Satz von Vieta

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Wurzelsatz von Vieta)
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Der Satz von Vieta oder auch Wurzelsatz von Vieta ist ein mathematischer Lehrsatz aus der elementaren Algebra. Benannt ist er nach dem Mathematiker François Viète, der ihn in seinem postum erschienenen Werk De aequationum recognitione et emendatione tractatus duo (Zwei Abhandlungen über die Untersuchung und Verbesserung von Gleichungen) bewies.[1] Der Satz macht eine Aussage über den Zusammenhang zwischen den Koeffizienten und den Lösungen einer algebraischen Gleichung.

Die Aussage und ihre Umkehrung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Satz von Vieta besagt: Sind und die beiden Lösungen der quadratischen Gleichung , dann ist

[2]

Es gilt auch die Umkehrung des Satzes: Erfüllen und die Gleichungen und , so sind und die beiden Lösungen der Gleichung

Für den Satz und seine Umkehrung gibt es drei wichtige Anwendungen:

  • Es lassen sich damit quadratische Gleichungen zu vorgegebenen Lösungen konstruieren. Möchte man beispielsweise eine quadratische Gleichung mit den Lösungen und konstruieren, so setzt man und und erhält damit die gesuchte Gleichung . Hieraus lassen sich durch Äquivalenzumformungen alle weiteren quadratischen Gleichungen mit den Lösungen und erzeugen.
  • Es lassen sich Gleichungssysteme der Form
lösen. Beispielsweise sind die Lösungen und des Systems die Lösungen der zugehörigen quadratischen Gleichung . Nach der Lösungsformel ergibt sich , oder , .
  • Der Satz kann manchmal (insbesondere, wenn vermutet wird, dass die Gleichung ganzzahlige Lösungen hat) helfen, die Lösungen einer quadratischen Gleichung durch Probieren zu finden: Ist die quadratische Gleichung
gegeben, dann muss für potenzielle Nullstellen , gelten:
Ganzzahligen Nullstellen müssen also Teiler und Gegenteiler der 10 sein, deren Summe 7 ist. Als Teilerpaare kommen , , , oder in Frage. 2 und 5 sind tatsächlich Nullstellen, da und ist.

Beweis des Satzes von Vieta

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Satz ergibt sich direkt durch Ausmultiplizieren der Nullstellenform durch Koeffizientenvergleich:

und somit und .

Alternativer Beweis

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Alternativ folgt der Satz aus der pq-Formel: Für die Lösungen der Gleichung gilt

und

Addieren der beiden Gleichungen ergibt

.

Multiplizieren ergibt nach der dritten binomischen Formel

.

Beweis der Umkehrung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sind und mit und , so zeigt man die Behauptung, indem man und in der Gleichung geeignet substituiert und bzw. einsetzt.

Verallgemeinerung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Satz von Vieta über quadratische Gleichungen lässt sich auf Polynomgleichungen bzw. Polynome beliebigen Grades verallgemeinern. Diese Verallgemeinerung des Satzes von Vieta ist die Grundlage für das Lösen von Gleichungen höheren Grades durch Polynomdivision. Nach dem Fundamentalsatz der Algebra gilt:

Jedes (normierte) Polynom -ten Grades mit Koeffizienten in den komplexen Zahlen lässt sich als Produkt von Linearfaktoren darstellen:

sind die Nullstellen des Polynoms; auch wenn alle Koeffizienten reell sind, können die Nullstellen komplex sein. Nicht alle müssen verschieden sein.

Nun ergibt sich der Satz von Vieta durch Ausmultiplizieren und Koeffizientenvergleich:

,

wobei

die sogenannten Elementarsymmetrischen Polynome in bis sind.

Der Aufbau der Koeffizienten für das oben gezeigte Polynom vom Grad in Normalform lässt sich ganz allgemein so angeben[3]:

Für ein Polynom vierten Grades

ergibt sich:

Eine wichtige Anwendung des Satzes für und ist die Rückführung der kubischen Gleichung auf eine quadratische Gleichung und der Gleichung 4. Grades auf eine kubische Gleichung, die sog. kubische Resolvente.

Allgemein gilt der Wurzelsatz von Vieta auch für Polynome mit Koeffizienten in anderen Körpern, solange diese nur algebraisch abgeschlossen sind.

  • Walter Gellert: Lexikon der Mathematik. Leipzig: Bibliographisches Institut, 1990, S. 578, 200.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Heinz-Wilhelm Alten: 4000 Jahre Algebra. Geschichte, Kulturen, Menschen. Springer, Berlin u. a. 2003, ISBN 3-540-43554-9, S. 268.
  2. Franz Lemmermeyer: Mathematik à la Carte. Quadratische Gleichungen mit Schnitten von Kegeln. Springer, Berlin / Heidelberg 2016, ISBN 978-3-662-50340-9, S. 24.
  3. Bibliographisches Institut (Hrsg.): MEYERS Großer Rechenduden. Bibliographisches Institut AG, Mannheim 1961, DNB 453937608, Stichwort ‘Gleichungen’, S. 215 ff.