Alkalische Phosphatase

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Alkalische Phosphatase E. coli K12
Alkalische Phosphatase E. coli K12
Bändermodell des Dimer der alkalischen Phosphatase von E. coli, nach PDB 1ALK
Bezeichner
Externe IDs
Enzymklassifikation
EC, Kategorie 3.1.3.1Hydrolase
Substrat Phosphatmonoester + H2O
Produkte Alkohol + Phosphat

Alkalische Phosphatase (AP, ALP, knochenspez. auch Ostase) ist der Name für Enzyme, die Phosphorsäureester hydrolysieren. Alkalische Phosphatasen entfernen Phosphat-Gruppen (Dephosphorylierung) von vielen Arten von Molekülen wie Proteinen, Nukleotiden und Alkaloiden. Sie arbeiten am effektivsten bei einem alkalischen pH-Wert.

Alkalische Phosphatasen kommen in fast allen Lebewesen vor, ausgenommen wenige Pflanzen. Ein erhöhter Laborwert beim Menschen kann auf ein Krankheitsgeschehen, wie eine Gallenstauung, innere Organschäden, Knochenbrüche, einen Tumor oder Osteoporose/Osteomalazie (bei Kindern Rachitis) hindeuten.

Reaktion

Die alkalische Phosphatase hydrolysiert Phosphorsäureester zu Phosphat und Alkoholen, wobei Protonen entstehen.

Dieses Enzym arbeitet nur in schwach alkalischer Lösung mit einem pH-Optimum von 9,8. Gäbe man das Enzym zu einer ungepufferten Lösung, so käme die Reaktion wegen der Protonenfreisetzung zum Stillstand. In vitro kann sie also nur in Gegenwart eines Puffers von geeignetem pH-Wert verfolgt werden.

Alkalische Phosphatase ist ein in fast allen Geweben vorkommendes cytoplasmatisches Enzym, das eine wichtige Rolle bei Dephosphorylierungsreaktionen im Stoffwechsel spielt. Bisher wurden fünf gewebespezifische Isoenzyme gefunden, deren Aktivitätsoptimum bei pH=9,8 liegt. Bei Leber- und Gallenfunktionsstörungen, Skeletterkrankungen, einigen Tumoren und bei Hyperthyreose steigt die Aktivität der AP im Serum. Die Bestimmung der enzymatischen Aktivität erfolgt durch den optischen Test.

Bei der DNA-Rekombinationstechnik findet die AP Anwendung zur Entfernung terminaler Phosphatgruppen vom 5'- oder 3'-Ende bzw. von beiden Positionen.

Selbst Mikroorganismen besitzen die ALP oder ALP-ähnliche Enzyme.

Die ALP besteht aus mindestens 500 Aminosäuren oder auch mehr, wobei die Anzahl schwanken kann. Die reaktive ALP ist kürzer, da sie bei der posttranslationalen Modifizierung[1] (PTM) gekürzt wird und entsprechend noch Zuckermoleküle angehängt werden. Dieser Vorgang wird Glykosylierung[2] genannt, weil so das organspezifische ALP-Isoenzym entsteht.

Inhibition

Die Isoenzyme der alkalischen Phosphatase von Säugetieren, ausgenommen die Plazenta-AP, werden durch Homoarginine inhibiert. Setzt man die AP eine Stunde einer Temperatur von 65 °C aus, so verliert sie nicht ihre Aktivität. Erst ab einer Dauer von zwei Stunden bei einer Temperatur von 65 °C führt dies zu einer Inaktivierung des Enzyms. Davon ist die Plazenta-AP aber ausgeschlossen.

Die Inhibitorspezifität von Säugetier-AP wird unter anderem von hydrophoben oder hydrophilen Taschen im aktiven Zentrum bestimmt. So besitzt eine gewebespezifische AP eine hydrophobe Tasche im aktiven Zentrum, die den hydrophoben Teil des Inhibitors in eine bestimmte Position bringt. In gewebeunspezifischen AP gibt es hingegen hydrophile Taschen, die hydrophile Inhibitoren im aktiven Zentrum positionieren.

Humane gewebeunspezifische AP sind besonders sensitiv gegenüber den Inhibitoren Levamisol und L-Homoarganin und werden bei Temperaturen unter 60 °C inaktiviert. Levamisol ist ein unkompetitiver Inhibitor der alkalischen Phosphatase, in Säugetieren ist Levamisol. Er hemmt die Keimzellen-AP sowie die gewebeunspezifische AP. Die Inhibition wird verstärkt durch höhere Konzentrationen von N-Ethylaminoethanol und Substrat.

Gewebespezifische AP hingegen sind sensitiv gegenüber L-Phenylalanin und halten Temperaturen bis zu 90 °C aus. L-Phenylalanin ist ein unkompetitiver Inhibitor, der spezifisch an das Phososphoserylintermediat von Plazenta- und Dünndarm-AP bindet.

5‘-AMP hemmt Plazenta-AP, die Synthese von DNA zu stimulieren.

L-Leu ist ein uncompetitiver Inhibitor von Keimzellen-AP, GAP

L-homoarginine ist ein Inhibitor von Dünndarm-AP, IAP

Inhibitor Imidazol: Plazenta-, Dünndarm-AP

Inhibitor Phosphatederivate

Inhibitor spezifisches Reaktionsprodukt

Das bakterielle Enzym

In Gram-negativen Bakterien sitzt die alkalische Phosphatase im periplasmatischen Raum. Da dieser Bereich viel stärkeren Umgebungsunterschieden ausgesetzt ist als das Innere der Zelle, ist die bakterielle alkalische Phosphatase gegen Inaktivierung, Denaturierung und Zersetzung resistent. Ebenfalls ist sie aktiver als die humane Phosphatase. Auch wenn der Nutzen des Enzyms noch nicht vollends erforscht ist, so lautet die Theorie, dass es für das Bakterium eine Möglichkeit darstellt, freie Phosphatgruppen zur Aufnahme und Verwendung bereitzustellen, diese Theorie wird durch die Tatsache gestützt, dass das Bakterium die alkalische Phosphatase nur dann synthetisiert, wenn eine Phosphatarmut vorliegt, aber nicht wenn genügend Phosphat vorhanden ist. Es existieren aber noch weitere mögliche Theorien.

Die Kristallstruktur der ALP aus dem Bakterium E. coli ist der Prototyp für die Säugetier-ALP. Laut diesem Textauszug besteht eine 25 bis 30 % genaue Übereinstimmung zwischen der menschlichen und bakteriellen, E. coli, ALP[3]

Das humane Enzym

Im Menschen werden 15 verschiedene Isoenzyme unterschieden. Vier dieser Isoenzyme stammen von unterschiedlichen Genen (Dünndarm-AP, Plazenta-AP, Keimzell-AP und Gewebe-unspezifische AP). Die Gewebe-unspezifischen AP werden je nach Gewebe unterschiedlich glykosyliert, d. h., sie erhalten unterschiedliche Zuckerketten. Dadurch entstehen weitere Isoenzyme (Leber-AP, Knochen-AP, Nieren-AP).

Die höchste Konzentration an AP ist im Menschen in absteigender Reihenfolge in der Darmschleimhaut, Plazenta, Nieren- und Knochenzellen und der Leber vorhanden.

Bevor das Glycerin-3-Phosphat in den Zitronensäurezyklus eingeschleust wird, wird hier an dem dritten 3-C-Atom der Phosphatrest abgespalten. Hier wirkt die ALP.

Die plazentale und plazentaähnliche LP bestehen aus 513 AS, mit einer Übereinstimmung von 98 %.[4] Dagegen bestehen die ALP in den LBK, Liver, Bone and Kidney [Leber, Nieren und Knochen] aus 507 AS. Es sind jedoch in den AS-Sequenzen Lücken enthalten, was einen Grad der Übereinstimmung von 50 bis 60 % ausmacht.[5] Die ALP-Entwicklung[6] entstand aus den nichtgewebespezifischen[136] TNAP, tissue nonspecific, nichtspezifische, und den drei gewebespezifischen AP. Aus denen entstanden die drei gewebespezifischen Isoenzyme, IAP, GCAP und PLAP. Ein erhöhter ALP-Spiegel im Blutserum deutet auf eine krankhafte Störung im Organismus. Dagegen nimmt der ALP-Spiegel im menschlichen Organismus durch die natürliche Alterung ab. Grundsätzlich weisen sowohl Kinder im Wachstum als auch Frauen im letzten Schwangerschaftsdrittel höhere AP-Werte auf; dies ist jedoch normal und liefert keinen grundsätzlichen Hinweis auf eine Erkrankung.

Schwangere und Kinder haben einen höheren Wert, da bei ihnen der Knochenaufbau, insbesondere beim Fötus, noch nicht abgeschlossen ist, ebenso bei den Kindern bis zur Beendigung der Pubertät. Hier werden die freigesetzten Phosphorsäure als Phosphate an die Knochenmatrix angelagert, was als Hydroxylapatit, HA, die Festigkeit veranlasst.[7]

Die Kohlenhydrate machen einen Drittel der molekularen Masse aus. Dies ist auch der Grund zu der Bildung der vier Isoenzyme.[8]

Labordiagnostik

Die Gesamtheit dieser Enzyme wird als „alkalische Phosphatase“ bei Standard-Blutuntersuchungen gemessen und kann Hinweise auf vorliegende Krankheiten der Leber und des Skeletts liefern.

Die plazentare Isoform (PLAP) wird normalerweise durch plazentare Syncytiotrophoblasten produziert. Ihre Bestimmung wird bei Seminomen empfohlen. Die Halbwertszeit im Blutserum beträgt weniger als drei Tage.

Referenzbereich

Für Messungen bei 37 °C nach IFCC:

Säuglinge 110–590 IU/l

Kleinkinder 110–550 IU/l

Schulkinder 130–700 IU/l

Frauen 55–147 IU/l

Männer 62–176 IU/l

Interpretation

Alkalische Phosphatasen sind in großer Menge im Skelettsystem, im Leberparenchym und in den Gallengangsepithelien vorhanden. Zu hohe Werte können ihre Ursache z. B. in Erkrankungen der Leber, der Gallenblase, der Schilddrüse oder der Bauchspeicheldrüse haben. Auch bei Knochenerkrankungen wie Osteomalazie, Morbus Paget, Rachitis, Knochenmetastasen, Hyperparathyreoidismus oder auch bei Knochenbrüchen ist der Wert der AP in der Regel erhöht. Eine der häufigsten Ursachen für eine AP-Erhöhung sind maligne Tumoren, die in den Knochen metastasiert sind (Knochenmetastasen).

Grundsätzlich weisen sowohl Kinder im Wachstum als auch Frauen im letzten Schwangerschaftsdrittel höhere AP-Werte auf; dies ist jedoch normal und liefert keinen grundsätzlichen Hinweis auf eine Erkrankung.

Ein zu niedriger Gehalt an alkalischer Phosphatase findet sich z. B. bei der seltenen Erbkrankheit Hypophosphatasie; darüber hinaus als Begleiterscheinung eines Vitamin-C-Mangels (Skorbut), als Folge einer Bypass-Operation, bei Schilddrüsen-Unterfunktion (Hypothyreose), Morbus Wilson, Zinkmangel, schwerer Blutarmut, Magnesiummangel und bei Einnahme von Kontrazeptiva.

Bei der CML finden sich erniedrigte alkalische Phosphatase-Werte in den Granulozyten.

Anwendungsgebiete

Anwendung in der Biologie

In der Biochemie wird die Alkalische Phosphatase in Verbindung mit einem chromogenen Substrat für verschiedene Nachweismethoden (Färbungen) eingesetzt:

Als chromogenes Substrat wird hierbei häufig BCIP in Verbindung mit NBT verwendet, das von der Alkalische Phosphatase zu einem blauen Indigo-Farbstoff umgesetzt wird.

In der Molekularbiologie wird die Alkalische Phosphatase aus Kälberdarm (Calf Intestine Alkaline Phosphatase) und aus Garnelen (Shrimp Alkaline Phosphatase) zur Dephosphorylierung von linearer DNA eingesetzt.

Die gebräuchlichsten Alkalischen Phosphatasen sind:

Anwendung in der Milchindustrie

Die alkalische Phosphatase wird oft in der Milchindustrie als Nachweismethode für eine erfolgreiche Pasteurisierung verwendet. Der hitzeresistenteste Mikroorganismus in der Milch, Mycobacterium paratuberculosis, denaturiert bei Temperaturen unterhalb von denen der AP. Wird in der Probe keine AP-Aktivität nachgewiesen, so ist das Produkt erfolgreich pasteurisiert worden. Die Messung erfolgt im alkalischen Medium bei 37 °C mit Dinatriumphenylphosphat als Substrat. Ist aktive AP in der Probe vorhanden, wird Phenol frei, welches nach Umsetzung mit 2,6-Dibromchinin-1,4-chlorimid (Gibb’s Reagenz) photometrisch bestimmt und auf die AP-Aktivität umgerechnet wird.[9]

Literatur

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Uniprot: http://www.uniprot.org
  2. The effect of sucrose and other carbohydrates on human alkaline phosphatase isoenzyme activity. By: Iino, S; Fishman, L Clinica chimica acta; international journal of clinical chemistry Volume: 92 Issue: 2 Pages: 197-207 Published: 1979-Mar-1
  3. Artikel nr. 76876 Intracellular alkaline phosphatase activity. KRUGELIS EJ. Genetics. 1946 Mar;31:221. No abstract available. PMID 21021054 [PubMed - indexed for MEDLINE] Free Article Related citations
  4. 98.The human alkaline phosphatases: what we know and what we don't know. By: Harris, H Clinica chimica acta; international journal of clinical chemistry Volume: 186 Issue: 2 Pages: 133-50 Published: 1990-Jan-15
  5. 98.The human alkaline phosphatases: what we know and what we don't know. By: Harris, H Clinica chimica acta; international journal of clinical chemistry Volume: 186 Issue: 2 Pages: 133-50 Published: 1990-Jan-15
  6. 136 .Structural evidence of functional divergence in human alkaline phosphatases. By: Le Du, Marie-Helene; Millan, Jose Luis The Journal of biological chemistry Volume: 277 Issue: 51 Pages: 49808-14 Published: 2002-Dec-20 (Epub 2002 Oct 07) Author Affiliations
  7. 62 Osteoblast response to the surface of amino acid-functionalized hydroxyapatite. Lee Wing-Hin WH Advanced Drug Delivery Group, Faculty of Pharmacy, University of Sydney, NSW, 2006, Australia; Respiratory Technology, Woolcock Institute of Medical Research, NSW, 2006, - - 2014
  8. j 41The effect of sucrose and other carbohydrates on human alkaline phosphatase isoenzyme activity. By: Iino, S; Fishman, L Clinica chimica acta; international journal of clinical chemistry Volume: 92 Issue: 2 Pages: 197-207 Published: 1979-Mar-1
  9. Reinhard Matissek, Gabriele Steiner und Markus Fischer: Lebensmittelanalytik. 5. Auflage. Springer Verlag, 2013, ISBN 978-3-642-34828-0, Seite 418