Oka Masao

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Oka Masao (japanisch 岡 正雄; * 1898 in Matsumoto, Präfektur Nagano; † 1982) war ein japanischer Ethnologe und begründete die Japanologie an der Universität Wien[1].

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Oka Masao studierte von 1920 bis 1924 an der Universität Tokyo Soziologie. Von 1925 bis 1926 betrieb er Forschungen zur Minzokugaku (Volkskunde) zusammen mit Yanagita Kunio. Oka entdeckte in einer Schweizer Buchhandlung das Buch Völker und Kulturen von Pater Wilhelm Schmidt, (SVD). Er war davon begeistert und zeigte es Yanagita, der ihn bei sich als Schüler aufnahm. Gleichzeitig fand sich Oka mit Gleichaltrigen zusammen in einer AG, die sie APE-Kai nannten (Archeology, Prehistory, Ethnology)[2].

Yanagita hatte, nachdem er aus Genf zurückgekommen war, den sogenannten Donnerstagssalon (Mokuyōkai) gegründet. Dort trafen sich Forscher und konnten sich über die neuesten Forschungsergebnisse austauschen, es gab Vorträge. Origuchi Shinobu, ein Religionswissenschaftler, hielt dort einen Vortrag über das Phänomen der Marebito (稀人, Besuchergottheiten)[3]. Zu diesem Zeitpunkt war Oka gerade Praktikant (Shosei) bei Yanagita und wohnte bei seinem Meister im Haus. Er betreute in dieser Zeit die Zeitschrift Minzoku (民族). Oka war beeindruckt von Origuchis Vortrag und verfasste selbst einen Artikel: Ijin to sono ta (異人とその他, Fremde und anderes, 1928). Er brachte in diese Überlegungen die Wirtschaftsgeschichte und auch das Besucherbrauchtum Melanesiens mit hinein und beschränkte sich damit nicht nur auf Japan. Zu diesem Zeitpunkt, da Oka seinen Artikel publizierte, hatte Origuchi seine Arbeit noch nicht publiziert. Oka hatte deswegen Gewissensbisse und hat dann mit Shibusawas Hilfe auch Origuchis Arbeit rausgebracht – gegen Yanagitas Willen. Dieser schmiss daraufhin beide aus der Gruppe, die sich anschließend auflöste.

1929 studierte er Völkerkunde in Wien. Seine Reise wurde von Shibusawa Keizō finanziert, dem Mäzen der Volkskunde. In Wien hatte sich gerade der Lehrstuhl für Völkerkunde von dem der physischen Anthropologie getrennt. Chef des Instituts war Pater Wilhelm Koppers, (SVD). In Wien lernte Oka historische Methoden und eignete sich deren Vorgehensweise an. Er lernte dort auch Alexander Slawik kennen. Slawik hatte nach dem Studium der Ostasienwissenschaften bereits seine Dissertation eingereicht, durfte aber nicht promovieren, denn die Fächer Sinologie und Japanologie gab es damals noch nicht. Schließlich traf er Oka, der ihn von der Ethnologie überzeugte. Slawik sagte über Oka: Er „verführte mich zur Völkerkunde; ein Glücksfall“[4]. In den späten 1930er Jahren initiierte Oka Masao, späterer Begründer der japanischen Kulturanthropologie, die Errichtung eines Lehrstuhls für Japankunde an der Universität in Wien. Seine Idee wurde von Wiener Völkerkundeprofessoren gefördert und mit der finanziellen Unterstützung durch Baron Mitsui Takaharu (三井高陽) 1938 ermöglicht. Als Gastprofessor übernahm Oka die Leitung des Instituts, das offiziell am 1. April 1939 seinen Lehrbetrieb aufnahm. Der Einfluss Okas auf Slawiks Japanstudien ist unübersehbar, aber umgekehrt hat sich auch Slawiks Interesse an der japanischen Frühgeschichte auf Okas Theorienbildung ausgewirkt. Slawik übersetzte immer etwas für Oka.

1941 kehrte Oka zurück nach Japan und richtete dort die Minzoku Kenkyūsho (民族研究所, etwa Seminar für Volkskunde) ein und begründete 1943 das Institut für Völkerkunde. Dieses wurde nach dem Krieg zur Bunkashinrigaku (Kulturpsychologie bzw. Sozialanthropologie). Dort arbeiteten später auch Ishida Eiichirō und Umesao Tadao, ein Ökologe, der Rinderherden in der Mongolei untersuchte. Ishida hat sich später der Andenforschung zugewandt. 1945 wurde der Lehrstuhl für Japanforschung in Wien aufgelöst, weil die Gelder dafür fehlten. Er wurde wieder der Völkerkunde angeschlossen. Die Forscher kamen aus dem Exil zurück. Erst ab 1964 gab es wieder einen eigenen Lehrstuhl für Japanwissenschaften.

1953 machte Oka Expeditionen in das Dorf Ihama an der Südspitze der Izu-Halbinsel (organisiert von der Hauptstadt-Universität). Dort entdeckte er eine Dorforganisation nach Altersklassensystem. Über die Meiji-Universität beteiligte er sich 1960 auch an Eskimostudien. Bei einem dreitägigen Symposium der APE-kai 1958, an dem neben Oka auch der Volkskundler Ishida Eiichirō, der Archäologe Egami Namio und der Prähistoriker Yahata Ichirō (1902–1987) beteiligt waren, entwickelten sie entgegengesetzt zu Yanagitas Theorie der Verbreitung in Kreisen eine Theorie der Verbreitung von Kultur in Schichten bzw. Komplexen. Sie unterteilten die Herkunft der Japaner und die Besiedelung Japans in 5 Schichten. Das war revolutionär und schockte einige Forscher, darunter auch Yanagita, nach der Veröffentlichung sehr. 1964 gründete er schließlich sein eigenes Institut an der Universität Tokio.

Nach seiner Pensionierung als Professor an der Universität Tokio zog Oka sich nach Genf zurück und schrieb dort ein Buch (Der Winter in Genf ist einsam). Das Buch handelt von Okinawa. Er schreibt, dass in der Nähe ein großer alter Mann wohnt, den er nicht besucht hat. Er meinte Yanagita. Yanagita war gefürchtet und hochverehrt, ein Pate der Ethnologie.

Zu den Feierlichkeiten der Abteilung Japanologie des Instituts für Ostasienwissenschaften der Universität Wien im WS 2007/2008 wurde Oka Masao in einer Ringvorlesung "160 Jahre Japanforschung in Österreich", noch einmal besondere Aufmerksamkeit zuteil.

Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 1933 Kulturschichten in Alt-Japan. 3 Bände. Dissertation, Universität Wien (Text in Deutsch).[5] Neuauflage, hrsg. von Josef Kreiner: 2 Bände. Bier’sche Verlagsanstalt, Bonn 2012, ISBN 978-3-936366-40-2, ISBN 978-3-936366-41-9.
  • 1958 Nihon minzoku no kigen (日本民族の起源, dt. etwa: Ursprung des japanischen Volkes), Gespräche mit Ishida Eiichirō, Egami Namio, Yawata Ichirō
  • 1979 Ijin sono ta – nihon minzoku = bunka no genryū to nihon kokka no keissei (異人その他 日本民族 = 文化の源流と日本国家の形成, dt. etwa: Fremde und anderes – japanisches Volk = Ursprung der Kultur und Bildung des japanischen Staates)

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Simone Kremsberger: Wiener Japanologie feiert 40-Jahr-Jubiläum mit Vortragsreihe. 2005, abgerufen am 13. Mai 2011.
  2. Alfonso Falero: Umesao Tadao's Civilization-Theory viewed in the Historical Context of Japanese Anthropological Science. (PDF; 6,6 MB) Ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 13. Mai 2011.@1@2Vorlage:Toter Link/ir.minpaku.ac.jp (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis., S. 274: “Literally rare person. A term found in ancient Japanese literary records for a spirit or god that may visit a village during a festival, the building of a house, or other special occasions.”
  3. Josef Kreiner: Origuchi Shinobu’s Marebitoron in Global Perspective. 2004, abgerufen am 13. Mai 2011., Bulletin of Nation Museum of Ethnology, 29(1), S. 6
  4. Gesellschaft für Japanforschung: JAPANFORSCHUNG. Mitteilungen der Gesellschaft für Japanforschung e. V. (PDF; 712 kB) 1997, abgerufen am 13. Mai 2011.
  5. Japan and Korea: an annotated bibliography of doctoral dissertations. Abgerufen am 13. Mai 2011.