Susann Neuenfeldt

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Susann Neuenfeldt (2012)

Susann Neuenfeldt (* 14. Juli 1974 in Schwedt/Oder) ist eine deutsche Theaterregisseurin und Amerikanistin. Seit 2009 arbeitet sie als künstlerische Leiterin und Regisseurin für das freie Berliner Theaterkollektiv Panzerkreuzer Rotkäppchen (PKRK).[1]

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Susann Neuenfeldt wuchs in Schwedt an der Oder auf. Von 1995 bis 2004 studierte sie Theaterwissenschaften, Amerikanistik und Neuere Deutsche Literatur an der Freien Universität, der Humboldt-Universität und der New York University. Im Jahr 2011 promovierte sie mit einer kulturwissenschaftlichen Arbeit zu Figurationen des weiblichen Flaneurs, Voyeurs und Stalker an der Humboldt-Universität zu Berlin.[2] Von 2006 bis 2010 arbeitete sie als Regie- und Dramaturgieassistentin für die Theaterregisseurin Mareike Mikat am bat-Studiotheater der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch, im Theater unterm Dach, Skala Leipzig, Hebbel am Ufer (HAU I), Volksbühne und Maxim Gorki Theater. Ihr Regiedebüt feierte sie im Jahr 2010 am Haus der Kulturen der Welt mit dem dokumentarischen Theaterstück Filizid - Monolog einer Kindsmörderin und dem szenischen Dialog Salmas Brüste: Frida Kahlo trifft Rosa Luxemburg.[3] Von 2012 bis 2015 arbeitete Neuenfeldt als Hausregisseurin in der Theaterkapelle Berlin-Friedrichshain.[4] Neben ihrer Arbeit an Theatern ist sie als Dozentin an der Universität der Künste Berlin, der Humboldt-Universität Berlin und dem IES Abroad tätig.[5]

Künstlerisches Schaffen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Neuenfeldt bearbeitet in ihren Theaterproduktionen vorrangig Stoffe der DDR und Post-DDR. Ihre Regiearbeit ist geprägt von den Umbruchzeiten der 1990er Jahre. In allen Stücken fokussiert Neuenfeldt auf marginalisierte weibliche Stimmen aus dem Osten. Schauspielerinnen spielen in Neuenfeldts Stücken Hauptrollen oder klassisch männliche Helden.[6] In ihrer Theaterarbeit setzt Neuenfeldt auf lokale Gebundenheit. Ihre Theaterproduktionen finden an den Orten ihrer Themen statt, z. B. im ehemaligen NVA-Gefängnis in Schwedt/Oder, in der Berliner Anwaltskanzlei Gleiss Lutz, in einer ehemaligen Textilmaschinenfabrik in Apolda, im Berliner Technoclub About Blank oder in der ehemaligen Stasi-Zentrale Berlin-Lichtenberg.

Seit 2012 arbeitet Neuenfeldt eng mit der Choreographin und Schauspielerin Maike Möller-Engemann[7] von Constanza Macras/Dorkypark zusammen. Zusammen entwickelten Neuenfeldt und Möller-Engemann eine eigene Form des politischen Körpertheaters.

Panzerkreuzer Rotkäppchen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Theater der Revolution am 4. November 2019 auf dem Alexanderplatz

Im Jahr 2009 gründete Neuenfeldt gemeinsam mit dem Autor Simon Strick[8] und dem Raumgestalter Werner Türk das freie Berliner Theaterkollektiv Panzerkreuzer Rotkäppchen (PKRK).[9] Der Name des Kollektivs spielt auf Sergei Eisensteins Film Panzerkreuzer Potemkin (1925) sowie auf die DDR-Sektmarke Rotkäppchen an.[10] In seinen Produktionen kombiniert das Kollektiv dokumentarisches Material mit theatralen Verfremdungstechniken.[11] Panzerkreuzer Rotkäppchen feierte seinen größten Erfolg im Jahr 2019 mit der Wiederbelebung der ersten freien Demonstration der DDR, der Reinszenierung der Alexanderplatz-Demonstration vom 4. November 1989 im Rahmen des 30. Jahrestags zum Mauerfall.[12] Von 2020 bis 2022 rief Neuenfeldt für Panzerkreuzer Rotkäppchen das Projekt „TreuhandTechno“[13] ins Leben. Mit „TreuhandTechno“ untersuchte Neuenfeldt die Verbindungen zwischen den Treuhandabwicklungen ostdeutscher Betriebe und der Entwicklung von deutschem Techno in den frühen 1990er Jahren aus weiblichen Perspektiven. Das Projekt fand an fünf verschiedenen Stationen im Osten statt – in Apolda[14], Jena[15], Leipzig[16], Berlin[17] und Görlitz.[18]

Rezensionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Neuenfeldts Inszenierungen mit PKRK „TreuhandTechno“ und „Theater der Revolution“ erlangten ein weites Medienecho und wurden unter anderen vom Deutschlandfunk[19], dem Spiegel[20], der FAZ[21] und in der taz[22] besprochen.

Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Performance/Theater[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 2022 Künstlerische Leitung des Projekts „Working Girls, 1988.“, ein Performance-Projekt zu Katharina Witt und Debra Thomas, gefördert vom Fonds Darstellende Künste.
  • 2022 Künstlerische Leitung und Regie: Brofaromin OST, gefördert vom Hauptstadtkulturfonds Berlin in Kooperation mit dem Theater Thikwa und der ehemaligen Stasizentrale in Berlin-Lichtenberg
  • 2021, Künstlerische Gestaltung des Glockenmuseum Apolda, gefördert von den Partnerschaften für Demokratie Weimarer Landkreis
  • 2020–2022 Künstlerische Leitung und Regie: TreuhandTechno, gefördert vom Fonds Darstellende Künste, Hauptstadtkulturfonds, der Rosa Luxemburg Stiftung und den Partnerschaften für Demokratie Weimarer Land.
  • 2019, Künstlerische Leitung und Regie: 41189 - Theater der Revolution, in Koproduktion mit der Kulturprojekte Berlin GmbH, gefördert von der Bundeszentrale für politische Bildung und unterstützt von Marianne Birthler.
  • 2018, Künstlerische Leitung und Regie: Der Mann im Fahrstuhl nach Heiner Müller, gefördert vom Theaterhaus Berlin-Mitte.
  • 2017, Künstlerische Leitung und Regie: Jakob der Lügner nach Jurek Becker und Heiner Müller in Kooperation mit der der israelischen Filmemacherin Zlila Helman und dem israelischen Theaterwissenschaftler Gad Kaynar
  • 2016, Künstlerische Leitung und Regie: Moby Dick Mittelmeer, theatrale Installation in der Lange Nacht der Wissenschaften Berlin, gefördert vom Institut für Amerikanistik der Humboldt-Universität.
  • 2016, Künstlerische Leitung und Regie: WAR IS OVER, Reenactment des Bed-In von John Lennon und Yoko Ono, gefördert vom Kunstsalon Fliegel und Weisheit Berlin.
  • 2016, Künstlerische Leitung und Regie: [Trump ist] Die Schneekönigin, gefördert von der UdK Berlin und unterstützt vom Theaterhaus Berlin-Mitte.
  • 2014, Künstlerische Leitung und Regie: Hänsel | Gretel | Phase III, intergenerationales Theaterprojekt gefördert vom Acker Stadt Palast, der P 14 der Volksbühne und der Charité Berlin.
  • 2014, Künstlerische Leitung und Regie: Nicht nur zur Weihnachtszeit nach Heinrich Böll, gefördert von der Anwaltskanzlei Gleiss Lutz und dem Babylon Berlin.
  • 2014, Künstlerische Leitung und Regie: Bartleby, der Schreiber, nach Hermann Melville, gefördert von der Kanzlei Gleiss Lutz, Erstes Berliner Office-Theater.
  • 2013, Künstlerische Leitung und Regie: Der Mann im Fahrstuhl (Autor: Heiner Müller) in der Heiner-Müller-Nacht der Theaterkapelle Berlin am 30. Dezember 2013.
  • 2013, Künstlerische Leitung und Regie: Frida Kahlo trifft Rosa Luxemburg, Stückentwicklung gefördert von der Theaterkapelle Berlin und der Bundeszentrale für Politische Bildung, Wiederaufnahme.
  • 2012, Regie: NaKKt unter Wölfen, intergenerationales Theaterprojekt gefördert vom Anne Frank Zentrum Berlin und der Bundeszentrale für politische Bildung.[23]
  • 2012, Künstlerische Leitung und Regie: Der Soldat und die Königin (Autor: Simon Strick), Anti-Kriegsstück in Zusammenarbeit mit der Theaterkapelle Berlin-Friedrichshain.
  • 2012, Künstlerische Leitung Regie: Inglourious Lolitas, gefördert von der Theaterkapelle Berlin-Friedrichshain, der P 14 und der Schauspielschule Goldoni.
  • 2012, Künstlerische Leitung und Regie: Ab nach Schwedt (NVA-Gefängnisprojekt), intergenerationales Theaterprojekt gefördert von der Bundeszentrale für Politische Bildung, dem Hugenotten-Verein Schwedt / Oder und den Uckermärkischen Bühnen Schwedt.
  • 2012, Künstlerische Leitung und Regie: Das Schreien der Lämmer, szenische Installation von Essensbiographien in der Wende und Nachwendezeit, gefördert von der Theaterkapelle Berlin-Friedrichshain.
  • 2011, Regie: THEATERTOD, Performance auf dem Heiner Müller-Festival gefördert von der Zeitschrift POLAR, Sophiensaele Berlin.[24]
  • 2010, Künstlerische Leitung und Regie: Salmas Brüste - Rosa Luxemburg trifft Frida Kahlo, Produktionsleiterin: Internationales Theaterfestival Grenzgängerinnen: Women in Transit im Haus der Kulturen der Welt gefördert von der Bundeszentrale für Politische Bildung.[25]
  • 2010, Künstlerische Leitung und Regie: Filizid – Monolog einer Kindsmörderin (Autor: Simon Strick), gefördert von der Bundeszentrale für politische Bildung.[26]

Texte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 2021, „Dürfen wir Eure Revolution anfassen? - Eine Wiederbelebung des 4.11.89.“ (mit Anna Stiede) In: Die Straße ist die Tribüne des Volkes. Hg. Caroline Moine et al. LINKS Verlag.[27]
  • 2018, „Allianz statt Konkurrenz“ (mit Simon Strick), zur Debatte “Sind Ostdeutsche Migranten?”, in taz - die Tageszeitung, 4. Juli 2018.[28]
  • 2015, Schauspiele des Sehens: Die Figur der Flaneurin, Voyeurin und Stalkerin, Monographie 2015 (Winter Verlag).[29]
  • 2015, „Zähne zeigen: Dentale Imagines im Kalten und postkalten Krieg“, In: Das Dentale: Faszination des oralen Systems in Wissenschaft und Kultur (Hg. Böhme / Kordaß), Quintessenz Verlag.[30]
  • 2014, „Die betroffene Feldherrin oder: where in the world is Osama Bin Laden“, In: Hillarys Hand. Zur politischen Ikonographie der Gegenwart (Hg. Kauppert / Leser), transcript Verlag.[31]
  • 2011, „Mit den Wölfen heulen – Animalisierte Phantasien der politischen Umbrüche 1989“, in: Visualisierungen des Umbruchs (Hg. Karaminova /Jung), Peter Lang.[32]
  • 2009, „Auf den Zahn fühlen – Zum Zusammenhang von Zahn, Zahntechnologien und Staatsgewalt in der DDR und in der Wendezeit“, in: Nachbilder der Wende. Hg. Inge Stephan / Alexandra Tacke, Böhlau.[33]
  • 2005, „Tödliche Perspektiven: Die toten sprechenden Frauenfiguren in Elfriede Jelineks Dramoletten 'Der Tod und das Mädchen I-V'“, in: Sprachkunst. Beiträge zur Literaturwissenschaft XXXVI, 1. Halbband 2005.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Susann Neuenfeldt – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Susann Neuenfeldt: Die Figur der Flaneurin, Voyeurin und Stalkerin im U.S.-amerikanischen Essay. Winter-Verlag, Heidelberg 2015, ISBN 978-3-8253-7428-0.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. firmennest: Home. Abgerufen am 8. April 2022.
  2. jschroeder: Dissertations Supervised. Abgerufen am 13. April 2022 (englisch).
  3. Haus der Kulturen der Welt: Grenzgängerinnen: Frauen / Bilder der Amerikas in Bewegung. 6. August 2018, abgerufen am 8. April 2022.
  4. Udo Badelt: Die Boxhagener Straße: Das jüngste Gesicht. In: Der Tagesspiegel. 21. September 2010, abgerufen am 8. April 2022.
  5. Susann Neuenfeldt. In: PANZERKREUZER ROTKÄPPCHEN. Abgerufen am 13. April 2022.
  6. Inga Dreyer: Solo für 60 Frauen und einen Punk. In: Die Tageszeitung. 1. November 2019, abgerufen am 13. April 2022.
  7. Maike Möller-Engemann | Choreographie und Schauspiel. Abgerufen am 8. April 2022.
  8. Simon Strick: „Rechte Gefühle“ - Wie der „digitale Faschismus“ Emotionen manipuliert. In: deutschlandfunkkultur.de. Abgerufen am 8. April 2022.
  9. Über PKRK. In: PANZERKREUZER ROTKÄPPCHEN. Abgerufen am 13. April 2022.
  10. Als 500.000 Bürger aufbegehrten: Berliner Theaterkollektiv spielt die größte Demo der DDR nach. In: Der Tagesspiegel Online. ISSN 1865-2263 (tagesspiegel.de [abgerufen am 7. Mai 2023]).
  11. Treuhandtechno – Verbindungen zwischen Treuhandabwicklung und Technokultur – Radio CORAX. Abgerufen am 13. April 2022.
  12. 4-11-89 Theater der Revolution - Alexanderplatz - 4. November 2019 - 17:30. Abgerufen am 8. April 2022.
  13. TREUHAND TECHNO. Abgerufen am 10. April 2022 (englisch).
  14. APOLDA DE — TREUHAND TECHNO. Abgerufen am 8. April 2022.
  15. JENA DE — TREUHAND TECHNO. Abgerufen am 8. April 2022.
  16. LEIPZIG DE — TREUHAND TECHNO. Abgerufen am 8. April 2022.
  17. BERLIN DE — TREUHAND TECHNO. Abgerufen am 8. April 2022.
  18. GÖRLITZ DE — TREUHAND TECHNO. Abgerufen am 8. April 2022.
  19. deutschlandfunkkultur.de: 30 Jahre Mauerfall - Gefühlsarbeit mit 60 Frauen und einem Punk. Abgerufen am 14. April 2022.
  20. Wolfgang Höbel, Carola Padtberg, Tobias Rapp, Jurek Skrobala, Volker Weidermann: (S+) Theater, Konzertsäle und Clubs öffnen nach Corona-Lockdown: Die Musik am Ende des Tunnels. In: Der Spiegel. 4. Juni 2021, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 14. April 2022]).
  21. Victor Sattler: Wurzeln des Techno: Wie man den Nachthimmel abwickelt. In: FAZ.NET. ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 22. April 2022]).
  22. Andreas Hartmann: An den Glühlampen schrauben. In: Die Tageszeitung: taz. 8. Juni 2021, ISSN 0931-9085, S. 24 (taz.de [abgerufen am 14. April 2022]).
  23. Kriegskinder – Lebenswege bis heute. Abgerufen am 10. April 2022.
  24. Peter Siller, Bertram Keller: Editorial - POLAR#2. Abgerufen am 10. April 2022.
  25. Haus der Kulturen der Welt: Grenzgängerinnen: Frauen / Bilder der Amerikas in Bewegung. 6. August 2018, abgerufen am 10. April 2022.
  26. Haus der Kulturen der Welt: Grenzgängerinnen: Frauen / Bilder der Amerikas in Bewegung. 6. August 2018, abgerufen am 10. April 2022.
  27. Ch. Links Verlag | Die Straße ist die Tribüne des Volkes - Ansichten zum 4. November 1989 in Ost-Berlin. Abgerufen am 9. April 2022.
  28. Susann Neuenfeldt: Debatte Ostdeutsche und Migranten: Allianz statt Konkurrenz. In: Die Tageszeitung: taz. 4. Juli 2018, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 9. April 2022]).
  29. Winter Verlag: Susann Neuenfeldt. Abgerufen am 9. April 2022.
  30. Hartmut Böhme / Bernd Kordaß / Beate Slominski (Editor) | Das Dentale. Abgerufen am 9. April 2022.
  31. transcript: Hillarys Hand. Abgerufen am 9. April 2022.
  32. Ana Karaminova, Martin Jung: Visualisierungen des Umbruchs. 2013, ISBN 978-3-653-01691-8 (peterlang.com [abgerufen am 9. April 2022]).
  33. NachBilder der Wende. Abgerufen am 10. April 2022.