Wolfgang Kittel

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Wolfgang Alexander Kittel (* 11. November 1899 in Charlottenburg; † 27. Februar 1967 in Bad Homburg vor der Höhe) war ein deutscher Eishockeyspieler, bevor er 1928 in die zivile Luftfahrt wechselte.

Leben

Kittel war der Sohn des Facharztes für gichtig-rheumatische Krankheiten Miesko Kittel (1856–1923) in Franzensbad und Meran und seiner ersten Ehefrau Auguste Juliane Alice Reschke (1869–1925). Kittel besuchte das Gymnasium Eger und das Internat Cilli. Nach dem Besuch der Offizierschule in Innsbruck stand er in einem österreichischen Kaiserjäger-Regiment in der Isonzo-Schlacht. Nach dem Krieg war er kurze Zeit im Baltikum in einem Freikorps. Er studierte dann ohne Abschluss an den Technischen Hochschulen München und Berlin. Von 1924 bis 1928 war er im Lohmann-Konzern tätig.

Vor 1928 spielte Kittel auf Vereinsebene für den Berliner Schlittschuhclub, mit dem er in der Saison 1928 den deutschen Meistertitel gewann. Für die deutsche Eishockeynationalmannschaft nahm Kittel an den Olympischen Winterspielen 1928 in St. Moritz teil. Bei der Europameisterschaft 1927 gewann er mit seiner Mannschaft die Bronzemedaille. Insgesamt absolvierte er zwei Länderspiele für Deutschland.

Karriere in der zivilen Luftfahrt

1928 ging Kittel nach Barranquilla (Kolumbien), wo er bis 1938 für die SCADTA (Sociedad Colombo-Aleman de Transportes Aereos) arbeitete. In einem Brief an den Berliner Schlittschuh-Club von 1930, abgedruckt in "Berliner SC Mitteilungen" vom Mai 1930 unter der Rubrik "Verschiedenes" gerichtet an Herrn Kleeberg, berichtet "unser Mitglied Herr Wolfgang Kittel" aus Colón. Panama, dass seine Firma (die SCADTA) ihn dorthin versetzt habe und dass er sich freue, durchreisenden B.S.C. Mitgliedern behilflich sein zu können. Gesundheitsbedingt kam er 1938 wieder nach Deutschland, wo er sich zuerst mit der Sammlung von Dokumenten zu seiner nicht-jüdischen Vorfahrenschaft beschäftigte und dann eine Anstellung bei der Deutschen Lufthansa 1939 bekam. Er übernahm eine Vertretung in Bathurst/British West Gambia (heute: Sierra Leone) und wurde noch 1939 – aufgrund seiner Stellung als deutscher Konsul – nach England deportiert. Von dort wurde er mit der Arandora Star zur weiteren Internierung in Kanada deportiert. Das Schiff wurde vom deutschen U-Boot „U-47“ unter Günther Prien am 2. Juli 1940 um 6.58 Uhr torpediert und versenkt. Kittel wurde gegen 16.00 Uhr durch den kanadischen Zerstörer St. Laurent gerettet. Er wurde nach England verbracht und schon am 12. Juli mit der HMT Dunera Richtung Australien in Marsch gesetzt.

An Bord der Dunera kam es vor Capetown zur Meuterei, die Kittel nach Mitteilung seiner zweiten Ehefrau Ingeborg Kittel geb. Gerlach (1921–2018) auf Seiten der Mannschaft niederschlug. Daraufhin wurde er mit einem Passagierdampfer ohne Begleitung auf sein Ehrenwort in der 1. Klasse nach London entsandt, um in der fälligen Kriegsgerichtsverhandlung aussagen zu können. Kittels Verbleib bis zum Weihnachtsfest 1940, das er in Dunluce House, Ramsey, auf der Isle of Man verbrachte, ist nicht belegbar. In dieser Villa waren deutsche VIPs und Diplomaten untergebracht. Er traf dort auf seinen künftigen Schwiegervater Werner Gerlach, den deutschen Generalkonsul in Reykjavík, Island, den die Engländer im Mai 1940 mitsamt seiner Familie nach England deportiert hatten.[1] Dort lernte Kittel auch seine zukünftige zweite Ehefrau Ingeborg Gerlach, die ältere Tochter Gerlachs, kennen.

Über seinen Verbleib bis zum Frühjahr 1943, als er um die Hand von Ingeborg Gerlach in Prag anhielt, nachdem er offensichtlich repatriiert worden war, liegen keine Dokumente vor. Von 1943 bis zur englischen Internierung 1945–1947 leitete er die Firma Bauer & Schaurte in Neuss, als Hersteller von hochfesten Schrauben ein kriegswichtiger Betrieb, für Werner T. Schaurte (1893–1978), der mit seinem Jagdbegleiter Graf Lothar von Hoensbroech in Kanada von den Engländern nach England und auf die Isle of Man deportiert worden war und ebenfalls in Dunluce House landete.

Nach der Internierung durch das englische Militär (1945–1947) aufgrund einer haltlosen Denunzierung durch seine Schwester Elsa Löffler geb. Kittel arbeitete er einige Jahre bei den Matthes-Fischer-Werken, Düsseldorf-Oberkassel, Hersteller bedruckter Blechdosen. Ab 1952/1953 war er dann bei der neugegründeten Deutschen Lufthansa A. G. in Köln angestellt, 1954 Hamburg, 1955 bis 1959 war er als General Manager für Nord- und Mittelamerika in New York zuständig, dann von 1960 bis 1965 im Vorstand. Danach war er Hauptgeschäftsführer der Deutschen Zentrale für Fremdenverkehr bis zu seinem Tod 1967 in Bad Homburg.

Familie

Kittel heiratete am 17. Juli 1922 in Budapest Carola Mathilde Elfriede Remy. Die Ehe blieb kinderlos und wurde 1939 in Berlin geschieden. Am 15. September 1943 heiratete er in Paris Ingeborg Gerlach. Aus dieser zweiten Ehe stammen die beiden Söhne Werner Kittel (geb. 3. März 1945 in Garmisch-Partenkirchen), Begründer des Kunstarchivs Kittel, und Gerd Kittel (geb. 17. November 1948 in Düsseldorf), Arzt und Fotograf.

Erfolge und Auszeichnungen

Quellen

  • Berliner SC (Schlittschuh-Club), Mitteilungen, Mai 1930 unter "Verschiedenes"
  • Peter und Leni Gillman: Collar the Lot! How Britain Interned & Expelled its Wartime Refugees. Quartet Books Ltd., London, 1980
  • International Who's Who 1964
  • Lupold v. Lehsten: Das Freundschaftsalbum des Jakob Gerlach zu seiner Wanderschaft im Jahr 1849 und die Schlossermeister-Familie Gerlach in Frankfurt am Main. In: Hessische Familienkunde, Band 38, Heft 3/2015, Spalten 113–124 (zu Kittel und Gerlach)
  • Institut für Personengeschichte (IPG), Bensheim, Vorlass Kittel, Mappen Kittel ex Wolinski (auch mit einer illustrierten Sportzeitschrift von 1927/28 mit damaligem Photo von Kittel, das mit dort vorhandenen Exemplaren der Firmenzeitschrift "Der Lufthanseat" mit späteren Aufnahmen verglichen werden kann, um die Identität des Eishockeyspielers mit dem Lufthansa Vorstandsmitglied zu überprüfen, abgesehen von den oben ersichtlichen genau übereinstimmenden Geburts- und Sterbezeitpunkten und -orten, wobei der richtige Geburtsort Charlottenburg und nicht Berlin lauten muss, da die Eingemeindung erst 1920 erfolgte.)

Außerdem in Bensheim ein Album mit Presseaufnahmen meist von Kittels Auslandsreisen anlässlich von Streckeneinweihungen als Lufthansa-Vorstandsmitglied, meist mit seiner zweiten Frau Ingeborg Kittel geb. Gerlach.

Einzelnachweise

  1. Paris Match vom 6. Juni 1940: Illustrierte Notiz von der Deportation des Schwiegervaters Gerlach 1940 von Reykjavík nach England