Tetramethylzinn

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Strukturformel
Strukturformel von Tetramethylzinn
Allgemeines
Name Tetramethylzinn
Andere Namen
  • Zinntetramethyl
  • Tetramethylstannan
  • TTMT
Summenformel C4H12Sn
Kurzbeschreibung

niedrigviskose, brennbare, farblose Flüssigkeit[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 594-27-4
EG-Nummer 209-833-6
ECHA-InfoCard 100.008.941
PubChem 11661
Wikidata Q413135
Eigenschaften
Molare Masse 178,848 g·mol−1
Aggregatzustand

flüssig[1]

Dichte

1,29 g·cm−3[1]

Schmelzpunkt

−54 °C[1]

Siedepunkt

74–75 °C[1] (ohne Zersetzung)

Dampfdruck

146,7 hPa (25 °C)[2]

Löslichkeit

nahezu unlöslich in Wasser (0,06 g·l−1)[2], löslich in unpolaren Lösemitteln

Brechungsindex

1,441 (bei 20 °C, 589 nm)[1]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[3]
Gefahrensymbol Gefahrensymbol Gefahrensymbol

Gefahr

H- und P-Sätze H: 225​‐​300+310+330​‐​410
P: 210​‐​233​‐​273​‐​280​‐​303+361+353​‐​304+340+310[3]
MAK

0,001 ml·m−3, 0,005 mg·m−3[2]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen. Brechungsindex: Na-D-Linie, 20 °C

Tetramethylzinn, mit der Konstitutionsformel Sn(CH3)4, ist eine der einfachsten metallorganischen Zinnverbindungen. Die klare, farblose, dünnflüssige, leicht flüchtige Flüssigkeit hat einen unangenehmen Geruch.[4] Tetramethylzinn kann zur Methylierung von organischen und anorganischen Halogeniden verwendet werden.

Gewinnung und Darstellung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Tetramethylzinn kann durch Reaktion des Grignard-Reagenz Methylmagnesiumiodid mit Zinn(IV)-chlorid (SnCl4) hergestellt werden:[5]

Auch metallorganische Verbindungen anderer Elemente, wie Methylaluminiumverbindungen, können zur Methylierung von SnCl4 eingesetzt werden.[6]

Ebenso können SnCl4 und Methylchlorid direkt in Gegenwart von Natrium miteinander umgesetzt werden (Wurtz-Reaktion):[6]

Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Physikalische Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Tetramethylzinn ist leichtentzündlich, mit einem Flammpunkt von −12 °C und einer unteren Explosionsgrenze von 1,9 Vol-%.[1] Es hat eine Dichte von 1,29 g·cm−3 und einen Brechungsindex von 1,4410. Es ist nahezu unlöslich in Wasser aber gut mischbar mit unpolaren organischen Lösungsmitteln. Im Molekül ist das zentrale Zinnatom – äquivalent zum zentralen Kohlenstoffatom in Neopentan – von den vier Methylgruppen in einer tetraedrischen Anordnung umgeben. Die Stärke der Sn–C-Bindung wird mit 297 kJ/mol angenommen.[7]

Chemische Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Tetramethylzinn ist aufgrund der guten Abschirmung des zentralen Metallatoms und der geringen Polarität der Sn–C-Bindung an der Luft stabil und weitgehend hydrolyseunempfindlich. Tetramethylzinn reagiert mit Säurechloriden unter Bildung von Methylketonen und mit Arylhalogeniden unter Bildung von Arylmethylketonen:

Auch auf anorganische Halogenide, wie SnCl4 oder BBr3, können vom Tetramethylzinn Methylgruppen übertragen werden:

     (Kocheshkov-Umlagerung[8])

Verwendung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • im MOCVD-Verfahren (Metalorganic Chemical Vapour Deposition) bei der Herstellung von hochwertigen Zinn oder Zinnoxidfilmen für Solarzellen oder Gassensoren durch thermische Zersetzung bei 400–650 °C.[7][9][10]

Sicherheitshinweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Tetramethylzinn ist wie viele andere organische Zinnverbindungen als giftig eingestuft und muss daher mit entsprechender Vorsicht gehandhabt werden.

  • Toxizität gegenüber Fischen, LC50: Dosis 6,44 mg/l (48 h) Oryzias latipes (Roter Killifisch).
  • Toxizität gegenüber Daphnien und anderen wirbellosen Wassertieren, EC50: Dosis: 40 mg/l (24 h) Daphnia magna (Großer Wasserfloh).[1]

Zinnorganische Verbindungen schädigen das zentrale Nervensystem, was zu Krämpfen, Narkose und Atemlähmung führen kann. Es wird berichtet, dass Tetramethylzinn, welches – neben Triethyl- und Trimethylzinnverbindungen – bei der Produktion von Solarzellen eingesetzt wird, in Säugetieren rasch zu Trimethylzinn-Einheiten dealkyliert wird. Tierversuche zeigen, dass Trimethylzinn auf das zentrale Nervensystem wirkt und zu Vergiftungen führen kann, welche sich in reversiblen Nervenschäden bis zum Tod manifestieren können.[15]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Alwyn George Davies, Keith Pannell: Tin chemistry: fundamentals, frontiers, and applications. John Wiley & Sons Ltd, 2008, ISBN 978-0-470-51771-0 (Seite 1 in der Google-Buchsuche).

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e f g h Datenblatt Tetramethylzinn zur Synthese bei Merck, abgerufen am 13. November 2011.
  2. a b c Methylzinnverbindungen. In: DFG (Hrsg.): The MAK Collection for Occupational Health and Safety. 2014, S. 13, doi:10.1002/3527600418.mb744031metd0056.
  3. a b Eintrag zu Tetramethylzinn in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 20. Januar 2022. (JavaScript erforderlich)
  4. Wolfgang Legrum: Riechstoffe, zwischen Gestank und Duft, Vieweg + Teubner Verlag (2011) S. 68–69, ISBN 978-3-8348-1245-2.
  5. Scott, W. J.; Jones, J. H.; Moretto, A. F.: Tetramethylstannane. In: Encyclopedia of Reagents for Organic Synthesis. 2002, doi:10.1002/047084289X.rt070.
  6. a b Alwyn George Davies: Organotin chemistry, Band 1. Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, 2004, ISBN 3-527-31023-1 (Seite 46–48 in der Google-Buchsuche).
  7. a b Roland A. Fischer: Precursor chemistry of advanced materials. Springer-Verlag Berlin, 2005, ISBN 978-3-540-01605-2 (Seite 7 in der Google-Buchsuche).
  8. Alwyn George Davies: Organotin chemistry, Band 1. Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, 2004, ISBN 3-527-31023-1 (Seite 167 in der Google-Buchsuche).
  9. Yuichiro Okajima et al.: Proceedings of the Third International Symposium on Ceramic Sensors. The Electrochemical Society Inc., 1997, ISBN 1-56677-127-7 (Seite 69 in der Google-Buchsuche).
  10. Cynthia J. Bruckner-Lea: Chemical sensors 6. The Electrochemical Society Inc., 2004, ISBN 1-56677-421-7 (Seite 42 in der Google-Buchsuche).
  11. Manfred Dieter Lechner, Klaus Gehrke, Eckhard H. Nordmeier: Makromolekulare Chemie: ein Lehrbuch für Chemiker, Physiker. Birkhäuser Verlag, 2010, ISBN 978-3-7643-8890-4 (Seite 100 in der Google-Buchsuche).
  12. Christoph Janiak, Thomas M. Klapötke, Hans-Jürgen Meyer, Erwin Riedel: Moderne anorganische Chemie. de Gruyter, 2003, ISBN 3-11-017838-9 (Seite 741 in der Google-Buchsuche).
  13. Patent WO2010075972A2: METHOD FOR PRODUCING METHYL TRIOXORHENIUM (MTO).
  14. Patent DE3940196A1: Organo-rhenium oxide cpds. - useful on oxide support materials, as catalysts for metathesis of olefin(s), esp. functional olefin(s).
  15. L. D. Hamilton, W. H. Medeiros, P. D. Moskowitz, K. Rybicka: Toxicology of tetramethyltin and other organometals used in photovoltaic cell manufacture, AIP Conf. Proc., 1988, Volume 166, Issue 1, S. 54–66; doi:10.1063/1.37131.