimente. Oft wird das auch als Kuschelsex bezeichnet.[1] Manchmal wird Blümchensex abwertend verwendet, dazu finden sich beispielsweise in Kontaktanzeigen entsprechende Wendungen. Manche Menschen versuchen das Wort auch ausdrücklich als Schimpfwort zu benutzen.[2] Gegenbegriffe zu Blümchensex sind etwa Sexspiele, Rollenspiele, Hardcore-Sex oder BDSM.

In der BDSM-Szene wird manchmal Blümchensex in der gleichen Bedeutung wie Vanillasex verwendet, womit „Nicht-BDSM-Sex“ gemeint ist (Sex ohne Extras).[3] Lesbische BDSM-Anhängerinnen verwenden Kuschelsex als Kampfbegriff in den Auseinandersetzungen mit radikalen Feministinnen, die aggressions- und gewaltfreie Sexualität als Leitbild propagieren (vergleiche Feminist Sex Wars).[4] In der Lesbenszene gibt es SM-Lesben und als Gegenteil die Vanilla-Lesben oder eingedeutscht „Blümchen-Lesben“.[5]

Wortherkunft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Martin Goldstein alias Dr. Sommer erklärte in der Bravo:Blümchensex haben oft junge und unerfahrene Paare. Gemeint ist ein vorsichtiges, forschendes und zartes Liebesspiel, meist ohne Geschlechtsverkehr.“ Eine Herkunftsmöglichkeit des Wortes sei, dass Blumen meist etwas Süßes, Niedliches und Verspieltes verkörpern – eben das, was beim Blümchensex passiere. Eine andere Möglichkeit sei die Ableitung vom Blümchenkaffee, einem sehr dünnen Kaffee, durch den man die Blumen auf dem Boden der Porzellantasse erkennen könne.[6]

Manchmal wird in Schlagzeilen auch der Bestäubungsvorgang von Blüten durch Honigbienen als Blümchensex beschrieben.[7] Die Bezeichnung könnte entstanden sein in Anlehnung an eine auf diesem Bild gründende rückständige Sexualaufklärung, die den Geschlechtsakt verniedlichend als Vereinigung von Bienchen und Blümchen umschreibt.

Volkmar Sigusch bezeichnet in seiner Geschichte der Sexualwissenschaft das etwa von Ernest Bornemann und Wilhelm Reich beschriebene letztendliche Ideal, aus dem alles nur entfernt Gleichgeschlechtliche verdrängt wurde, als Coitus germanicus simplex.[8] Für Christoph Winder von Der Standard ist damit ein „heterosexueller Wald- und Wiesenbeischlaf der schlichtesten Machart“ gemeint.[9]

Verbreitung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anfang 2020 ergab eine GfK-Befragung von 1000 Mitgliedern des Dating-Portals LoveScout24, dass 37 % der Männer „eher zärtlichen Sex“ wünschen (Frauen: 30 %), gegenüber 11 % für „eher härteren Sex“ (Frauen: 14 %). Dass Streicheln zum Sex dazugehöre, fand am meisten Zustimmung: bei 56 % der Männer und 47 % der Frauen. Küssen beim Sex war der zweitwichtigste Wunsch: 48 % bei Männern, 46 % bei Frauen. Zärtliches Vorspiel gehörte für 43 % der Männer zum Sex, aber nur 36 % der Frauen fanden das wichtig. Der Aussage: „Ich genieße gerne und gehe auch auf meine Partnerin/meinen Partner bewusst ein“, stimmten 50 % aller Männer zu, hingegen nur 39 % der Frauen.[10] Während sich nur 18 % der jungen Generation im Alter von 18 bis 30 für zärtlichen Sex aussprachen, waren es 40 % bei der Generation über 40 Jahre. Eine „schnelle Nummer“ ohne Vorspiel (Quickie) empfanden 38 % der Männer als befriedigend, aber nur 25 % der Frauen; Dreißig- bis Vierzigjährige erfreuten sich zu 40 % daran.[11]

Mitte 2015 ergab eine Auswertung von Vorlieben der 3,8 Millionen deutschen Nutzer des Dating-Portals C-date, dass Berliner vorrangig Kuschelsex suchten, während Hamburger Exhibitionismus und Voyeurismus wünschten, Nordrhein-Westfalen Sexspielzeug bevorzugten, Hessen an Rollenspielen interessiert waren und Bayern auf Auspeitschen standen.[12]

Künstlerische Umsetzungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Komiker Holger Müller, alias „Ausbilder Schmidt“, nannte 2005 seine zweite CD Blümchensex – ist aber auf dem Cover im Gegensatz zum eigentlichen Wortsinn mit einem Kaktus abgebildet.[13] Im Lied Blümchensex der Rockband Killerpilze aus dem Jahr 2006 meint ein Mann, dass seine Eroberung auf Blümchensex steht; er sagt, dies sei für ihn kein Problem, aber man solle doch endlich anfangen. In einer Strophe zieht sie dann eine Lederpeitsche hervor und er flüchtet schnell.[14]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Safe, Sane, Consensual (Sexkonzept: sicherheitsbewusst, mit gesundem Menschenverstand, einvernehmlich)
  • Tantra-Sex (Neotantra: Verbindung von Spiritualität und Sexualität)
  • Sexualethik (Moral der Sexualität und des Geschlechtslebens)

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wiktionary: Blümchensex – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Claudia Wrumnig: Kuschelsex – Romantische Stunden zu Zweit. In: EnjoyLiving.at. 10. Dezember 2012, abgerufen am 4. Mai 2020.
  2. Sigrid Neudecker: Sex & the Sigrid: Blümchensex. Ein Schimpfwort? In: City: Stadtzeitung für Wien. Nr. 22, 2008, S. 63 (PDF: 541 kB auf monopol.at (Memento vom 19. Februar 2009 im Internet Archive)).
  3. Anhang 1: Namenskonventionen und Begriffsdefinitionen. (Memento vom 31. Oktober 2018 im Internet Archive) In: Der Papiertiger: Enzyklopädie des Sadomasochismus. Datenschlag, 26. Februar 2003, abgerufen am 4. Mai 2020.
  4. Kuschelsex (Memento vom 18. Januar 2017 im Internet Archive) In: Der Papiertiger: Enzyklopädie des Sadomasochismus. Datenschlag, 23. August 2002, abgerufen am 4. Mai 2020; Zitat: „Teilweise ähnlich gebraucht wird Blümchensex, das auch ganz wertfrei als Synonym für Vanille verwendet werden kann.“
  5. Volker Wolkersdorff: Meine Dämonen füttern. In: Ute Frietsch, Konstanze Hanitzsch, Jennifer John, Beatrice Michaelis (Hrsg.): Geschlecht als Tabu. Orte, Dynamiken und Funktionen der De/Thematisierung von Geschlecht (= GenderCodes. Band 5). Transcript, Bielefeld 2007, ISBN 3-89942-713-0, S. 103, Fußnote 9.
  6. Dr. Sommer: Qick-Klick: Woher kommt der Begriff Blümchensex? (Memento vom 16. Februar 2009 im Internet Archive) In: Bravo.de, abgerufen am 4. Mai 2020.
  7. Beispielsweise Paul Siefert: Gruppensex, Kastration und Enthaltsamkeit: Von Bienchen und Blümchen. In: Uro-News. Band 62, Nr. 12, Dezember 2018 (Institut für Bienenkunde, Frankfurt; doi:10.1007/s00092-018-2103-z; online auf springer.com); Zitat: „Komisch – mit Bienen verbinden wir doch eigentlich Blumenwiesen, Sonnenschein und Blümchensex.“
  8. Oliver Pfohlmann: Wissenschaft der Umarmungen. In: DerStandard.at. 4. Oktober 2008, abgerufen am 4. Mai 2020; Teaser: „Wie man Lüste und Wonnen klassifiziert: Der Sexualforscher Volkmar Sigusch hat eine gewichtige Geschichte seines Faches geschrieben“.
  9. Christoph Winder: Coitus germanicus simplex. (Memento vom 16. Februar 2009 im Internet Archive) In: DerStandard.at. 26. August 2008, abgerufen am 4. Mai 2020 (aus Winders Wörterbuch zur Gegenwart).
  10. Von wegen Männer hart und Frauen zart… Laut Umfrage: Männer stehen eher auf Blümchensex als Frauen. In: RTL.de. 5. Februar 2020, abgerufen am 4. Mai 2020.
  11. Antonia Hagedorn: Repräsentative Umfrage: Darauf stehen die Deutschen im Bett. In: FitforFun.de. 3. Februar 2020, abgerufen am 10. Mai 2020 (weitere Ergebnisse der GfK-Umfrage).
  12. Sex-Umfrage: Berliner wollen Kuschelsex, Bayern stehen auf Auspeitschen. In: BZ-Berlin.de. 3. Juni 2015, abgerufen am 4. Mai 2020.
  13. Holger Müller: Blümchensex. Spotify, abgerufen am 4. Mai 2020.
  14. Video bei azzaroify: Killerpilze – Blümchensex auf YouTube, 27. April 2011, abgerufen am 4. Mai 2020 (2:49 Minuten; vom 2006er-Album Invasion der Killerpilze).