„Gerberträger“ – Versionsunterschied

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Der '''Gerberträger''' oder '''Gelenkträger''' bezeichnet in der [[Baustatik]] einen [[Träger (Statik)|Träger]] über mehrere [[Auflager]], der so mit [[Gelenk (Technik)|Gelenken]] versehen ist, dass jener [[statisch bestimmt]] ist. '''Gerberträger-Brücken''' gehören zu den [[Auslegerbrücke]]n.<ref>{{Literatur | Autor=Kurt Hirschfeld | Titel=Baustatik: Theorie und Beispiele | Auflage= | Verlag=Springer | Ort= | Jahr= | ISBN=978-3540367727 | Seiten=41}}</ref>
Der '''Gerberträger''' oder '''Gelenkträger''' bezeichnet in der [[Baustatik]] einen [[Träger (Statik)|Träger]] über mehrere [[Auflager]], der so mit [[Gelenk (Technik)|Gelenken]] versehen ist, dass jener [[statisch bestimmt]] ist. '''Gerberträger-Brücken''' gehören zu den [[Auslegerbrücke]]n.<ref>{{Literatur | Autor=Kurt Hirschfeld | Titel=Baustatik: Theorie und Beispiele | Auflage= | Verlag=Springer | Ort= | Jahr= | ISBN=978-3-540-36772-7 | Seiten=41}}</ref>


== Geschichte ==
== Geschichte ==
[[Datei:Mainbrücke Hassfurt.svg|thumb|upright=2|Mainbrücke Hassfurt, die Gelenke sind rot markiert]]
[[Datei:Mainbrücke Hassfurt.svg|mini|hochkant=2|Mainbrücke Haßfurt, die Gelenke sind rot markiert]]
Der Träger ist nach dem deutschen [[Ingenieur]] [[Heinrich Gottfried Gerber]] (1832–1912) benannt, der ihn 1866 patentieren ließ.<ref>''Balkenträger mit freiliegenden Stützpunkten''</ref> Diese Konstruktion wurde erstmals 1867 beim Bau einer Brücke über die Regnitz bei Bamberg<ref>Walter Pelikan: ''Zum 125. Geburtstag Heinrich Gerbers''. In: ''Der Stahlbau'', 26. Jahrg. Heft 11, November 1957, S. 317.</ref> und bei der Mainbrücke in [[Haßfurt]] mit drei Öffnungen von 23,9 + 37,9 + 23,9 Meter Stützweite angewendet.<ref>{{ANNO|abz|||1900|78|Die neue Oderbrücke bei Schönbrunn|AUTOR=Karl Haberkalt|anno-plus=ja}} abgerufen am 8. November 2012.</ref> Die [[High Bridge (Kentucky River)|High Bridge]] (1876) über den [[Kentucky River]] in den [[USA]] gilt als die erste große, weitgespannte Gerberträgerbrücke.
Der Träger ist nach dem deutschen [[Ingenieur]] [[Heinrich Gottfried Gerber]] (1832–1912) benannt, der ihn 1866 patentieren ließ.<ref>''Balkenträger mit freiliegenden Stützpunkten''</ref> Diese Konstruktion wurde erstmals 1867 beim Bau einer Brücke über die Regnitz bei Bamberg<ref>Walter Pelikan: ''Zum 125. Geburtstag Heinrich Gerbers''. In: ''Der Stahlbau'', 26. Jahrg. Heft 11, November 1957, S. 317.</ref> und bei der Mainbrücke in [[Haßfurt]] mit drei Öffnungen von 23,9 + 37,9 + 23,9 Meter Stützweite angewendet.<ref>{{ANNO|abz|||1900|78|Die neue Oderbrücke bei Schönbrunn|AUTOR=Karl Haberkalt|anno-plus=ja}} abgerufen am 8. November 2012.</ref> Die [[High Bridge (Kentucky River)|High Bridge]] (1876) über den [[Kentucky River]] in den [[USA]] gilt als die erste große, weitgespannte Gerberträgerbrücke.


Gerberträger wurden vor allem für große in Stahlfachwerk ausgeführte Eisenbahnbrücken verwendet, die wegen ihrer Spannweite und den im Vergleich zum Straßenverkehr höheren Lasten der Züge nicht als [[Hängebrücke]] ausgeführt werden konnten. Im 20. Jahrhundert entstanden nur noch wenige Gerberträger-Brücken. Dies hing nicht zuletzt mit dem zweimaligen Einsturz der [[Québec-Brücke]] während der Bauphase zusammen, wodurch viele Verantwortliche das Vertrauen in die Konstruktion verloren. Nur in Amerika, wo die Bauweise durch die Stahlindustrie unterstützt wurde, entstanden noch mehrere große Gerberträgerbrücken. Bedeutende Bauwerke außerhalb Nordamerikas, die nach der Québec-Brücke entstanden, sind die 1935 eröffnete [[Story Bridge]] in [[Brisbane]], [[Australien]] und die 1943 eröffnete [[Howrah Bridge]] in [[Indien]].
Gerberträger wurden vor allem für große in Stahlfachwerk ausgeführte Eisenbahnbrücken verwendet, die wegen ihrer Spannweite und den im Vergleich zum Straßenverkehr höheren Lasten der Züge nicht als [[Hängebrücke]] ausgeführt werden konnten. Im 20. Jahrhundert entstanden nur noch wenige Gerberträger-Brücken. Dies hing nicht zuletzt mit dem zweimaligen Einsturz der [[Québec-Brücke]] während der Bauphase zusammen, wodurch viele Verantwortliche das Vertrauen in die Konstruktion verloren. Nur in Amerika, wo die Bauweise durch die Stahlindustrie unterstützt wurde, entstanden noch mehrere große Gerberträgerbrücken. Bedeutende Bauwerke außerhalb Nordamerikas, die nach der Québec-Brücke entstanden, sind die 1935 eröffnete [[Story Bridge]] in [[Brisbane]], [[Australien]] und die 1943 eröffnete [[Howrah Bridge]] in [[Indien]].


Die Gerberträger-Brücken wurden hauptsächlich durch [[Spannbeton]]-[[Balkenbrücke]]n abgelöst, die einfacher, schneller und kostengünstiger zu bauen sind. Im [[Hochbau]] findet der Gelenkträger immer noch Verwendung, vor allem als [[Sparrenpfette]] bei [[Flachdach]]konstruktionen, die sich auf unsicherem Baugrund befinden, so dass [[Setzung]]en zu erwarten sind.
Die Gerberträger-Brücken wurden hauptsächlich durch [[Spannbeton]]-[[Balkenbrücke]]n abgelöst, die einfacher, schneller und kostengünstiger zu bauen sind. Im [[Hochbau]] findet der Gelenkträger immer noch Verwendung, vor allem als [[Sparrenpfette]] bei [[Flachdach]]konstruktionen, die sich auf unsicherem Baugrund befinden, so dass [[Setzung]]en zu erwarten sind.


== Brücken ==
== Brücken ==
[[Datei:Ausleger-cantilever_Brücke-bridge_model.jpg|Modell einer Gerberträgerbrücke: der blaue [[Einhängeträger]] liegt auf den braunen [[Kragträger]]n auf.|thumb]]
[[Datei:Ausleger-cantilever Brücke-bridge model.jpg|Modell einer Gerberträgerbrücke: der blaue [[Einhängeträger]] liegt auf den braunen [[Kragträger]]n auf.|thumb]]
[[Datei:Gerbertraeger.svg|thumb|Beispiel für das statisches System eines Gerberträgers]]
[[Datei:Gerbertraeger.svg|mini|Beispiel für das statisches System eines Gerberträgers]]
[[Datei:Collapse of the centre span of the Quebec Bridge.jpg|Einsetzen des Mittelteils der [[Québec-Brücke]]|thumb]]
[[Datei:Collapse of the centre span of the Quebec Bridge.jpg|Einsetzen des Mittelteils der [[Québec-Brücke]]|thumb]]
Bei Brücken besteht die häufigste Bauform aus zwei Fluss-Pfeilern und einem Balken mit zwei Gelenken über der mittleren Öffnung. Die beiden äußeren Teile des Balkens sind als [[Kragträger]] ausgebildet, an denen der mittlere Teil als [[Einhängeträger]] angebracht wird. Die Last des Einhängeträgers wird in vielen Fällen durch das Eigengewicht des Kragträgers auf dem Abschnitt zwischen dem Flusspfeiler und dem Ufer kompensiert, so dass an den Widerlagern keine Zugkräfte auftreten. Andernfalls müssen die Zugkräfte durch Verankerungen in den Widerlagern oder durch ''Ankerpfeiler'' aufgenommen werden; der Abschnitt des Kragträgers zwischen dem Strompfeiler und dem Ufer bzw. Ankerpfeiler wird dann auch als ''Ankerträger'' bezeichnet.
Bei Brücken besteht die häufigste Bauform aus zwei Fluss-Pfeilern und einem Balken mit zwei Gelenken über der mittleren Öffnung. Die beiden äußeren Teile des Balkens sind als [[Kragträger]] ausgebildet, an denen der mittlere Teil als [[Einhängeträger]] angebracht wird. Die Last des Einhängeträgers wird in vielen Fällen durch das Eigengewicht des Kragträgers auf dem Abschnitt zwischen dem Flusspfeiler und dem Ufer kompensiert, so dass an den Widerlagern keine Zugkräfte auftreten. Andernfalls müssen die Zugkräfte durch Verankerungen in den Widerlagern oder durch ''Ankerpfeiler'' aufgenommen werden; der Abschnitt des Kragträgers zwischen dem Strompfeiler und dem Ufer bzw. Ankerpfeiler wird dann auch als ''Ankerträger'' bezeichnet.
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== Dachpfetten ==
== Dachpfetten ==
[[Pfette]]n von Flachdachbauten werden gelegentlich als Gerberträger ausgeführt. Hier liegt der wesentliche Vorteil gegenüber einer durchlaufenden Pfette im Verzicht auf die relativ aufwendigen biegesteifen Trägerstöße. Das Gelenk muss nur Querkräfte übertragen und kann daher vergleichsweise kostengünstig mit Steglaschen ausgeführt werden.
[[Pfette]]n von Flachdachbauten werden gelegentlich als Gerberträger ausgeführt. Hier liegt der wesentliche Vorteil gegenüber einer durchlaufenden Pfette im Verzicht auf die relativ aufwendigen biegesteifen Trägerstöße. Das Gelenk muss nur Querkräfte übertragen und kann daher vergleichsweise kostengünstig mit Steglaschen ausgeführt werden.


== Technische Beschreibung ==
== Technische Beschreibung ==
Um trotz mehrerer Auflagen einen statisch bestimmten Träger zu erhalten, ist der Gerberträger mit [[Schnittreaktion|Momentengelenk]]en versehen, so dass zwischen den einzelnen Teilen keine aus der Durchbiegung der Teile entstehenden Kräfte übertragen werden können. Der Träger ist statisch bestimmt, wenn folgende Regeln befolgt werden:
Um trotz mehrerer Auflagen einen statisch bestimmten Träger zu erhalten, ist der Gerberträger mit [[Schnittreaktion|Momentengelenken]] versehen, so dass zwischen den einzelnen Teilen keine aus der Durchbiegung der Teile entstehenden Kräfte übertragen werden können. Der Träger ist statisch bestimmt, wenn folgende Regeln befolgt werden:
* Die Anzahl der Gelenke ist um Eins kleiner als die Anzahl Felder.
* Die Anzahl der Gelenke ist um Eins kleiner als die Anzahl Felder.
* In Mittelfeldern dürfen höchsten zwei Gelenke angeordnet werden, in Endfeldern höchstens eines.
* In Mittelfeldern dürfen höchsten zwei Gelenke angeordnet werden, in Endfeldern höchstens eines.
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* An Mittelfeldern mit zwei Gelenken angrenzende Endfelder dürfen kein Gelenk haben.
* An Mittelfeldern mit zwei Gelenken angrenzende Endfelder dürfen kein Gelenk haben.


Die Gelenke werden zweckmäßigerweise etwa dort angeordnet, wo die [[Schnittreaktion|Momentenlinie]] im [[Lastfall]] Eigengewicht bei einem Durchlaufträger einen Nulldurchgang aufweist.
Die Gelenke werden zweckmäßigerweise etwa dort angeordnet, wo die [[Schnittreaktion|Momentenlinie]] im [[Lastfall]] Eigengewicht bei einem Durchlaufträger einen Nulldurchgang aufweist.


Bei Brücken besteht die häufigste Bauform aus zwei Pfeilern und einem Balken mit zwei Gelenken über der mittleren Öffnung. Die beiden äußeren Teile des Balkens sind als [[Kragträger]] ausgebildet, an denen der mittlere Teil als [[Einhängeträger]] befestigt wird.
Bei Brücken besteht die häufigste Bauform aus zwei Pfeilern und einem Balken mit zwei Gelenken über der mittleren Öffnung. Die beiden äußeren Teile des Balkens sind als [[Kragträger]] ausgebildet, an denen der mittlere Teil als [[Einhängeträger]] befestigt wird.


Der Vorteil der statischen Bestimmtheit ist, dass das Bauwerk unempfindlich gegenüber Zwangbeanspruchungen ist, wie z. B. Setzungen oder Temperaturbeanspruchung. Außerdem können die [[Statische Berechnung|Schnittgrößen]] bei einem statisch bestimmten Tragsystem einfacher berechnet werden. Die statische Bestimmtheit wirkt sich aber nachteilig auf die Abtragung von Längskräften aus, die bei Brücken zum Beispiel durch Verkehrslasten entstehen.<ref>{{Literatur | Autor=R. Harte, K. Meskouris | Titel=Tragwerke. 1. Theorie und Berechnungsmethoden statisch bestimmter Stabtragwerke | Auflage= | Verlag=Springer | Ort= | Jahr=1999 | ISBN=978-3-540-66402-4 | Seiten=135–138|Online={{Google Buch
Der Vorteil der statischen Bestimmtheit ist, dass das Bauwerk unempfindlich gegenüber Zwangbeanspruchungen ist, wie z.&nbsp;B. Setzungen oder Temperaturbeanspruchung. Außerdem können die [[Statische Berechnung|Schnittgrößen]] bei einem statisch bestimmten Tragsystem einfacher berechnet werden. Die statische Bestimmtheit wirkt sich aber nachteilig auf die Abtragung von Längskräften aus, die bei Brücken zum Beispiel durch Verkehrslasten entstehen.<ref>{{Literatur | Autor=R. Harte, K. Meskouris | Titel=Tragwerke. 1. Theorie und Berechnungsmethoden statisch bestimmter Stabtragwerke | Auflage= | Verlag=Springer | Ort= | Jahr=1999 | ISBN=978-3-540-66402-4 | Seiten=135–138|Online={{Google Buch
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Ein weiterer Nachteil sind die aufwändig auszubildenden Gelenke, die zudem später auch Wartung erfordern, sowie die gegenüber einem Durchlaufträger größeren Verformungen und geringeren Tragreserven. Die auskragenden Teile eines Gerberträgers über den mittleren Auflagern erlauben aber gegenüber Einfeldträgern eine bessere Ausnutzung des Querschnitts.
Ein weiterer Nachteil sind die aufwändig auszubildenden Gelenke, die zudem später auch Wartung erfordern, sowie die gegenüber einem Durchlaufträger größeren Verformungen und geringeren Tragreserven. Die auskragenden Teile eines Gerberträgers über den mittleren Auflagern erlauben aber gegenüber Einfeldträgern eine bessere Ausnutzung des Querschnitts.
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* [[Liste der größten Auslegerbrücken]]
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==Weblinks==
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== Einzelnachweise ==
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<references/>
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Version vom 15. September 2017, 11:32 Uhr

Der Gerberträger oder Gelenkträger bezeichnet in der Baustatik einen Träger über mehrere Auflager, der so mit Gelenken versehen ist, dass jener statisch bestimmt ist. Gerberträger-Brücken gehören zu den Auslegerbrücken.[1]

Geschichte

Mainbrücke Haßfurt, die Gelenke sind rot markiert

Der Träger ist nach dem deutschen Ingenieur Heinrich Gottfried Gerber (1832–1912) benannt, der ihn 1866 patentieren ließ.[2] Diese Konstruktion wurde erstmals 1867 beim Bau einer Brücke über die Regnitz bei Bamberg[3] und bei der Mainbrücke in Haßfurt mit drei Öffnungen von 23,9 + 37,9 + 23,9 Meter Stützweite angewendet.[4] Die High Bridge (1876) über den Kentucky River in den USA gilt als die erste große, weitgespannte Gerberträgerbrücke.

Gerberträger wurden vor allem für große in Stahlfachwerk ausgeführte Eisenbahnbrücken verwendet, die wegen ihrer Spannweite und den im Vergleich zum Straßenverkehr höheren Lasten der Züge nicht als Hängebrücke ausgeführt werden konnten. Im 20. Jahrhundert entstanden nur noch wenige Gerberträger-Brücken. Dies hing nicht zuletzt mit dem zweimaligen Einsturz der Québec-Brücke während der Bauphase zusammen, wodurch viele Verantwortliche das Vertrauen in die Konstruktion verloren. Nur in Amerika, wo die Bauweise durch die Stahlindustrie unterstützt wurde, entstanden noch mehrere große Gerberträgerbrücken. Bedeutende Bauwerke außerhalb Nordamerikas, die nach der Québec-Brücke entstanden, sind die 1935 eröffnete Story Bridge in Brisbane, Australien und die 1943 eröffnete Howrah Bridge in Indien.

Die Gerberträger-Brücken wurden hauptsächlich durch Spannbeton-Balkenbrücken abgelöst, die einfacher, schneller und kostengünstiger zu bauen sind. Im Hochbau findet der Gelenkträger immer noch Verwendung, vor allem als Sparrenpfette bei Flachdachkonstruktionen, die sich auf unsicherem Baugrund befinden, so dass Setzungen zu erwarten sind.

Brücken

Modell einer Gerberträgerbrücke: der blaue Einhängeträger liegt auf den braunen Kragträgern auf.
Beispiel für das statisches System eines Gerberträgers
Einsetzen des Mittelteils der Québec-Brücke

Bei Brücken besteht die häufigste Bauform aus zwei Fluss-Pfeilern und einem Balken mit zwei Gelenken über der mittleren Öffnung. Die beiden äußeren Teile des Balkens sind als Kragträger ausgebildet, an denen der mittlere Teil als Einhängeträger angebracht wird. Die Last des Einhängeträgers wird in vielen Fällen durch das Eigengewicht des Kragträgers auf dem Abschnitt zwischen dem Flusspfeiler und dem Ufer kompensiert, so dass an den Widerlagern keine Zugkräfte auftreten. Andernfalls müssen die Zugkräfte durch Verankerungen in den Widerlagern oder durch Ankerpfeiler aufgenommen werden; der Abschnitt des Kragträgers zwischen dem Strompfeiler und dem Ufer bzw. Ankerpfeiler wird dann auch als Ankerträger bezeichnet.

Der Bau einer solchen Brücke beginnt mit den Kragträgern, die von den Widerlagern aus gegen Flussmitte errichtet werden. Die ersten Teile werden am Ufer vormontiert und auf einen Hilfspfeiler zwischen dem Ufer und dem ersten Pfeiler abgesetzt. Von da erfolgt die weitere Montage des Kragträgers bis zum Flusspfeiler und darüber hinaus im Freivorbau. Der zweite Kragträger wird in derselben Weise erstellt. Am Schluss wird der Einhängeträger eingesetzt, der meist auf einem Leichter auf dem Wasser angeliefert wird und mit an den Kragträgern befestigten Winden in die endgültige Position gehoben wird.

Dachpfetten

Pfetten von Flachdachbauten werden gelegentlich als Gerberträger ausgeführt. Hier liegt der wesentliche Vorteil gegenüber einer durchlaufenden Pfette im Verzicht auf die relativ aufwendigen biegesteifen Trägerstöße. Das Gelenk muss nur Querkräfte übertragen und kann daher vergleichsweise kostengünstig mit Steglaschen ausgeführt werden.

Technische Beschreibung

Um trotz mehrerer Auflagen einen statisch bestimmten Träger zu erhalten, ist der Gerberträger mit Momentengelenken versehen, so dass zwischen den einzelnen Teilen keine aus der Durchbiegung der Teile entstehenden Kräfte übertragen werden können. Der Träger ist statisch bestimmt, wenn folgende Regeln befolgt werden:

  • Die Anzahl der Gelenke ist um Eins kleiner als die Anzahl Felder.
  • In Mittelfeldern dürfen höchsten zwei Gelenke angeordnet werden, in Endfeldern höchstens eines.
  • An Mittelfeldern mit zwei Gelenken angrenzende Mittelfelder dürfen höchstens ein Gelenk haben.
  • An Mittelfeldern mit zwei Gelenken angrenzende Endfelder dürfen kein Gelenk haben.

Die Gelenke werden zweckmäßigerweise etwa dort angeordnet, wo die Momentenlinie im Lastfall Eigengewicht bei einem Durchlaufträger einen Nulldurchgang aufweist.

Bei Brücken besteht die häufigste Bauform aus zwei Pfeilern und einem Balken mit zwei Gelenken über der mittleren Öffnung. Die beiden äußeren Teile des Balkens sind als Kragträger ausgebildet, an denen der mittlere Teil als Einhängeträger befestigt wird.

Der Vorteil der statischen Bestimmtheit ist, dass das Bauwerk unempfindlich gegenüber Zwangbeanspruchungen ist, wie z. B. Setzungen oder Temperaturbeanspruchung. Außerdem können die Schnittgrößen bei einem statisch bestimmten Tragsystem einfacher berechnet werden. Die statische Bestimmtheit wirkt sich aber nachteilig auf die Abtragung von Längskräften aus, die bei Brücken zum Beispiel durch Verkehrslasten entstehen.[5]

Ein weiterer Nachteil sind die aufwändig auszubildenden Gelenke, die zudem später auch Wartung erfordern, sowie die gegenüber einem Durchlaufträger größeren Verformungen und geringeren Tragreserven. Die auskragenden Teile eines Gerberträgers über den mittleren Auflagern erlauben aber gegenüber Einfeldträgern eine bessere Ausnutzung des Querschnitts.

Siehe auch

Commons: Gerberträger – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Kurt Hirschfeld: Baustatik: Theorie und Beispiele. Springer, ISBN 978-3-540-36772-7, S. 41.
  2. Balkenträger mit freiliegenden Stützpunkten
  3. Walter Pelikan: Zum 125. Geburtstag Heinrich Gerbers. In: Der Stahlbau, 26. Jahrg. Heft 11, November 1957, S. 317.
  4. Karl Haberkalt: Die neue Oderbrücke bei Schönbrunn.Allgemeine Bauzeitung, Jahrgang 1900, S. 78 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/abz abgerufen am 8. November 2012.
  5. R. Harte, K. Meskouris: Tragwerke. 1. Theorie und Berechnungsmethoden statisch bestimmter Stabtragwerke. Springer, 1999, ISBN 978-3-540-66402-4, S. 135–138 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).