Amt Ruthe

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Die Straße Amtshof in Ruthe erinnert an den ehemaligen Standort desselben

Das Amt Ruthe war ein historisches Verwaltungsgebiet des Hochstifts Hildesheim bzw. des Königreichs Hannover. Es war das nordöstlichste Amt des Hochstifts, zur Stadt Hannover hin gelegen und auf drei Seiten an das Kurfürstentum Hannover angrenzend. Nur im Süden grenzte es an die hildesheimischem Ämter Steuerwald, Dompropstei und Peine.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Bereich des Amt geht auf die stiftshildesheimische Burg in Ruthe und ihr Zubehör zurück. Erbaut wurde sie um 1280 durch Bischof Siegfried II. vielleicht an der Stelle einer Vorläuferanlage am Zusammenfluss von Innerste und Leine. Seit 1379 ist eine Vogtei (Amt) mit Sitz in Ruthe belegt, die im 14. und 15. Jahrhundert mehrfach verpfändet war. Im Bereich der Vogtei überschnitten sich hildesheimische und welfische Ansprüche. Nach der Zerstörung der Burg in der Hildesheimer Stiftsfehde und der Abtretung an das Fürstentum Calenberg wurde das Amt von Koldingen aus verwaltet. 1643 kehrte es unter hildesheimische Herrschaft zurück (während Koldingen welfisch blieb) und wurde nach dem Neubau der Amtsgebäude wieder Verwaltungssitz. Während die Verwaltungsgeschäfte zunächst in den Händen eines Amtmanns lag, übernahmen die Drosten im 18. Jahrhundert die Verwaltung selbst. 1802 kam das Amt unter preußische, 1807 westphälische Herrschaft. 1815 wurde es in seinem alten Umfang wiederhergestellt, 1859 aufgehoben und in das Amt Hildesheim eingegliedert.

Amtshaus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sitz der Amtsverwaltung war bis zu ihrer Zerstörung die Burg in Ruthe. Mit dem Untergang der Burg verschwand auch der zugehörige Wirtschaftshof. Die Verwaltung wurde von Koldingen aus wahrgenommen. An der Stelle der ehemaligen Burganlage stand 1593 nur noch ein Viehhaus. Nach der Restitution des Amts im Braunschweiger Rezess von 1643 ließ die Stiftsregierung auf dem alten Burgplatz ein schlichtes Herrenhaus als Amtshaus errichten.

Gemeinden[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die folgende Tabelle listet alle Gemeinden auf, die dem Amt Ruthe von 1643 bis 1807 und wieder von 1816 bis 1858 angehört haben und ihre Gemeindezugehörigkeit heute. Dazu zählten eine Stadt, 14 Dörfer und das Amtshaus bei der ehemaligen Burg Ruthe. In Spalte 2 ist die Anzahl aller Haushalte im Jahre 1760 verzeichnet, und zwar Freie Häuser, Vollhöfe, Halbspännerhöfe, Viertelspännerhöfe, Großköthnerhöfe, Kleinköthnerhöfe und Brinksitzer zusammengenommen (im Original jeweils einzeln aufgeführt). In Spalte 3 ist die Einwohnerzahl im Jahr 1910 verzeichnet, in Spalte 4 die heutige Gemeindezugehörigkeit, in Spalte 5 Anmerkungen, die zumeist auf den Anmerkungen im Original 1760 bei Büsche beruhen.[1][2][3][4]

Altgemeinde Haushalte 1910 heute Anmerkung (Original 1760)
Bledeln 32 383 Algermissen Bledelemb, Dorf
Bolzum 50 789 Sehnde Dorf, darin ein adliges Haus
Gleidingen 86 1.390 Laatzen Dorf, darin ein adliger Hof
Gödringen 27 365 Sarstedt Gory, Dorf
Groß Lobke 74 581 Algermissen Lopke, Dorf, darin ein adliger Hof
Heisede 28 435 Sarstedt Dorf, darin ein freier Hof
Hotteln 44 422 Sarstedt Hottelm, Dorf
Ingeln 32 313 Laatzen Ingelm, Dorf
Lühnde 56 728 Algermissen Dorf
Oesselse 34 343 Laatzen Dorf
Ruthe 10 300 Sarstedt Amtshaus, dabei neun Brinksitzer
Sarstedt 162 4.646 Sarstedt Stadt, darin zwei adlige Höfe, ein sattelfreier Hof und die Vorstadt
Ummeln 23 280 Algermissen Dorf
Wätzum 20 256 Algermissen Wetzen, Dorf
Wehmingen 28 400 Sehnde Wehmy, Dorf
Wirringen 23 265 Sehnde Wyrry, Dorf

Das Amt setzte sich zuletzt aus der Hausvogtei und der Amtsvogtei zusammen. Sie umfassten (1823) folgende Gemeinden und Wohnplätze[5]:

  • Hausvogtei: Stadt Sarstedt, die Dörfer Gleidingen, Gödringen, Heisede, Hotteln, Ingeln und Oesselse, und die Domäne Ruthe.
  • Amtsvogtei: die Dörfer Bledeln, Bolzum, Groß Lopke, Lühnde, Ummeln, Wätzum, Wehmingen und Wirringen.

Drosten und Amtmänner[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Drosten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 1689–1718: Franz von Frentz
  • 1718–1727: Franz Carl von Frentz
  • 1728–1733: Friedrich Anton von Bocholtz
  • 1733–1779: Hermann Werner von der Asseburg
  • 1780–1790: Ignaz Reichsgraf von Wolff-Metternich
  • 1790–1802: Maximilian Werner Reichsgraf von Wolff-Metternich

Amtmänner[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 1630–1631: Barwart Langeheine
  • 1643–1645: Valentin Kurtzrock
  • 1645–1686: Theobald (Theodor) Kurtzrock
  • 1686–1689?: Max Heinrich von Kurtzrock
  • 1818–1845: Conrad Heinrich Georg Soest, Hofrat
  • 1845–1859: Christian Friedrich Theodor von Ompteda, Regierungsrat

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Hans Goedeke: Erbregister der Ämter Ruthe und Koldingen von 1593 (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen 24), Hildesheim 1973
  • Iselin Gundermann, Walther Hubatsch: Grundriß zur deutschen Verwaltungsgeschichte 1815–1945. Reihe A: Preußen, Band 10: Hannover. Marburg (Lahn) 1981
  • Manfred Hamann: Übersicht über die Bestände des Niedersächsischen Hauptstaatsarchivs in Hannover. Dritter Band: Mittel- und Unterbehörden in den Landdrostei- bzw. Regierungsbezirken Hannover, Hildesheim und Lüneburg bis 1945. Göttingen 1983, S. 300f.
  • Thomas Klingebiel: Ein Stand für sich? Lokale Amtsträger in der frühen Neuzeit: Untersuchungen zur Staatsbildung und Gesellschaftsentwicklung im Hochstift Hildesheim und im älteren Fürstentum Wolfenbüttel. Hannover 2002, S. 689–694

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Häuser-, Vorspann- und Schatzungs-Castratum vom Stift Hildesheim, geschrieben um 1760. In: Magazin für die neue Historie und Geographie, angelegt von Anton Friedrich Büsching, Halle 1783: p. 475–525. Abgerufen am 18. Juli 2020.
  2. Kreise in der Provinz Hannover Stand 1. 1. 1945. In: territorial.de. Abgerufen am 18. Juli 2020.
  3. Ulrich Schubert: Gemeindeverzeichnis Deutschland 1900 – Landkreis Hildesheim. Angaben vom 1. Dezember 1910. In: gemeindeverzeichnis.de. 3. Februar 2019, abgerufen am 17. Juli 2020.
  4. Michael Rademacher: Preußische Provinz Hannover, Regierungsbezirk Hildesheim. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com. Abgerufen am 18. Juli 2020.
  5. W. Ubbelohde: Statistisches Repertorium über das Königreich Hannover. Hannover 1823, S. 10