Neues deutsches Design

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Das Neues deutsche Design ist eine als Gegenströmung zum retromodernen Post-Funktionalismus in den 1980er-Jahren in Deutschland entstandene pluralistische Kunst- und Designbewegung.[1]

Als Folge der kritischen Auseinandersetzung mit dem in Deutschland vorherrschenden Diktum der „Guten Form“, durch mangelnde Bereitschaft vieler Hersteller, einer neuen Generation von Designern Aufträge zu erteilen und dem Bewusstsein, eigene Konzepte und Entwürfe am besten selbst umsetzen zu können, kehrten sich Anfang der 1980er-Jahre diverse Künstler und Designer von den damals vorherrschenden Regeln des Industriedesign ab. Der Begriff wurde von der Künstler-/Designergruppe Kunstflug und dem Autor, Designkritiker und -theoretiker Christian Borngräber († 1992) geprägt.[2][3]

Die unter dem Begriff des neuen deutschen Designs zusammengefassten Strömungen stellten nicht nur ein konstruktiv kritisches Weiterdenken des von Joe Colombo in den späten 1960er Jahren in Italien geprägten und in den späten 1970er Jahren durch Ettore Sottsass wieder aufgegriffenen Anti-Design-Begriffs, sowie des ebenfalls in Italien bereits in den 1950er Jahren durch die Brüder Pier Giacomo und Achille Castiglioni im Möbeldesign salonfähig gemachte Ready-made-Designs dar. Neu hinzu kamen in Deutschland gegen- und subkulturelle Einflüsse aus Philosophie und Architektur (Dekonstruktion und Dekonstruktivismus, Bricolage[4][5]), Musik (Punk, Neue Deutsche Welle), Medien- und Konzeptkunst (Geniale Dilletanten[1], Neoisten[6]), Gesellschaftskritik, sowie aus alternativer Produktpolitik und Wohnkultur (Do it yourself, Konsumkritik, Hausbesetzerszene).[7][8][9]

Es entstanden Künstler-, Kunsthandwerker- und Designergruppen wie Bellefast, Berlinetta, Cocktail, Ginbande, Gruppe Kunstflug, Möbel Perdu oder Pentagon, die durch Experimente und Kombinationen ungewöhnlicher Materialien (rohes Eisen, blanker Stahl, Stein, Beton, Gummi, Plüsch oder Glas) und Formen auffielen. Die oft als Unikate, Multiples oder Kleinserien geschaffenen Entwürfe hatten zum größten Teil kommerziell nur bedingt Erfolg[10]; die Ästhetik dieser Objekte war eine „Ästhetik der Collage und Brüche“. Das Spektrum der Arbeiten reichte dabei von Verwirrung stiftenden Readymade-Objekten (Ein-Mann-Künstler„gruppe“ Stiletto Studio,s), ironischem Prunk, Neobarock und Kitsch (Claudia Schneider-Esleben) bis hin zu kunsthandwerklichen Arbeiten (Cocktail).

Zu den symbolhaft-plakativen Anti-Ikonen unter den im bewussten Gegensatz zu ihrer bewussten materiellen Brutalität schwungvoll bis elegant ausgeführten Gegenentwürfen zu den „Ikonen“ des italienischen Anti-Designs werden im neuen deutschen Design der Beton- und Armierungsstahl-Freischwinger „Solid“ von Heinz Landes, das „verspannte Regal“ von Wolfgang Laubersheimer (Gruppe Pentagon), der Spitzhacken-Tisch „Kumpel II“ von Axel Stumpf (†), sowie die aus einem verirrten Einkaufswagen hergestellte Freischwinger- bzw. Wire Chair-Designpersiflage Consumer’s RestLounge Chair (1983) von Stiletto gezählt. Höhepunkt und zugleich Wendepunkt des neuen deutschen Designs war 1986 die Düsseldorfer Ausstellung „Gefühlscollagen – Wohnen von Sinnen“[11]. 250 Objekte von 120 etablierten Künstlern, Architekten, Kunsthandwerkern und Designern wie auch interdisziplinären Quereinsteigern, Musikern, praktizierenden Theoretikern und Newcomern bildeten ein Panoptikum der neu entstandenen Bewegung in Deutschland wie auch auf internationaler Ebene (Studio Alchimia, Memphis Group, Gruppe BRAND).

Ende der 80er-Jahre hatte das neue deutsche Design an Wildheit, Experimentierfreudigkeit und Provokation eingebüßt. Auch wenn sie Grundideen und Konzepten des neuen deutschen Designs nicht mehr folgt, prägt diese Generation die deutsche Designentwicklung bis heute. Viele Protagonisten des neuen deutschen Designs wurden im Zuge des Generationswechsels und der Neugründung von Designstudiengängen in den Neuen Bundesländern zu Professoren an Kunsthochschulen, darunter Heiko Bartels († 2014), Hardy Fischer und Harald Hullmann (Kunstflug), Andreas Brandolini (Bellefast), Uwe Fischer und Achim Heine (Ginbande), Wolfgang Laubersheimer und Ralph Sommer (Pentagon), Inge Sommer (Berlinetta), Axel Kufus, Hermann Waldenburg und Volker Albus.

Ausstellungen (Auswahl)

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Medienpräsenz (Auswahl)

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  • Aufbruch zum Durchbruch – Eine Schau zum Neuen Deutschen Design, 70 Min., Produktion: WDR, Köln, 1985, Regie: Bob Rooyens, Konzept und Moderation: Christian Borngräber; ausgestrahlt am 4. Februar 1986, 23:00 Uhr, im Ersten Programm der ARD[13][14][15]

Literatur (Auswahl)

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  • Christian Borngräber (Hrsg.): Kunstforum International, Kunstperiodikum, Bd. 82, 1986: Das deutsche Avantgarde-Design – Möbel, Mode, Kunst und Kunstgewerbe und Bd. 99, 1989: Design III: Deutsche Möbel
  • Volker Albus und Christian Borngräber: Design Bilanz – Neues deutsches Design der 80er Jahre in Objekten, Bildern, Daten und Texten. DuMont Verlag, Köln 1992, ISBN 3-7701-2567-3
  • Thomas Hauffe: Fantasie und Härte. Das „Neue deutsche Design“ der achtziger Jahre. Werkbund-Archiv Band 25, Anabas Verlag, Giessen, 1994, ISBN 978-3-87038-253-7
  • Petra Eisele: BRDesign. Deutsches Design als Experiment seit den 1960er Jahren. Böhlau Verlag, Köln / Weimar, 2005, ISBN 978-3-412-16504-8

Einzelnachweise

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  1. a b Kunstforum International, Kunstperiodikum, Bd. 82, 1986: Das deutsche Avantgarde-Design - Möbel, Mode, Kunst und Kunstgewerbe und Bd. 99, 1989: Design III: Deutsche Möbel, beide: Hrsg.: Christian Borngräber
  2. Harald Hullmann über die Gruppe Kunstflug und das Neue Deutsche Design Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 4. Januar 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/kultur-in-krefeld.de
  3. Siegfried Gronert über Harald Hullmann und die Gruppe Kunstflug online
  4. Petra Eisele: Klassiker des Produktdesign, Reclams Universal-Bibliothek Bd. 19170, Reclam-Verlag, Stuttgart, 2014, ISBN 978-3-15-019170-5
  5. Eisele: BRDesign (Literaturliste)
  6. Stewart Home über Stilettos Lectureperformanceworkshop Klauen und Kopieren als die höchste Form der Kreativität im Kampf gegen Design zum Festival of Plagiarism an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig vom 8. bis 10. Juni 1988
  7. Wolfgang Müller: Subkultur Westberlin 1979 – 1989. Freizeit, insbesondere Kapitel „Berliner Design-Handbuch“ (S. 485ff – 486ff), Philo Fine Arts Verlag, Hamburg, 2013, ISBN 978-3-86572-671-1
  8. Birgit Richard: Subkultureller Stil contra „Lifestyle“ im Design. Zu den komplexen Verflechtungen von Jugendästhetik und Design, S. 74ff – 84ff [hier insbesondere Erläuterungen und Abbildungen zu: DIY-Perkussionsinstrumenten der Einstürzenden Neubauten, Stuhlskulpturen von S.M. Syniuga (Strafe für Rebellion) und „Neue Deutsche Gemütlichkeit“ von Stiletto] in Stefan Lengyel und Hermann Sturm: Design Schnittpunkt Essen / Design Lines Meet in Essen, (Text: de/en), Verlag Ernst & Sohn, Berlin, 1990, ISBN 3-433-02539-8 (Textdokument online)
  9. Christian Borngräber: Berliner Design-Handbuch, Merve Verlag, Berlin, 1987, ISBN 3-88396-055-1
  10. "Design - Neue Prächtigkeit - Form-Fetischisten, Spinner oder verkannte Avantgarde? Junge deutsche Designer starten zum Angriff auf den Allerweltsgeschmack", DER SPIEGEL 2/1985, 7. Januar 1985, als pdf auf Spiegel Online Archiv
  11. Volker Albus, Michel Feith, Rouli Lecatsa, Wolfgang Schepers, Claudia Schneider-Esleben [Hrsg.]: Gefühlscollagen - Wohnen von Sinnen, Ausstellungskatalogbuch, DuMont Verlag, Köln, 1986, ISBN 3-7701-1928-2
  12. Dokumentation der Ausstellung Les avant-gardes du mobilier: Berlin mit Plakatabbildung (Motiv Consumer´s Rest) auf der Internetseite des Centre Georges Pompidou, abgerufen am 18. April 2018
  13. Fernsehempfehlung in Der Spiegel 6/1986 online
  14. Videoclips aus „Aufbruch zum Durchbruch – Eine Schau zum Neuen Deutschen Design“ auf der Internetseite des Regisseurs Bob Rooyens online
  15. Tobias Hoffmann über „Aufbruch zum Durchbruch – Eine Schau zum Neuen Deutschen Design“ als titelprägendes Dokument zur Ausstellung Schrill Bizarr Brachial. Das Neue Deutsche Design der 80er Jahre, Bröhan-Museum, Berlin, 2014, Katalog S. 72–74ff u. 162–167, Wienand Verlag, Köln 2014, ISBN 978-3-86832-244-6.