Schlussstein

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Schlussstein von 1788 in einem Torbogen des Wymeerer Glockenturms

Als Schlussstein oder „Scheitelstein“ wird der Keilstein am höchsten Punkt („Scheitel“) eines Bogens, einer Kuppel oder eines Rippengewölbes bezeichnet. Hierbei ist zwischen den recht einfach konstruierten Bögen und den deutlich komplexeren Gewölben zu unterscheiden: Bogen-Schlusssteine werden immer als letzte gesetzt, wohingegen Gewölbe-Schlusssteine stets als erste auf einer hölzernen Unterkonstruktion aufgesetzt werden. In beiden Fällen entstehen Steine, die nur schwer wiederverwendet werden können.

10-strahliger Gewölbe-Schlussstein in der Kathedrale von Soissons.

Formen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Bogen oder in horizontalen zusammengesetzten Stürzen ist der Schlussstein stets keilförmig, in der Kuppel oder im Gewölbe dagegen rund, meist mit Rippenansätzen; er kann auch als Knauf ausgebildet oder aus mehreren Stücken ringförmig zusammengesetzt sein, wobei die Mitte auch freibleiben kann (Opaion). Als Sonderform findet man in einigen Gewölben der Spätgotik den „hängenden Schlussstein“ bzw. Hängeknauf (siehe: Abhängling). Gelegentlich findet man an gotischen Gewölben Schlusssteine, die als in der Mitte offener Ring geformt sind. Sie dienten in den mittelalterlichen Passionsspielen dazu, dass durch diese Öffnungen Christusstatuen an einem Seil hinaufgezogen werden konnten, um die Himmelfahrt Christi szenisch darzustellen.[1]

Funktion[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Gewölbebau spielt der Schlussstein eine entscheidende Rolle: erst wenn er eingesetzt ist, wird die Konstruktion selbsttragend, und das beim Bau errichtete hölzerne Lehrgerüst kann entfernt werden.

Dekor usw.[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aufgrund seiner besonderen Bedeutung und seiner zentralen Position wurde der Schlussstein von Bögen häufig bauplastisch verziert; schon der Schlussstein der Porta all’Arco, einziges gut erhaltenes Tor der Stadtmauer von Volterra aus der Zeit der Etrusker, trägt eine Kopf-Plastik zur Schau. Häufig trägt der Schlussstein das Wappen oder die Initialen des Erbauers, manchmal auch das Baujahr des Gebäudes. Reiche Verzierungen am Schlussstein von Gewölben waren besonders in der gotischen Baukunst üblich.

Beispiele[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Doppelter Schlussstein[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In seltenen Fällen sind Bogenscheitel aus zwei aneinanderstoßenden trapezförmigen Steinen gebildet, die Mitte besteht aus einer Baufuge; bei Gewölben kommt diese Konstruktionsweise nicht vor.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Eintrag Schlußstein. In: Meyers Enzyklopädisches Lexikon. Bibliographisches Institut, Mannheim/Wien/Zürich 1973, Band 21, S. 152.
  • Wilfried Koch: Baustilkunde; Band 2 – Burg und Palast. Sonderausgabe für Bassermann Verlag; Bertelsmann Lexikon Verlag, Gütersloh/München 1998, ISBN 3-8094-5007-3, S. 482.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Schlussstein (Bogen) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Commons: Schlussstein (Gewölbe) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Schlussstein – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Gottfried Kiesow: Kulturgeschichte sehen lernen. Bonn: Deutsche Stiftung Denkmalschutz, Monumente Publ. Bd. 1, 2001, S. 70. Beispiele: Freiburger Münster, Predigerkirche Erfurt.