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Echtes Mädesüß

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Echtes Mädesüß
Echtes Mädesüß
Echtes Mädesüß
Echtes Mädesüß (Filipendula ulmaria)
Vorlage:Taxonomy
Vorlage:Subclassis: Rosenähnliche (Rosidae)
Vorlage:Ordo: Rosenartige (Rosales)
Vorlage:Familia: Rosengewächse (Rosaceae)
Vorlage:Subfamilia: Rosoideae
Vorlage:Genus: Mädesüß (Filipendula)
Wissenschaftlicher Name
Filipendula ulmaria
L.

Das Echte Mädesüß (Filipendula ulmaria) ist eine in fast ganz Europa heimische horstbildende Staude, die zu der Familie der Rosengewächse gehört. Man findet sie auf nährstoffreichen, feuchten Wiesen, an Gräben und Bachufern, Streu- und Moorwiesen. An Wassergräben, die nur selten gemäht werden und die nährstoffreich sind, kann sich das Echte Mädesüß zur vorherrschenden Leitstaude entwickeln.

Namensherkunft

Für die deutsche Bezeichnung "Mädesüß" gibt es mehrere Erklärungsansätze. Die am häufigsten genannte Erklärung verweist darauf, dass Mädesüß früher zum Süßen und Aromatisieren von Wein und insbesondere Met verwendet wurde. Der Name bedeute daher "Metsüße" - wobei dieser Honigwein allerdings seltener ein weiteres Süßungsmittel, dagegen aufgrund des eher flachen Weingeschmacks ein Aroma benötigte, zu dem das Mädesüß beigetragen haben mag. Mädesüß ist allerdings auch eine "Mahdsüße", denn nach dem Absensen verströmen die verwelkenden Blätter und Stengel einen süßen Geruch. "Mede ist zugleich ein altertümlicher Begriff für Grasland, auf dem das Mädesüß auch tatsächlich wächst, wenn der Boden ausreichend feucht ist. Auf jeden Fall ist der Name nicht von einem "Süßen Mädel" herzuleiten,

Im Volksmund trägt das Echte Mädesüß eine Reihe weiterer Namen. In einigen Regionen wird es aufgrund ihrer ulmenähnlichen Blätter auch "Rüsterstaude" genannt und "Bacholde", weil seine Blüten an die des Holunders erinnern. "Wiesenkönigin" spielt auf die auffällige Größe der Staude an und "Federbusch" oder "Spierstrauch" auf die Form des Blütenstands. Der Volksmund hat für die attraktive Pflanze auch weniger poetische Namen gefunden. In einigen Regionen wird sie wegen ihrer Verwendung bei Durchfallerkrankungen auch "Stopparsch" genannt.

Erscheinungsbild

Das echte Mädesüß erreicht eine Höhe von 50 bis 150 Zentimeter und zählt zu den Stauden. Die Stängel der Pflanze sind rötlich überlaufen und verzweigen sich erst im oberen Teil. Die Blätter sind dunkelgrün gefiedert und stark geadert sowie an der Unterseite weiß beflaumt. Die Fiederblättchen der Laubblätter erinnern an die Blätter der Ulmen, worauf auch die wissenschaftliche Bezeichnung "ulmaria" hindeutet.

Auffällig sind vor allem die Blüten der Pflanze. Mädesüß trägt sehr kleine, cremeweiße Blüten in dichten, fedrigen Rispen, die im Juni bis August erscheinen und vor allem abends ihren intensiven, honig- bis mandelartigen Geruch verströmen. Die einzelnen Blüten sind sehr klein; die Kelchblätter sind selten länger als einen Millimeter. Die gelblichweiß gefärbten Kronblätter erreichen dagegen eine Länge bis zu fünf Millimeter. Die sechs bis zehn Fruchtblätter werden von zahlreichen Staubblättern gesäumt, die einen weißen Faden sowie gelbe Staubbeutel besitzen. Der eiförmige, grüne Fruchtknoten besitzt einen weißen Griffel mit rundlichen, gelben Narben.

Fortpflanzung

Mit ihrem reichlichen Pollenangebot und dem süßen Blütenduft lockt das Echte Mädesüß vor allem Bienen, pollenfressende Fliegen und Schwebfliegen an. Zu den bestäubenden Insekten gehören aber auch Käfer. Aus den bestäubten Blüten entwickeln sich bis zu drei Millimeter lange, unscheinbar erscheindende Nüsschen, die sichelförmig gekrümmt sind und häufig zu sechst bis acht zusammenstehen. Aufgrund dieser spezifischen Fruchtform lässt sich das Echte Mädesüß gut von dem Kleinen Mädesüß (Filipendula vulgaris) unterscheiden, bei dem die Nüsschen eine gerade Form haben.

Mit zunehmender Reife verändert sich die Farbe der Nüsschen von grün zu braun. Im Oktober sind die Nüsschen ausgereift, haben eine flache Form und eine hellbraune, harte Fruchtwand. Mit dem Reifeprozess erhöht sich der Lufteinschluss in den Nüsschen. Der damit verbundene Gewichtsverlust trägt dazu bei, dass die Nüsschen vom Wind besser weggetragen werden können (Anemochorie). In den Nüsschen befinden sich die lediglich einen Millimeter langen Samen.

Botanisch zählt man das Echte Mädesüß zu den sogenannten "Winterstehern", denn die reifen Nüsschen werden nur allmählich durch den Wind vom Fruchtboden abgelöst und ausgebreitet (Semachorie). Gelegentlich findet man noch im Frühjahr an den vertrockneten Blütenzweige verbliebene Nüsschen.

Wie viele andere Pflanzen nutzt das Echte Mädesüß allerdings auch andere Ausbreitungsmechanismen, um ihren Samen möglichst weit zu streuen. Die Nüsschen des auch im Uferbereich von Gewässern wachsenden Mädesüß sind aufgrund des hohen Lufteinschlusses schwimmfähig und werden, wenn sie ins Wasser fallen, von diesem weggetragen (Nautochorie). Die Nüsschen zählen jedoch auch zu den Anhaftern (Epichorie), denn sie bleiben leicht an Tierfellen haften und werden so in die Umgebung der Pflanze getragen.

Verbreitungsgebiet und Lebensraum

Mädesüß ist in ganz Europa mit Ausnahme des südlichen Mittelmeergebietes zu finden. Es ist außerdem in Nord- und Mittelasien beheimatet. In Mittelasien grenzt das Verbreitungsgebiet an jenes des Rosa Mädesüß an, das von Sibirien bis Kamtschatka zu finden ist und dort in nebel- und regenreichen Gebieten wächst. Auf der Kamtschatka-Halbinsel wächst außerdem das Kamtschatka-Mädesüß, die mit einem Wachstum von bis zu drei Metern größte Mädesüß-Art, die auch im nördlichen Japan verbreitet ist.

Ursprünglich war das Echte Mädesüß vor allem in Erlen-Eschenwäldern zu finden, die früher die Bach- und Flussauen bedeckten. Diese Waldgesellschaften sind heute oft selten geworden, das Echte Mädesüß wächst "ersatzweise" entlang von Wassergräben und Bächen und ist außerdem häufig auf feuchten Wiesen zu finden, die nur selten gemäht werden.

Mädesüß fühlt sich am wohlsten an sonnigen bis lichtschattigen Standorten, die luftfeucht und windgeschützt sind. An stärker beschatteten Plätzen legen sich die Stängel nieder. Wird sie als Gartenblume angebaut, muss die Pflanze daher gestützt werden. An sehr nassen Standorten entwickelt sich gelegentlich Mehltau.

Die Pflanzen benötigen nährstoffreiche Böden, die auch lehmig oder tonig sein können. An natürlichen Standorten zählen unter anderem Blut-Weiderich, Beinwell, Baldrian, Sumpf-Storchschnabel, Zottiges Weidenröschen, Gilbweiderich und gelegentlich die Sumpf-Schwertlilie zur Begleitflora.

Inhaltsstoffe

Mädesüß enthält Salicylate, Flavonoide, Gerbsäuren, ätherisches Öl, Zitronensäure und Schleim; außerdem ein schwach giftiges Glykosid, das bei entsprechend hoher Dosierung Kopfschmerzen auslösen kann.

Verwendung in der Küche

Nahaufnahme des Echten Mädesüß

Aus den Blüten kann man einen aromatischen Tee herstellen; die Wurzel und die Triebe gelten als essbar.

Alle Pflanzenteile, insbesondere die Blüten, eignen sich zum Aromatisieren von Süß- und Fruchtspeisen sowie Getränken, denen sie einen süßlich-herben Geschmack verleihen. In der deutschen Küche verwendet man Mädesüß allerdings eher selten. Häufiger wird Echtes Mädesüß in der französischen und belgischen Küche verwendet. Man macht sich zu Nutze, dass in Flüssigkeit getauchte Blüten ihre Geschmacksstoffe an die Flüssigkeit guz abgeben. Ungeschlagene Sahne nimmt den honig-mandelartigen Geschmack an, wenn über Nacht die Blüten in ihr ziehen konnten. Mädesüß-Sorbet wird gelegentlich als Zwischengang oder Abschluss eines Essens gereicht, da die Pflanze Sodbrennen entgegenwirken soll. Auch Wein wird manchmal mit den Blüten aromatisiert, wenn er entweder schon zu alt oder geschmacklich zu flach ist.

Verwendung als Duftplanze

Aufgrund des süß-herben Duftes, der von vielen Menschen als angenehm empfunden wird, war Mädesüß einst ein beliebtes Streukraut. Man bestreute damit am Morgen den Holzfußboden und kehrte die Blätter und Stängel wieder aus, wenn sie abends vertrocknet waren und ihren Duft nicht mehr verströmten.

In England wird Mädesüß Duftpotpourris beigemischt, um diesen eine etwas rundere Note zu verleihen. So war sie die bevorzuge Aromapflanze der englischen Königin Elisabeth I.. Allerdings wird der Duft nicht von allen gleichermaßen geschätzt. Von einigen Menschen wird der Geruch als zu aufdringlich empfunden, was der Pflanze auch den volkstümlichen Namen "Wiesenschabe" eingetragen hat.

Verwendung in der Pflanzenheilkunde

Mädesüß ist eine alte Heilpflanze. Sie wird bereits von Theophrast erwähnt.

"...die Blüten in Wein gekocht und getrunken, befreit die Pflanze von Anfällen des Viertagefiebers", schrieb John Gerard über diese Pflanze im Jahre 1597. Lonicerus und Hieronymus Bock bezeichneten die Wurzeln des Mädesüß als gallereinigend und nützlich bei der Roten Ruhr. Das Kraut sollte, äußerlich angewandt, Geschwüre zerteilen und Pfeile und Dornen ausziehen.

Auch heute wird noch in vielen pflanzenheilkundlichen Büchern Mädesüß als mildes, sanftes Schmerz- und Fiebermittel empfohlen, da Mädesüß Salicylsäure enthält. Die Blüten und die jungen Blätter des Mädesüß werden zu Tee verarbeitet, dem eine gute harntreibende, entzündungshemmende sowie antirheumatische Wirkung nachgesagt wird. Da die in der Pflanze enthaltenen Stoffe jedoch wie bei vielen anderen pflanzlichen Mitteln abhängig von Standortbedingungen in ihrer Dosis stark schwanken, wird in der Regel empfohlen, sich die Pflanzenbestandteile in der Apotheke zu besorgen.

Medizingeschichtlich ist Mädesüß interessant, da lange Zeit aus ihren Blütenknospen reine Salicylsäure gewonnen wurde, ein endzündungshemmender Wirkstoff, der in etwas abgewandelter Form als synthetisch hergestellte Acetylsalicylsäure bis heute verkauft wird, etwa unter dem |Markennamen Aspirin. Das Echte Mädesüß, das man damals botanisch noch den Spiersträuchern (Spiraea) zuordnete, hat zur Entwicklung dieses Markennamens beigetragen. Während das "A" für Acetyl steht, ist "spirin" aus dem Begriff "Spiraeasäure abgeleitet.

Kulturgeschichtliche Besonderheiten

In Russland reiben Imker gelegentlich die Bienenstöcke mit den Blüten ein, damit die Bienen nicht krank werden und mehr Honig einbringen. Ähnlich wie bei der Zitronenmelisse lässt sich bei Bienen tatsächlich eine Reaktion auf den Blütengeruch feststellen.

Den Druiden war die Pflanze heilig. Gemeinsam mit der Mispel, der Wasserminze und dem Eisenkraut soll sie zu den wichtigsten Druidenkräutern gehört haben. In vielen Regionen zählt das Echte Mädesüß auch zu den unheilabwehrenden Pflanzen. Man sammelte sie in der Sonnwendnacht und hängte sie gebündelt und mit den Blüten nach unten in das Gebälk der Häuser und Ställe. In der Steiermark nannte man sie daher "Sunnawendfäden".

Literatur

  • Detlev Arens: Sechzig einheimische Wildpflanzen in lebendigen Porträts. Köln 1991
  • Manfred Bocksch: Das praktische Buch der Heilpflanzen, BLV Verlag München, 1996, ISBN 3-405-14937-1
  • Elisabeth Lestrieux, Jelena de Belder; Der Geschmack von Blumen und Blüten, Dumont Verlag Köln, 2000, ISBN 3-7701-8621-4
  • Angelika Lüttig & Juliane Kasten: Hagebutte & Co - Blüten, Früchte und Ausbreitung europäischer Pflanzen. Fauna Verlag, Nottuln 2003, ISBN 3-93-598090-6

Weblinks

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