Slacktivism

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Der Begriff Slacktivism, seltener Clicktivism, deutsch etwa Faulpelzaktivismus oder Sofa-Aktivismus[1] bezeichnet eine Form des Aktivismus, welcher ohne besondere Anstrengung und ohne längere Beschäftigung mit dem Gegenstand, zumeist online, nachgegangen wird.[2]

Etymologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Anglizismus Slacktivism ist ein Kofferwort, entstanden aus der Verschmelzung der zwei englischen Begriffe „slacker“ (dt. „Faulenzer“ oder „Nichtstuer“) und „activism“ (dt. „Aktivismus“). Der Begriff ist ein Pejorativum und in aller Regel abwertend gemeint.

Inhalte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Beispiele für ein im Rahmen von Slacktivism verändertes Profilbild: Das pinkfarbene Gleichheitszeichen und die Regenbogenfahne symbolisieren Unterstützung der gleichgeschlechtlichen Ehe, die französische Flagge und der Slogan „Je suis Charlie“ wurden im Kontext des Anschlags auf Charlie Hebdo verwendet.

Slacktivism tritt oft in Erscheinung im Kontext sozialer Netzwerke und ähnlicher digitaler Plattformen. Nutzer unterstützen eine für gut befundene Sache „bequem“[3] via digital-öffentlichem und sichtbarem „Klick“[4], allerdings ohne weiteres Engagement außerhalb der digitalen Sphäre. Es finden keine „realen Protestaktionen“[1] statt. Kritiker unterstellen, dass solche Handlungen keinerlei politischen oder sozialen Einfluss auf die reale Welt haben:

“Slacktivism” is an apt term to describe feel-good online activism that has zero political or social impact. It gives those who participate in “slacktivist” campaigns an illusion of having a meaningful impact on the world without demanding anything more than joining a Facebook group.

„„Slacktivism“ ist ein Begriff für sich gut anfühlenden Online-Aktivismus, der null politische oder soziale Auswirkungen hat. Er erzeugt bei denjenigen, die an “slacktivistischen” Kampagnen teilnehmen die Illusion, einen nennenswerten Einfluss auf die Welt zu haben, ohne dem einzelnen mehr abzuverlangen, als einer Facebook-Gruppe beizutreten.“

Evgeny Morozov: Foreign Policy: „The brave new world of slacktivism“[5]

Der Tagesspiegel schreibt: „Auf dem Sofa fläzen, klicken, „Slacktivism“ statt harter, konkreter Aktion.“[6] Die Süddeutsche Zeitung spricht von „einer Beteiligung für Bequeme (slacker), die sich in einem Gefällt-mir-Klick schon erschöpft hat“[7] und die Berliner Zeitung nennt die Synonyme „Faulpelzaktivismus“ und „Sofa-Aktivismus“.[1]

„Beim Fernsehen nebenher mal einen Text über Klimaschutz mit "Gefällt mir" versehen: Das wird als Clicktivism oder Slacktivism bezeichnet; die englischen Kofferwörter stehen für click activism, Klick-Aktivismus, und slacker activism, Faulenzer-Aktivismus. Man muss sich nicht mit Argumenten auseinandersetzen, wenn man schnell etwas likt, man kann einer Laune nachgeben, kann sein Gewissen beruhigen - fertig.“

Süddeutsche Zeitung: „Warum der Hashtag das Megafon nicht ersetzt.“[8]

Zudem ist Slacktivism oft ein Akt der Selbstdarstellung: so „geht es zu einem gewissen Grad darum, vor Freunden und Bekannten Eindruck zu schinden“.[4]

Als Gegenteil von Slacktivism wird Engagement bezeichnet „bei dem es um mit den eigenen Wertvorstellungen und Überzeugungen konsistentes Verhalten geht“.[4]

Eine Studie mit 1345 Teilnehmern kam 2013 zu dem Ergebnis, dass 93,3 % der Teilnehmer schon einmal eine als Slacktivism kategorisierte Tätigkeit durchgeführt hatten.[9] Am häufigsten vertreten war das Liken und Teilen von Posts von Non-Profit-Organisationen (64,4 % bzw. 51,3 %), gefolgt vom Unterschreiben von Online-Petitionen (47,9 %). Nur 3,3 % wechselten ihr Profilbild mindestens einmal pro Woche zugunsten einer Non-Profit-Organisation. Primär untersuchte die Studie die Lebenszufriedenheit der Teilnehmer. Sie kam zu dem Ergebnis, dass Slacktivism die Lebenszufriedenheit negativ beeinflusste; Probanden, die viel Slacktivism betrieben, waren weniger zufrieden.

Beispiele[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Kritiker werten das Erstellen und Unterzeichnen von Online-Petitionen wie etwa auf der Plattform change.org als Slacktivism.[1]
  • Nach dem Todesfall George Floyd posteten viele Menschen online im Rahmen eines „Black Tuesday“ ein komplett schwarzes Bild.[10] Die Süddeutsche Zeitung wertete die Aktion als ein Beispiel für Slacktivism: „Man beschäftigt sich schnell mit den Belangen einer diskriminierten Bevölkerungsgruppe und kurz darauf wieder mit Naturwein und schönen Schälchen. Inzwischen ist der Protest via Smartphone aber auch aktiv schädlich für die Sache, für die man vermeintlich eintreten will. Denn durch die schwarzen Bildkacheln wurden tatsächlich wichtige Informationen über das Live-Geschehen der Proteste, Spendenaufrufe und weitere Dokumentationen von Polizeigewalt komplett überdeckt.“[3]
  • Ebenfalls als Slacktivism bezeichnet wird „die allwöchentliche Veränderung des Facebook-Profilbildes für eine jeweils wechselnde politische Agenda“.[11] So rief beispielsweise die Human Rights Campaign 2013 dazu auf, das Profilbild durch ein rosafarbenes Gleichheitszeichen auf rotem Hintergrund zu ergänzen, um seine Unterstützung für die Gleichgeschlechtliche Ehe auszudrücken.[12]
  • Das Posten und Teilen bzw. Weiterleiten von Kettenbriefen.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d Susanne Lenz: Internet-Plattform change.org: Die Weltveränderer. Berliner Zeitung, 16. April 2013, abgerufen am 18. Juni 2020.
  2. Martin Lüthe im Gespräch mit Vladimir Balzer: Solidarität bekunden reicht nicht aus. Deutschlandfunk Kultur, 2. Juni 2020, abgerufen am 18. Juni 2020.
  3. a b Michael Moorstedt: Protestieren fürs Image. Süddeutsche Zeitung, 9. Juni 2020, abgerufen am 18. Juni 2020.
  4. a b c Leonhard Dobusch: Neue Studien zu Online-Slacktivismus: Viralität versus Nachhaltigkeit. Netzpolitik.org, 4. März 2014, abgerufen am 18. Juni 2020.
  5. Evgeny Morozov: The brave new world of slacktivism. Foreign Policy, 19. Mai 2009, abgerufen am 18. Juni 2020.
  6. Joachim Huber: Ist die Regenbogenfahne Solidarität oder Selbstinszenierung? Tagesspiegel, 2. Juli 2015, abgerufen am 18. Juni 2020.
  7. Alexandra Borchardt: Mitmach-Maschine für die Elite. Süddeutsche Zeitung, 19. Juni 2014, abgerufen am 18. Juni 2020.
  8. Jana Anzlinger: Digitaler Protest: Warum der Hashtag das Megafon nicht ersetzt. 25. Juli 2019, abgerufen am 18. Juni 2020.
  9. Seifert, C., Ohme, J., Helm, K., & Hagen, L. M. (2014). A Click for the Good Life? Slacktivism on Facebook and Its Impact on Life Satisfaction. Paper presented at 64th Annual Conference of the International Communication Association, Seattle, United States.
  10. Malcolm Ohanwe im Gespräch mit Timo Grampes: #BlackOutTuesday Wie die Popkultur auf den Tod George Floyds reagiert. Deutschlandfunk Kultur, 2. Juni 2020, abgerufen am 18. Juni 2020.
  11. Nadia Pantel: Kritik an Facebook-Kampagne: Gleichstellung macht manche gleicher. Süddeutsche Zeitung, 4. Mai 2013, abgerufen am 18. Juni 2020.
  12. Kritsanarat Khunkham: Ein rotes Facebook-Profilfoto für die Homo-Ehe. Die Welt, 1. April 2013, abgerufen am 18. Juni 2020.