Stapelrecht

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Das Stapelrecht oder auch Niederlagsrecht (lat. Ius emporii, eigentlich „Marktrecht“ im Sinne von „Verkaufsrecht“) war im Mittelalter das Recht einer Stadt, von durchziehenden Kaufleuten zu verlangen, dass sie ihre Waren in der Stadt für einen bestimmten Zeitraum auf dem Stapelplatz abluden, „stapelten“ und anboten. Teilweise konnten sich Händler durch Zahlung eines Stapelgeldes von der Stapelpflicht befreien. Zusammen mit dem Stapelrecht hatten die Städte meist ein Umschlagsrecht. Beide Rechte verteuerten die betroffenen Waren und beförderten die Interessen städtischer Gewerbe.

Historische Beispiele

Der Braunschweiger Herzog Otto I. stattete die an drei Flüssen gelegene Stadt Münden im Jahr 1247 mit dem Mündener Stapelrecht aus, das bis 1824 galt. Es gehört zu den ältesten urkundlich bezeugten Stapelrechten.

Konrad von Hochstaden, Erzbischof von Köln, gewährte der Stadt Köln am 7. Mai 1259 das Stapelrecht. Alle Waren – insbesondere die auf dem Rhein transportierten – mussten nun drei Tage den Kölner Bürgern zum Kauf angeboten werden. Diese Regelung verschaffte den Kölner Patriziern einen bedeutenden Reichtum.

Auch viele andere Städte in günstiger Lage an Handelsrouten hatten dieses Recht, unter ihnen Mainz, Frankfurt am Main, Heilbronn, Neuss, Minden, Frankfurt (Oder), Görlitz (1339), Berlin, Magdeburg, Itzehoe (1260), Erfurt, Wien (1221) sowie die Hansestädte Lübeck, Hamburg, Rostock, Stade (1259), Bremen und Zwolle (1438). Lüneburg bekam das Stapelrecht 1392.

Für die Kaufleute kam erschwerend hinzu, dass die betreffenden Städte nicht umfahren werden konnten und so den Handelsverkehr auch in größerem Umkreis an sich zogen. So erhielt Leipzig 1507 das Meilenprivileg von Maximilian I. und konnte sein Stapelrecht auf 15 Meilen (ca. 115 km) um die Stadt ausdehnen.

Vor allem verderblichen Waren wie Milchprodukten, Fleischwaren, Fisch sowie dem Fernhandel setzte diese Auflage eine große Handelserschwernis entgegen.

Abgeschafft wurde das Recht – infolge von Beschlüssen des Wiener Kongress von 1815 – auf einzelnen Strömen durch die Elbschifffahrtsakte von 1821, die Weserschifffahrtsakte von 1823, die Mainzer Akte zur Rheinschifffahrt von 1831 und allgemein durch die Einrichtung des Deutschen Zollvereins 1834.

Stadien merkantilistischer Handelspolitik

Joseph Schumpeter teilt bei seiner Erörterung der merkantilistischen Literatur die exportmonopolistischen Praktiken bezüglich des Stapelrechts in drei Phasen ein:

  1. Korporativ organisierte Kaufleute (Beispiel: die Merchant Adventurers) machen bestimmte Städte zu zentralen Niederlassungen, um ihren Handel besser steuern zu können.
  2. Die Städte selbst zwingen die durchziehenden Kaufleute, ihre Waren am Ort selbst anzubieten, wobei sie für die Stadt vorteilhaften Restriktionen unterworfen werden. Vom 13. Jahrhundert an verbreitet über Italien (Genua, Venedig) über ganz Europa bis hin nach Russland und England (Ordinance of the Staple[1] von Eduard III.).
  3. Daraus entwickelte sich die Praxis, den Welthandel zum tatsächlichen oder vermeintlichen Wohle eines Landes in bestimmte, vorgezeichnete Kanäle zu lenken, um damit dem Ausland zu schaden (die englische Navigationsakte 1660 und die Stapelakte von 1663). Dieses System ging schließlich allmählich in Protektionismus im modernen Sinne über.[2]

Siehe auch

Literatur

  • Otto Gönnenwein: Das Stapel- und Niederlagsrecht (= Quellen und Darstellungen zur Hansischen Geschichte. N. F. Band 11). Böhlau, Weimar 1939, OCLC 255990602, DNB 580879453 (Habilitationsschrift Universität Heidelberg, Juristische Fakultät, 18. Mai 1946, 456 Seiten, OCLC 720485779).
  • Fritz Fischer: Stapelrecht und Schiffahrt der Stadt Münden bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts. Heinzerling, Hann. Münden 1936, OCLC 34650188 (Dissertation Universität Köln, Wirtschaft- und sozialwissenschaftliche Fakultät, 1. Oktober 1936, 86 Seiten).

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Englische Wikipedia: Statute of the Staple
  2. Joseph A. Schumpeter (Hrsg. Elizabeth B. Schumpeter): Geschichte der ökonomischen Analyse. Erster Teilband. Vandenhoeck Ruprecht, Göttingen 1965. S. 429, Anm. 10.