„Imipramin“ – Versionsunterschied

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Imipramin hemmt im [[Zentralnervensystem|ZNS]] die Rückaufnahme von Monoaminen aus dem [[Synapse|synaptischen Spalt]] in die präsynaptischen [[Vesikel (Biologie)|Vesikel]] und bewirkt so einen Konzentrationsanstieg der [[Neurotransmitter]] [[Serotonin]] und [[Noradrenalin]] im Plasma. Der bei Depressionen beobachtbare relative Mangel dieser [[Botenstoff]]e wird nun durch die erhöhte Verfügbarkeit ausgeglichen. Die so verbesserte [[neuron]]ale Übertragung führt letztlich zu einer Milderung depressiver [[Symptom]]e.


Imipramin greift in weitere Übertragungsprozesse im [[Gehirn]] ein und wirkt z. B. [[anticholinerg]] (als [[Antagonist (Pharmakologie)|Antagonist]] bestimmter [[Acetylcholin]]-Wirkungen) und [[Antihistaminikum|antihistaminisch]]. Es entstehen so die charakteristischen [[Nebenwirkung]]en der trizyklischen Antidepressiva.
Imipramin greift in weitere Übertragungsprozesse im [[Gehirn]] ein und wirkt z.&nbsp;B. [[anticholinerg]] (als [[Antagonist (Pharmakologie)|Antagonist]] bestimmter [[Acetylcholin]]-Wirkungen) und [[Antihistaminikum|antihistaminisch]]. Es entstehen so die charakteristischen [[Nebenwirkung]]en der trizyklischen Antidepressiva. Imipramin wirkt zudem als [[FIASMA]] (funktioneller Hemmer der sauren [[Sphingomyelinase]]).<ref name="pmid18504571">{{cite journal |author=Kornhuber J, Muehlbacher M, Trapp S, Pechmann S, Friedl A, Reichel M, Mühle C, Terfloth L, Groemer T, Spitzer G, Liedl K, Gulbins E, Tripal P|title=Identification of novel functional inhibitors of acid sphingomyelinase|journal=PLoS ONE|volume=6|issue=8|pages=e23852|year=2011|doi=10.1371/journal.pone.0023852}}</ref>


Die aktivierenden und dämpfenden Teilwirkungen halten sich in etwa die Waage. Stimmungsaufhellende Stoffe mit einer ähnlich antriebsneutralen Wirkung werden auch als ''Antidepressiva vom Imipramin-Typ'' bezeichnet – mitunter selbst solche, die nicht zu den Trizyklika gehören.
Die aktivierenden und dämpfenden Teilwirkungen halten sich in etwa die Waage. Stimmungsaufhellende Stoffe mit einer ähnlich antriebsneutralen Wirkung werden auch als ''Antidepressiva vom Imipramin-Typ'' bezeichnet – mitunter selbst solche, die nicht zu den Trizyklika gehören.

Version vom 7. Oktober 2011, 17:00 Uhr

Strukturformel
Strukturformel von Imipramin
Allgemeines
Freiname Imipramin
Andere Namen

10,11-Dihydro-N,N-dimethyl-5H-dibenz- [b,f]azepin-5-propanamin (IUPAC)

Summenformel C19H24N2
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
PubChem 3696
DrugBank APRD00672
Wikidata Q58396
Arzneistoffangaben
ATC-Code

N06AA02

Wirkstoffklasse

Trizyklisches Antidepressivum, FIASMA

Eigenschaften
Molare Masse 280,40 g·mol−1
Schmelzpunkt

174,5 °C [1]

pKS-Wert

9,4 [1]

Löslichkeit

Wasser: 18,2 mg·l−1 (24 °C) [1]

Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[2]

Achtung

H- und P-Sätze H: 302​‐​315​‐​319​‐​335
P: 261​‐​305+351+338[2]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Imipramin zählt chemisch zur Klasse der Dibenzazepine und ist ein Arzneistoff aus der Gruppe der trizyklischen Antidepressiva.

Geschichte

Imipramin war der erste moderne Arzneistoff zur Behandlung von Depressionen überhaupt und wurde zum Prototypen einer ganzen Klasse von Psychopharmaka. Entwickler und Hersteller war der Schweizer Konzern Geigy (heute Novartis); die Markteinführung erfolgte 1958.

Als Antidepressivum war es eine Zufallsentdeckung: Es sollte als Neuroleptikum bei Schizophreniekranken eingesetzt werden. Bei der klinischen Erprobung stellte man fest, dass es für diesen Zweck untauglich war, jedoch gegen depressive Symptome gut wirkte. Imipramin ist strukturell ein Analogon des Promazins (verbrückt mit –CH2–CH2– statt –S–).

Gewinnung und Darstellung

Eine zweistufige Synthese geht vom 10,11-Dihydro-5H-dibenz[b,f]azepin aus, welches zunächst mit Natriumamid deprotoniert und dann mit 3-Dimethylaminopropylchlorid umgesetzt wird.[3]

Indikationen

Imipramin ist für die Therapie aller Formen von depressiven Erkrankungen zugelassen, bei Pavor nocturnus und Enuresis nocturna, außerdem zur adjuvanten Therapie chronischer Schmerzen.

Eine Anwendung bei Angstzuständen und Phobien ist gängig, geschieht allerdings ohne entsprechende Zulassung und damit Off-Label, ebenso die Anwendung bei einer Retrograden Ejakulation.

Laut einer Studie von 2008 kommt es bei Patienten mit Panikstörungen, die Imipramin einnehmen und eine Kognitive Verhaltenstherapie (KVT) machen, häufiger zu Rückfällen als bei Patienten, die nur eine KVT machen.[4]

Imipramin wird auch bei Narkolepsie zur Therapie von Kataplexien eingesetzt.[5]

Wirkung

Imipramin hemmt im ZNS die Rückaufnahme von Monoaminen aus dem synaptischen Spalt in die präsynaptischen Vesikel und bewirkt so einen Konzentrationsanstieg der Neurotransmitter Serotonin und Noradrenalin im Plasma. Der bei Depressionen beobachtbare relative Mangel dieser Botenstoffe wird nun durch die erhöhte Verfügbarkeit ausgeglichen. Die so verbesserte neuronale Übertragung führt letztlich zu einer Milderung depressiver Symptome.

Imipramin greift in weitere Übertragungsprozesse im Gehirn ein und wirkt z. B. anticholinerg (als Antagonist bestimmter Acetylcholin-Wirkungen) und antihistaminisch. Es entstehen so die charakteristischen Nebenwirkungen der trizyklischen Antidepressiva. Imipramin wirkt zudem als FIASMA (funktioneller Hemmer der sauren Sphingomyelinase).[6]

Die aktivierenden und dämpfenden Teilwirkungen halten sich in etwa die Waage. Stimmungsaufhellende Stoffe mit einer ähnlich antriebsneutralen Wirkung werden auch als Antidepressiva vom Imipramin-Typ bezeichnet – mitunter selbst solche, die nicht zu den Trizyklika gehören.

Die sedierende Wirkkomponente vermindert sich meistens im Laufe der Anwendungsdauer; der stimmungsaufhellende Effekt tritt ebenfalls erst nach einer Einnahmedauer von circa 2–3 Wochen ein.

Darreichungsformen

Imipramin existiert als Generikum und als Originalpräparat (u.a. Tofranil®) in Form von Tabletten oder Dragees zur oralen Einnahme.

Schwangerschaft und Stillzeit

Es gibt klare Hinweise für Risiken des menschlichen Foetus, aber der therapeutische Nutzen für die Mutter kann überwiegen. Neugeborene, deren Mütter bis zur Geburt Imipramin eingenommen hatten, zeigten in den ersten Stunden oder Tagen Symptome wie Atemstörungen, Lethargie, Koliken, Reizbarkeit, Hypotonie, Hypertonie, Zittern oder Krämpfe. Zur Vermeidung dieser Symptome sollte Imipramin – soweit vertretbar – mindestens 7 Wochen vor dem errechneten Geburtstermin abgesetzt werden. Imipramin und sein Metabolit Desmethylimipramin treten in kleinen Mengen in die Muttermilch über. Da über die klinische Relevanz für den Säugling nichts bekannt ist, sollte abgestillt oder das Medikament abgesetzt werden.[7]

Reaktionsbereitschaft

Es können verschwommenes Sehen, Schläfrigkeit oder andere zentralnervöse Symptome auftreten. In diesem Fall sollten die Patienten kein Motorfahrzeug lenken, keine Maschinen bedienen und keine Tätigkeiten verrichten, die ihre volle Aufmerksamkeit erfordern.[7]

Unerwünschte Wirkungen

Imipramin hat vorwiegend vegetative Nebenwirkungen:

Weiterhin können auftreten:

Psychische Störwirkungen sind Müdigkeit, aber auch aggressives Verhalten und Verwirrtheit (selten: pharmakogenes Delir). Imipramin kann bei Bipolaren Erkrankungen ein Umschlagen einer depressiven in eine manische Phase bewirken.

Genotoxisches Potential

Im Versuch an der Drosophila führte Imipramin zu Erbgutschäden. Möglicherweise erhöht die Einnahme von Imipramin das Brustkrebsrisiko.[8] [9] Laut der Fachinformation ist jedoch von Imipramin kein mutagenes oder karzinogenes Potential bekannt[10], das bedeutet: Es gibt keine Hinweise darauf, dass es das Erbgut schädigen oder Krebs auslösen würde.

Einzelnachweise

  1. a b c Eintrag in der ChemIDplus-Datenbank der United States National Library of Medicine (NLM) (Seite nicht mehr abrufbar).
  2. a b c Datenblatt Imipramine hydrochloride bei Sigma-Aldrich (PDF).Vorlage:Sigma-Aldrich/Abruf nicht angegeben
  3. a b c d e f g h i A. Kleemann, J. Engel, B. Kutscher, D. Reichert: Pharmaceutical Substances - Synthesis, Patents, Applications, 4. Auflage (2000), Thieme-Verlag Stuttgart, ISBN 978-1-58890-031-9
  4. Raffa SD, Stoddard JA, White KS et al. Relapse following combined treatment discontinuation in a placebo-controlled trial for panic disorder. J Nerv Ment Dis. 2008 Jul;196(7):548–555. PMID 18626295.
  5. http://www.psychosoziale-gesundheit.net/psychiatrie/narkolepsie.html.
  6. Kornhuber J, Muehlbacher M, Trapp S, Pechmann S, Friedl A, Reichel M, Mühle C, Terfloth L, Groemer T, Spitzer G, Liedl K, Gulbins E, Tripal P: Identification of novel functional inhibitors of acid sphingomyelinase. In: PLoS ONE. 6. Jahrgang, Nr. 8, 2011, S. e23852, doi:10.1371/journal.pone.0023852.
  7. a b Fachinformation des Arzneimittel-Kompendium der Schweiz: Tofranil; Stand: Juni 1996.
  8. Pressemitteilung: Heavy exposure to some tricyclic antidepressants associated with elevated risk of breast cancer.
  9. Sharpe CR, Collet JP, Belzile E et al. The effects of tricyclic antidepressants on breast cancer risk. Br J Cancer. 2002 Jan 7;86(1):92-7. PMID 11857018.
  10. Schweizer Fachinformationen "Tofranil"; Stand: September 2009.

Handelsnamen

Monopräparate

Tofranil (D, CH) sowie ein Generikum (D)