Amt Winzenburg

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Gedenkstein zur Erinnerung an das Amt Winzenburg in Winzenburg

Das Amt Winzenburg war ein historisches Verwaltungsgebiet des Hochstifts Hildesheim bzw. des Königreichs Hannover.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Amt geht auf die wohl in fränkischer Zeit errichtete gleichnamige Burg Winzenburg südöstlich von Alfeld (Leine) zurück, die um 1100 durch die Grafen von Winzenburg weiter ausgebaut wurde. Nach dem Erlöschen des Geschlechts fiel sie an das Hochstift Hildesheim und wurde durch hildesheimische Ministeriale als Vögte (seit 1283 belegt) bzw. Amtmänner verwaltet.

Um die Burg entwickelte sich ein größeres Amt, dessen Sprengel vier Gohen (Hasekenhäuser Gohe, Gehlenberger Gohe, Niedere Gohe, Alfeldische Gohe) umfasste und mehrere adelige Gerichte einschloss. Nachdem die Winzenburg seit dem 14. Jahrhundert den Rang einer bischöflichen Hauptburg verloren hatte, wurde das Amt wiederholt verpfändet. In der Hildesheimer Stiftsfehde wurde sie 1522 zerstört und verfiel. Ihr Abbruchmaterial wurde für den Bau des Wirtschaftshofs in Hasekenhusen verwandt, auf den Amt und Name der Winzenburg übergingen.

Als Teil des Großen Stifts fiel das Amt Winzenburg im Quedlinburger Rezess 1523 an das Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel. 1643 wurde es an das Hochstift Hildesheim zurückgegeben. Die alten Gohen wurden in Vogteien umgewandelt und entsprachen weiterhin den Grenzen der vier Landgerichtsbezirke. Sie hießen jetzt Niedere Börde (im Norden, 13 Dörfer), Gehlenberger Börde (im Zentrum, 17 Dörfer), und im Süden und Südwesten mit zusammen 12 Dörfern die Hasekenhäuser Gohe und die Alte Gohe (oder Gohe zum Alten Dorf=Alfeld). Einer Adelsherrschaft unterstanden 8 Dörfer bei Delikten der Halsgerichtsbarkeit (für Kapitalverbrechen), zwischen 19 und 23 Amtsdörfer auch in der niederen Gerichtsbarkeit. Der Adel, vor allem die beiden Familien v. Wrisberg und v. Steinberg (mit den zwei Zweigen auf Bodenburg sowie auf Brüggen und Wispenstein), war somit im Amt Winzenburg im Verhältnis zu anderen Hildesheimer Ämtern vergleichsweise mächtig.

1690 wurde die Niedere Börde mit elf Gemeinden abgetrennt und zum Amt Gronau gelegt. Nur Sibbesse und Petze verblieben aus der Niederen Börde beim Amt Winzenburg.[1] 1802 fiel fiel das gesamte Amt mit dem Hochstift an Preußen, 1807 an das Königreich Westphalen. Die alten Amtsstrukturen wurden unter westphälischer Herrschaft aufgelöst. Unter hannoverscher Herrschaft wurden sie 1815 wiederhergestellt, jedoch das Amt Winzenburg 1828 aufgelöst und dem bisher kleinen Amt Bilderlahe zugeschlagen. Aus dem Großteil des ehemaligen Winzenburger Amtsgebiets wurde 1836 das Amt Alfeld (Leine) gebildet, aus dem 1885 der Kreis Alfeld hervorging.

Gemeinden[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die folgende Tabelle listet alle Gemeinden, die dem Amt Winzenburg von 1690 bis 1807 angehört haben. In Spalte 2 ist die Anzahl aller Haushalte im Jahre 1760 verzeichnet, und zwar Freie Häuser, Vollhöfe, Halbspännerhöfe, Viertelspännerhöfe, Großköthnerhöfe, Kleinköthnerhöfe und Brinksitzer zusammengenommen (im Original jeweils einzeln aufgeführt). In Spalte 3 ist zum Vergleich die Einwohnerzahl im Jahr 1910 verzeichnet, in Spalte 4 die Gemeindezugehörigkeit nach der Gebietsreform, Stand 1974. In Spalte 5 ist die Zugehörigkeit zum jeweiligen Unterbezirk (Vogtei), ggf. zu einer Adelsherrschaft verzeichnet.[2][3][4][5][6]

Zur Religionszugehörigkeit der Einwohner siehe auch Liste der Gemeinden des vormaligen Hochstifts Hildesheim nach Konfessionszugehörigkeit. Einen nennenswerten katholischen Bevölkerungsanteil von über 10 % erlangten nach 1643 trotz umfangreicher Rekatholisierungsmaßnahmen nur die Gemeinden (Stand 1871): Everode (52,8 %), Klein Freden (17,5 %), Lamspringe (39,2 %), Sibbesse (16,2 %), Westfeld (14,9 %), und Winzenburg (28,4 %). Der jüdische Bevölkerungsanteil lag in folgenden Gemeinden 1871 bei über 1 %: Groß Freden (1,3 %), Klein Freden (2,4 %), Westfeld (1,2 %), Wrisbergholzen (1,8 %). 91,7 % der Einwohner waren 1871 lutherisch.

Altgemeinde Haushalte 1910 1974 zu Anmerkung
Adenstedt 63 666 Adenstedt Gehlenberger Börde (Residenz)
Alfeld, Stadt 318 6.418 Alfeld Alte Gohe (Residenz)
Almstedt 58 595 Almstedt Gehlenberger Börde, Herrschaft Adenstedt/v. Rheden
Breinum 47 420 Bad Salzdetfurth Gehlenberger Börde, Herrschaft v. Steinberg auf Bodenburg
Eimsen 18 324 Alfeld Alte Gohe, Herrschaft v. Wrisbergholzen
Esbeck 3 638 Freden Gut Esbeck, siehe Groß Freden
Evensen 23 154 Sehlem Gehlenberger Börde
Everode 42 605 Everode Hasekenhäuser Gohe
Eyershausen 34 336 Landwehr Hasekenhäuser Gohe
Föhrste 30 777 Alfeld Alte Gohe, Herrschaft v. Steinberg auf Brüggen und Wispenstein
Gerzen 25 829 Alfeld Alte Gohe, Herrschaft v. Steinberg auf Brüggen und Wispenstein
Glashütte (Westerberg) 13 - Winzenburg Alte Glashütte Westerberg, siehe Winzenburg
Grafelde 32 219 Adenstedt Gehlenberger Börde
Graste 20 297 Woltershausen Gehlenberger Börde
Groß Freden 76 1.923 Freden Hasekenhäuser Gohe
Harbarnsen 24 333 Harbarnsen Gehlenberger Börde, Herrschaft v. Steinberg auf Bodenburg
Haus Freden 1 - Winzenburg Vorwerk, siehe Winzenburg
Hornsen 1 70 Lamspringe Vorwerk aus wüst gewordenem Dorf, Hasekenhäuser Gohe
Hörsum 22 407 Alfeld Alte Gohe, Herrschaft v. Steinberg auf Brüggen und Wispenstein
Imsen 35 333 Alfeld Alte Gohe, Herrschaft v. Steinberg auf Brüggen und Wispenstein
Irmenseul 19 262 Harbarnsen Gehlenberger Börde
Klein Freden 49 1.697 Freden Hasekenhäuser Gohe
Klump 7 - Winzenburg siehe Winzenburg
Lamspringe 90 1.956 Lamspringe dazu 41 Benediktiner-Haushalte, Gehlenberger Börde, Klostergericht Lamspringe
Langenholzen 36 547 Alfeld Alte Gohe
Meimerhausen 27 179 Freden Hasekenhäuser Gohe
Netze 16 154 Woltershausen Gehlenberger Börde, Herrschaft v. Steinberg auf Bodenburg
Neue Mühle 1 - Bad Salzdetfurth eine Mühle, churfürstlich, siehe Salzdetfurth
Neuer Krug 1 - Bad Salzdetfurth siehe Salzdetfurth
Neuhof 46 496 Neuhof Gehlenberger Börde, Klostergericht Lamspringe
Ohlenrode 43 358 Freden Hasekenhäuser Gohe
Petze 24 319 Sibbesse ab 1690 Gehlenberger Börde, Herrschaft v. Wrisbergholzen
Rehenkrug 1 - unbekannt Privat-Wirtshaus
Röllinghausen 19 247 Alfeld Alte Gohe, Herrschaft v. Wrisbergholzen
Rolfshagen 1 - Lamspringe Rolvershagen, Vorwerk und Wirtshaus
Sack 43 347 Alfeld Alte Gohe, Herrschaft v. Kiepen
Salzdetfurth 183 2.040 Bad Salzdetfurth Gehlenberger Börde, Herrschaft v. Steinberg auf Bodenburg
Glashütte Schildhorst - 87 Winzenburg Neue Glashütte, siehe Winzenburg
Segeste 28 248 Almstedt Gehlenberger Börde
Sehlem 61 733 Sehlem Gehlenberger Börde
Sellenstedt 28 237 Adenstedt Gehlenberger Börde
Sibbesse 58 791 Sibbesse ab 1690 Gehlenberger Börde
Warzen 12 261 Alfeld Alte Gohe, Herrschaft v. Steinberg auf Brüggen und Wispenstein
Wehrstedt 39 452 Bad Salzdetfurth Gehlenberger Börde, Herrschaft v. Steinberg auf Bodenburg
Westfeld 49 356 Westfeld Gehlenberger Börde
Wetteborn 29 273 Landwehr Hasekenhäuser Gohe
Wettensen 17 139 Alfeld Alte Gohe, Herrschaft v. Wrisbergholzen
Winzenburg 8 807 Winzenburg Amtshäuser, 2 Mühlen, 1 Wirtshaus. Hasekenhäuser Gohe (Residenz)
Wispenstein 20 324 Alfeld Alte Gohe, Herrschaft v. Steinberg auf Brüggen und Wispenstein
Wöllersheim 3 28 Neuhof Gehlenberger Börde, Klostergericht Lamspringe
Woltershausen 41 465 Woltershausen Gehlenberger Börde
Wrisbergholzen 52 436 Westfeld Gehlenberger Börde, Herrschaft v. Wrisbergholzen

Drosten und Amtmänner[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Drosten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 1643–1652: Hermann Christoph von Mandelsloh
  • 1652–1664: Jobst Hilmer Knigge
  • 1664–1708: vakant
  • 1708–1712: Christian Adrian von Horst
  • 1712–1746: Franz Adolf von Nagel
  • 1746–1747: Hermann Werner von Nagel
  • 1747–1762: Franz Friedrich von Nagel
  • 1762–1778: Jobst Christoph von Bennigsen
  • 1778–1807: Carl Freiherr von Bock zu Wülfingen

Amtmänner[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 1626–1631: Heinrich Burchtorff
  • 1631: Melchior Marting
  • 1631–1643: Andreas Grimme
  • 1643–1665: Melchior Marting
  • 1665–1682: Johann Raban Dücker
  • 1685–1708: Maximilian Heinrich de Maitre
  • 1712–1738: Johann Robert Stolte
  • 1738–1739: Hermann Stephan Feigen
  • 1739–1760: Christian Justin Mühlpfordt
  • um 1746: Georg Christoph Heinsius, fürstbischöflich hildesheimischer Amtmann
  • 1761–1771: Philipp Christian Mühlpfordt
  • 1772–1799: Franz Josef Anton Nepomuk von Fumetti
  • 1799–1824: Franz Otto von Lochhausen

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Iselin Gundermann, Walther Hubatsch: Grundriß zur deutschen Verwaltungsgeschichte 1815-1945. Reihe A: Preußen. Band 10: Hannover. Marburg (Lahn) 1981.
  • Manfred Hamann: Übersicht über die Bestände des Niedersächsischen Hauptstaatsarchivs in Hannover. Dritter Band: Mittel- und Unterbehörden in den Landdrostei- bzw. Regierungsbezirken Hannover, Hildesheim und Lüneburg bis 1945. Göttingen 1983, S. 194f.
  • Thomas Klingebiel: Ein Stand für sich? Lokale Amtsträger in der frühen Neuzeit: Untersuchungen zur Staatsbildung und Gesellschaftsentwicklung im Hochstift Hildesheim und im älteren Fürstentum Wolfenbüttel. Hannover 2002, S. 182ff., 711–719.
  • Wilhelm Barner: Heimatatlas des Kreises Alfeld. 12 S., Alfeld, 1953

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Wilhelm Hartmann, Hildesheim: Unsere Heimat im Wandel der Zeiten. In: Wilhelm Barner: Unsere Heimat. Das Land zwischen Hildesheimer Wald und Ith. Hildesheim 1931: p. 339. Abgerufen am 26. Oktober 2020.
  2. Häuser-, Vorspann- und Schatzungs-Castratum vom Stift Hildesheim, geschrieben um 1760. In: Magazin für die neue Historie und Geographie, angelegt von Anton Friedrich Büsching, Halle 1783: p. 514–517. Abgerufen am 18. Juli 2020.
  3. Landkreis Alfeld. In: territorial.de. Abgerufen am 17. Juli 2020.
  4. Ulrich Schubert: Gemeindeverzeichnis Deutschland 1900 – Kreis Alfeld. Angaben vom 1. Dezember 1910. In: gemeindeverzeichnis.de. 3. Februar 2019, abgerufen am 17. Juli 2020.
  5. Michael Rademacher: Landkreis Alfeld/Leine (Siehe unter: Einwohner Landkreis Alfeld). Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  6. Wilhelm Barner: Heimatatlas des Kreises Alfeld. In: hege-elze.de. Abgerufen am 9. November 2021.