Roskosmos

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Logo der russischen Raumfahrtorganisation mit kyrillischer Inschrift: Roskosmos
Das von Roskosmos entwickelte Sarja-Modul, Basis der ISS.

Roskosmos (russisch Роскосмос) ist die Weltraumorganisation der Russischen Föderation. Sie ist ein staatliches Unternehmen und am 1. Januar 2016 per Dekret von Präsident Putin aus der ehemaligen und gleichnamigen Raumfahrtbehörde hervorgegangen.[1][2] Sie ist für das zivile Raumfahrtprogramm des Landes zuständig und hat ihren Sitz im sogenannten Sternenstädtchen Swjosdny Gorodok nahe Moskau.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach dem Zerfall der Sowjetunion wurde am 25. Februar 1992 der gleichnamige Vorgänger als staatliche Raumfahrtbehörde gegründet. Diese Agentur übernahm die wesentlichen Ressourcen der sowjetischen Raumfahrt und war insbesondere für das zivile Raumfahrtprogramm Russlands zuständig. Frühere Namen der Behörde waren RKA (Rossijskoje Kosmitscheskoje Agentstwo), RAKA (Rossiiskoje Awiazionno-Kosmitscheskoje Agentstwo) und Rosaviakosmos.

Leiter der Behörde Roskosmos war seit Januar 2015 Igor Komarow. Nach Umstrukturierungsmaßnahmen, insbesondere wegen mehrerer Fehlstarts aber auch verstärkter Korruption beim Bau des neuen Kosmodrom Wostotschny, wurde die Behörde Roskosmos zum 31. Dezember 2015 aufgelöst und zusammen mit der ORKK zum 1. Januar 2016, unter Beibehaltung des Namens Roskosmos, in ein staatliches Unternehmen überführt.[3][4] Im Mai 2018 folgte der ehemalige stellvertretende Ministerpräsident Dmitri Rogosin auf Komarow.

Zu Zeiten der Sowjetunion gab es keine zentrale Raumfahrtorganisation. Die Entwicklungen fanden in den sogenannten OKB statt. Bekanntestes Beispiel ist das OKB-1 unter Leitung von Sergei Koroljow, welches u. a. für die Entwicklung von Sputnik 1, aber auch für den ersten Weltraumflug von Juri Gagarin zuständig war. Wichtige Entscheidungen wurden damals überwiegend vom Rat der Leiter dieser Konstruktionsbüros unter Einbindung der Politik getroffen.

Allgemeines[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Roskosmos benutzt aktuell drei Raumfahrtbahnhöfe: Das Kosmodrom Plessezk bei Archangelsk in Russland, das Kosmodrom Baikonur in Kasachstan, ehemalige Hauptbasis der sowjetischen Raumfahrt, sowie seit 2016 das Kosmodrom Wostotschny in der Oblast Amur im äußersten Südosten des Landes. Für die Nutzung von Baikonur müssen auf Basis eines Pachtvertrages Gebühren an Kasachstan bezahlt werden. Als Alternative zu Baikonur diente vorübergehend auch das Kosmodrom Swobodny. Eine Vielzahl von Raketenstarts erfolgte auch vom Startkomplex Kapustin Jar an der Wolga.

Lange Zeit unterhielt die russische Raumfahrtbehörde die Raumstation Mir, die trotz Finanzierungsschwierigkeiten sogar acht Jahre länger als vorgesehen in Betrieb war. Sie wurde schließlich am 23. März 2001 aufgegeben, da man sich auf die Internationale Raumstation (ISS) konzentrieren wollte. Russland ist maßgeblich an der ISS beteiligt, zu deren Versorgung unter anderem die Sojus-Rakete mit dem Progress-Raumtransporter eingesetzt wird. Vom Ende des Space-Shuttle-Programms im Juli 2011 bis zum Start der Crew Dragon im Mai 2020 starten alle bemannten Zubringerflüge zur ISS mit dem russischen Sojus-Raumschiff von Baikonur.

Roskosmos ist Vollmitglied der Normungsorganisation Consultative Committee for Space Data Systems (CCSDS).

Raumfahrtprogramm ab 2006[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Programm für 2006 bis 2015 sah Investition von 305 Milliarden Rubel (9 Mrd. Euro) in diesen zehn Jahren vor, davon 23 Milliarden (680 Mio. Euro) bereits im Jahr 2006. Diese Summe lag um etwa 25 % über jener, die für das Jahr 2005 vorgesehen war. Der Zehnjahresplan sah jährliche Steigerung der Ausgaben um 6 % vor sowie weitere 130 Milliarden Rubel (3,9 Mrd. Euro) an außerbudgetlichen Quellen wie der Industrie. Die Finanzierungshöhe der russischen Raumfahrt lag damit etwa auf gleichen Niveau wie jene der indischen Weltraumbehörde ISRO. Am 22. Oktober 2005 wurde das Raumfahrtprogramm 2006–2015 von der russischen Regierung offiziell gebilligt.

Das neue Raumfahrtprogramm sah in den Jahren von 2008 bis 2010 vor allem die Vervollständigung des Satellitenparks durch neue Kommunikations-, Wetter- und Erdbeobachtungssatelliten vor. Zudem sollte der Bau neuer ISS-Module, die Phobos-Grunt-Marsmission, die Venera-D-Venusmission, die als Luna 25 bezeichnete Luna-Glob-Mondmission sowie mehrere wissenschaftliche Satelliten finanziert werden.

Weiterhin stand die Modernisierung russischer Trägerraketen auf dem Programm: Die abschließenden Arbeiten an den Sojus-2 und Angara-Raketen, Konzeptstudien über zukünftige Weiterentwicklungen (z. B. Sojus-3) sowie ein Projekt zur Entwicklung eines wiederverwendbaren Trägers der nächsten Generation, an dem Russland zusammen mit der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) interessiert war (Orjol-Programm). Auch das Kliper-Programm wurde budgetiert, das Raumschiff sollte 2012 oder 2013 seinen Erstflug absolvieren, wurde nach der Übernahme des Herstellers RKK Energija durch Roskosmos im Juli 2007 jedoch eingestellt. Es soll durch das Raumschiff Federazija bzw. Orel ersetzt werden, dessen erster bemannter Flug für 2024 geplant ist. Die Entwicklung der Rus-M-Trägerrakete wurde 2011 zugunsten der Angara aufgegeben, deren Einführung jedoch nur schleppend vorankommt. Ursache ist vor allem mangelndes Kapital und fehlende technische Komponenten aus Ländern der westlichen Welt (die diese seit dem Überfall auf die Ukraine im Zuge der erlassenen Sanktionen nicht nach Russland liefert). Ebenso um Jahre im Verzug ist der geplante Ausbau des Kosmodroms Wostotschny.[5]

Direktoren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seit ihrer Gründung hatte Roskosmos folgende Leiter:

  1. Juri Koptew (Februar 1992 bis März 2004)
  2. Anatoli Perminow (März 2004 bis April 2011)
  3. Wladimir Popowkin (April 2011 bis Oktober 2013)
  4. Oleg Ostapenko (Oktober 2013[6] bis Januar 2015[3])
  5. Igor Komarow (Januar 2015[3] bis Mai 2018)
  6. Dmitri Rogosin (Mai 2018 bis Juli 2022[7])
  7. Juri Borissow (seit Juli 2022[8])

Unterstützung der „Nachtwölfe“[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Neben seiner Aufgabe als Weltraumorganisation stellt Roskosmos dem russischen Motorrad- und Rockerclub Nachtwölfe „Steuergelder für die Unterstützung des aggressiven Krieges in der Ukraine zur Verfügung“.[9]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Russisches Raumfahrtprogramm – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
 Wikinews: Kategorie:Roskosmos – in den Nachrichten

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Russian space agency gets replaced by state corporation — Kremlin. TASS, 28. Dezember 2015, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 6. August 2016; abgerufen am 2. Februar 2016 (englisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/tass.ru
  2. Russian Space Follies. NASA Watch, 30. Dezember 2015, abgerufen am 2. Februar 2016 (englisch).
  3. a b c Gerhard Kowalski: Russlands Raumfahrt: Mit neuem Staatskonzern zurück zur Weltspitze. Spiegel online, 24. Januar 2015, abgerufen am 24. Januar 2015.
  4. Man Driving Diamond-encrusted Mercedes Caught Embezzling Cosmodrome Funds. NASA Watch, 3. Juni 2015, abgerufen am 2. Februar 2016 (englisch).
  5. Christoph Seidler: (S+) Roskosmos: Wie tickt der neue Chef des russischen Raumfahrtprogramms? In: Der Spiegel. 18. Juli 2022, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 19. Juli 2022]).
  6. Neuer Chef und Milliarden für Roskosmos. Neue Zürcher Zeitung, 12. Oktober 2013, abgerufen am 12. Oktober 2013.
  7. Rogosin ist Russlands neuer Raumfahrt-Chef
  8. Dmitri Rogosin als Roscosmos-Generaldirektor entlassen
  9. Russische Unterstützung für berüchtigte Bikergang „Nachtwölfe“ im Kriegseinsatz. Correctiv, 30. Juni 2023, abgerufen am 2. Juli 2023 (deutsch).