Martial
Marcus Valerius Martialis (deutsch Martial; * 1. März 40 n. Chr. in Bilbilis; † 102/104 n. Chr. ebenda) war ein römischer Dichter, der vor allem für seine Epigramme bekannt ist.
Leben
Die meisten Informationen über Martial werden seinen Werken entnommen. Da der Autor nicht immer mit den im Gedicht auftretenden Personen übereinstimmt, sondern sich das lyrische Ich in ganz verschiedenen Charakteren äußert, sind diese Daten mit Vorsicht zu behandeln. Die einzige Quelle zur Biographie außerhalb seines Werkes bildet der vom jüngeren Plinius verfasste Nachruf (ep. 3,21).
Martial wurde etwa 40 n. Chr. in Bilbilis (auf dem Cerro de Bambola in der Nähe des heutigen Calatayud, Nordspanien) geboren. Er besuchte eine Rhetoriker- und Grammatikerschule, dort entdeckte er sein literarisches Talent. Zwischen 63 und 64 n. Chr. ging er nach Rom und lebte dort zunächst in eher ärmlichen Verhältnissen. Anfang der 80er Jahre n. Chr. setzt die von uns nachvollziehbare literarische Produktion ein, die ungefähr bis ins Jahr 102 n. Chr. reicht. Er selbst weist in einem Gedicht auf seine Jugenddichtung hin, auf deren Existenz wir außerhalb des Epigrammcorpus keinen Hinweis erhalten.
Wie viele Dichter seiner Zeit war Martial abhängig von seinen Freunden und Gönnern, die ihn vor allem finanziell unterstützten. In seinen Gedichten kokettiert er gerne mit seinem mittellosen gesellschaftlichen Status und schafft so das Bild des „Bettelpoeten“, das in der Literatur nicht folgenlos blieb. Die Bezeichnung dürfte eine ironische Übertreibung sein, denn schon 84 n. Chr. besaß er ein Gut in Nomentum, später in Rom, und eigenen Aussagen zufolge besaß er Sklaven und Sekretäre.
Martial schaffte es auch, sich unter den Kaisern Titus (79–81) und Domitian (81–96) durch Lobgedichte ein gewisses Ansehen zu erarbeiten, das ihm zu einem relativ wohlhabenden Leben verhalf. Er wurde zum Militärtribun und Eques ernannt und verfügte über das Dreikindrecht. Trotz dieses Rechtes bleiben Martials Familienverhältnisse unbekannt.
Unter den Kaisern Nerva (96–98) und Trajan (98–117) änderte sich die politische Lage in Rom. Beide lehnten Panegyrik und übertriebene Lobpreisungen ab. Wohl aus diesem Grund entschloss sich Martial etwa 98-100 n. Chr., in seine Heimat zurückzukehren. Erneut wurde er dabei von seinen Gönnern unterstützt, sodass er die Arbeit an seinen Werken weiterführen konnte. Es scheint jedoch, als wäre seine anfängliche Freude über die Rückkehr recht bald in Sehnsucht nach Rom umgeschlagen. Zumindest schreibt er in der Praefatio des zwölften Buches, dass ihm die Inspiration durch die Zuhörer in Rom fehle. Um das Jahr 104 n. Chr. verstarb Martial in seinem Geburtsort Bilbilis.
Gönner und Freunde
Zu Martials wichtigen Gönnern und Freunden zählten Seneca, Plinius der Jüngere, Quintilian, Juvenal, sowie die Kaiser Titus und Domitian. Vor allem durch die finanzielle Unterstützung, jedoch auch durch das Ansehen, das ihm diese Kontakte einbrachten, schaffte es Martial, zu einem der bedeutendsten römischen Dichter zu werden.
Seine teilweise übertriebene Schmeichelei brachte nach dem Tod Domitians jedoch einige Probleme mit sich. Kaiser Nerva, der an der Ermordung seines Vorgängers beteiligt war, forderte Martial auf, seine Lobgedichte auf Domitian umzuschreiben oder zu vernichten. Diesem Befehl leistete Martial nur widerwillig (und auch nur teilweise) Folge.
Selbst sein Fortgang von Rom wurde von Gönnern finanziert. So bezahlte Plinius der Jüngere seine Reise in die Heimat, während ihm seine Gönnerin Marcella ein Landgut zur Verfügung stellte.
Werke
Martials Werke beschränken sich fast ausschließlich auf Epigramme. Vorbilder für seine Dichtung waren Catull und Horaz.
Liber Spectaculorum (80 n. Chr.)
Eine Sammlung von Gedichten, die unter Kaiser Titus wohl zur Eröffnung des gerade fertiggestellten Kolosseums veröffentlicht wurden und mit der Martial seine Karriere als Schöpfer von Epigrammbüchern begonnen haben dürfte.
Lateinischer Originaltext | Deutsche Übersetzung |
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(M. Valeriis Martialis Liber De Spectaculis I)
Das Buch ist in einer mittelalterlichen Florilegienhandschrift nicht vollständig und keinesfalls in originaler Reihenfolge der Gedichte überliefert. In den etwa 30 überlieferten Epigrammen lobt der Autor den Kaiser und das Bauwerk, ausgiebig werden auch - oft mit für den modernen Rezipienten erschreckender Gleichgültigkeit oder sogar Schadenfreude - die „Sehenswürdigkeiten“ in der Arena (Bestrafungen für Verbrechen, Kämpfe zwischen Gladiatoren) geschildert.
Xenien und Apophoreta (84 n. Chr.)
Dies sind kurze Gedichte, die als Aufschriften für Geschenke (apophoreta) aus Anlass der Saturnalien an Gastgeber oder Gäste gedacht waren.
Epigrammaton libri duodecim (ca. 85–103 n. Chr.)
Eine Sammlung von 12 Büchern (daher der Name duodecim dt.: zwölf) (oftmals werden die oben genannten Werke ebenfalls dazugezählt, weshalb auch von 14 oder 15 Büchern gesprochen wird), mit insgesamt 1557 Epigrammen.
Martial beschrieb in den meisten seiner Epigramme das Alltagsleben der Römer und stellte es ironisch, satirisch und teilweise vulgär dar. Wichtige Themen sind dabei der Unterschied zwischen Armut und Reichtum, Rechtschaffenheit und Laster sowie die Licht- und Schattenseiten des Lebens. Er charakterisiert und verspottet außerdem mit wenigen Worten und pointierten Wortspielen auffallende römische Typen, so zum Beispiel unfähige Ärzte, unbegabte Dichter, betrogene Ehemänner und eitle Schönlinge, wobei er jedoch niemanden persönlich anspricht, sondern sprechende Namen verwendet.
Lateinischer Originaltext | Deutsche Übersetzung |
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(Liber Epigrammatae XI, 104)
Zwar finden sich in Martials Epigrammen sehr viele Namen, es ist jedoch wahrscheinlich, dass viele der angesprochenen Personen erfunden oder die Namen geändert waren, wobei er aber die Silbenanzahl beibehielt, denn zumindest die Mächtigen seiner Zeit behandelte Martial mit großer Vorsicht. Häufig finden sich jedoch Lobpreisungen auf die Kaiser Titus und Domitian.
Bedeutung
Martial machte die Epigrammdichtung in Rom salonfähig und gilt gleichzeitig als Meister dieser lyrischen Form. Seine Werke bieten einen guten Einblick in das Alltagsleben Roms im 1. Jahrhundert n. Chr.
Insbesondere die Epigramme über gesellschaftliche Unstimmigkeiten fanden noch zu Martials Lebzeiten große Resonanz, jedoch waren sie auch in der Spätantike, dem Mittelalter und der Renaissance sehr beliebt.
Gotthold Ephraim Lessing (1729–1781) nahm sich für seine eigenen Epigramme die Werke Martials zum Vorbild. Noch bedeutender ist die Rezeptionsgeschichte Martials in den romanischen Literaturen.[1]
Der Begriff des Plagiats soll auf ein Epigramm Martials zurückgehen, in dem er einen Dichterkollegen, der seine Gedichte fälschlich als eigene ausgegeben hatte, als plagiarius (wörtlich: Menschenräuber, Sklavenhändler) beschimpfte (Epigramme 1, 52).
Ausgaben und Übersetzungen
- D. R. Shackleton Bailey (Hrsg.): M. Valerii Martialis epigrammata. Teubner, Stuttgart 1990 (kritische Ausgabe)
- M. Valerius Martialis: Epigramme. Ausgew., eingel. und komm. von Uwe Walter. Schöningh, Paderborn 1996.
- Martial: Epigramme. Aus dem Lateinischen übertragen und herausgegeben von Walter Hofmann. Insel, Frankfurt/Leipzig 1997
- M. Valerius Martialis: Epigramme. Lateinisch-deutsch, hrsg. und übers. von Paul Barié und Winfried Schindler. Artemis & Winkler, Düsseldorf 1999. (3., vollst. überarb. Auflage Akad.-Verl., Berlin 2013)
- Christian Schöffel: Martial, Buch 8. Einleitung, Text, Übersetzung, Kommentar. Steiner, Stuttgart 2002.
- Martial: Epigramme. Lat./Dt., übers. und hrsg. von Niklas Holzberg. Reclam, Stuttgart 2008.
Literatur
Übersichtsdarstellung
- Michael von Albrecht: Geschichte der römischen Literatur von Andronicus bis Boethius und ihr Fortwirken. Band 2. 3., verbesserte und erweiterte Auflage. De Gruyter, Berlin 2012, ISBN 978-3-11-026525-5, S. 877–892
Einführungen, Gesamtdarstellungen, Untersuchungen und Kommentare
- Farouk Grewing: Martial, Buch VI. Ein Kommentar. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1997.
- Walter Burnikel: Quintilian und Martial. In: Ders.: Quintilian. Pädagogische Texte aus der Antike (Exemplarische Reihe Literatur und Philosophie; Bd. 34). Sonnenberg, Annweiler 2013, ISBN 3-9332-6474-X, S. 88–95.
- Christian Gnilka: Martial über seine Kunst. In: Rheinisches Museum für Philologie/N.F.; Bd. 148 (2005), S. 293–304, ISSN 0035-449X (online; PDF; 57 kB).
- Fiona Pitt-Kethley: Martial. In: Dies.: The literary companion to sex. Arcadia Books, New York 2014, ISBN 978-1-85619-127-2.
- Otto Seel: Ansatz zu einer Martial-Interpretation. In: Antike und Abendland, Bd. 10 (1961), S. 53–76, ISSN 0003-5696
- Paul Barié: Martial. Gespiegelte Wirklichkeit im römischen Epigramm (Exemplarische Reihe Literatur und Philosophie; Bd. 17). Sonnenberg, Annweiler 2004 ISBN 3-933264-34-0
- Niklas Holzberg: Martial und das antike Epigramm. Eine Einführung. 2. Auflage. WBG, Darmstadt 2002, ISBN 978-3-534-25137-7.
- Peter Howell: Martial. Bristol Classical Press, London 2009, ISBN 978-1-85399-702-0.
- Herrmann Mostar: Frech und Frivol nach Römersitte M. Val. Martialis' Epigramme. Ullstein, Frankfurt/M. 1992, ISBN 3-548-22671-X (EA Stuttgart 1971).
- Helmut Offermann (Bearb.): Martial Epigramme. „Parcere personis, dicere de vitiis“ (Antike und Gegenwart; Bd. 17). 2. Auflage. Buchner Verlag, Bamberg 2007, ISBN 978-3-7661-5967-0.
- John Patrick Sullivan: Martial. The unexpected classic. A literary and historical study. CUP, Cambridge 1991, ISBN 0-521-26458-8 (EA Cambridge 1991)
Rezeption
- Patricia Watson, Lindsay Watson: Martial (Marcus Valerius Martialis). Epigrammata. In: Christine Walde (Hrsg.): Die Rezeption der antiken Literatur. Kulturhistorisches Werklexikon (= Der Neue Pauly. Supplemente. Band 7). Metzler, Stuttgart/Weimar 2010, ISBN 978-3-476-02034-5, Sp. 523–536.
Weblinks
- Literatur von und über Martial im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Werke von und über Martial in der Deutschen Digitalen Bibliothek
- Martialepigramme (lateinisch)
- Martialis epigrammata (lateinisch)
- Martialübersetzungen
Anmerkungen
- ↑ Kurt-Henning Mehnert: „Sal Romanus“ und „Esprit Français“. Studien zur Martialrezeption im Frankreich des 16. und 17. Jahrhunderts (Romanistische Versuche und Vorarbeiten; Bd.33). Romanistisches Seminar, Bonn 1970 (Zugl. Dissertation, Universität Bonn 1969).
Personendaten | |
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NAME | Martial |
ALTERNATIVNAMEN | Martialis, Marcus Valerius |
KURZBESCHREIBUNG | römischer Dichter |
GEBURTSDATUM | 40 |
GEBURTSORT | Bilbilis |
STERBEDATUM | um 103 |
STERBEORT | Bilbilis |