Albert Lotz (Politiker, 1858)

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Albert Lotz (* 24. Oktober 1858 in Cassel; † 22. März 1926 in Marburg) war ein preußischer Beamter, Abgeordneter und Hochschullehrer im Bereich der Verwaltungswissenschaft.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lotz studierte Rechtswissenschaften und promovierte zum Dr. jur. Nach der Prüfung für höhere Verwaltungsbeamte 1887 war er bei der Regierung in Bromberg tätig. Später wechselte er als kommissarischer Hilfsarbeiter ins Reichsversicherungsamt. Danach war er im Ministerium für Handel und Gewerbe tätig. Zwischen 1890 und 1894 war er Landrat in Leer. Von 1894 bis 1898 war Lotz Landrat in Melsungen. Danach war er als Regierungsrat in Liegnitz und ab 1902 in Münster tätig.

In Münster war er ab dem Wintersemester 1902/1903 auch Dozent bei der rechts- und staatswissenschaftlichen Fakultät der dortigen Universität. Er lehrte dort Verwaltungs-, Staats- und Völkerrecht, Verfassungs-, Finanz- und Wirtschaftsgeschichte.

Der aus der Verwaltungspraxis kommende Lotz versuchte seit 1904 eine Gleichstellung mit den sonstigen Honorarprofessoren zu erreichen. Dies scheiterte zunächst, weil seine „literarische Leistung“ als nicht ausreichend angesehen wurde. Im Jahr 1906 wurde er zum Professor ernannt. Im Jahr 1910 verzichtete er schließlich auf den Lehrauftrag für Verwaltungsrecht.

Seit 1893 war Lotz Mitglied des preußischen Abgeordnetenhauses für den Wahlbezirk Aurich 3 (Leer, Weener). Er gehörte keiner Partei an, hospitierte aber dann 1904 bis 1908 bei der Fraktion der freikonservativen Partei, der er sich 1908 anschloss. Dem Parlament gehörte er bis 1911 an, er legte wegen seiner Beförderung sein Mandat nieder.[1]

Von 1911 bis 1921 war er am preußischen Oberverwaltungsgericht tätig.

Verwaltungswissenschaftliche Positionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wissenschaftlich bekannt geworden ist er mit seiner Geschichte des deutschen Beamtentums. Während des Kaiserreichs spielte Lotz eine nicht unbedeutende Rolle in der öffentlichen Diskussion über die Rolle der Beamten in Staat und Gesellschaft. Im Zusammenhang mit der Maßregelung der konservativen Kanalrebellen, stellte er das bisherige Konzept des politischen Beamten in Frage. Er argumentierte, dass man von den Beamten nicht verlangen könne, die „jeweiligen Pläne von der Regierung verfolgten gesetzgeberischen Pläne schlechthin zu verteidigen,“ da die Minister wechseln würden, die Beamten aber blieben. Er forderte daher die Möglichkeit zur freien politischen Betätigung der Beamten, da diese im politischen Leben als Privatleute und nicht als Beamte agieren würden. Gustav Schmoller ging diese Forderung zu weit und versuchte diese durch ein Nachwort zudem entsprechenden Aufsatz von Lotz abzumildern.[2]

Im Rahmen der Immediatskommission für eine tiefgreifende Verwaltungsreform sah Lotz in dem Zentralisierungsstreben der Ministerien einen Grund, der Ziele einer Dezentralisation der Verwaltung und eine verstärkte Selbstverwaltung verhindern würde.[3]

Bei aller Kritik sah Lotz im deutschen Berufsbeamtentum den eigentlichen Träger des gesellschaftlichen Fortschritts.[4]

Werke (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Geschichte des deutschen Beamtentums. Berlin : Decker, 1909
  • Spruchrecht zum preußischen Verwaltungsrecht : ausgewählte höchstrichterliche Entscheidungen. Münster i. W. : Obertüschen, 1909

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Sebastian Felz: Im Geiste der Wahrheit? Zwischen Wissenschaft und Politik: Die Münsterschen Rechtswissenschaftler von der Weimarer Republik bis in die frühe Bundesrepublik. In: Hans-Ulrich Thamer, Daniel Droste, Sabine Happ (Hrsg.): Die Universität Münster im Nationalsozialismus. Kontinuitäten und Brüche zwischen 1920 und 1960 (= Veröffentlichungen des Universitätsarchivs Münster. Band 5). Aschendorff, Münster 2012, Bd. 1, S. 347–412.
  • Thomas Klein: Leitende Beamte der allgemeinen Verwaltung in der preußischen Provinz Hessen-Nassau und in Waldeck 1867 bis 1945 (= Quellen und Forschungen zur hessischen Geschichte. Bd. 70), Hessische Historische Kommission Darmstadt, Historische Kommission für Hessen, Darmstadt/Marburg 1988, ISBN 3-88443-159-5, S. 166.
  • Lieselotte Steveling: Juristen in Münster: Ein Beitrag zur Geschichte der Rechts- und staatswissenschaftlichen Fakultät der westfälischen Wilhelms-Universität Münster/Westf. Münster u. a., 1999 (Teildigitalisat).
  • Protokolle des preußischen Staatsministeriums. Bd. 9, S. 389 Digitalisat (PDF; 2,9 MB).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Mann, Bernhard (Bearb.): Biographisches Handbuch für das Preußische Abgeordnetenhaus. 1867–1918. Mitarbeit von Martin Doerry, Cornelia Rauh und Thomas Kühne. Droste Verlag, Düsseldorf 1988, S. 253 (Handbücher zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien. Band 3); zu den Wahlergebnissen siehe Thomas Kühne: Handbuch der Wahlen zum Preußischen Abgeordnetenhaus 1867–1918. Wahlergebnisse, Wahlbündnisse und Wahlkandidaten (= Handbücher zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien. Band 6). Droste, Düsseldorf 1994, ISBN 3-7700-5182-3, S. 507–509.
  2. Otto Büsch, Wolfgang Neugebauer: Moderne preussische Geschichte, 1648–1947: Eine Anthologie. Walter de Gruyter, 1981 S. 725 (Teildigitalisat).
  3. Bärbel Holtz, Hartwin Spenkuch: Preussens Weg in die politische Moderne: Verfassung-Verwaltung- politische Kultur zwischen Reform und Reformblockade. Akademie Verlag, Berlin 2001, S. 355 (Teildigitalisat).
  4. Horst Dreier: Hierarchische Verwaltung im demokratischen Staat: Genese, aktuelle Bedeutung und funktionelle Grenzen eines Bauprinzips der Exekutive. Mohr Siebeck, 1991 S. 68 (Teildigitalisat).