Winterschlacht in Masuren

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Schlacht an den Masurischen Seen
Teil von: Erster Weltkrieg

Ostfront 07. - 22. Februar 1915
Datum 7. Februar - 22. Februar 1915
Ort Masuren
Ausgang Deutscher Sieg
Konfliktparteien
Befehlshaber

Paul von Hindenburg
Erich Ludendorff
Max Hoffmann

Nikolai Russki
Thadeus von Sievers

Truppenstärke

VIII. Armee, X. Armee

X. Armee, XII. Armee

Verluste

16.200

56.000 Tote und Gefangene

Die Winterschlacht in Masuren fand zwischen dem 7. Februar und dem 22. Februar 1915 in Masuren (Ostpreußen, heute Polen) zwischen deutschen und russischen Truppen statt.

Hintergrund

Nach den beiden Niederlagen bei Tannenberg und an den Masurischen Seen sah sich die russische Militärführung erst einmal gezwungen, wieder Reserven heranzuholen, um für weitere Operationen gerüstet zu sein. Erschwerend kam noch hinzu, dass im Herbst 1914 deutsche Truppen versucht hatten, nach Warschau vorzustoßen. Der deutsche Angriff konnte zwar erfolgreich abgewehrt werden, doch band dieser Einsatz am Ende des Jahres 1914 fast sämtliche Kräfte der russischen Nordwestfront. Da es an der Zentralfront an der Weichsel zu einem Patt zwischen beiden Seiten gekommen war, griff der Frontbefehlshaber General Russki den Plan einer Offensive über Ostpreußen auf. Das russische Hauptquartier Stawka unter Jurij Danilow sah dies als eine vielversprechende Alternative an. Die Russen konnten personell wie auch industriell aus dem Vollen schöpfen und planten die Aufstellung einer neuen Armee – der XII. – an der Südgrenze des deutschen Gebietsvorsprungs. Das Aktivierungsgebiet und die geplanten Aufmarschachse sahen der Operation der II. Armee unter Samsonow, die bei Tannenberg vernichtet wurde, zum Täuschen ähnlich.

In den deutschen Stäben herrschte über das weitere Vorgehen allerdings keine solche Einigkeit. Der Chef der OHL Falkenhayn wollte alle verfügbaren Kräfte für die Westfront aufsparen und den Winter an der Ostfront ohne weitere deutsche Operationen verstreichen lassen. Hindenburgs Stabschef und eigentlicher Befehlshaber der Ostfront General Ludendorff verlangten allerdings neue Truppen für einen weiteren Angriff. Nachdem sich seine Offensive in Russisch-Polen als Rückschlag erwiesen hatte, wandte er sich wieder Ostpreußen zu. Die deutsche Ostprovinz war seit 1914 unter der ständigen Bedrohung russischer Truppen und die Neuaufstellung der russischen XII. Armee verdeutlichte noch einmal die Dringlichkeit dieses Problems. Der rangniedere Offizier konnte sich gegen den Oberbefehlshaber des Heeres durchsetzen und begann mit der Planung der Operation. Im Januar wurden vier Korps aus der polnischen Front herausgelöst und in der neu formierten X. Armee unter Hermann von Eichhorn im südlichen Ostpreußen reaktiviert. Somit besaßen die Deutschen in ihrer östlichsten Provinz zwei Armeen, die man für eine Offensive nutzen konnte. Der Plan sah eine Umfassungsschlacht gegen die russische X. Armee unter Thadeus von Sievers vor. Der als Ziel ausersehene Großverband deckte von Osten her die Grenze zum Deutschen Reich und sollte durch zwei deutsche Angriffsspitzen eingekesselt werden.

Die russischen höheren Stellen ignorierten die Gefahr, die der russischen X. Armee drohte, trotz mehrerer Warnungen ihres Oberbefehlshabers. Der Chef der STAWKA Danilow schlug dessen Bedenken damit ab, dass alle verfügbaren deutschen Truppen am Zentralabschnitt der Front in Polen gebunden seien. Der ihm untergeordnete Frontkommandeur Russki ging sogar davon aus, dass jedweder deutscher Vorstoß durch die Neuaufstellung der XII. Armee aufgrund mangelnder Flankensicherung gar nicht erst in Betracht gezogen würde.

Verlauf der Schlacht

Die Kampfhandlungen begannen am 7. Februar 1915 mit dem simultanen Angriff der beiden deutschen Stoßkeile. Die deutsche X. Armee stieß am nördlichen Ende der russischen Linie vor, während die VIII. Armee dasselbe Manöver im Süden durchführte. Da beide Großverbände jeweils am äußersten Rand der russischen Flanken operierten, stießen sie auf wenig Widerstand. Bereits zwei Tage später konnte von Belows X. Armee einen Durchbruch an der rechten Flanke der russischen Stellungen erzielen. Die deutschen Soldaten konnten sich gegen zwei Kavalleriedivisionen und zwei Reservedivisionen aus Sievers' Armee durchsetzen und schlugen sie in die Flucht. Damit war der Weg zu den russischen Nachschublinien für Eichhorns Truppen frei und das russische Zentrum einer immensen Bedrohung ausgesetzt.

Dieser taktischen Niederlage hätte die russische Führung sicherlich begegnen können, wenn sie nicht die Vorgänge an ihrer Front falsch eingeschätzt hätte. Man war vom Hauptquartier in Sicherheit gewogen worden und rechnete nicht mit einer umfassenden Offensive. So wurde die Bewegung der VIII. Armee als ein Angriff in Korpsstärke auf die Festung Osowiec gesehen und auf energische Gegenmaßnahmen verzichtet. Ebenso wurde die Stärke der X. Armee im Norden unterschätzt. Man sah in ihrem Vorgehen einen Angriff auf die Garnisonsstadt Kowno. Es dauerte bis eine Woche nach dem Beginn der deutschen Offensive, bis man sich im Hauptquartier der russischen X. Armee im Klaren darüber war, dass man überhaupt einer Großoffensive gegenüberstand. Selbst der komplette Zusammenbruch der rechten Flanke am 11. Februar war kein ausreichendes Alarmzeichen für den Befehlshaber der Armee wie auch für die höheren Stäbe.

Am selben Tag griff allerdings der Frontkommandeur Russki ein. Er plante eine Gegenoffensive im Bereich von Belows VIII. Armee. Hierbei unterlag er zwei Fehleinschätzungen, die seinen Eingriff zur Katastrophe machten. Einerseits hielt er die VIII. Armee für den deutschen Hauptstoß, während im Norden bereits die deutsche X. Armee den rechten Flügel zurückgeworfen hatte und die Einkreisung des russischen Zentrums vorbereitete. Er wollte die noch nicht einsatzfähige XII. Armee für eine Gegenoffensive im Süden Ostpreußens bereitstellen. Um dieser Operation Flankensicherung zu geben, verbot er allerdings jeden Rückzug der Truppen der russischen X. Armee. Damit saßen die zentralen Korps der Armee Sievers per Dekret festgenagelt zwischen den beiden deutschen Armeen, die sich an ihren Flanken in ihr Hinterland vorschoben. Die versprochene Gegenoffensive fand natürlich nicht mehr statt. Als man am 14. Februar den Ernst der Lage erkannt hatte, gab der Armeebefehlshaber den Befehl zum Rückzug, allerdings war es dazu fast zu spät. Die Soldaten des Kaisers kontrollierten bereits die Straßen, die als Rückzugswege für die zentralen Einheiten dienen sollten und hatten sich im Hinterland festgesetzt. Somit artete der Rückzug zur Panik aus. Zwei Korps der russischen Mitte konnten sich zwar retten, das 20. Korps wurde allerdings bei Augustow in einem Waldgebiet eingeschlossen und kapitulierte mit 12.000 noch verbliebenen Männern. Der Rest der Truppen konnte allerdings in letzter Minute ausweichen und sich stark dezimiert in einer Auffangstellung sammeln.

Folgen

Die Winterschlacht war ein deutscher Sieg, und dieser wurde im Deutschen Reich auch dementsprechend propagandistisch gewürdigt. Doch gemessen an Ludendorffs Erwartungen war sie nur ein Teilerfolg. Der Generalstabschef der Ostfront hatte geplant, die X. russische Armee in einem zweiten Tannenberg komplett zu vernichten, um dann durch von Feinden leeren Raum bis nach Białystok vorzustoßen. Die Armee Sievers wurde zwar geschlagen, doch konnte sie einer völligen Einkesselung entgehen. Somit hatte man gut 150 km Terrain gewonnen und damit die letzten russischen Truppen von deutschem Gebiet vertrieben. Doch ein Zusammenbruch der gegnerischen Front wurde nicht herbeigeführt. Zwar musste General Nikolai Russki seinen Offensivplan zur Eroberung Ostpreußens durch die XII. russische Armee vorläufig aufgeben, doch die Offensivfähigkeit der russischen Streitkräfte war noch vorhanden. Dies zeigte sich schon Anfang März 1915, als die XII. russische Armee in einer Gegenoffensive 30.000 Gefangene machen konnte. Ostpreußen war aber zu diesem Zeitpunkt durch einen Puffer russischen Gebiets gegen ein erneutes Vordringen der russischen imperialen Streitkräfte gesichert. Der Großfürst Nikolai Romanow befahl wenig später in seiner Eigenschaft als Oberkommandierender der russischen Armee von weiteren Offensiven gegen Ostpreußen abzusehen.

Literatur

  • John Keegan: Der erste Weltkrieg. Eine europäische Tragödie, Rowohlt-Taschenbuch-Verlag, Reinbek bei Hamburg 2001, ISBN 3-499-61194-5
  • Christian Zentner: Der erste Weltkrieg. Daten, Fakten, Kommentare, Moewig, Rastatt 2000, ISBN 3-8118-1652-7
  • Stone, Norman: The Eastern Front 1914-1917, Penguin Books Ltd., London 1998, ISBN 0-14-026725-5