Preußische P 8

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Preußische P 8
DR-Baureihe 38.10–40
PKP Ok 1
CFR 230
Preußische P 8 in Länderbahnfarbgebung
Preußische P 8 in Länderbahnfarbgebung
Preußische P 8 in Länderbahnfarbgebung
Anzahl: 3948
Baujahr(e): 1906–1923
Ausmusterung: 1974
Bauart: 2'C h2
Gattung: P 35.17
Spurweite: 1435 mm (Normalspur)
Länge über Puffer: 18.585 mm
Höhe: 4.550 mm
Radstand mit Tender: 15.565 mm
Leermasse: 70,7 t
Dienstmasse: 76,69 t
Reibungsmasse: 50,60 t
Radsatzfahrmasse: 17,36 t
Höchstgeschwindigkeit: 100 km/h (vorwärts)
50 km/h (rückwärts)
85 km/h (rückwärts mit Wannentender)
Indizierte Leistung: 868 kW / 1180 PSi
Treibraddurchmesser: 1.750 mm
Laufraddurchmesser vorn: 1.000 mm
Steuerungsart: Heusinger
Zylinderdurchmesser: 575 mm
Kolbenhub: 630 mm
Kesselüberdruck: 12 bar
Anzahl der Heizrohre: 119
Anzahl der Rauchrohre: 26
Heizrohrlänge: 4.700 mm
Rostfläche: 2,58 m²
Strahlungsheizfläche: 14,58 m²
Rohrheizfläche: 129,32 m³
Überhitzerfläche: 58,90 m²
Verdampfungsheizfläche: 143,28 m²
Bremse: selbsttätige Einkammerdruckluftbremse Bauart Knorr doppelseitig auf die Kuppelräder wirkend, ab Baujahr 1913 auch Drehgestellräder abgebremst
Zugheizung: Dampf

Die Personenzug-Dampflokomotive der Gattung P 8 der Preußischen Staatseisenbahnen (Baureihe 38.10–40 der Deutschen Reichsbahn) wurde 1906 von der Berliner Maschinenbau AG (vormals Louis Schwartzkopff) nach Vorgaben des preußischen Lokomotiv-Dezernenten Robert Garbe konstruiert. Sie war als Nachfolgetyp der P 6 vorgesehen.

Konstruktion

Führerstand der P8

Da Garbe ein Verfechter möglichst einfacher Konstruktion war, wurde bei der P 8 ein einfaches Heißdampf-Zwillingstriebwerk vorgesehen. Besonders zugute kam der P 8 die gerade von Wilhelm Schmidt entwickelte Heißdampftechnik, die zu einer für die damalige Zeit herausragenden Leistungsfähigkeit führte. Die P 8 war eine sehr sparsame Lokomotive, die keine großen Ansprüche an das Können der Lokführer stellte. Anfangs plante Garbe die P 8 sogar als Schnellzuglok, mit der Erwartung, eine Höchstgeschwindigkeit von 110 km/h zu erreichen. Dafür wurden die ersten Exemplare mit windschnittig zugespitzten Führerhäusern ausgerüstet. Die Begeisterung des Personals über die neue Lokomotive hielt sich zunächst in Grenzen: Dem sehr verdampfungsfreudigen Kessel (dieser besaß bereits eine angedeutete Verbrennungskammer am vorderen Ende der Feuerbüchse) standen zahlreiche Kinderkrankheiten gegenüber, z. B. die viel zu schwach dimensionierten Treibstangenlager, welche ständig zu Heißläufern neigten oder der zu locker gekuppelte preußische Kastentender, welcher bei Rückwärtsfahrt zu beängstigenden Laufeigenschaften führte. Speziell die Laufeigenschaften konnten jedoch nie ganz befriedigen. Durch den schlechten Masseausgleich konnte die von Robert Garbe veranschlagte Höchstgeschwindigkeit nie erreicht werden. Diese wurde letztendlich auf 100 km/h festgesetzt.

Charakteristisch für die P 8 ist der größere Abstand zwischen der mittleren und der hinteren Kuppelachse. Zu Anfang hatte die P 8 nur einen Dampfdom hinter dem Sandkasten, später kam ein vorderer Speisedom hinzu. Weitere bauliche Veränderungen betrafen u. a. die Führerhausdächer, die Windleitbleche, die Aufbauten.

Um die Lokomotive auch auf kleinen Drehscheiben drehen zu können, stattete die Preußische Staatseisenbahn die P 8 mit Tendern aus, die ursprünglich 21,5 Kubikmeter Wasser und 7 t Kohle fassten. Später kuppelte die Deutsche Bundesbahn die Baureihe 38 mit Tendern ausgemusterter Kriegslokomotiven, vor allem mit Wannentendern, welche mehr Betriebsstoffe fassen konnten. Außerdem konnte die Rückwärtshöchstgeschwindigkeit von 50 km/h auf 85 km/h erhöht werden.

Die Deutsche Reichsbahn hingegen verwendete zum Teil Schlepptender ausgemusterter Dampflokomotiven der Baureihe 17, sogenannte Langstreckentender.

Einsatz

P8 im Einsatz auf der Gäubahn Eutingen–Freudenstadt

Die P 8 konnte in der Ebene 300 t mit 100 km/h und 400 t mit 90 km/h befördern und war nach den Weltkriegen in fast ganz Europa zu finden. Der Auftrag zum Bau der ersten zehn Maschinen wurde der Berliner Maschinenbau AG vormals L. Schwartzkopff im Januar 1906 erteilt. Mit bis zu 14 D-Zugwagen am Haken verliefen die Probefahrten glänzend. Die erste Maschine dieser bald international berühmten Gattung wurde unter der Bezeichnung „Coeln 2401" am Niederrhein in Dienst gestellt.

Die P 8 war sehr vielseitig verwendbar, und man fand sie bis auf den schweren Schnellzug- und Güterzugdienst vor fast jedem Zug. Auch die Bahnverwaltungen waren mit diesen Maschinen sehr zufrieden, denn die letzten P 8 wurden bei der Deutschen Reichsbahn 1972, bei der Deutschen Bundesbahn erst 1974 ausgemustert. Mehr als 500 P 8 erreichten ein Dienstalter von über 50 Jahren.

Die meisten P 8 baute die Berliner Maschinenbau AG mit 1027 Stück, gefolgt von Henschel & Sohn in Cassel mit 740 Stück. Neben der Preußischen Staatsbahn kauften auch die Großherzoglich Oldenburgischen Staatseisenbahnen fünf Maschinen. Bis auf die Lokomotivbauer Hartmann und Esslingen lieferten später alle deutschen Lokomotivfabriken Loks vom Typ P 8.

P 8 bei der Badischen Staatsbahn

Um den nach dem Ersten Weltkrieg aufgrund von Waffenstillstandsabgaben und einem hohen Schadlokbestand entstandenen Lokmangel auszugleichen, ließ die Direktion Karlsruhe bei der Maschinenbau-Gesellschaft Karlsruhe 40 Maschinen P 8 nachbauen. Stationiert wurden sie in Villingen, Mannheim und Karlsruhe. Sie erhielten die Bahnnummern 1153 bis 1192. Bei der Deutschen Reichsbahn wurden sie 1925 als 38 3793 bis 38 3832 eingeordnet.

P 8 bei der Mecklenburgischen Friedrich-Franz-Eisenbahn

Die für den Betrieb auf der Relation nach Warnemünde beschafften P 4.2 waren schon bald den steigenden Anforderungen nicht mehr gewachsen. So beschaffte die Friedrich-Franz-Eisenbahn ab 1914 bis 1916 10 Lokomotiven von Humboldt. 1917 übernahm man drei fabrikneue Lokomotiven von der Preußischen Staatsbahn. Die Maschinen erhielten die Bahnnummern 251 bis 263. Nachdem 1920 die Lokomotiven mit den Nummern 258 bis 260 als Reparation an Belgien abgegeben werden mussten (B 6400, B 6401, B 6431) erhielt die Staatsbahn 1922 drei von Henschel gefertigte Maschinen als Ersatz. An diese wurden die Bahnnummern 264 bis 266 vergeben. Die Deutsche Reichsbahn zeichnete 1925 alle Lokomotiven um. Die Maschinen erhielten die Nummern 38 1573-1575, 1750, 1751, 1791, 1792, 2023, 2026, 2119, 3674 bis 3676.

P 8 in anderen Ländern

Ok 1 der PKP, Polen, 1976
230 095 der CFR, Rumanien, Sălişte bei Sibiu, 1972

Vor und während des Ersten Weltkriegs wurden etwa 2350 P8 hergestellt. Im Zuge der Waffenstillstandsabgaben und Gebietsabtretungen mussten nach dem Ende des Ersten Weltkrieges 627 Exemplare an die Siegermächte abgegeben werden. Polen erhielt 192 (als Ok 1), Belgien 168 und Frankreich 162 Lokomotiven. Litauen erhielt 11 Stück (als K8 bezeichnet), weitere geringe Stückzahlen gingen an die Saarbahnen, Italien, Rumänien und Griechenland. Bis 1923 füllte die neugegründete DR den Bestand an P 8 durch Neubauten wieder auf, auch beschafften die Staatsbahnen von Polen, Litauen und Rumänien die P 8 nach. Litauen beispielsweise erhielt insgesamt fünf K8, die 1925 von Schwartkopff geliefert wurden.[1] Die P 8 wurde so in insgesamt 3948 Exemplaren (einschließlich der Nachbauten in Rumänien) gebaut und ist damit die weltweit meistgebaute Personenzuglokomotive.

In Österreich verblieben nach dem Zweiten Weltkrieg die 38 1069, 1391, 1434, 1677, 1809, 1818, 2052, 2692, 3264, 3495 und 3525. Die 38 2052 wurde 1952 an die Deutsche Bundesbahn zurückgegeben. Die 38 1391, 1434, 1818, 3495 und 3525 gingen an die Sowjetunion. Die restlichen fünf Maschinen bildeten die ÖBB Reihe 638. Im Jahr 2004 erwarb die ÖGEG zwei Maschinen dieser Bauart aus Rumänien (Nachbau), wobei eine mit der fiktiven Nummer ÖBB 638.1301 Sonderfahrten durchführt.

Zwischen 1923 und 1928 wurden von Hanomag 190 Maschinen der PKP-Baureihe Ok22 nach Polen geliefert. Diese Baureihe basierte mit geringfügigen Abweichungen auf der Konstruktion der deutschen P8.

Erhaltene Lokomotiven

38 2267, Baujahr 1918, in Bochum-Dahlhausen
P8 2455 Posen mit dem Zug der Erinnerung in Gießen
Ok 1-322 der PKP in Wolsztyn
  • Eine der erhalten gebliebenen P8 ist die 38 1182, die dem DB Museum Nürnberg gehört. Sie wurde 1910 von Schwartzkopff in Berlin gebaut und stand 61 Jahre lang in Betrieb. Sie steht nach einem Ausflug nach Gera wieder im Bahnbetriebswerk Arnstadt.
  • Im Lokschuppen des Bw Siegen steht die letzte P8 der Deutschen Bundesbahn. Offiziell am 5. Dezember 1974 abgestellt, war 38 1772[2] (seit 1968 mit der Computernummer 038 772-0 versehen) noch bis zum 13. Februar 1975 für Abschiedsfahrten im Einsatz. Sie war zuletzt beim BW Rottweil im Einsatz, wo auch die letzte 78er im Planbetrieb eingesetzt war. 1915 bei F. Schichau in Elbing gebaut, legte sie bis zu ihrer Ausmusterung 3.719.271 Kilometer zurück. In den 1980-Jahren wurde sie für Sonderfahrten durch Eisenbahnfreunde reaktiviert, und verunglückte auf der Sauschwänzlebahn, wobei der Originaltender mit Totalschaden abging. Seit sie 1993 abgestellt werden musste, wird 38 1772 als rollfähiges Denkmal erhalten.
  • Im PKP Bw Wolsztyn ist die Ok 1-359, die ehemalige 38 2155, betriebsfähig erhalten.
  • Das Eisenbahnmuseum Bochum-Dahlhausen besitzt die betriebsfähige 38 2267 (Baujahr 1918), die vor Nostalgiezügen der RuhrtalBahn im Ruhrgebiet und für Sonderfahrten des Museums eingesetzt wird.
  • Im Deutschen Dampflokomotiv-Museum (DDM) in Neuenmarkt befindet sich seit 1977 die 38 2383. Sie wurde 1919 von Henschel gebaut, und war die vorletzte P8 der Deutschen Bundesbahn.
  • Eine weitere, ehem. preußische P8 steht in der Neuen Fahrzeughalle des DB Museums Nürnberg, die im Jahre 1921 bei AG Vulcan Stettin gebaute 38 2884.
  • Auf der Strecke Kaiserslautern - Heilbronn verkehrte während der Veranstaltung "20 Jahre VRN" die 38 3156. Hierbei handelt es sich um die zur Veranstaltung umbenannte 638.1301 der ÖGEG.
  • Die ehemalige 38 3192 befindet sich ebenfalls im Bw Wolsztyn der PKP als Ok 1-322, sie wurde bei LHM (2269/1921) gebaut.
  • Ein besonderes Schicksal hat die 38 3199 des Süddeutschen Eisenbahnmuseums in Heilbronn. Sie wurde 1921 von den Linke-Hofmann-Werken in Breslau gebaut. Bei der Deutschen Reichsbahn hatte sie zuerst die Nummer 2580 Elberfeld und wurde dann in 38 3199 umgezeichnet. Sie war zuletzt im Bw Breslau stationiert. Bereits 1926 kaufte die rumänische CFR die Maschine. In Rumänien erhielt sie die Nr. 230.106. 1974 wurde sie abgestellt. Eisenbahnfreunde entdeckten sie auf dem Schrottplatz und ließen sie in Klausenburg 1999 im Outfit der frühen Reichsbahn betriebsfähig aufarbeiten. Seit 2002 wird die Lokomotive wieder zu Nostalgiefahrten eingesetzt.
  • In Böblingen-Hulb nahe Stuttgart steht auf dem Parkplatz eines Einkaufszentrums bei 48° 41′ 12,55″ N, 8° 59′ 5,2″ O die 38 3650. Sie wurde 1922 als Elberfeld 3097 an das Bw (Hamburg-)Harburg geliefert, war dort bis 1945 im Einsatz und wurde 1972 in Tübingen ausgemustert. Da im Freien aufgestellt ist die Lok inzwischen recht heruntergekommen.
  • Die ehemalige 230 199 der rumänischen CFR wurde im Eisenbahnmuseum Darmstadt-Kranichstein als 38 3999 wieder aufgearbeitet.
  • Im Ortsteil Berenbostel der Stadt Garbsen bei Hannover steht eine 1922 bei Hohenzollern gebaute P8 mit Witte-Windleitblechen. Hinter der Maschine mit der DB-Fahrzeugnummer 038 711-8 werden zwei alte Waggons als Restaurant genutzt.
  • Länderbahnreisen / Manuel Jußen ist Halter der P8 2455 Posen, welche im Eisenbahnmuseum Dieringhausen stationiert ist. Die 2455 Posen wurde 1919 von den Linke-Hofmann-Werken in Breslau unter der laufenden Nummer 1804 gebaut. Im August 1926 von der DR nach Rumänien verkauft, wurde sie dort mit der Nummer 230 094 bis etwa 1974 eingesetzt. Nach ihrem Verkauf an den heutigen Eigentümer im Frühjahr 1998 wurde sie in Rumänien 2001 neu aufgebaut. Sie präsentiert sich im Zustand der frühen 1920er-Jahre. Die Lok wurde in den Jahren 2007, 2008 und 2009 als Zugmaschine für den „Zug der Erinnerung“ eingesetzt und ist betriebsfähig.
  • Die Österreichische Gesellschaft für Eisenbahngeschichte (ÖGEG) besitzt einen betriebsfähigen P8-Nachbau rumänischer Produktion. Betriebsnummer 638.1301, Baujahr 1935
  • Bei der im März 2007 von Rumänien zum Verein Patrimoine Ferroviare Touristique nach Belgien transferierte P8 mit der belgischen Nummer 64 169 handelt es sich um die rumänische 230 084, die von Henschel mit der Fabriknummer 18939 hergestellt worden war.

Anmerkung

Bereits Ende der 1930er Jahre plante die Reichsbahn, die inzwischen in die Jahre kommenden P 8 durch eine neue Lokomotive zu ersetzen. Dies führte zur Entwicklung der Baureihe 23 mit der Achsfolge 1'C1', von welcher jedoch 1941 nur zwei Baumuster gebaut wurden. Wegen des Zweiten Weltkrieges wurde die Serienproduktion nicht mehr aufgenommen.

1950 begann die Deutsche Bundesbahn, die neu entwickelte 23 als Ersatz für die P 8 zu beschaffen. Bis 1959 verließen 105 Exemplare die Werkshallen. Der Traktionswandel hatte zur Folge, dass bei der DB die letzte 23 nur ein Jahr nach der letzten P 8 ausgemustert wurde.

Die Deutsche Reichsbahn beschaffte von 1955 bis 1959 eine auf den Abmessungen der Lok der DR basierende Loktype als 2310 in 113 Exemplaren.

Varia

Jochen Kretschmann berichtet in vielen seiner Erzählungen sehr eindringlich über den zeitweise sehr harten Alltag bei der DR (DDR) auf der P 8 (minderwertige Kohle (Braunkohle), Unterernährung, totale Erschöpfung des Personals).

Siehe auch

Literatur

  • Wenzel, Gress: 100 Jahre Preußische P8. Eisenbahn-Kurier Special 80, EK Verlag, Freiburg 2006
  • Karl Julius Harder: Die P8. Entstehung und Geschichte einer europäischen Dampflokomotive. Franckhsche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 1974, ISBN 3-440-04116-6

Einzelnachweise

  1. Herman Gijsbert Hesselink, Norbert Tempel: Eisenbahnen im Baltikum, Münster, 1996, ISBN 3921980518, S. 68
  2. 38 1772

Weblinks

Commons: Preußische P 8 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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