„Szenografie“ – Versionsunterschied

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
[gesichtete Version][gesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
Klärung der erteiterren Definition
Lena & Luke (Diskussion | Beiträge)
Hinzufügen der Abschnitte "Ausbildung" und "Literatur"
Zeile 1: Zeile 1:
'''Szenografie''' kann konkret als Weiterentwicklung des klassischen [[Bühnenbild]]s verstanden werden. Abstrakt kann sie als die Lehre bzw. Kunst der Inszenierung im Raum verstanden werden. Im über den Theaterbereich hinaus erweiterten Sinne kann sie zudem die Gestaltung von [[Film]] und [[Ausstellung]]en beinhalten.<ref>{{Literatur |Autor=Paul Divjak |Titel=Integrative Inszenierungen: zur Szenografie von partizipativen Räumen |Hrsg= |Sammelwerk= |Band=5 |Nummer= |Auflage= |Verlag=transcript Verlag |Ort= |Datum=2014 |ISBN= |Seiten=}}</ref>
'''Szenografie''' kann konkret als Weiterentwicklung des klassischen [[Bühnenbild]]s verstanden werden. Abstrakt kann sie als die Lehre bzw. Kunst der Inszenierung im Raum verstanden werden. Im über den Theaterbereich hinaus erweiterten Sinne kann sie zudem die Gestaltung von [[Film]] und [[Ausstellung]]en beinhalten.<ref>{{Literatur |Autor=Paul Divjak |Titel=Integrative Inszenierungen: zur Szenografie von partizipativen Räumen |Hrsg= |Sammelwerk= |Band=5 |Nummer= |Auflage= |Verlag=transcript Verlag |Ort=Bielefeld |Datum=2014 |ISBN=9783837619423 |Seiten=}}</ref>


Zumeist werden anwendungs- und projektspezifisch Räume inszeniert. Diese Räume können sowohl real als auch virtuell erfahrbar sein. [[Performance (Kunst)|Performances]] und [[Installation (Kunst)|Installationen]] sind wesentliche Bestandteile szenografischer Arbeiten, die sich auch im Bereich der freien Kunst wiederfinden.
Zumeist werden anwendungs- und projektspezifisch Räume inszeniert. Diese Räume können sowohl real als auch virtuell erfahrbar sein. [[Performance (Kunst)|Performances]] und [[Installation (Kunst)|Installationen]] sind wesentliche Bestandteile szenografischer Arbeiten, die sich auch im Bereich der freien Kunst wiederfinden.
Zeile 20: Zeile 20:


Die Nachfrage nach guten Ausstellungen in einer durch digitale Medien übersättigten Gesellschaft steigt. Diese Nachfrage ist auf der einen Seite im Mangel an [[Haptische Wahrnehmung|haptisch]] begreifbarer Vermittlung und an authentischem Erleben von originalen Objekten in nicht-virtuellen Räumen begründet und auf der anderen Seite im Bedürfnis, dabei gewesen zu sein.
Die Nachfrage nach guten Ausstellungen in einer durch digitale Medien übersättigten Gesellschaft steigt. Diese Nachfrage ist auf der einen Seite im Mangel an [[Haptische Wahrnehmung|haptisch]] begreifbarer Vermittlung und an authentischem Erleben von originalen Objekten in nicht-virtuellen Räumen begründet und auf der anderen Seite im Bedürfnis, dabei gewesen zu sein.

==Ausbildung==

Der Szenograf arbeitet mit den Techniken von [[Architektur]], [[Grafik]], [[Design]] und [[Marketing]]<ref>{{Literatur |Autor=Ralf Bohn, Heiner Wilharm |Titel=Inszenierung und Ereignis : Beiträge zur Theorie und Praxis der Szenografie |Hrsg= |Sammelwerk= |Band= |Nummer= |Auflage= |Verlag=Transcript |Ort=Bielefeld |Datum=2009 |ISBN=9783837611526 |Seiten=10}}</ref> unter anderem in den Bereichen [[Film]], [[Theater]], Performance, [[Ausstellung]],<ref>{{Literatur |Autor=Wibke Weber |Titel=Kompendium Informationsdesign |Hrsg= |Sammelwerk= |Band= |Nummer= |Auflage= |Verlag=Springer |Ort=Berlin |Datum=2008 |ISBN=3540698175 |Seiten=152}}</ref> [[Messe (Wirtschaft)]]. So vielseitig wie das Berufsfeld so vielseitig ist der Weg in diesen Beruf. Neben spezialisierten Architekten, Designern, Kuratoren werden mittlerweile spezielle Studiengänge angeboten, die mit verschiedenen Schwerpunkten einen Abschluss als Szenograf ermöglichen. Die [[Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf]] bietet einen [[Bachelor]]<ref>[https://www.filmuniversitaet.de/studium/studienangebot/bachelorstudiengaenge/szenografie Webseite zur Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf Bachelorstudiengang Szenografie] Abgerufen am 03.06.2021</ref> und einen [[Master]] in Szenografie, mit dem Schwerpunkt Production Design und VFX an.<ref>[https://www.filmuniversitaet.de/studium/studienangebot/masterstudiengaenge/szenografie Webseite zur Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf mit dem Schwerpunkt Production Design und VFX]Abgerufen am 03.06.2021</ref> An der [[Fachhochschule Dortmund]] kann man einen Masterabschluss in Szenografie und Kommunikation<ref>[https://www.fh-dortmund.de/studiengaenge/szenografie-und-kommunikation-scenographic-design-and-communication-master.php Webseite zur Fachhochschule Dortmund Master: Szenografie und Kommunikation]Abgerufen am 03.07.2021</ref> erlangen und die [[Staatliche Hochschule für Gestaltung Karlsruhe]] bietet einen [[Diplom]]- Studiengang.<ref>[https://www.hfg-karlsruhe.de/studium/fachgruppen-und-studiengange/ausstellungsdesign-und-szenografie/ Webseite zur Staatliche Hochschule für Gestaltung Karlsruhe] Abgerufen am 03.07.2021</ref>

{| class = "wikitable sortable"
!Studiengang
!Hochschule
!Abschluss
|-
|| Ausstellungsdesign und Szenografie || [[Staatliche Hochschule für Gestaltung Karlsruhe]] || [[Diplom]]
|-
|| Bühnenbild || [[Universität der Künste Berlin]] || Bachelor of Arts
|-
|| Bühnenbild – Szenischer Raum || [[TU Berlin]] || Master of Arts
|-
|| Bühnen- und Kostümbild || [[Hochschule für Bildende Künste Dresden]] || [[Diplom]]
|-
|| Bühnen- und Kostümbild, Darstellende Kunst || [[Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart]] || [[Diplom]]
|-
|| Exhibition Design || [[Hochschule Düsseldorf]] || Master of Arts
|-
|| Objekt- und Raumdesign || [[Fachhochschule Dortmund]] || Bachelor of Arts
|-
|| Raum- und Eventdesign || [[Technische Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm]] || Bachelor of Arts
|-
|| Spatial Strategies || [[Muthesius Kunsthochschule Kiel]] || Master of Arts
|-
|| Szenenbild || [[Filmakademie Baden-Württemberg]] || [[Diplom]]
|-
|| Szenenbild || [[Internationale Filmschule Köln]] || Bachelor of Arts
|-
|| Szenografie || [[Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf]] || Bachelor of Arts
|-
|| Szenografie/Interior Design || [[Muthesius Kunsthochschule Kiel]] || Bachelor of Arts
|-
|| Szenografie und Kommunikation || [[Fachhochschule Dortmund]] || Master of Arts
|-
|| Szenografie - Kostüm - Experimentelle Gestaltung || [[Hochschule Hannover]] || Bachelor of Arts
|-
|| Szenografie, Production Design und VFX || [[Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf]] || Master of Arts
|}

Grundsätzlich wird in diesen Studiengängen bildnerische, dramaturgische, organisatorische, ökonomische und technische Fähigkeiten<ref>[https://www.filmuniversitaet.de/studium/studienangebot/bachelorstudiengaenge/szenografie Webseite zur Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf] Abgerufen am 03.07.2021</ref> in einem realen oder virtuellen Raum vermittelt. Dabei müssen architektonische, künstlerische und kuratorische Aspekte berücksichtigt werden. Als Szenograf inszeniert man Räume, die Besucher mit ihrer Narration durch diese Räume führen.

== Literatur ==

*Prof. Dr. Gerhard Kilger: Szenografie in Ausstellungen und Museen, Band 1. Klartext, Essen 2004, ISBN 978-3898610841
*Prof. Dr. Gerhard Kilger: Szenografie in Ausstellungen und Museen, Band 2. Klartext, Essen 2006, ISBN 9783898614627
*David Dernie: Ausstellungsgestaltung – Konzepte und Techniken. avedition, Ludwigsburg 2006, ISBN 978-3899860689
*Prof. Dr. Gerhard Kilger: Szenografie in Ausstellungen und Museen, Band 3. Klartext, Essen 2008, ISBN 9783898617420
*Prof. Dr. Gerhard Kilger: Szenografie in Ausstellungen und Museen, Band 4. Klartext, Essen 2009, ISBN 9783837503050
*Ralf Bohn: Inszenierung als Widerstand : Bildkörper und Körperbild bei Paul Klee. transcript Verlag, Bielefeld 2009, ISBN 9783837612622
*Atelier Brückner: SZENOGRAPHY Making spaces talk/Narrative Räume, 2010, ISBN 978-3899861365
*Prof. Dr. Gerhard Kilger: Szenografie in Ausstellungen und Museen, Band 5. Klartext, Essen 2011, ISBN 9783837506655
*Aurelia Bertron, Ulrich Schwarz, Claudia Frey: Projektfeld Ausstellung: eine Typologie für Ausstellungsgestalter, Architekten und Museologen; Project scope: exhibition design. Birkhäuser, Basel 2012, ISBN 978-3034607759
*Paul Divjak: Integrative Inszenierungen, Zur Szenografie von partizipativen Räumen. transcript Verlag, Essen 2012, ISBN 9783837619423
*Prof. Dr. Gerhard Kilger: Szenografie in Ausstellungen und Museen, Band 6. Klartext, Essen 2014, ISBN 9783837511086
*Ralf Bohn, Heiner Wilharm: Inszenierung und Effekte : Die Magie der Szenografie. Transcript, Bielefeld 2014, ISBN 9783837623031
*Ralf Bohn, Heiner Wilharm: Inszenierung der Stadt : Urbanität als Ereignis. transcript Verlag, Bielefeld 2014, ISBN 9783837620344
*Ralf Bohn , Heiner Wilharm: Inszenierung und Vertrauen : Grenzgänge der Szenografie. transcript Verlag, Bielefeld 2015, ISBN 9783837617023
*Ralf Bohn, Heiner Wilharm: Inszenierung und Politik : Szenografie im sozialen Feld. transcript Verlag, Bielefeld 2015, ISBN 9783837631050
*Ralf Bohn: Szenische Hermeneutik : Verstehen, was sich nicht erklären lässt. transcript Verlag, Bielefeld 2015, ISBN 9783837631517
*Ralf Bohn, Heiner Wilharm: Inszenierung und Ereignis : Beiträge zur Theorie und Praxis der Szenografie. Transcript, Bielefeld 2015, ISBN 9783837611526
*Ralf Bohn: Vom Zeichen zur Szene : Der Diskurs der Bedeutungsproduktion in Präsenzgesellschaften. transcript Verlag, Bielefeld 2016, ISBN 9783837638363
*Atelier Brückner: Scenography - Szenografie 2: Staging the Space - Der inszenierte Raum, 2018, ISBN 978-3035616408
*Thomas Moritz: Szenografie digital : Die integrative Inszenierung raumbildender Prozesse. Imprint: Springer Vieweg, 2020, ISBN 9783658310745


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
Zeile 27: Zeile 94:
{{Commonscat|Scenography|Szenografie}}
{{Commonscat|Scenography|Szenografie}}
* [http://www.szenografie.de/ausbildung.html Szenografie: Studiengänge und Weiterbildungen]
* [http://www.szenografie.de/ausbildung.html Szenografie: Studiengänge und Weiterbildungen]
* [https://www.fh-dortmund.de/studiengaenge/szenografie-und-kommunikation-scenographic-design-and-communication-master.php Fachhochschule Dortmund Master]
* [https://www.fh-dortmund.de/studiengaenge/objekt-und-raumdesign-bachelor.php Fachhochschule Dortmund Bachelor]
* [https://www.hfg-karlsruhe.de/studium/fachgruppen-und-studiengange/ausstellungsdesign-und-szenografie/ Staatliche Hochschule für Gestaltung Karlsruhe ]
* [https://www.filmuniversitaet.de/studium/studienangebot/bachelorstudiengaenge/szenografie Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf Bachelor]
* [https://www.filmuniversitaet.de/studium/studienangebot/masterstudiengaenge/szenografie Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf Master]
* [https://www.szenografie-kostuem.de Hochschule Hannover]
* [https://www.filmakademie.de/de/studidum/studienangebote/szenenbild/informationen/ Filmakademie Baden Württemberg]
* [https://d.th-nuernberg.de/re/ Technische Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm]
* [http://www.udk.mint.de Universität der Künste Berlin]
* [https://www.filmschule.de/lehre/lehrgebiete/szenenbild/ Internationale Filmschule Köln]
* [http://www.tu-buehnenbild.de/studium/ TU Berlin]
* [https://pbsa.hs-duesseldorf.de/studium/studiengaenge/ma_ed Hochschule Düsseldorf]
* [https://www.hfbk-dresden.de/lehre-forschung/studiengaenge/buehnen-und-kostuembild/ Hochschule für Bildende Künste Dresden]
* [https://muthesius-kunsthochschule.de/raumstrategien/spatial-strategies/ Muthesius Kunsthochschule Master]
* [https://muthesius-kunsthochschule.de/raumstrategien/szenografie-interior-design/ Muthesius Kunsthochschule Bachelor]


{{Normdaten|TYP=s|GND=4433627-5}}
{{Normdaten|TYP=s|GND=4433627-5}}

Version vom 3. Juli 2021, 18:32 Uhr

Szenografie kann konkret als Weiterentwicklung des klassischen Bühnenbilds verstanden werden. Abstrakt kann sie als die Lehre bzw. Kunst der Inszenierung im Raum verstanden werden. Im über den Theaterbereich hinaus erweiterten Sinne kann sie zudem die Gestaltung von Film und Ausstellungen beinhalten.[1]

Zumeist werden anwendungs- und projektspezifisch Räume inszeniert. Diese Räume können sowohl real als auch virtuell erfahrbar sein. Performances und Installationen sind wesentliche Bestandteile szenografischer Arbeiten, die sich auch im Bereich der freien Kunst wiederfinden.

Entwicklung der Szenografie

Mit dem Impuls von Museums-Neugründungen entwickelten Museumsmacher, Architekten und Gestalter zunehmend neue Darstellungsformen. Mit dem Anspruch der neuen Methode der „Museumsinszenierung“ gab es in Deutschland ein Vorbild: Der Bühnenbildner Wilfried Minks und der Komponist Eberhard Schoener hatten 1980 das neue BMW-Museum in München ausgestattet. Auf theatralische Weise wurde unter dem Titel „Zeitsignale“ die Geschichte der Mobilität und der Kontext der politischen Geschichte gestaltet. Viele Puppen und Medien waren eingesetzt. Unter diesem Eindruck gingen die Planer im „Museum Industriekultur“ in Nürnberg weniger theatralisch als kontextualisierend vor. In den ersten szenografischen Ausstellungen – „Leitfossilien der Industriekultur“ 1982, „Arbeitererinnerungen“ 1984, „Zug der Zeit – Zeit der Züge“ 1985 verdeutlichten Hermann Glaser und Jürgen Sembach die kultur- und sozialhistorische Kontextualisierung mit wesentlichen Schlüsselexponaten. Diese Ausstellungsexperimente gelten als Ursprung szenografischer Gestaltung.

In dieser Zeit erregte die Neugestaltung des Stadtmuseums Rüsselsheim durch Peter Schirmbeck und des Münchner Stadtmuseums durch Christoph Stölzl hohes Aufsehen. Die VDI-Jubiläumsausstellung in der TU Berlin, „Wissenschaften in Berlin“ (ebenfalls mit Jürgen Sembach), „Aufbruch ins Industriezeitalter“ in Augsburg (Gestaltung Würth & Winderoll) und die großen historischen Schauen, wie z. B. „Die Zeit der Staufer“, 1977 (Gestaltung Atelier Lohrer), und „Preußen. Versuch einer Bilanz“, 1981, lebten von diesen sehr publikumsträchtigen Gestaltungsansätzen. In Österreich kam es bei den jährlichen Landesausstellungen mit enormer Tourismusförderung zu spektakulären Ausstellungen wie die szenografisch aufwändige Landesausstellung in Steyr „Arbeit / Mensch / Maschine“ (Gestaltung Hans Hoffer), 1987.

Das Für und Wider von „inszenierter“ Geschichtsdarstellung führte zur öffentlichen Debatte, in deren Auswirkung auch die Planung der beiden deutschen Geschichtsmuseen stattfand: dem Haus der Geschichte in Bonn (Gestaltung Würth & Winderoll) und dem Historischen Museum in Berlin. In diesem Zeitraum entstanden außerdem neue Museen wie das LTA in Mannheim (heute Technoseum) (Gestaltung Atelier Lohrer), das Deutsche Technikmuseum Berlin in Berlin und die DASA – Arbeitswelt Ausstellung in Dortmund.

Ende der 1980er und in den 1990er Jahren kamen viele Einflüsse aus dem Theater, dem Film und der freien Kunst. Künstlerisch gestaltete Innenräume wie der „Merzbau“ von Kurt Schwitters (1933), das „Kabinett der Abstrakten“ von El Lissitzky (1927), die begehbare „Hon“ von Niki de Saint Phalle (1967) hatten ihren traditionellen Einfluss ebenso wie der „Blitzschlag mit Lichtschein auf Hirsch“ von Joseph Beuys (1982) im Gropiusbau. Die „Dokumenta 5“ (1972) und „Das Museum der Obsessionen“ (1981) von Harald Szeemann, die Medientheorien von Alexander Kluge und das „Dokumentarische im Film“ von Werner Herzog hatte einen hohen Einfluss auf die Museumsplaner, ebenso wie die Entwicklung des Regietheaters, das maßgeblich auch von Persönlichkeiten aus der DDR wie Ruth Berghaus, Harry Kupfer und nicht zuletzt Heiner Müller geprägt worden war.

Die Herausforderungen publikumswirksamer Szenografie gipfelten in der EXPO 2000 in Hannover – und wurde in der Museumswelt weitgehend verurteilt. Die Schnelllebigkeit der visuellen Eindrücke, mangelnde Seriosität, die Unverbindlichkeit von Scheinwelten und die Benebelung durch Überreizung der Sinne waren Kriterien, die eine Verwendung dieser Methoden für das Museumswesen ausscheiden ließ. So waren es zu Beginn des Jahrhunderts nur wenige Museen in Deutschland, die sich mit den Methoden der Szenografie beschäftigen wollten, in manchen Museen begann sogar ein Rückbau zur klassischen objektorientierten Sammlungsschau. In der DASA begann nun der jährliche Zyklus der Szenografie-Kolloquien, bei denen ein qualifizierter Diskurs zwischen Museumsleuten, Wissenschaftlern und Gestaltern einsetzte.

Gegenwärtig gibt es in Deutschland keine Fronten zwischen Wissenschaften und Gestaltung mehr, allerdings ist die Museumslandschaft selbst in Gegner und Befürworter von szenografischen Methoden gespalten. Dass Räume durch jede Art ihrer Bespielung von Museumsobjekten geprägt werden, macht szenografisches Know-how zur grundsätzlichen Forderung: „Man kann nicht Nichtgestalten“ – vergleichbar mit dem metakommunikativen Axiom von Paul Watzlawick "Man kann nicht nicht kommunizieren".

Die Nachfrage nach guten Ausstellungen in einer durch digitale Medien übersättigten Gesellschaft steigt. Diese Nachfrage ist auf der einen Seite im Mangel an haptisch begreifbarer Vermittlung und an authentischem Erleben von originalen Objekten in nicht-virtuellen Räumen begründet und auf der anderen Seite im Bedürfnis, dabei gewesen zu sein.

Ausbildung

Der Szenograf arbeitet mit den Techniken von Architektur, Grafik, Design und Marketing[2] unter anderem in den Bereichen Film, Theater, Performance, Ausstellung,[3] Messe (Wirtschaft). So vielseitig wie das Berufsfeld so vielseitig ist der Weg in diesen Beruf. Neben spezialisierten Architekten, Designern, Kuratoren werden mittlerweile spezielle Studiengänge angeboten, die mit verschiedenen Schwerpunkten einen Abschluss als Szenograf ermöglichen. Die Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf bietet einen Bachelor[4] und einen Master in Szenografie, mit dem Schwerpunkt Production Design und VFX an.[5] An der Fachhochschule Dortmund kann man einen Masterabschluss in Szenografie und Kommunikation[6] erlangen und die Staatliche Hochschule für Gestaltung Karlsruhe bietet einen Diplom- Studiengang.[7]

Studiengang Hochschule Abschluss
Ausstellungsdesign und Szenografie Staatliche Hochschule für Gestaltung Karlsruhe Diplom
Bühnenbild Universität der Künste Berlin Bachelor of Arts
Bühnenbild – Szenischer Raum TU Berlin Master of Arts
Bühnen- und Kostümbild Hochschule für Bildende Künste Dresden Diplom
Bühnen- und Kostümbild, Darstellende Kunst Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart Diplom
Exhibition Design Hochschule Düsseldorf Master of Arts
Objekt- und Raumdesign Fachhochschule Dortmund Bachelor of Arts
Raum- und Eventdesign Technische Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm Bachelor of Arts
Spatial Strategies Muthesius Kunsthochschule Kiel Master of Arts
Szenenbild Filmakademie Baden-Württemberg Diplom
Szenenbild Internationale Filmschule Köln Bachelor of Arts
Szenografie Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf Bachelor of Arts
Szenografie/Interior Design Muthesius Kunsthochschule Kiel Bachelor of Arts
Szenografie und Kommunikation Fachhochschule Dortmund Master of Arts
Szenografie - Kostüm - Experimentelle Gestaltung Hochschule Hannover Bachelor of Arts
Szenografie, Production Design und VFX Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf Master of Arts

Grundsätzlich wird in diesen Studiengängen bildnerische, dramaturgische, organisatorische, ökonomische und technische Fähigkeiten[8] in einem realen oder virtuellen Raum vermittelt. Dabei müssen architektonische, künstlerische und kuratorische Aspekte berücksichtigt werden. Als Szenograf inszeniert man Räume, die Besucher mit ihrer Narration durch diese Räume führen.

Literatur

  • Prof. Dr. Gerhard Kilger: Szenografie in Ausstellungen und Museen, Band 1. Klartext, Essen 2004, ISBN 978-3898610841
  • Prof. Dr. Gerhard Kilger: Szenografie in Ausstellungen und Museen, Band 2. Klartext, Essen 2006, ISBN 9783898614627
  • David Dernie: Ausstellungsgestaltung – Konzepte und Techniken. avedition, Ludwigsburg 2006, ISBN 978-3899860689
  • Prof. Dr. Gerhard Kilger: Szenografie in Ausstellungen und Museen, Band 3. Klartext, Essen 2008, ISBN 9783898617420
  • Prof. Dr. Gerhard Kilger: Szenografie in Ausstellungen und Museen, Band 4. Klartext, Essen 2009, ISBN 9783837503050
  • Ralf Bohn: Inszenierung als Widerstand : Bildkörper und Körperbild bei Paul Klee. transcript Verlag, Bielefeld 2009, ISBN 9783837612622
  • Atelier Brückner: SZENOGRAPHY Making spaces talk/Narrative Räume, 2010, ISBN 978-3899861365
  • Prof. Dr. Gerhard Kilger: Szenografie in Ausstellungen und Museen, Band 5. Klartext, Essen 2011, ISBN 9783837506655
  • Aurelia Bertron, Ulrich Schwarz, Claudia Frey: Projektfeld Ausstellung: eine Typologie für Ausstellungsgestalter, Architekten und Museologen; Project scope: exhibition design. Birkhäuser, Basel 2012, ISBN 978-3034607759
  • Paul Divjak: Integrative Inszenierungen, Zur Szenografie von partizipativen Räumen. transcript Verlag, Essen 2012, ISBN 9783837619423
  • Prof. Dr. Gerhard Kilger: Szenografie in Ausstellungen und Museen, Band 6. Klartext, Essen 2014, ISBN 9783837511086
  • Ralf Bohn, Heiner Wilharm: Inszenierung und Effekte : Die Magie der Szenografie. Transcript, Bielefeld 2014, ISBN 9783837623031
  • Ralf Bohn, Heiner Wilharm: Inszenierung der Stadt : Urbanität als Ereignis. transcript Verlag, Bielefeld 2014, ISBN 9783837620344
  • Ralf Bohn , Heiner Wilharm: Inszenierung und Vertrauen : Grenzgänge der Szenografie. transcript Verlag, Bielefeld 2015, ISBN 9783837617023
  • Ralf Bohn, Heiner Wilharm: Inszenierung und Politik : Szenografie im sozialen Feld. transcript Verlag, Bielefeld 2015, ISBN 9783837631050
  • Ralf Bohn: Szenische Hermeneutik : Verstehen, was sich nicht erklären lässt. transcript Verlag, Bielefeld 2015, ISBN 9783837631517
  • Ralf Bohn, Heiner Wilharm: Inszenierung und Ereignis : Beiträge zur Theorie und Praxis der Szenografie. Transcript, Bielefeld 2015, ISBN 9783837611526
  • Ralf Bohn: Vom Zeichen zur Szene : Der Diskurs der Bedeutungsproduktion in Präsenzgesellschaften. transcript Verlag, Bielefeld 2016, ISBN 9783837638363
  • Atelier Brückner: Scenography - Szenografie 2: Staging the Space - Der inszenierte Raum, 2018, ISBN 978-3035616408
  • Thomas Moritz: Szenografie digital : Die integrative Inszenierung raumbildender Prozesse. Imprint: Springer Vieweg, 2020, ISBN 9783658310745

Einzelnachweise

  1. Paul Divjak: Integrative Inszenierungen: zur Szenografie von partizipativen Räumen. Band 5. transcript Verlag, Bielefeld 2014, ISBN 978-3-8376-1942-3.
  2. Ralf Bohn, Heiner Wilharm: Inszenierung und Ereignis : Beiträge zur Theorie und Praxis der Szenografie. Transcript, Bielefeld 2009, ISBN 978-3-8376-1152-6, S. 10.
  3. Wibke Weber: Kompendium Informationsdesign. Springer, Berlin 2008, ISBN 3-540-69817-5, S. 152.
  4. Webseite zur Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf Bachelorstudiengang Szenografie Abgerufen am 03.06.2021
  5. Webseite zur Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf mit dem Schwerpunkt Production Design und VFXAbgerufen am 03.06.2021
  6. Webseite zur Fachhochschule Dortmund Master: Szenografie und KommunikationAbgerufen am 03.07.2021
  7. Webseite zur Staatliche Hochschule für Gestaltung Karlsruhe Abgerufen am 03.07.2021
  8. Webseite zur Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf Abgerufen am 03.07.2021

Weblinks

Commons: Szenografie – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien