Namao-Virus
Namao-Virus | ||||||||||||||||||||
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Taxonomische Merkmale | ||||||||||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||||||||||
Namao virus | ||||||||||||||||||||
Kurzbezeichnung | ||||||||||||||||||||
NV | ||||||||||||||||||||
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„Namao-Virus“ (englisch „Namao virus“, NV) ist eine vorgeschlagene Spezies (Art) von Riesenviren (NCLDVs) in der Familie Mimiviridae.[3] NV parasitiert Störe (englisch sturgeons), insbesondere den See-Stör (Acipenser fulvescens) in der kanadischen Provinz Manitoba.[4]
Beschreibung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Virionen (Virusteilchen) von „Namao-Virus“ sind groß (242 bis 262 nm oder mehr) und ikosaedrisch mit Kapsiden und einem kondensierten stabförmigen Kern.
Es wurden Virusfabriken (englisch virus factories, VFs) im Zytoplasma der Wirtszellen gefunden und das Virus wies einen Tropismus (Vorliebe für einen Infektionsstelle) für die Fischhaut (Integument) auf.[5]
Genom
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Genom dieses Virus besteht nach Claverie et al. (2018) möglicherweise aus zwei nicht überlappenden Contigs mit insgesamt 306.448 bp. Allerdings konnten die Autoren nicht mit Sicherheit klären, ob diese beiden Contigs zum selben Virus gehören. Es blieb noch eine – wenn auch unwahrscheinliche – Möglichkeit offen, dass diese Sequenzen früheren Virussequenzen entsprechen, wenn diese ins Fischgenom integriert wurden (wie die zuvor bei anderen Organismen beobachtet wurde).[6]
Systematik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Analysen zeigten, dass das „Namao-Virus“ zu einer Gruppe epitheliotroper (die Epidermis befallender) Riesenviren gehört, die Störe parasitiert; für diese Gruppe wurde die provisorische Bezeichnung „sNCLDV“ (englisch „sturgeon nucleocytoplasmic large DNA virus“, „Stör-NCLDVs“) vorgeschlagen.[7] Die Viren dieser Gruppe gehören zur Verwandtschaft der Familie Mimiviridae, die inzwischen vom International Committee on Taxonomy of Viruses (ICTV) als Ordnung Imitervirales eingeführt wurde – aber auch einige, die bisher aufgrund äußerer Ähnlichkeiten den Phycodnaviridae oder Iridoviridae im selben Phylum Nucleocytoviricota (Nucleocytoplasmic large DNA virus, NCLDV) zugerechnet wurden.[5][8][4]
Störe sind Wirte für eine Gruppe spezifischer NCLDV, die ursprünglich aufgrund der Morphologie der Virionen in die Familie der Iridoviridae eingeordnet wurden.[9] Kandidaten sind dies neben dem „Namao-Virus“ insbesondere:
- Spezies: „White sturgeon epivirus“ (veraltet: „White Sturgeon Iridovirus“, WSIV),
das erste identifizierte Virus dieser fraglichen Gruppe, die früher als Mitglieder der Familie Iridoviridae klassifiziert wurden. Das Virus wurde in einer nordamerikanischen Fischzuchtanlage für die Aufstockung von Stör-Wildbeständen vom Weißen Stör (A. transmontanus) isoliert.[9] Das Virus befällt neben dem Weißen Stör in Nordamerika auch den Russischen Stör (A. gueldenstaedtii).[10] Phylogenetische und serologische Erkenntnisse legen nahe, dass die ursprüngliche Zuordnung falsch war. Gegenwärtig (Stand 2018/2023) gibt es laut ICTV und NCBI noch keine neue Klassifizierung.[11][12][13][14][15][16] - Spezies: „Missouri River sturgeon iridovirus“ (MRSIV)[17]
Das Virus infiziert die Schaufelstöre Scaphirhynchus platorynchus und S. albus.[12] Diese Spezies ähnelt (englisch resembles) genauso wie „White sturgeon epivirus“ der Gattung Lymphocystivirus (LCDV, Iridoviridae),[12] aber das ist offenbar nur eine Analogie: - Spezies „Sturgeon iridovirus“ mit den Isolaten PL 1601, 1602, 1603,…, gefunden im Sibirischen Stör in Polen, laut NCBI der Gattung Iridovirus zugeordnet,[18] ist aber laut Magdalena Stachnik et al ein „Mimivirus“ (meint wohl im weiteren Sinn Mitglieder der Familie Mimiviridae, ggd. inkl. Verwandte).[19]
- Spezies „Sturgeon mimivirus YRud-2019“, 2017 von Laurent Bigarré sowie Y. Rud, Laurane Pallandre und L. Buchatsky im Russischen Stör (Acipenser gueldenstaedtii) in Frankreich gefunden.[20]
- Spezies „Acipenser iridovirus-European“ (AcIV-E)[9]
Der Weiße Schaufelstör (Scaphirhynchus albus) kann allerdings von Frog virus 3 (FV3, Gattung Ranavirus) befallen werden, einem tatsächlichen Mitglied der Iridoviridae.[9]
Phylogenie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Eine phylogenetische Analyse unter Verwendung des Hauptkapsidproteins (englisch major capsid protein, MCP) von Namao-Virus und von 27 anderen Riesenviren aus dem Phylum der NCLDV ergab 2013, dass „Namao-Virus“ und „White Sturgeon Iridovirus“ (WSIV) eine gemeinsame evolutionäre Vergangenheit haben und Mitglieder der Familie der Mimiviridae oder einer neuen, noch nicht erkannten Virusfamilie aus ihrer Verwandtschaft (d. h. der heutigen Ordnung Imitervirales) sein könnten.[5] Diese Ergebnisse konnten 2015 dahin gehend ausgedehnt werden, dass die „Stör-NCLDVs“ eine kohäsive taxonomische Gruppe bilden,[8] möglicherweise eine eigene Entwicklungslinie innerhalb der NCLDV.[8] Sowohl Claverie et al. (2018) als auch Clouthier et al. (2018) sehen im „Namao-Virus“ ein Schwestertaxon zum Cafeteria-roenbergensis-Virus (CroV, Rheavirus sinusmexicani) in der Mimiviridae-Unterfamilie Aliimimivirinae (früher Mimiviridae Gruppe II, Cafeteriaviren). Damit könnten die „sNCLDV“ entweder selbst zur Mimiviridae-Gruppe II (Aliimimivirinae) gehören,[4] oder neben dieser und der Mimiviridae-Gruppe I (Unterfamilie Megamimivirinae inklusive Gattung Mimivirus) einer weiteren Mimiviridae-Unterfamilie angehören.[6]
Die im April 2023 vom ICTV veröffentlichte Reorganisation der Imitervirales liegt der Vorschlag von Aylward et al. (2021) zugrunde, in dem auch eine phylogenetischer Baum der Ordnung angegeben ist. Dieser sieht vereinfacht wie folgt aus:[1][21]
Nucleocytoviricota: Megaviricetes |
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Anmerkungen:
- Die mit Nummern bezeichneten Kladen „n“ beinhalten derzeit (Stand Ende April 2023) noch keine vom ICTV bestätigten Mitglieder.
- In der obigen Darstellung bilden die Familien Allo-, Schizo- und Mesomimiviridae nun doch eine gemeinsame große Klade (entsprechend der früheren Bezeichnung „Mimiviridae Gruppe III“).
- Laut ICTV ist die Gattung Mimivirus keiner Unterfamilie zugeordnet.[1] Im phylogenetischen Baum vom Vorschlag Aylward et al. (2021) ist sie aber als Schwestergattung der Megamimivirinae-Gattung Cotonvirus dargestellt und andere Gattungen wie Tupanvirus stehen in der Unterfamilie basaler.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b c ICTV: Master Species Lists § ICTV Master Species List 2022 MSL38 v1 (xlsx), 8. April 2023.
- ↑ a b c d e ICTV Master Species List 2019.v1. ICTV, New MSL including all taxa updates since the 2018b release, March 2020 (MSL #35).
- ↑ NCBI Taxonomy Browser: Namao Virus (species).
- ↑ a b c Sharon C. Clouthier, Eric D. Anderson, Gael Kurath, Rachel B. Breyta: Molecular systematics of sturgeon nucleocytoplasmic large DNA viruses. In: Molecular Phylogenetics and Evolution, Band 128, Juli 2018; doi:10.1016/j.ympev.2018.07.019, X-MOL, ResearchGate, Researcher.
- ↑ a b c Sharon C. Clouthier, Elissa VanWalleghem, Shelagh Copeland, Cheryl Klassen, Gary Hobbs, Ole Nielsen, Eric D. Anderson: A new species of nucleo-cytoplasmic large DNA virus (NCLDV) associated with mortalities in Manitoba lake sturgeon Acipenser fulvescens. In: Diseases of Aquatic Organisms, Band 102, Nr. 3, 28. Februar 2013, S. 195–209; doi:10.3354/dao02548, PMID 23446969.
- ↑ a b Jean-Michel Claverie, Chantal Abergel: Mimiviridae: An Expanding Family of Highly Diverse Large dsDNA Viruses Infecting a Wide Phylogenetic Range of Aquatic Eukaryotes. In: Viruses, Band 10, Nr. 9, 18. September 2018, S. 506; doi:10.3390/v10090506, PMC 6163669 (freier Volltext), PMID 30231528.
- ↑ Roxane-Marie Barthélémy, Eric Faure, Taichiro Goto: Serendipitous Discovery in a Marine Invertebrate (Phylum Chaetognatha) of the Longest Giant Viruses Reported till Date. In: Virology Current Research, Band 3, Nr. 1, 8. Januar 2019, S. 1–13; ResearchGate, PDF (1,3 MB), Abstract.
- ↑ a b c Sharon C. Clouthier, Elissa VanWalleghem, Eric D. Anderson: Sturgeon nucleo-cytoplasmic large DNA virus phylogeny and PCR tests. In: Diseases of Aquatic Organisms, Band 117, Nr. 2, 9. Dezember 2015, S. 93–106; doi:10.3354/dao02937, PMID 26648102.
- ↑ a b c d
Laurane Pallandre, Mélanie Lesne, Claire de Boisséson, François-Xavier Briand, Amélie Charrier, Thomas Waltzek, Patrick Daniel, Arthur Tragnan, Bastien Debeuf, Valérie Chesneau, Laurent Bigarré: Acipenser iridovirus-European encodes a replication factor C (RFC) sub-unit. In: Archives of Virology, Band 163, S. 2985–2995, 27. Juli 2018; doi:10.1007/s00705-018-3963-y.
Anm.: Der Weiße Schaufelstör (Scaphirhynchus albus) ist als Scaphirynchus albus verschrieben. - ↑ Disease data – White Sturgeon Iridoviral Disease. Centre for Environment Fisheries and Aquaculture Science (Cefas); abgerufen am 22. August 2019. Der wissenschaftliche Name des Russischen Störs ist nicht ganz richtig als A. guldenstadi angegeben.
- ↑ NCBI Taxonomy Browser: White sturgeon epivirus syn. White sturgeon iridovirus (species).
- ↑ a b c Paul M. Hick, Joy A. Becker, Richard J. Whittington: Iridoviruses of Fish. In: Frederick S. B. Kibenge, Marcos G. Godoy (Hrsg.): Aquaculture Virology. Elsevier 2016, ISBN 978-0-12-801573-5, S. 127–152 von 568 Seiten, Kapitel 8.3.7; doi:10.1016/C2014-0-00125-6.
- ↑ L. R. Watson, Joseph M. Groff, Ronald Paul Hedrick: Replication and pathogenesis of white sturgeon iridovirus (WSIV) in experimentally infected white sturgeon Acipenser transmontanus juveniles and sturgeon cell lines. In: Diseases of Aquatic Organisms, Band 32, Nr. 3, 3. April 1998, S. 173–184; doi:10.3354/dao032173, PMID 9676244.
- ↑ John D. Drennan, Scott E. LaPatra, Jack T. Siple, Sue Ireland, Kenneth D. Cain: Transmission of white sturgeon iridovirus in Kootenai River white sturgeon Acipenser transmontanus. In: Diseases of Aquatic Organisms, Band 70, Nr. 1–2, 12. Januar 2006, S. 37–45; doi:10.3354/dao070037, PMID 16875389
- ↑ White Sturgeon Iridoviral Disease - Fact Sheet. Canadian Food Inspection Agency (CFIA), 20. November 2013
- ↑ Ronald Paul Hedrick, Joseph M. Groff, Terry S. Mcdowell, W. H Wingfield: An iridovirus infection of the integument of the white sturgeon Acipenser transmontanus. In: Diseases of Aquatic Organisms, Band 8, Nr. 1, 6. März 1990, S. 39–44; doi:10.3354/dao008039, ResearchGate.
- ↑ NCBI Taxonomy Browser: Missouri River sturgeon iridovirus (species).
- ↑
NCBI Taxonomy Browser: Sturgeon iridovirus (species), dazu:
- Nucleotide: Sturgeon iridovirus isolate PL1601 …
- Nucleotide: Sturgeon iridovirus isolate 1602 …
- Nucleotide: Sturgeon iridovirus isolate 1603 …
- ↑ Magdalena Stachnik, Marek Matras, Ewa Borzym, Joanna Maj-Paluch, Michał Reichert: Emerging Viral Pathogens in Sturgeon Aquaculture in Poland: Focus on Herpesviruses and Mimivirus Detection. In: MDPI: Viruses, Band 13, Nr. 8, Special Issue Emerging Viruses in Aquaculture, 29. Juli 2021; doi:10.3390/v13081496.
- ↑ NCBI Taxonomy Browser: Sturgeon mimivirus YRud-2019 (species), Nucleotide: Sturgeon mimivirus YRud-2019 …
- ↑
Frank O. Aylward, Jônatas S. Abrahão, Corina P. D. Brussaard C, Matthias G. Fischer, Mohammad Moniruzzaman, Hiroyuki Ogata, Curtis A. Suttle: Create 3 new families, 3 subfamilies, 13 genera, and 20 new species within the order Imitervirales (phylum Nucleocytoviricota) and rename two existing species (zip:docx). Vorschlag 2022.004F an das ICTV vom Oktober 2021.
Anm.: Entgegen Vorschlag (Tbl. 1) wurde die Gattung Mimivirus nicht in die Unterfamilie Megamimivirinae aufgenommen. Phylogenetische Analysen zeigten zu deren Mitgliedern einen größeren Abstand als diese untereinander. - ↑ Frederik Schulz, Lauren Alteio, Danielle Goudeau, Elizabeth M. Ryan, Feiqiao B. Yu, Rex R. Malmstrom, Jeffrey Blanchard, Tanja Woyke: Hidden diversity of soil giant viruses. In: Nature Communications, Band 9, Nr. 4881, 19. November 2018, doi:10.1038/s41467-018-07335-2, PMID 30451857, PMC 6243002 (freier Volltext).
- ↑ NCBI: Faunusvirus sp. (species).