Skibergsteigen

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Aufsteigen mit Tourenski. Man erkennt die vom Ski abgehobene Ferse, was das Gehen erst ermöglicht und eine spezielle Tourenbindung erfordert. Vor dem Abfahren wird der Fersenteil der Bindung arretiert, so dass sich die Skier wie normale Alpin-Ski verhalten.
Abfahrt im Pulverschnee, mit für das hier gezeigte Kurzschwingen bzw. Wedeln typischen wellenförmigen Spuren

Unter Skibergsteigen oder Skitourengehen, teilweise auch kurz Skimo (aus dem Englischen abgewandelt von Skimountaineering[1]) versteht man das Besteigen von Bergen und Almen auf Skiern und Snowboards und die anschließende Talfahrt abseits präparierter Skipisten.

Die ersten Skitouren fanden Ende des 19. Jahrhunderts statt. Damals gab es noch keine Skilifte.

Ski-Tragepassage am Silvrettahorn

Im Jahre 1890 gelang Karl Otto mit Skiern die Wintererstbesteigung des 1790 m hohen Heimgartens in den Bayerischen Voralpen. 1892 wurde in Österreich das 1782 m hohe Stuhleck mit Skiern bestiegen, 1893 die Rax (2007 m) und 1899 den Galzig (2185 m).[2] Am 23. März 1898 bestieg Oscar Schuster mit Skiern die Dufourspitze; dies gilt als die erste Skitour auf einen Viertausender.[3] Der Schweizer Bergführer Josef Lochmatter reiste um 1900 nach Norwegen, um dort seine Skifahrtechnik zu verbessern.[4]

Um das Jahr 2000 entstanden erste Splitboards, die das Skibergsteigen auch für Snowboardfahrer leichter möglich machten. Zuvor musste das Snowboard beim Aufstieg mit Klappski oder Schneeschuhen kräfteraubend auf dem Rucksack transportiert werden.

In Deutschland wird mit Skibergsteigen eher der Wettkampf assoziiert, im Breitensport wird häufig der Begriff „Skitourengehen“ verwendet. Im Österreichischen lautet der Begriff Schibergsteigen (Schitourengehen), in der Schweiz ist der Begriff Skialpinismus gebräuchlicher.

Ausrüstung für Skitouren

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Teil einer Skitourenausrüstung: Schaufel (oben r.), Sonde (unten r.), Karte (ganz r., teilverdeckt), Verschütteten-Suchgerät (oben l., gelb), Steigfelle (oben l., schwarz) – und Lawinenbulletin (vorne) zur Vorbereitung

Zur Ausrüstung von Skitourengehern gehören meistens:

Tourengeher verwenden auch Ausrüstungsgegenstände des klassischen Bergsteigens (wie z. B. Pickel etc.).

Skischuhe (Skistiefel) in Leichtbauweise mit Gelenk und Profilsohle erleichtern das Gehen auch in steilem oder felsigem Gelände, weil manchmal die Ski getragen werden müssen. Die Bindung muss auf die erhöhte Reibung abgestimmt werden. Solche Schuhe sind nur für Tourenbindungen geeignet. Normale Skibindungen bieten mit diesen Schuhen keine Sicherheit (fehlende kontrollierte Auslösewerte).

Die Ski sollten Skistopper haben. Fangriemen verhindern zwar beim Sturz, dass die Ski im Tiefschnee verschwinden oder den Hang hinuntergleiten, implizieren aber bei schnellen Abfahrten eine Verletzungsgefahr. Im Falle eines Lawinenabgangs können sie ein Lösen der Ski erschweren und so verhindern, dass das Lawinenopfer an der Oberfläche der Schneemassen „schwimmt“.

Lawinengefahr und Orientierung

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Skitourengeher im Aufstieg
Skitourengruppe in Einerkolonne beim Aufstieg zum Breithorn (2019)

Lawinen sind die größte Gefahr für Skitouristen. Bei erhöhter Lawinengefahr (schon ab Stufe 2 „mäßig“ des offiziellen Lawinenlageberichts der Lawinenwarndienste) sind Vorsichtsmaßnahmen (z. B. Sicherheitsabstände, Selbstbeschränkung auf Routen mit entsprechender Hangrichtung und -neigung etc.) notwendig. Die Mitnahme eines Lawinenverschütteten-Suchgerätes („Lawinenpieps“), einer Lawinenschaufel und einer Lawinensonde (jeweils pro Person) ist bei jeder Skitour Standard. Es gibt weitere Sicherheitsausrüstungen, die das Auffinden der Verschütteten weiter erleichtern (Lawinenball, Lawinenairbag), eine Ganz-Verschüttung vermeiden helfen (Lawinenairbag) oder die Überlebenswahrscheinlichkeit als Verschütteter erhöhen sollen (AvaLung). Gleichwohl ist eine Lawinenverschüttung stets eine tödliche Gefahr; sie durch überlegtes und defensives Verhalten zu vermeiden, gilt als oberstes Gebot.

Ausreichende Kenntnisse in Lawinenkunde, die sachgemäße Anwendung von Entscheidungsstrategien und die regelmäßig geübte Verschüttetensuche sind Voraussetzungen für Touren im ungesicherten alpinen Winterbergsport.

Alpenvereine, Bergschulen und Skiverbände (z. B. Deutscher Skiverband, Österreichischer Skiverband) bieten Kurse an.

Zur Tourenplanung ist eine Landkarte mit topografischer Geländedarstellung (Maßstab 1:25.000 oder kleiner) erforderlich, um Exposition und Steilheit des Geländes und Risiken der geplanten Tour hinreichend abschätzen zu können. Bei schlechter Sicht erleichtern GPS-Satellitenempfänger und ein Höhenmesser die Orientierung im Gelände.

Viele bevorzugen für Skitouren das Frühjahr – zum einen wegen des körnigen Schnees (Firn), zum anderen wegen der meist geringeren Lawinengefahr, die durch die tageszeitliche Erwärmung aber ansteigen kann (siehe Lawinenlagebericht). Insbesondere bei den typischen Frühjahrsverhältnissen mit kalten, klaren Nächten und warmen Tagen und dem vorherrschenden Firn herrschen häufig sichere Verhältnisse – wenn der Harschdeckel (harter Schnee) noch tragfähig ist, man also früh genug unterwegs ist. Bei langen Touren kann das den Aufbruch vor Sonnenaufgang bedeuten.

Nach Ende der Skitourensaison nehmen manche Bergsteiger ihre kurzen Firngleiter („Figl“) oder Mikroski im Rucksack mit, die kurze Abfahrten in den letzten verbliebenen Schneefeldern ermöglichen.

Start zur Patrouille des Glaciers 2006

Wettkampfskibergsteigen, häufig auch Skimo genannt als Abkürzung für „Ski Mountaineering“, dem englischen Begriff für Skibergsteigen, ist die als Wettkampf ausgetragene Form des Skitourengehens. Skimo entwickelte sich aus dem Teamwettbewerb des Schweizer militärischen Skibergsteigerrennens, der Patrouille des Glaciers (PdG).

Skibergsteigen war bereits bei den Olympischen Jugend-Winterspielen 2020 in Lausanne vertreten und wird bei den Olympischen Winterspielen 2026 in Mailand und Cortina d’Ampezzo vertreten sein.

Die fünf klassischen Wettkampfdisziplinen sind Sprint (kurz mit Aufstieg, Abfahrt und Tragepassage), Vertical (langer Aufstieg ohne Tragepassage), Individual (Aufstiege, Abfahrten und Tragepassagen), Relay (Staffelrennen mit Aufstiegen, Abfahrten sowie Trage- und technischen Passagen) und Team (Aufstiege und Abfahrten, die oft in hochalpinem Gelände verlaufen).

Skitouren auf Pisten

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Skitouren werden auch in der Nähe von oder auf Skipisten unternommen (Pistentour). Gelegentlich kollidierten dabei Interessen von Skibergsteigern und von Skigebietsbetreibern. Diese Problematik wurde besonders in schneearmen Wintern (beispielsweise 2011/12, 2013/14 und 2015/16) zur Debatte. Gefährdung besteht sowohl zwischen am Pistenrand aufsteigenden Tourengehern und den Pistenskifahrern wie auch bei Nachttouren nach Betriebsschluss bei der Abfahrt mit den Pisteninstandhaltern, insbesondere bei der Seilpräparierung mit Pistenraupen.[5]

Vom Deutschen Alpenverein wurden 10 Regeln für Skitouren auf Pisten erarbeitet.[6] Weiters wurden für alle bayerischen Skigebiete zwischen dem DAV und den Seilbahnbetreibern eigene Regelungen ausgehandelt.[7] Ähnliche Regelungen existieren auch für Österreich (Empfehlungen des Österreichischen Kuratoriums für Alpine Sicherheit)[8] und die Schweiz.

Als Musterfall bezüglich eines ausdrücklichen Verbots zum Tourengehen auf einer Piste gilt ein Konflikt im Classic-Skigebiet der Zugspitzbahn in Garmisch-Partenkirchen in Bayern. Dort hatten 2011 Tourengeher geklagt.[9] Trotz Kompromissvorschlägen[10] wurde die Sache ausprozessiert. Das Verwaltungsgericht München erklärte das Pistenverbot für unzulässig. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof entschied nach Berufung 2013 analog,[11] weil Betretungsrecht gelte, präparierte Skipisten verlören „trotz der starken Veränderung durch bauliche Maßnahmen, technische Einrichtungen und Sicherungsmaßnahmen nicht ihren Charakter als Teil der freien Natur.“[12] In Österreich gibt es – unterhalb der Baumgrenze – keine prinzipielle Wegefreiheit; die Grundbesitzer müssen ausdrücklich ihr Einverständnis erklären (Weg im Sinne des § 1319a ABGB). Hier entscheiden sich einzelne Skigebiete jeweils für Verbot, Toleranz oder ausdrückliche Einladung, etwa gegen ein kleines Entgelt für die Pflege einer Aufstiegsspur.[13] Als Modellregion[8] gilt beispielsweise der Großraum Innsbruck.[14] (Tiroler Pistentourenmodell).[15]

Zahlen und Fakten

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In Österreich gibt es ca. 350.000 (Quelle: Österreichische Seilbahnen) bis 650.000 (Quelle: Österreichischer Alpenverein) Skitourengänger. Wettkämpfe werden in 36 registrierten Staaten der Welt abgehalten.

  • Rudi Mair, Patrick Nairz: Lawine. Die 10 entscheidenden Gefahrenmuster erkennen. Praxis-Handbuch, Tyrolia-Verlag, Innsbruck 2010, ISBN 978-3-7022-3086-9.
  • Christian Schneeweiß, Bernd Ritschel: Skitourengehen. Das Praxisbuch für Einsteiger und Fortgeschrittene. Bruckmann Verlag, München 2010, ISBN 978-3-7654-5500-1.
Commons: Skibergsteigen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  1. Deutscher Alpenverein E.v. (Dav): Was ist SKIMO? In: alpenverein.de. Abgerufen am 28. März 2022.
  2. Christian Imboden: Berge: Beruf, Berufung, Schicksal. Rotten Verlag, Visp 2013, ISBN 978-3-907624-48-7, Anfänge sowohl des Bergsteigens im Winter als auch des Skifahrens, S. 93.
  3. Joachim Schindler: Oscar Schuster (1873–1917) – Bergsteiger, Alpinist, Erschließer, Arzt, Publizist. Dresden 2013, S. 213.
  4. Christian Imboden: Berge: Beruf, Berufung, Schicksal. Rotten Verlag, Visp 2013, ISBN 978-3-907624-48-7, Skiführer, S. 92.
  5. Eine Frage der Zeit, bis es Tote gibt. 1815.ch, 19. Februar 2015.
  6. Skitouren auf Pisten. 18. Juli 2024, abgerufen am 26. Juli 2024.
  7. Skitouren-Regelungen für die bayerischen Alpen-Skigebiete, alpenverein.de, 7. Dezember 2012.
  8. a b Skitouren auf Pisten – sicher und fair! Empfehlungen des Alpenvereins für ein Miteinander ohne Konflikte. alpenverein.at, 6. Dezember 2015.
  9. Konfrontation statt Konsens – Tourengeher klagen gegen Pistenverbot in Garmisch. sueddeutsche.de, wiedergegeben auf alpin.de, 31. Januar 2011, abgerufen am 4. Februar 2016.
  10. Skitouren auf Pisten in Garmisch-Partenkirchen – DAV begrüßt Kompromissvorschlag der Zugspitzbahn AG. alpin.de, 5. Januar 2012, abgerufen am 4. Februar 2016.
  11. Prozesse: Verwaltungsgerichtshof: Skitourengeher dürfen Pisten nutzen. In: Focus online, 21. November 2013, abgerufen am 4. Februar 2016.
  12. Zitiert nach Bayern erlaubt Tourengeher auf Pisten. In: Salzburger Nachrichten. 3. Februar 2016, Lokalteil Stadt und Land, S. 10.
  13. Vergl. etwa Manche Skigebiete dulden Tourengeher – Am Loser sind sie herzlich willkommen. In: Oberösterreichische Nachrichten online, 24. Februar 2015;
    Tourengeher verboten. In: Salzburger Nachrichten: Salzburgwiki.  (mit einer Diskussion konträrer Standpunkte).
  14. Pistentouren Sicher & Fair! tirol.gv.at
  15. Das Land Tirol hat auch für den Konflikt der Bergsteiger mit den Mountainbikern ein ähnliches Modell entwickelt: Tiroler Mountainbikemodell 2.0 (Memento vom 5. Februar 2016 im Internet Archive). tirol.gv.at (Stand Februar 2016).