Modellbasiertes Systems Engineering

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Modellbasiertes Systems Engineering (MBSE) (auch: „Modellbasierte Systementwicklung“) ist eine Methodik des Systems Engineerings, in der Informationen über ein (zu entwickelndes) System nicht mehr ausschließlich auf Dokumenten basieren, sondern auf Modellen.

Diese Modelle werden in der Regel auf Basis der UML- oder SysML-Spezifikation erstellt.[1]

2007 definierte das International Council on Systems Engineering (INCOSE) MBSE als “the formalized application of modeling to support system requirements, design, analysis, verification and validation activities beginning in the conceptual design phase and continuing throughout development and later life cycle phases.”[2]

Also in etwa folgendermaßen:

„[MBSE ist] der Gebrauch einer formalisierten Modellierung [eines Systems], mit dem Ziel, bei den verschiedenen Aspekten wie Anforderungen, Design, Analyse sowie Prüfung und Validierung zu unterstützen, und zwar von Anfang an bis hin zu den späten Phasen im Lebenszyklus [des Systems].“

In Anwendungsfällen, in denen die Relevanz der Modellierung die bloße systemtechnische Beschreibung deutlich übersteigt und integraler Bestandteil des Entwicklungsprozesses ist, wird gelegentlich der Begriff des modellgetriebenen Systems Engineering (Model Driven Systems Engineering, MDSE) verwendet.[3]

Seit 2018 findet durch die INCOSE eine Weiterentwicklung von MBSE zu noch weiter umfassendem, interdisziplinärem Digital Engineering statt.[4] Ferner wurde die INCOSE Vision aus 2009 zur Zukunft des Systems Engineering fortgeschrieben und als strategischer Leitfaden bis 2035 veröffentlicht.[5]

Die Vorteile und Herausforderungen von MBSE lassen sich aus den umfassenden Erfahrungen von MBSE-Spezialisten und begleitender KI-gestützter Analyse zusammenstellen, klassifizieren und nach ihrer Bedeutung bewerten.

Zusammenfassung der MBSE-Vorteile

Im Vergleich zu reinen Textdokumenten haben Systems-Engineering-Modelle mehrere, sehr konkrete Vorteile.[6][7] Im Folgenden sind sie thematisch klassifiziert nach ihrer Bedeutung aufgelistet, beginnend mit dem jeweils wichtigsten Vorteil:

Modelle und Modellierung

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  • Systemverständnis und -beschreibung: MBSE ermöglicht grundsätzlich eine präzisere und umfassendere Modellierung des betrachteten Systems als mit den Prosatexten in klassischen Spezifikationsdokumenten und Pflichtenheften, was zu einem besseren Verständnis des Systems durch alle Beteiligten führt. Die natürliche Sprache ist in aller Regel nicht eindeutig. Je nach Vorkenntnissen, Verständnis oder Kultur werden Aussagen unterschiedlich aufgefasst. („Ein Bild sagt mehr als tausend Worte“)
  • Grundlage für Digitale Zwillinge: Die Voraussetzung für einen digitalen Zwilling ist ein physischer Zwilling. Dieser wird jedoch mit Hilfe der Modelle aus dem MBSE-Prozess beschrieben, in all seinen Baugruppen und Einzelteilen hergestellt, getestet, montiert/integriert und in Betrieb genommen. Deshalb ist ein umfassendes MBSE-Modell die zwingende Voraussetzung für einen digitalen Zwilling, der mit den Echtdaten des physischen Zwillings interoperabel kommuniziert.[8] Damit lassen sich dann beispielsweise Verhaltenssimulationen des digitalen Zwillings wesentlich effektiver durchführen und das operative Verhalten des physischen Zwillings leichter optimieren.
  • Systemarchitektur: Architekturmodelle können mit MBSE interdisziplinär unter Beteiligung unterschiedlicher Ingenieurwissenschaften entwickelt werden. Sie erlauben zu jeder Zeit die Rückverfolgung aller bis dahin bekannten Abhängigkeiten und spielen ebenfalls eine zentrale Rolle für digitale Zwillinge.
  • Wiederverwendbarkeit von Modellkomponenten: Da MBSE eine systematische Modellierung des Systems ermöglicht, können Subsysteme, Baugruppen und Modellkomponenten wiederverwendet werden. Dies kann dazu beitragen, die Entwicklungszeit und -kosten zu reduzieren, da neue Systeme aus bereits vorhandenen Modellen zusammengestellt werden können.
  • Management von Redundanzen: MBSE ermöglicht eine systematische und strukturierte Modellierung des Systems, wodurch unnötige Redundanzen in den Anforderungen und Spezifikationen vermieden werden können. Dadurch wird die Konsistenz und Vollständigkeit der Systembeschreibung verbessert. Dort, wo Redundanzen aus sicherheitskritischer Perspektive erforderlich sind, macht MBSE solche Fähigkeiten von Anfang an transparent.
  • Sicherheit und Zuverlässigkeit: Der Einsatz von MBSE eröffnet die Fähigkeit, das betrachtete System in einem digitalen Modell vollständig zu analysieren und zu optimieren, bevor es implementiert und in Betrieb genommen wird. Durch geeignete Fehleranalyse-Methoden kann frühzeitig sichergestellt werden, dass das System robust und zuverlässig arbeitet. Ferner lassen sich spezifische Modellbausteine für die Cybersicherheit in System-Modelle integrieren. Auch dieser MBSE-Vorteil spielt bei Digitalen Zwillingen eine zunehmend wichtige Rolle.

MBSE Lebenszyklusprozess

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  • Fehlererkennung und Risikominderung: MBSE begünstigt die frühe Identifizierung und Bewertung von Fehlern und Risiken im Entwicklungsprozess, wodurch das Fehler- und Risikomanagement effektiver gestaltet werden kann. Dafür kann MBSE als Grundlage für Simulationen und Tests verwendet werden, um das Systemverhalten zu überprüfen und zu validieren. So können Fehler und Risiken im System sehr frühzeitig erkannt und behoben werden.
  • Traceability und Nachverfolgbarkeit: Mit MBSE können Entscheidungen und Änderungen im Entwicklungsprozess leichter nachvollzogen werden, da alle Informationen in einem zentralen Modell gespeichert und ihre Abhängigkeiten bekannt sind. Ohne diese Fähigkeiten können keine Digitalen Zwillinge entstehen. Ferner erleichtert Nachverfolgbarkeit unter anderem auch die Erfüllung von Compliance-Anforderungen.
  • Integration von Systemkomponenten: MBSE ermöglicht eine präzise Modellierung aller Systemkomponenten, Baugruppen und Subsysteme und ihrer Interaktionen, wodurch eine bessere Integration und Interoperabilität des Gesamtsystems erreicht werden kann.
  • Flexibilität, Anpassungsfähigkeit und Agilität: MBSE ermöglicht es, Modelle schnell anzupassen und zu ändern, um sich an sich ändernde Anforderungen und neue operative Bedingungen anzupassen. Damit werden agile Entwicklungsmethoden unterstützt, womit die schnellere Entwicklung eines Systems möglich ist, ohne dass die Qualität und Konsistenz der Systembeschreibung beeinträchtigt werden.
  • Qualitätssicherung und Qualitätsstandards: Mit MBSE ist es möglich, die Qualität des betrachteten Systems durch die Integration von Qualitätsstandards in das Modell zu verbessern. Dadurch kann die Konformität des Systems mit Qualitätsstandards wie ISO 9001 oder CMMI systematisch verbessert und sowohl technisch als auch prozessbezogen abgesichert werden.
  • Überprüfbarkeit und Validierung: MBSE ermöglicht die Integration von Validierungs- und Verifikationsaktivitäten direkt in den Entwicklungsprozess, was zu einer effektiveren Überprüfung des Systems und einer besseren Abdeckung der Anforderungen bei der Systemintegration führt. Dabei kann Testautomatisierung eine wichtige Rolle spielen.
  • Dokumentation und Verwaltung von Systeminformationen: MBSE ermöglicht eine automatisierte Dokumentation, die die Entwicklungsdokumentation verbessert und die Dokumentation konsistenter und präziser macht. Dies ist insbesondere bei der Entwicklung von sicherheitskritischen Systemen von Vorteil.

Organisatorische Aspekte

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  • Zusammenarbeit mit Kunden und Stakeholdern: Mit MBSE wird es leichter, das Systemverständnis und die Systembeschreibung mit Kunden und anderen Stakeholdern zu teilen. Dies verbessert die Zusammenarbeit und das Verständnis der Anforderungen und trägt dazu bei, dass das fertige System den Anforderungen der Stakeholder entspricht. Dabei spielen die gewünschten Nutzer-Szenarien der Anwender die zentrale Rolle.
  • Entscheidungsfindung: MBSE ermöglicht eine detaillierte Modellierung eines geplanten Systems, was dem Projektmanagement eine bessere Entscheidungsgrundlage bietet. Projektleiter und verantwortliches Management können schnellere und bessere Entscheidungen treffen, da sie auf fundierten Informationen basieren.
  • Kosten und Entwicklungszeiten: MBSE kann dazu beitragen, die Entwicklungszeit und die Kosten für die Systementwicklung zu reduzieren, da es den Entwicklungsprozess effizienter, transparenter und risiko-ärmer macht und so die Anzahl der erforderlichen Tests reduziert, weil Fehler frühzeitig erkannt wurden.
  • Schulung und Ausbildung: MBSE bietet eine intuitive und visuelle Möglichkeit, komplexe Systeme darzustellen. Dadurch kann es dazu beitragen, Schulung und Ausbildung von Mitarbeitern zu verbessern, indem es komplexe Themen auf visuelle Weise einfacher erklärbar macht.

MBSE-Infrastruktur

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Es gibt umfassende Literatur über MBSE-Infrastruktur und verknüpfte MBSE-Werkzeuge.[9] Zentraler Punkt ist überall:

  • Effizienz und Produktivität durch Automatisierung und Standardisierung: Durch die Verwendung von Modelliermethoden und -werkzeugen können viele manuelle Aufgaben automatisiert werden, was die Entwicklungszeit verkürzt und menschliche Fehler minimiert. Die Modellierung von Systemen in einem standardisierten Prozess und Format ermöglicht eine bessere Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Teams, indem sie eine gemeinsame Sprache und ein gemeinsames Verständnis der Systemarchitektur schafft. Dadurch können Engpässe oder Inkonsistenzen im Entwicklungsprozess vermieden werden.

Wichtig ist es, zu beachten, dass diese Vorteils-Rangfolge nur eine allgemeine Schätzung darstellen und die Bedeutung der einzelnen Vorteile stark von spezifischen Projekanforderungen, organisatorischen Bedingungen und Zielen des zu betrachtenden Systems abhängen kann. Dann muss die Reihenfolge entsprechend angepasst werden.

Nach Robert Cloutier sollen so ein besseres Problemverständnis aller Projektbeteiligten und umfangreiche Komplexitätsbeherrschung erzielt werden können.

Herausforderungen

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Mechatronisches V-Modell nach VDI/VDE 2206 aus dem Jahr 2021
Zusammenfassung der MBSE-Herausforderungen

Es gibt ein ganzes Spektrum an Herausforderungen beim Einsatz von MBSE. Diese lassen sich konkret durch ein MBSE-Reifegradmodell bewerten.[10] Die Rangfolge der MBSE-Herausforderungen kann von Projekt zu Projekt unterschiedlich sein, da dies von den jeweiligen Anforderungen des Projekts, dem Fortschritt von MBSE-Implementierung in einer Organisation und den Fähigkeiten des/der jeweiligen Teams abhängt. Daher ist es schwierig, eine allgemeingültige Rangfolge festzulegen. Der VDI empfiehlt jedoch in diesem Zusammenhang in seiner Richtlinie VDI/VDE 2206 aus dem Jahre 2021 das V-Modell als Teil der „Entwicklungsmethodik für mechatronische Systeme“.[11] Darauf aufbauend lässt sich auch hier eine thematisch klassifizierte Rangfolge aufstellen, basierend auf ihrer allgemeinen Bedeutung und den Schwierigkeitsgraden ihrer Elemente, beginnend mit den thematisch jeweils größten Herausforderungen:

Modelle und Modellierung

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  • Modellierungsschwierigkeiten und Systemkomplexität: Die Verwendung von MBSE hängt eng mit der Komplexität des betrachteten Systems zusammen. Dies liegt daran, dass es eine Vielzahl von Modellen und Diagrammen gibt, die erstellt und aktualisiert werden müssen, um das betreffende System vollständig zu beschreiben. Wenn diese Handhabung nicht optimal gemanagt wird, kann dies zu erheblichen Schwierigkeiten bei der Verwaltung und Verwendung der Modelle führen. Deshalb ist hier größte Aufmerksamkeit beim MBSE-Einsatz erforderlich.
  • Modellierungskomplexität: Eine weitere Herausforderung bei der Anwendung von MBSE ist die Komplexität der Modellierung. Manchmal kann es schwierig sein, Modelle zu erstellen, die die Komplexität des realen Systems genau widerspiegeln und dennoch verständlich und einfach zu verwenden sind.
  • Validierung und Verifikation der Modelle: Die Validierung und Verifikation der Modelle gehört neben der Handhabung der Systemkomplexität ebenfalls zu den größten Herausforderungen beim Einsatz von MBSE, da sichergestellt werden muss, dass die Modelle korrekt und zuverlässig sind. Ohne eine angemessene Validierung und Verifikation kann es zu Fehlern und Inkonsistenzen im System führen, was zu hohen Kosten und möglicherweise zu gefährlichen Situationen beim Systemeinsatz führen kann. Das muss unter allen Umständen vermieden werden.
  • Anwendbarkeit: Nicht alle Systeme sind für die Anwendung von MBSE geeignet. Insbesondere bei Systemen mit geringer Komplexität oder kleinem Umfang kann der Einsatz von MBSE übertrieben oder unnötig sein.
  • Konsistenz: Eine der wichtigsten Anforderungen an MBSE ist die Konsistenz der Modelle. Es ist wichtig sicherzustellen, dass alle Modelle korrekt miteinander verknüpft sind und dass es keine Inkonsistenzen gibt, die zu Fehlern im System führen können.
  • Flexibilität und Anpassungsfähigkeit: MBSE erfordert oft eine gewisse Flexibilität und Anpassungsfähigkeit, um Änderungen im System oder bei den Anforderungen gerecht zu werden. Es kann unter bestimmten technischen oder operativen Bedingungen schwierig sein, die Modelle schnell und effektiv anzupassen, um auf Änderungen zu reagieren.
  • Interpretation und Visualisierung: Ein Problem bei der Verwendung von MBSE ist die Interpretation und Visualisierung von Modellen. Es kann schwierig sein, komplexe Modelle auf eine Weise zu visualisieren, die für alle Beteiligten verständlich und nützlich ist.

MBSE Lebenszyklusprozess

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  • Kommunikation und Zusammenarbeit: Eine der größten Herausforderungen beim MBSE-Lebenszyklusprozess besteht darin, sicherzustellen, dass alle Stakeholder des Systems, wie Entwickler, Ingenieure, Entscheider und Kunden, effektiv miteinander kommunizieren und zusammenarbeiten. Hierbei ist es wichtig, dass alle Beteiligten ein gemeinsames Verständnis des Systems haben und dass die Modelle verständlich und zugänglich sind.
  • Anforderungsmanagement: Die korrekte Erfassung von Anforderungen ist eine zentrale Voraussetzung für die effektive Anwendung von MBSE. Wenn die Anforderungen und Details der gewünschten Nutzer-Szenarien nicht vollständig oder korrekt erfasst werden, oder nicht testbar sind, können die Modelle nicht genau genug sein, um das System effektiv und vollständig zu beschreiben und zu analysieren. Das verhindert u. a. den Einsatz von Simulationsverfahren für die System-Validierung.
  • Kontinuierliche Pflege und Aktualisierung: MBSE-Modelle müssen kontinuierlich gepflegt und aktualisiert werden, um sicherzustellen, dass sie den aktuellen Anforderungen und Bedingungen entsprechen. Dies erfordert eine effektive Verwaltung der Modelle und ein Verständnis für die Auswirkungen von Änderungen auf das System
  • Änderungsmanagement: MBSE erfordert ein effektives Änderungsmanagement, um sicherzustellen, dass Änderungen an den Modellen und am System angemessen verwaltet und dokumentiert werden. Ein schlechtes Änderungsmanagement kann dazu führen, dass das System instabil wird oder dass wichtige Änderungen verloren gehen. Dieser wichtige Aspekt des MBSE-Lebenszyklusprozesses mit der Verwaltung von Änderungen an den Modellen ist sehr essentiell, da Modelle in der Regel komplex und miteinander verbunden sind. Da kann schon eine kleine Änderung an einem Modell weitreichende Auswirkungen auf andere Teile des Systems haben. Daher ist es wichtig, Änderungen sorgfältig zu planen, zu dokumentieren und zu verfolgen, um unerwartete Auswirkungen auf das System zu vermeiden.
  • Validierung und Verifikation: MBSE-Modelle müssen validiert und verifiziert werden, um sicherzustellen, dass sie korrekt und zuverlässig sind. Dies erfordert oft eine umfangreiche Modellprüfung, Simulationsdurchläufe und Tests, um sicherzustellen, dass das Modell den Anforderungen entspricht.
  • Wiederverwendbarkeit: Modelle können oft als Basis für die Entwicklung ähnlicher Systeme dienen. Daher ist es wichtig, dass die Modelle so gestaltet sind, dass sie nach ihrer Verifikation wiederverwendbar sind. Hierbei ist es wichtig, dass die Modelle flexibel und anpassungsfähig sind und dass die verwendeten Standards und Methoden für die Wiederverwendung geeignet sind. Dabei spielt effektive Qualitätssicherung eine zentrale Rolle.
  • Dokumentation: Die Erstellung von Dokumentation für MBSE-Modelle kann eine Herausforderung darstellen. Es kann schwierig sein, die Modelle und ihre Verknüpfungen zu dokumentieren, um sicherzustellen, dass sie für zukünftige Verwendung und Wartung zugänglich sind.

Organisatorische Aspekte

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  • Ausbildung und Schulung: MBSE erfordert spezialisierte Fähigkeiten und Schulungen, um effektiv für komplexe Aufgaben im Systems Engineering eingesetzt zu werden. Das bedeutet, dass Mitarbeiter entsprechend ausgebildet werden müssen, um die notwendigen Modellierungswerkzeuge, -methoden und -techniken anwenden zu können. Besonders der Einsatz von SysML erfordert für erfolgreiche und komplette Systemmodelle einen erheblichen Trainingsaufwand. Neuere Verfahren, die auf SysML aufsetzen, versuchen, den Trainingsaufwand zu verringern.
  • Verständnis und Akzeptanz der Teammitglieder: Der Einsatz von MBSE erfordert oft kulturelle Veränderungen in der Organisation. Dies kann Widerstand und Ängste hervorrufen, insbesondere wenn es um die Verwendung von neuen Werkzeugen und Methoden geht. Es erfordert auch eine stärkere Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen betroffenen Abteilungen und Disziplinen.
  • Zusammenarbeit zwischen den Disziplinen: Die effektive Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Teams und Ingenieursdisziplinen ist besonders bei komplexen mechatronischen Systemen eine entscheidende Voraussetzung für den Erfolg von MBSE. Die Zusammenarbeit kann jedoch schwierig sein, insbesondere wenn es um die Integration von Modellen aus verschiedenen Disziplinen geht.
  • Sprachliche Barrieren: Bei der Verwendung von MBSE können sprachliche Barrieren auftreten, insbesondere bei global verteilten Teams. Es ist wichtig, sicherzustellen, dass alle Beteiligten die gleiche Sprache sprechen, um mit guter Kommunikation untereinander Missverständnisse zu vermeiden.

MBSE-Infrastruktur

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  • Kosten: Der Einsatz von MBSE kann mit erheblichen Kosten verbunden sein, die für die Anschaffung von kommerziellen Modellierungswerkzeugen, Schulungen und IT-Infrastruktur entstehen. Zudem können höhere Anforderungen an die Ressourcen (wie Speicherplatz und Rechenleistung) zur Speicherung und Verarbeitung von Modellen entstehen. Es gibt aber auch kostengünstige Open-Source-Lösungen, die jedoch nicht den Support haben wie kommerzielle Werkzeuge. Dafür sind sie leichter an Benutzerbedürfnisse anpassbar.
  • Tool- und IT-Infrastruktur: Eine der größten Herausforderungen beim Einsatz von MBSE ist die Integration von verschiedenen Systemen und Tools zu einer durchgängigen MBSE-Infrastruktur und IT-Architektur, einem MBSE-Ökosystem also, dass für die Modellierung und Analyse benötigt wird. Eine solche nahtlose, medienbruchfreie Integration ist notwendig, um die Qualität und Vollständigkeit der Modelle sicherzustellen. Dabei ist die Integration von Daten aus verschiedenen Quellen oft Teil einer solchen immensen Herausforderung bei der Implementierung einer MBSE-Infrastruktur. Es erfordert eine umfassende Analyse der vorhandenen Tools und Datenquellen sowie eine sorgfältige Planung und Implementierung von Integrationslösungen.
  • Tool-Integration: Durchgängiges MBSE erfordert die Verwendung von verschiedenen Modellierungswerkzeugen, die möglicherweise nicht vollständig integriert sind. Dies kann zu Kompatibilitätsproblemen und Schwierigkeiten bei der Zusammenarbeit führen. Deshalb ist dem Thema „Interoperabilität“ bei MBSE extreme Aufmerksamkeit zu schenken. Dafür ist es wichtig, dass Daten in einem einheitlichen Format vorliegen, das von allen Tools und Systemen verstanden werden kann. Es gibt verschiedene Industriestandards und Beispiele, die für die MBSE-Interoperabilitätsanforderungen analysiert und herangezogen werden können.[12][13]
  • Datenschutz- und Sicherheitsbedenken: Die Verwendung von MBSE erfordert die Speicherung und Verarbeitung von Informationen, die möglicherweise vertraulich oder sicherheitskritisch sind. Es ist wichtig, sicherzustellen, dass geeignete Datenschutz- und Sicherheitsmaßnahmen getroffen werden, um die Integrität der Daten und Modelle zu gewährleisten.

Je mehr MBSE-Herausforderungen mit zunehmendem MBSE-Reifegrad von einer Organisation und ihren Teams gemeistert werden, um so größer sind die Fähigkeiten effektive Digitale Zwillinge zu entwerfen, gestalten und zu betreiben.

MBSE-Bedeutung für System-of-Systems Engineering

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System-of-Systems Engineering (SoSE) ist ein multidisziplinärer Ansatz zur Entwicklung von großen und komplexen Systemen, die aus mehreren autonomen Einzelsystemen bestehen. SoSE umfasst die Integration dieser Einzelsysteme, um eine Gesamtfunktion zu erreichen, die über die Funktionen der Einzelsysteme hinausgeht.[14]

MBSE wird dabei als Ansatz zur Entwicklung komplexer Systeme mit seiner Verwendung von Modellen zur Beschreibung von Systemen und ihrer Interaktionen in SoSE oft angewendet, um die Entwicklung, Integration und Validierung von Systemen in einer noch komplexeren Umgebung mit anderen interagierenden Systemen zu unterstützen.[15]

Misson-orientiertes V-Modell für den SoSE-Lebenszyklus

In SoSE kann MBSE dazu beitragen, die Komplexität besser zu handhaben, indem es alle beteiligten Systeme und ihre Interaktionen in einem formalen Modell darstellt. Durch die Verwendung von MBSE in SoSE können Ingenieure, Entwickler und Nutzer eine umfassende Sicht auf das System, seine Komplexität und seine Eigenschaften erhalten, einschließlich seiner Funktionalität, Leistung, Sicherheit und Zuverlässigkeit. SoSE-Fähigkeiten sind besonders bei Missionen und herausfordernden Operationen in der Raumfahrt, beim Militär, bei Katastrophen, vernetztem Verkehr und für die kritische Infrastruktur benötigt. Der SoSE-Lebenszyklusprozess orientiert sich dabei stark am mechatronischen V-Modell[11] des MBSE.

Diese wichtigen MBSE-Aspekte für die Komplexitätsbeherrschung bei SoSE können dazu beitragen, die Integration und Interoperabilität von heterogenen Einzelsystemen zu verbessern, die oft von unterschiedlichen Herstellern oder Entwicklern stammen.[16] Diese Einzelsysteme können unterschiedliche Sprachen, Standards, Architekturen und Plattformen verwenden, was die Integration und Zusammenarbeit erschweren kann. Durch die Verwendung von MBSE können diese Systeme in einem einheitlichen Modell beschrieben werden, das die Schnittstellen und Interaktionen zwischen ihnen definiert.

Ein weiterer Vorteil von MBSE in SoSE ist die Möglichkeit, verschiedene Szenarien und Konfigurationen zu modellieren und zu simulieren, um ihre Auswirkungen auf das hochkomplexe Gesamtsystem zu untersuchen und die Effekte aller relevanten Abhängigkeiten besser zu verstehen.[17] Dies kann dazu beitragen, mögliche Probleme und Risiken für das Gesamtsystem im Vorfeld effektiv zu identifizieren und zu lösen, bevor das System implementiert wird.

Der Zusammenhang von Mission Engineering, SoSE und MBSE

MBSE und Digitale Zwillinge

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Digitale Zwillinge sind eine Technologie, die auf der Schaffung von virtuellen Modellen von physischen Systemen basiert, um deren Verhalten und Leistung zu simulieren, zu analysieren und zu optimieren. MBSE kann für digitale Zwillinge eingesetzt werden, um das Design, die Entwicklung und die Wartung von physischen Systemen zu unterstützen.[8] Die Integration von MBSE in den Entwurfsprozess des Digitalen Zwillings ist ein wichtiger Schritt zur Erstellung eines vollständigen Modells des realen Systems. Dabei werden ähnliche Schritte wie beim mechatronischen V-Modell durchlaufen:

  • Festlegung der Systemanforderungen: Die Systemanforderungen und operativen Szenarien inkl. der Nutzerbedarfe werden definiert und dokumentiert, um sicherzustellen, dass das Modell des Digitalen Zwillings alle Anforderungen des realen Systems erfüllt.
  • Erstellung eines Modells des realen Systems: Das Modell des realen Systems wird erstellt, indem die relevanten Komponenten und Details für die Architektur des realen Systems erfasst werden. Das Modell kann aus verschiedenen Arten von Modellen bestehen, wie z. B. funktionalen, physischen oder verhaltensbezogenen Modellen.
  • Integration von Datenquellen: Daten aus verschiedenen Quellen wie Sensoren, IoT-Geräten und anderen Datenquellen werden integriert, um das Modell des Digitalen Zwillings zu aktualisieren und das Verhalten des realen Systems in Echtzeit widerzuspiegeln.
  • Validierung und Überprüfung des Modells: Das Modell des Digitalen Zwillings wird validiert und überprüft, um sicherzustellen, dass es alle Anforderungen des realen Systems erfüllt und das Verhalten des Systems korrekt widerspiegelt.
  • Nutzung des Modells für die Analyse und Optimierung des realen Systems: Das Modell des Digitalen Zwillings wird verwendet, um das Verhalten des realen Systems zu simulieren, zu analysieren und zu optimieren. Durch die Analyse des Modells können Schwachstellen im realen System identifiziert und Verbesserungen vorgenommen werden, um die Effizienz und Zuverlässigkeit des realen Systems abzusichern und zu steigern. So bildet MBSE eine wichtige Grundlage für die Tests des realen Systems.
  • Kontinuierliche Aktualisierung des Modells: Das Modell des Digitalen Zwillings wird kontinuierlich aktualisiert, um Änderungen im realen System zu berücksichtigen und sicherzustellen, dass das Modell immer auf dem neuesten Stand ist

Diese Vorgehensweise bietet folgende Vorteile:

  • Risikominderung: Durch die Verwendung von Modellen können verschiedene Einsatz-Szenarien simuliert und Risiken minimiert werden, bevor das physische System gebaut wird.
  • Effizienzsteigerung: Die Verwendung von Modellen kann die Entwicklungszeit und die Kosten reduzieren, indem technisch-konzeptuelle und operative Probleme in einem frühen Stadium des Entwicklungsprozesses erkannt und behoben werden können.
  • Verbesserung der Wartung: Durch die Verwendung von digitalen Zwillingen können Wartungsprozesse optimiert und verbessert werden, da der Zustand des physischen Systems kontinuierlich überwacht und simuliert werden kann.

Die Verwendung von MBSE für digitale Zwillinge erfordert eine sorgfältige Integration von verschiedenen Datenquellen und Systemelementen sowie die Verwendung von Standards und Notationen, um eine nahtlose Zusammenarbeit aller Systemelemente zu gewährleisten.

  • Claudio Zuccaro et al. (Hrsg.): GfSE SE-Handbuch. Die Klammer in der technischen Entwicklung. Gesellschaft für Systems Engineering, GfSE Verlag, 2019, ISBN 978-3-9818805-6-4.
  • Tim Weilkiens: Systems Engineering mit SysML/UML: Anforderungen, Analyse, Architektur. dpunkt.verlag, Heidelberg 2009, ISBN 978-3-89864-577-5.
  • Jean-Luc Voirin: Model-based System and Architecture Engineering with the Arcadia Method (engl.). ISTE Press – Elsevier Verlag, 2017, ISBN 978-1-78548-169-7
  • INCOSE/GfSE (Hrsg.): INCOSE Systems Engineering Handbuch. Ein Leitfaden für Systemlebenszyklus-Prozesse und -Aktivitäten. Vierte Ausgabe. Gesellschaft für Systems Engineering, GfSE Verlag, 2015, ISBN 978-3-9818805-0-2.
  • INCOSE (Hrsg.): „INCOSE Systems Engineering Body of Knowledge“ (SEBOK) (en., laufend aktualisiert: Model-Based Systems Engineering (MBSE))

Einzelnachweise

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  1. Amelie Flatt, Arne Langner, Olof Leps: Model-Driven Development of Akoma Ntoso Application Profiles. Hrsg.: Springer Nature. 1. Auflage. Springer Nature, Heidelberg 2022, ISBN 978-3-03114131-7 (springer.com [abgerufen am 19. August 2022]).
  2. SE Vision 2020. In: INCOSE. INCOSE – International Council on Systems Engineering, 23. Februar 2009, abgerufen am 4. Mai 2020 (englisch).
  3. Michael Jastram: Ganz schön getrieben. Der Unterschied zwischen MBSE und MDSE. In: Systems Engineering Trends. Formal Mind GmbH, 27. April 2017, abgerufen am 4. Mai 2020.
  4. Digital Engineering. Abgerufen am 20. Dezember 2022.
  5. SE Vision 2035. In: INCOSE. INCOSE – International Council on Systems Engineering, 31. Januar 2022, abgerufen am 13. März 2023 (englisch).
  6. Was ist Model-based Systems Engineering. Fraunhofer IPK, abgerufen am 12. März 2023.
  7. Studie Systems Engineering. Fraunhofer IEM, abgerufen am 12. März 2023.
  8. a b A. Madni et al.: Leveraging Digital Twin Technology in Model-Based Systems Engineering. MDPI Journals: Systems, 30. Januar 2019, abgerufen am 15. März 2023 (englisch).
  9. J. Ma et al.: Systematic Literature Review of MBSE Tool-Chains. MDPI Journals: Applied Sciences, 28. März 2022, abgerufen am 15. März 2023 (englisch).
  10. MBSE Reifegradmodell. Fraunhofer IPK, abgerufen am 12. März 2023.
  11. a b Richtlinie VDI/VDE 2206 „Entwicklung mechatronischer und cyber-physischer Systeme“. In: VDI. Abgerufen am 13. März 2023.
  12. SECollab – Plattform für Modellinteroperabilität. Sodius Willert GmbH, abgerufen am 13. März 2023.
  13. ShareAspace – STEP-Plattform für interoperablen Datenaustausch. Eurostep AB, abgerufen am 13. März 2023 (englisch).
  14. System-of-Systems (SoS). INCOSE - International Council on Systems Engineering, abgerufen am 15. März 2023 (englisch).
  15. IEEE International Conference on System of Systems Engineering (SoSE). IEEE - Institute of Electrical and Electronics Engineers, abgerufen am 15. März 2023 (englisch).
  16. System-of-Systems Complexity. INCOSE - International Council on Systems Engineering, abgerufen am 15. März 2023 (englisch).
  17. S. Okami et al.: Modeling and analysis of health-information system of systems for managing transitional complexity using engineering systems multiple-domain matrix. 2017 Annual IEEE International Systems Conference (SysCon), abgerufen am 15. März 2023 (englisch).
  18. Mission Engineering. INCOSE - International Council on Systems Engineering, abgerufen am 15. März 2023 (englisch).
  19. What is Mission Engineering? Siemens AG, abgerufen am 15. März 2023 (englisch).